Max Dieckmann Hochfrequenzforschung in München, Gräfelfing und Oberpfaffenhofen Rudolf Schmid 12. Februar 2015
Prof. Dr. Max Dieckmann *1882 1960 Otto Pippel, Planegg, 1936
Stammbaum Max Dieckmann
Max Dieckmann * 5.7.1882 in Hermannsacker (Harz) als Sohn eines Landwirts Gymnasium in Leipzig ab 1903 Studium in Göttingen, Leipzig und Strassburg mit Abschluss in München ab 1905 Assistent bei Professor Karl Ferdinand Braun an der Universität Straßburg 1907 Promotion in München über das Verhalten der Luftelektrizität 1908 Privater Gründer der Drahtlostelegraphische und Luftelektrische Versuchsstation Gräfelfing (DVG) 1937 Gründer und Direktor des Flugfunkforschungsinstituts Oberpfaffenhofen (FFO) 28.7.1960 in München
1903: Studium an der Universität Göttingen 1906: Assistent bei Prof. Ferdinand Braun in Straßburg Arbeitet mit der Braunschen Röhre zur Darstellung und Übertragung von Schriftzeichen und einfacher Graphik Patentanmeldung mit Gustav Glage Prof. Braun ist darüber stark verärgert Umzug nach München Patent bleibt ungenutzt und läuft aus mit Hilfe dieser Röhre den Verlauf und Schwankungen bestimmter Ströme untersuchen. Patentschrift Verfahren zur Übertragung von Schriftzeichen und Strichzeichnungen unter Benutzung der Kathodenstrahlröhre (1906)
1907: Promotion über das Verhalten der Luftelektrizität in München. Als 1. Assistent der TH-München beginnt er mit luftelektrischen Untersuchungen und Funkübertragungen im Freien. Erst vom Turm der TH zum Ostermeier-Garten, dann im Gelände bei der Universitätssternwarte in Bogenhausen Gabelsberger Straße Sternwarte um 1900 1908: Beginn Parzellierung der Wiesen in Bogenhausen als Bauland 14.10.1908 Private Anmietung eines Geländes mit Holzhütte in Gräfelfing Gräfelfing, Bergstrasse 42 (später Ritter-von Epp-Straße, seit 1945 Prof.-Kurt-Huber-Strasse)
Weßling/Oberpfaffenhofen Gräfelfing München
1908: Private Gründung der Drahtlostelegraphische und Luftelektische Versuchsstation Gräfelfing (DVG) für Experimentaluntersuchungen mit Studenten. Gutachten und Spenden ermöglichen Ausbau der Station, mit einem Neubau eines kleinen Wohnhauses mit einer Versuchswerkstatt im Keller und einem Gartenhaus für eine Funksendeanlage. 1909: Graf Zeppelin interessiert sich für Verwendungsmöglichkeit seines funkentelegraphischen Senders (Funken!) und ermöglicht Testflüge mit einem Zeppelin am Bodensee. Luftschiff Schwaben wurde zum fliegenden HF-Labor. 1909: Dieckmann beginnt mit Untersuchungen zu elektrischen Eigenschaften von Ballonstoffen. 1911: Durch Feingoldauflagen erreicht er eine Reduzierung der Reibungselektrizität und Steigerung der elektrischen Leitfähigkeit, das führt zur Gründung der Ballonhüllen- Gesellschaft Tempelhof (Hülle aus Goldschlägerhaut statt gummibeschichtete Stoffe)
1910: Montage einer Sendeanlage auf der Zugspitze 1912: Vom Luftschiff Victoria Luise werden erstmals Telegramme an private Empfänger versandt. Sensation: Zeppelinen war Funkverkehr untersagt 1912: Als Privatdozent für Reine und Angewandte Physik betreut er 25 Studenten als Praktikanten 1913: Aufbau eines Stationshauses an der Steinkirchner Straße in Gräfelfing Tätigkeiten auf fast allen Gebieten der drahtlosen Elektrotechnik
1913: An der TH wird Dieckmann das Thema der Vorlesung Drahtloses Fernsehen verwehrt, jedoch unter dem Namen Fernübertragung hoher Mannigfaltigkeit gestattet. Militär und Postbehörde nutzten Gräfelfing immer häufiger zum Zweck für Ausbildung und Schulung. 1914: Der Ausbruch des Krieges bedeutet eine erhebliche Umstellung. Die Gebäude werden militärisch belegt und die Aufgaben neu angepasst. Dieckmann tritt als Kriegsfreiwilliger in die Nachrichten-Ersatzabteilung in München ein.
ab 1914: Entwicklung von militärischem Gerät, u.a. - zum Aufspüren feindlicher Telegraphenkabel im Bereich Verdun - Fernsprechausrüstung für Spähkorbbeobachter (an einem über den Wolken fliegenden Zeppelin hängend an 1000m Drahtseil). - Peilempfänger (Goniometer) für die Navigation von Luftfahrzeugen Dieckmanns militärische Laufbahn: - Abkommandierung als Referent für Luftschifffragen nach Berlin - Beförderung zum Leiter der wiss. Abteilung der Luftschifftruppen - Mitglied der Gaskommission der Marine Werkstatt Gräfelfing 2012
ab 1915: Arbeiten in Gräfelfing: - Versuche zur Drehrahmenpeilung mit einem Motorboot auf dem Bodensee gegen eine Sendestation in Friedrichshafen, - Peilversuche mit ausklappbaren Drehrahmen auf Luftschiffen. - Abstands- und Höhebestimmung mittels Energievergleichsverfahren - Fremdpeilung durch Saitengalvanometer mit 2 gekreuzten Horizontalantennen - Bau von Geräten zur elektrischen Ballonstoffprüfung - Bearbeitung von Blitz- und Erdungsfragen - Erarbeitung der Dienstvorschrift über das Erden von Fesselballonen 1917 Abkommandierung zur Flieger-Funker-Versuchsabteilung nach Döberitz dort u.a. Leiter des Röhrenlaboratoriums. Entwicklung eines Funkbildgerätes für Artillerieflieger 1918 Kriegsende Station Gräfelfing wird einige Tage von Roten Truppen besetzt Suche nach zivilen elektrophysikalischen Aufträgen wie z.b. Hystereseöfen für Stahlschmelze 1920: Berufung als Professor der TH-München 1921: Angebot zur Verfahrensverbesserung (Edisonlaboratorien in USA) für Metallisierung von (Mode-) Textilstoffen für Revue-Shows (Gold- und Silberauflagen durch elekt. Hochspannung im Vakuum auf hochwertige Textilien) Erweiterung von Gräfelfing durch Vakuumtechnik, Spektralanalyse und Hochspannungstechnik Gründung einer Fabrik in Philadelphia zur Herstellung metallisch gefärbter Stoffe mittels deutscher Maschinen und Geräte auf dem Prinzip von Kathodenzerstäubung
ab 1923: Forschungskonzentration auf Eigenschaften des elektrischen Strahlungsfeldes (Abstrahlung, Ausbreitung, Absorbtion, Reflexion, Beugung, usw.) Sommersemester 1923: HF-Praktikum mit 83 Studenten der TH in Gräfelfing Dieckmann 1925 Durch die Bauaufsicht über den deutschen Zeppelinbau in Friedrichshafen durch die US-Marine steigt der Bekanntheitsgrad und die Verkaufszahlen der Ballonstoffprüfgeräte, Gewitterwarner und Funkbildgeräte nach USA, später auch nach England, Russland und Japan. 1925: Fertigstellung eines Funkbildapparats mit Hilfe einer Braun schen Röhre mit 50 Bildzeilen mit einer drahtlose Übertragung von synchronisierten Bildsignalen Vorführung in der Münchner Verkehrsausstellung 1925 Beginn des allgemeinen Fernsehens
1925 / 1926: tägliche Verteilung der Wetterkarte über Münchner Rundfunksender im Rahmen von Deutsche Stunde in Bayern 1925 Patent für Dieckmann / Hell Lichtelektrische Bildzerlegerröhre für Fernseher 1926: Tägliche Bildübertragung der Ozeanwetterkarte zum Dampfer Westphalia bei einer Atlantiküberquerung (5000km)
Neue Arbeitsthemen: - Elektrische Zugbeeinflussung (Reichsbahn) - Gerät zur Erforschung des Erdinnern (Reichspost, Fa. Junkers) - für Bayerische Krongutverwaltung: elektrische Sicherung der Schatzkammer 1926: Nach Demonstration eines Zielfahrtempfangs auf dem Müggelsee bei Berlin: Beginn von größeren Aufträgen durch das Reichsverkehrsministerium - Drahtlose Fernbedienung, automatisierte Flugzeugsteuerung, 1927: Errichtung einer Außenstelle in Riederau für die Durchführung von Peilversuchen (Haus mit Ufergrundstück am Ammersee - ehemalige Faltbootwerft Steiner ) 1928: Berufung als technischer Beirat der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt DLR (gegründet 1907 in Berlin) Riederau am Ammersee Motorboot ASLE (nach Ehefrau Elsa )
ab 1931: Aufbau einer Adcock-Antennenanlage (Rundstrahlantennen in Kreisanordnung) in Gräfelfing für Ausbreitungsuntersuchungen Adcock Meßanlage Rückstrahlmessung 1932: Vorführung der Ortung eines sendenden Flugzeuges durch eine sich selbst in das Minimum drehenden Peilanlage mit zwei, über Postleitungen verbundenen Stationen, am Flugplatz Oberwiesenfeld und Flugplatz Schleißheim. Einsetzender Bedarf an Arbeiten zum Thema Sende- und Empfangsantennen an Flugkörpern Testobjekt: JU-F13 vom Reichsverkehrsministerium mit Testpilot Zellmann.
1933: Nach der Machtergreifung: Ausbau der Arbeitsmöglichkeiten. 21.12.1933 Besuch in Gräfelfing von hochrangigen Militärs (u.a. Generalfeldmarschall Kesselring) Finanzierung eines Laborbaues am Flugplatz Schleißheim. Einsetzende Betreuung durch das Reichsluftfahrtsministerium (Reichssubventionierung). ab 1934: Aufbau eines neuen Gebäudes für Röhrenherstellung mit Fertigung von UKW, Dezi- und Zentimeterröhren, Magnetrons und Braunschen Röhren für Anzeigeinstrumente. Es folgte weiterer Ausbau von Gräfelfing. Arbeitsschwerpunkt militärische Geräte für Luftwaffe, Heer und Marine. (Personalstand: 146 Personen) Neues Laborgebäude mit Mikrowellenmeßstrecke auf dem Hohenpeißenberg
6.5.1937 18:25 Uhr in Lakehurst: Absturz des Zeppelin Hindenburg D-LZ 129 nach der 35. Ozeanüberquerung mit 72 Passagiere, 36 Tote) Deutsche Untersuchungskommission: 6 Personen, incl. Dieckmann Offizieller deutscher Untersuchungsbericht: Nach dem Bodenkontakt des nassen Halteseils aus Hanf und der von dem Gewitter aufgeladenen Hülle löste ein Funke die Explosion eines bei einem Leck ausgetretenen Gases aus. Untersuchungsergebnis von Max Dieckmann: In Gräfelfing durchgeführte umfangreiche Experimente mit Resten der Hülle zeigten, dass der fehlende Lackanstrich der Aussenhülle mit Aluminium vermischtem Harzlack (Cellon) die Ursache war. Dieses Ergebnis erscheint nur in dem englischen Untersuchungsbericht (nicht im deutschen!).
1937: Gründung als juristisch selbständiges Forschungsinstitut FFO am nördlichen Rande des Geländes des Dornier-Industrieflugplatzes (Kontakt/Angebot erfolgte über befreundeten Claudius Dornier). Frühjahr 1937: Übergabe von Instituts- und Laborgebäude (Architekt: J. Moser) ab Oktober 1937: Beginn der wissenschaftlichen Arbeiten (Direktor: Prof. Dieckmann) 22.6.1938: Eintragung in das Vereinsregister als Flugfunkforschungsinstitut Oberpfaffenhofen e.v. Gründungsmitglieder: Reichsluftfahrtministerium, Deutsche Forschungsanstalt für Segelflug e.v. Luftschiffbau Zeppelin GmbH, Lorenz AG, DVL e.v. (Berlin-Adlershof), Deutsche Lufthansa AG, Telefunken Ges. für drahtlose Telegraphie mbh, Reichswirtschaftskammer Berlin, IHK München, Vorstandsvorsitzender: Prof. Dr. Zenneck (Ordinarius für Experimentalphysik TH München)
ab 1939 Entwicklungen kriegswichtiger Verfahren & kleiner Vorserien Spezialgebiete: Antennen, Weiterentwicklung der UKW-Peilung, UKW-Weitverbindungen, Bord Funkmess - & - Störgeräte, Wellenanzeiger & Umformung der Anzeige in mechanische Stellgrößen, Ballonsonde zur Bestimmung von Windstärke und -richtung in großen Höhen, Untersuchungen zum Rückstrahlverhalten von Flugzeugen (mit Modellen), Untersuchung & Analyse von gegnerischen Beutegeräten Personalentwicklung: 1939/40: 400, 1945: 800 MA Übertragungsversuche Zugspitze - Arber Peilversuche am Ammersee Mai 1945 Besetzung durch die US - Army, Auslagerung von Geräten und der Bibliothek nach Dayton/Ohio 1957 Auflösung der Versuchsstation Gräfelfing (DVG) Magnetron (Senderöhre im cm-wellenbereich)
30.11.1945 Auf Weisung der Militärregierung als ordentl. Professor vom Dienst enthoben 23.06.1947 TH-München vergibt die freie Prof.Stelle von Dieckmann an die Fakultät Weihenstephan für eine Professur für Botanik und Pflanzenschutz 15.09.1948 Entnazifizierung: Einstufung als Mitläufer-Gruppe IV: 2000 DM Sonderzahlung an Wiedergutmachungsfond 2 Jahre Amerika 12.06.1947 Ausreise nach Amerika von Prof. Dieckmann mit Frau Edit Aufenthalt in Write-Patterson Air Base, Dayton, Ohio 15.11.1948 Schlaganfall wegen des Klimas 13.07.1949 nach 2. Schlaganfall arbeitsunfähig, Rückkehr nach Deutschland bis 1958 Lehrtätigkeit an der TH-München 28.07.1960
Flugfunk- Forschungsinstitut Oberpfaffenhofen von Bombeneinschlägen unversehrtes Institutsgebäude Luftbild 29.5.1945
1955 Bundesfinanzverwaltung gibt Nutzungsrecht an Gebäuden und Gelände in Oberpfaffenhofen an das FFO zurück. Besichtigung und Besitzergreifung Luftbild 1956 1960 Überführung des FFO in die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) als Institut für Flugfunk. Heute führt es den Namen Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme und ist integriert in das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Prof. Max Dieckmann zum 75. Geburtstag Einladung vom Forschungsinstitut Oberpfaffenhofen Film von Lutz Zetzmann über die Geburtstagsfeier vom 5. Juli 1957 (11 Minuten / Original 16 mm Film)