Österreichische Studie zur Prävention der Glücksspielsucht (2009-2011)

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Transkript:

Österreichische Studie zur Prävention der Glücksspielsucht (2009-2011) Dr. Jens Kalke, Sven Buth, Moritz Rosenkranz, Christan Schütze, Harald Oechsler, PD Dr. Uwe Verthein Zentrum für interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS)

Beteiligte Partner Zuwendungsgeber und Initiator der Studie ist die Österreichische ARGE Suchtvorbeugung. Finanziell gefördert wurde die Untersuchung von den Österreichischen Lotterien. Projektleitung in der ARGE: ISP Wien ZIS hat die wissenschaftliche Studie durchgeführt. Kooperationspartner: Gallup Institut

Zielsetzung, Methodik

Zielsetzung Auf der Grundlage empirischer Erkenntnisse und Daten werden Empfehlungen für präventive Maßnahmen für das Glücksspielwesen in Österreich formuliert.

Ausgangssituation Österreich keine belastbaren Zahlen zum Glücksspielverhalten kaum Forschung kaum evidenzbasierte Prävention uneinheitliche Regelungen (z. B. Jugendschutz)

Forschungsmodule Qualitative Interviews mit ExpertInnen (N=19) Quantitative Befragungen Allgemeinbevölkerung SpielerInnen terrestrischer Spielstätten OnlinespielerInnen Personal der Glücksspielanbieter Literaturanalyse Glücksspielwesen Österreich Effekte von GS-Präventionsmaßnahmen Bestandsaufnahme Hilfesystem (Exkurs)

Quantitative Befragungen Allgemeinbevölkerung (14 bis 65 Jahre) Je Bundesland N=700 (insgesamt N=6.326) SpielerInnen terrestrischer Spielstätten Lotto (N=300), Sportwetten (N=301), Lebendspiel/Kasino (N=154), Automatenspiel/Kasino (N=152), Automatenspiel/Spielhalle (N=287) OnlinespielerInnen GS-Spiel/ win2day (N=1.385), Wetten/ tipp3 (N=931) Personal der Glücksspielanbieter Lotto-Toto-Annahmestellen (N=1.912), Instant-Vertriebsstellen (N=1.380), Kasinos (N=894), WINWIN (N=96)

Zeitplan der Studie

Eingesetzte Instrumente Problemausmaß DSM IV: Repräsentativerhebung, Befragung der SpielerInnen Lie-Bet-Test: Befragung der OnlinespielerInnen Fremdeinschätzung: Personalbefragung Akzeptanz von Maßnahmen Unterschiedliche Kataloge bei den Befragungsgruppen

Ausgewählte Ergebnisse einzelner Forschungsmodule

Repräsentativerhebung

Spielteilnahme der Bevölkerung (I) letzte 12-Monate letzte 30-Tage Alle 42,0% 23,3% Männer 47,4% 28,7% Frauen 36,5% 18,0% 14-17 Jahre 9,7% 3,5% 18-35 Jahre 44,0% 21,6% 36-49 Jahre 45,8% 26,4% 50 Jahre und älter 42,8% 26,6%

Spielteilnahme der Bevölkerung (II) letzte 12-Monate letzte 30-Tage Lotto 6 aus 45 34,0% 18,6% Euromillionen 9,0% 3,9% Rubbellose 7,8% 3,4% Joker 10,9% 6,2% Sportwetten 2,8% 1,7% Klassische Kasinospiele 4,9% 1,6% Automaten Spielhallen 1,2% 0,4% Automaten Kasino 0,6% 0,1%

Anteil von ProblemspielerInnen Bestimmung nach DSM-IV Problematisches Spielverhalten: 0,43% Pathologisches Spielverhalten: 0,66% Ingesamt 1,1% = ca. 64.000 Personen (14 bis 65 Jahre)

Vergleichszahlen AT-CH-D CH AT D D (ESBK 2009) (Kalke et al. 2011) (BZgA 2010) (John al. 2011) Erhebungsjahr 2007 2009 2009 2010 12-Monatspräval. 41,9% 44,3% 53,8% 45,0% problematisch 1,5% 0,46% 0,64% 0,31% (eigener Index) (DSM-IV) (SOGS) (DSM-IV) pathologisch 0,5% 0,71% 0,45% 0,35% (eigener Index) (DSM-IV) (SOGS) (DSM-IV)

Anteil ProblemspielerInnen nach verschiedenen Glücksspielarten 20 problematisch pathologisch 17,7 15 13,5 15,5 10 7,8 5 4,7 4,5 0 0,1 0,6 0,9 1,3 1,4 1,8 nur Lotto Lotterien Rubbellose Sportwetten Kasinospiele Automaten Kasino 2,6 Automaten Spielhalle

Gruppen mit hohen Anteilen von ProblemspielerInnen (> zwei DSM IV-Kriterien) arbeitslos: 7,1% Einkommen unter 1.500 : 2,8% Pflichtschul-Abschluss: 2,6% 18- bis 35-Jährige: 2,1%

Anteil der ProblemspielerInnen am Geldeinsatz nach Spielart

Akzeptanz von Präventionsmaßnahmen Alle Befragten Alle SpielerInnen Teilnahme erst ab 18 Jahren 89% 88% Reduzierung der Werbung 66% 58% Namentliche Registrierung Kasinos/Spielhallen/Internet 57% 58% Spielverbot im Internet 54% 50% Reduzierung Spielangebote 53% 47% Verbot von Jackpots 18% 12%

Befragung der SpielerInnen

Anteil ProblemspielerInnen 50 problematisch pathologisch 47 45 40 35 30 25 20 15 10 10,3 19,9 16,9 16,9 14,5 14,5 19,2 5 0 1 0,7 Lotto Sportwetten Kasinospiele Automaten Kasino Automaten Spielhalle

Motive des Spielens (nach DSM-IV-Diagnose)

Befragung der OnlinespielerInnen

Anteil ProblemspielerInnen

Befragung des Personals der Glücksspielanbieter

Einschätzung: Anteil ProblemspielerInnen Lotto-Toto-Annahmestellen: 0,6% Kasinos Lebendspiel: 14% Kasinos Automatenspiel: 18%

Einschätzung: Informiertheit der Bevölkerung über die Gefahren des Glücksspiels

Akzeptanz von Maßnahmen Lotto- Annahmestellen Kasinos Teilnahme erst ab 18 Jahren 68% 89% Reduzierung der Werbung 28% 29% Namentliche Registrierung Kasinos/Spielhallen 75% 94% Spielverbot im Internet 44% 40% Reduzierung Spielangebote 22% 24% Verbot von Jackpots 8% 7%

Empfehlungen

Methodische Vorgehensweise Hintergrund der Empfehlungen: empirisch festgestelltes Problemausmaß (Prävalenzen, Kenntnisstand etc.) Ergänzend werden zu den vorgeschlagenen Maßnahmen in der Studie Hinweise auf den Forschungsstand und die Akzeptanz gegeben.

Auszug Buch

Implementierung eines umfassenden Spielerschutzes bei den Glücksspielautomaten 1. Einführung eines technischen Spielerschutzes: lange Spieldauer, niedrige Einsatz- und Verlustlimits, Spielpausen, Verbot der Stopptaste, Verbot überzufällig häufiger Fast-Gewinne. 2. Intensive Schulung des Aufsichtspersonals 3. Namentliche Registrierung in allen Spielstätten

Einheitlicher Jugendschutz 1. Verbot der Teilnahme Minderjähriger an jeglichen Glücksspielen (inkl. Sportwetten) 2. systematische Glücksspielsucht-Prävention an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen 3. Durchführung von jugendspezifischen Aufklärungskampagnen

Sportwetten: Implementierung eines umfassenden Spielerschutzes 1. Einführung der Spielersperre 2. strenge Alterskontrollen 3. Festsetzung von Verlustgrenzen und Begrenzung der Gewinnquoten

Intensiver Spielerschutz beim Onlineglücksspiel 1. Begrenzung der maximal pro Zeiteinheit (Tag, Woche, Monat) einsetzbaren Geldbeträge für das Onlineglücksspielen 2. Einführung der Spielersperre 3. Optimierung der Verweise auf die Spielerschutzwebseiten der Anbieter

Zusammenfassung Spielteilnahme und -probleme in der österreichischen Bevölkerung liegen im Vergleich zu anderen europäischen Staaten eher im mittleren Bereich Studie bestätigt aber das hohe Gefährdungspotential der Glücksspielautomaten deshalb sind vorrangig Spielerschutzmaßnahmen bei den Automaten erforderlich ferner sollten Sportwetten zukünftig als Glücksspiel behandelt werden

Publikation der Studie

Herzlichen Dank für Ihre freundliche Aufmerksamkeit!