Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 237 der Abgeordneten Franz Wiese und Thomas Jung AfD-Fraktion Landtagsdrucksache 6/524 Korruptionsbekämpfung Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 237 vom 29. Januar 2015: Insgesamt ist die Zahl der Korruptionsverfahren in Deutschland im Jahr 2013 auf 1403 angestiegen. Dies sind rund zwei Prozent mehr als im Vorjahr, was aus dem aktuellen Bundeslagebild Korruption des BKA hervorgeht. Das relativ bevölkerungsarme Land Brandenburg war im Jahr 2013 mit 163 Verfahren auf Rang drei, hinter Nordrhein-Westfalen (464 Verfahren) und Bayern (209 Verfahren), wobei Nordrhein-Westfalen das bevölkerungsreichste Bundesland ist. Tatsächlich kommen im Vergleich in Nordrhein-Westfalen rund 2,6 Korruptionsverfahren auf 100.000 Einwohner, in Rheinland-Pfalz dagegen nur rund 0,4 Verfahren pro 100.000 Einwohner, es ist der niedrigste Wert aller Bundesländer. Im Land Brandenburg sind es rund 6,7 Korruptionsverfahren pro 100.000 Einwohner. Wir fragen die Landesregierung: 1. Was ist der Grund für eine solch hohe Quote an Korruptionsverfahren im Land Brandenburg? 2. In welcher Art und Weise setzt das Land Brandenburg die Korruptionsprävention an? 3. Welche Organisationen bzw. Korruptionsbeauftragten gibt es? 4. Welche Bereiche betreffen die meisten Korruptionsverfahren im Land Brandenburg (untergeordnete Behörden aufgeteilt nach Landkreisen und nach Zuordnung zum jeweiligen Fachministerium und untergliedert in die Jahre 2010 bis 2014)? 5. Wie viele Korruptionsverfahren wurden in Zusammenhang mit ausländerrechtlichen Aufenthaltsgenehmigungen o. ä. jeweils für den Zeitraum von 2010 bis 2014 festgestellt? 6. Wie viele Korruptionsverfahren wurden in Zusammenhang mit der Erteilung von Fahrerlaubnissen o. ä. jeweils unterteilt für den Zeitraum von 2010 bis 2014 festgestellt? 7. Wie viele Korruptionsverfahren wurden in Zusammenhang mit europarechtlichen Subventionsvergaben 8. Wie viele Korruptionsverfahren wurden in Zusammenhang mit der Privatisierung von Landwirtschafts- und Forstflächen jeweils für den Zeitraum 2010 bis 2014 festgestellt?
2 9. Wie viele Korruptionsverfahren wurden in Zusammenhang mit Konzessionserteilungen bei Gaststätten 10. Wie viele Korruptionsverfahren wurden in Zusammenhang mit der Erteilung von Baugenehmigungen 11. Wie viele Korruptionsverfahren wurden in Zusammenhang mit der behördlichen Erteilung von Genehmigungen und Erlaubnissen jeweils für den Zeitraum 2010 bis 2014 festgestellt? 12. Was sind genau die Gründe für einen etwaigen Anstieg resp. Häufung der Delikte in regionaler Sicht? 13. Welche Fachbehörden sind betroffen und was sind die Gründe für einen eventuellen Anstieg? 14. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden daraufhin jeweils aufgegliedert für die Jahre 2010 bis 2014 eingeleitet? 15. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden weiterhin mangels hinreichenden Tatverdachts, jeweils unterteilt nach den obigen Fallgruppen, eingestellt? 16. Wurden schon Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption ergriffen und wie wirken die sich aus? 17. Welche Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung zu ergreifen, um die Korruption zukünftig wirksam und nachhaltig zu bekämpfen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Was ist der Grund für eine solch hohe Quote an Korruptionsverfahren im Land Brandenburg? zu Frage 1: Die Anfrage stellt auf die im Bundeslagebild Korruption des Bundeskriminalamtes (BKA) enthaltenden Verfahrenszahlen ab. Soweit offenbar in Anlehnung an die sog. Kriminalitätshäufigkeitsziffer (Delikte pro 100.000 Einwohner) die Anzahl der Verfahren in Bezug zur Einwohnerzahl angeführt wird, ist zu berücksichtigen, dass diese insbesondere bei Massendelikten zu Vergleichszwecken herangezogene Zahl wegen des insgesamt sehr geringen Fallaufkommens im Bereich der Korruptionsdelikte nur bedingt für statistische Vergleiche geeignet ist. Insbesondere gilt dies, weil es sich bei den umgangssprachlich unter dem Oberbegriff Korruptionsdelikte zusammengefassten Straftaten ( 108b, 108e, 299, 331 ff. StGB) durchweg um sog. Kontrolldelikte handelt. Daher gibt das Lagebild des BKA lediglich Auskunft über das sog. Hellfeld. Das Fallaufkommen in Brandenburg kann daher nicht als Beleg für eine vergleichsweise hohe Korruptionsbelastung oder gar einen Anstieg der Belastung herangezogen werden, sondern es dokumentiert lediglich eine durch verschiedene Maßnahmen und Effekte bewirkte Aufhellung des (ohnehin vorhandenen) Dunkelfelds.
3 Brandenburg hat der Bekämpfung der Korruptionskriminalität schon seit vielen Jahren besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Bereits zum 1. Januar 2001 ist eine Schwerpunktabteilung zur Bekämpfung der Korruptionskriminalität bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin eingerichtet worden. Zur weiteren Optimierung der geschaffenen Strukturen hat Brandenburg dann im März 2005 den ressortübergreifenden Bekämpfungsansatz der Bund-Länder-Projektgruppe Gesamtkonzeption Wirtschaftskriminalität und Korruption umgesetzt und die Gemeinsame Ermittlungsgruppe Korruption (GEG Korruption) gegründet. In dieser Ermittlungsgruppe arbeiten die Schwerpunktabteilung der Staatsanwaltschaft Neuruppin und ein Sonderdezernat der Fachdirektion Landeskriminalamt (FD LKA) unter einem organisatorischen Dach eng zusammen. Zudem ist die Schwerpunktabteilung je nach Bedarf zeitweilig oder dauerhaft mit Fachkräften (Bauingenieur, Buchhalter, Wirtschaftsreferent) verstärkt worden. Es entspricht sowohl allgemeiner kriminalistischer Erfahrung als auch insbesondere der konkreten Erfahrung im Land Brandenburg, dass die Schaffung spezieller Strukturen im Bereich der Strafverfolgung bei Kontrolldelikten zu einem Anstieg der Fallzahlen führt. Frage 2: In welcher Art und Weise setzt das Land Brandenburg die Korruptionsprävention an? Frage 3: Welche Organisationen bzw. Korruptionsbeauftragten gibt es? zu den Fragen 2 und 3: Zur Intensivierung der Korruptionsprävention hat die Landesregierung bereits im Jahre 2005 die Richtlinie zur Korruptionsprävention in der Landesverwaltung Brandenburg verabschiedet (letzte Überarbeitung mit Stand 7. Juni 2011), die sowohl strukturelle Vorgaben für die Dienststellen wie auch Verhaltensregeln für die Bediensteten beinhaltet (Richtlinie der Landesregierung - BRAVORS - Brandenburg.de). Aufgrund dieser Richtlinie hat das Ministerium des Innern und für Kommunales zum Zweck der Intensivierung der Korruptionsprävention und -bekämpfung und als zentrale Ansprechstelle für Beschäftigte der Landesverwaltung und Bürgerinnen/Bürger die Stabsstelle für Korruptionsprävention in der Landesverwaltung Brandenburg eingerichtet, die für a) die Erarbeitung von Korruptionspräventions- und Sponsoringvorschriften für die Landesverwaltung, b) den Kontakt zu den Antikorruptionsbeauftragten der Ressorts und die Durchführung der Erfahrungsaustausche, c) den Erfahrungsaustausch mit der Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Korruptionskriminalität in Neuruppin und der GEG Korruption, d) die Beantwortung von Parlamentsanfragen zum Thema Korruptionsprävention und Sponsoring, e) die Öffentlichkeitsarbeit, f) die Erstellung des Sponsoring-Berichts (Zweijahresbericht der Landesvertretung) und g) die Mitwirkung bei der Konzeption von landeseigenen Aus- und Fortbildungsveranstaltungen zuständig ist. Ferner wurden in allen obersten Landesbehörden, nachgeordneten Behörden und Einrichtungen, Landkreisen und kreisfreien Städten sowie einzelnen Amts- bzw. Gemeindeverwaltungen
4 Antikorruptionsbeauftragte ernannt. Eine diesbezügliche Übersicht ist der Internetseite www.antikorruption.brandenburg.de zu entnehmen. Sie sind Ansprechpartner für Bürger/Bedienstete und führen - in eigener Zuständigkeit bzw. unter Beteiligung der Stabsstelle und der GEG Korruption - korruptionspräventive Maßnahmen durch. Zwischen der Stabsstelle zur Korruptionsprävention in der Landesverwaltung Brandenburg und den Beauftragten der obersten Landesbehörden und ihrer nachgeordneten Bereiche findet jeweils ein regelmäßiger Informations- und Erfahrungsaustausch statt. Als weitere Maßnahmen im Korruptionspräventionsbereich sind der Erlass der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Ministerpräsidenten und der Ministerien über das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen durch Beschäftigte des Landes Brandenburg vom 5. September 2012 (VV VAnBGV) sowie die Durchführung diverser Fortbildungs- und Sensibilisierungsveranstaltungen in Behörden des Landes zu benennen. Frage 4: Welche Bereiche betreffen die meisten Korruptionsverfahren im Land Brandenburg (untergeordnete Behörden aufgeteilt nach Landkreisen und nach Zuordnung zum jeweiligen Fachministerium und untergliedert in die Jahre 2010 bis 2014)? zu Frage 4: Differenzierende Statistiken, die eine Aufgliederung der im Land Brandenburg geführten Korruptionsverfahren nach Zielbereichen, Landkreisen, betroffenen Ministerien und Behörden ermöglichen würden, werden nicht erhoben. Zu den vier wesentlichen Zielbereichen der Korruption sind für die Jahre 2010 bis 2014 entsprechend der teilweise unter www.internetwache.brandenburg.de (Fachdirektion Landeskriminalamt, Lagebilder/Statistik) eingestellten polizeilichen Lagebilder die nachfolgenden Eingangszahlen bezogen auf (Einzel-)Straftaten, die nicht die Verfahrenszahlen wiedergeben, registriert: Jahr Verwaltung Strafverfolgung/Justiz Politik Wirtschaft 2010 74 15 2 20 2011 212 15 3 35 2012 213 18 11 68 2013 217 12 6 111 2014 85 9 4 16 Eine weitere Untergliederung des Zielbereiches Verwaltung in Landkreise und Fachministerien erfolgt im Rahmen der statistischen Erfassung nicht. Frage 5: Wie viele Korruptionsverfahren wurden in Zusammenhang mit ausländerrechtlichen Aufenthaltsgenehmigungen o. ä. jeweils für den Zeitraum von 2010 bis 2014 festgestellt? Frage 6: Wie viele Korruptionsverfahren wurden in Zusammenhang mit der Erteilung von Fahrerlaubnissen o. ä. jeweils unterteilt für den Zeitraum von 2010 bis 2014 festgestellt?
5 Frage 7: Wie viele Korruptionsverfahren wurden in Zusammenhang mit europarechtlichen Subventionsvergaben Frage 8: Wie viele Korruptionsverfahren wurden in Zusammenhang mit der Privatisierung von Landwirtschaftsund Forstflächen jeweils für den Zeitraum 2010 bis 2014 festgestellt? Frage 9: Wie viele Korruptionsverfahren wurden in Zusammenhang mit Konzessionserteilungen bei Gaststätten Frage 10: Wie viele Korruptionsverfahren wurden in Zusammenhang mit der Erteilung von Baugenehmigungen zu den Fragen 5 bis 10: Differenzierende statistische Erhebungen, die eine Aufgliederung der Korruptionsverfahren bzw. Korruptionsstraftaten nach der jeweils gegenständlichen Diensthandlung des betroffenen Amtsträgers sowie nach Landkreisen, betroffenen Ministerien oder Behörden ermöglichen würden, erfolgen nicht. Frage 11: Wie viele Korruptionsverfahren wurden in Zusammenhang mit der behördlichen Erteilung von Genehmigungen und Erlaubnissen jeweils für den Zeitraum 2010 bis 2014 festgestellt? zu Frage 11: Eine statistische Erhebung zu den im Zusammenhang mit der Erteilung behördlicher Genehmigungen und Erlaubnissen geführten Korruptionsverfahren erfolgt unter Hinweis auf die Antwort der Landesregierung zu den Fragen 4 bis 10 nicht. Zu diesem Zielbereich wurden in den Jahren 2010 bis 2014 entsprechend der teilweise unter www.internetwache.brandenburg.de (Fachdirektion Landeskriminalamt, Lagebilder/Statistik) eingestellten Korruptionskriminalität-Lagebilder die nachfolgend dargestellten Eingangszahlen bezogen auf (Einzel-)Straftaten, die nicht die Verfahrenszahlen wiedergeben, registriert: Jahr Zielbereich Erteilung behördlicher Genehmigungen und Erlaubnisse 2010 0 2011 51 2012 71 2013 64 2014 29
6 Frage 12: Was sind genau die Gründe für einen etwaigen Anstieg resp. Häufung der Delikte in regionaler Sicht? Frage 13: Welche Fachbehörden sind betroffen und was sind die Gründe für einen eventuellen Anstieg? zu den Fragen 12 bis 13: Es wird auf die Antwort zu den Fragen 5 bis 10 verwiesen. Frage 14: Wie viele Ermittlungsverfahren wurden daraufhin jeweils aufgegliedert für die Jahre 2010 bis 2014 eingeleitet? zu Frage 14: Sofern sich die Frage auf die vorausgegangenen Fragen 12 und 13 beziehen soll, ist eine Darstellung aus den genannten Gründen nicht möglich. Insgesamt stellen sich die Eingangszahlen bei Korruptionsdelikten und Korruptionsbegleitdelikten der Schwerpunktabteilung bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin wie aus nachstehender Tabelle ersichtlich dar. Dabei umfassen die Zahlenangaben alle Verfahrenseingänge ungeachtet des Umstandes, ob ein Anfangsverdacht bejaht wurde oder nicht. Etwaige Abweichungen von polizeilichen Statistiken sind u. a. in Verfahrensabtrennungen und Erledigungen ohne Mitarbeit der FD LKA oder anderer polizeilicher Stellen begründet. Jahr Eingänge Js-Verfahren Eingänge UJs-Verfahren 2010 267 39 2011 335 50 2012 308 28 2013 307 23 Für das Jahr 2014 liegen noch keine validen Zahlenangaben vor. Frage 15: Wie viele Ermittlungsverfahren wurden weiterhin mangels hinreichenden Tatverdachts, jeweils unterteilt nach den obigen Fallgruppen, eingestellt? zu Frage 15: Eine Darstellung nach Fallgruppen ist mangels entsprechender statistischer Erhebungen nicht möglich. Nachstehende Tabelle gibt den Anteil der Einstellungen gemäß 170 Abs. 2 StPO bezogen auf die Anzahl der Verfahrenserledigungen pro Jahr wieder. Die Darstellung bezieht sich auf sämtliche in der Schwerpunktabteilung bearbeitete Verfahren zu Korruptionsdelikten und Korruptionsbegleitdelikten.
7 Jahr Erledigungen in Js-Verfahren insgesamt davon Einstellungen in Js-Verfahren gemäß 170 Abs. 2 StPO 2010 227 90 15 2011 402 157 13 2012 307 143 13 2013 276 119 7 Für das Jahr 2014 liegen noch keine validen Zahlenangaben vor. Frage 16: Einstellungen in UJs-Verfahren gemäß 170 Abs. 2 StPO Wurden schon Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption ergriffen und wie wirken die sich aus? zu Frage 16: Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Frage 17: Welche Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung zu ergreifen, um die Korruption zukünftig wirksam und nachhaltig zu bekämpfen? zu Frage 17: Über die in den Antworten zu den Fragen 1, 2 und 3 dargestellten Maßnahmen hinaus wurde bzw. wird für gesteigert korruptionsgefährdete Arbeitsbereiche gemäß den Richtlinienvorgaben eine Risikoanalyse der auf den konkreten Arbeitsplatz bezogenen Korruptionsgefährdung einschließlich der Wirksamkeit der vorhandenen Sicherungen vorgenommen. Dabei werden in den Dienststellen des Landes in regelmäßigen Abständen sowie aus gegebenem Anlass eigenständig die korruptionsgefährdeten und gesteigert korruptionsgefährdeten Arbeitsbereiche festgestellt. Diese Analysen werden spätestens nach fünf Jahren wiederholt. Wenn Sicherungslücken festgestellt werden, sind unverzüglich entsprechende Präventivmaßnahmen einzuleiten. Darüber hinaus werden für Bedienstete regelmäßig externe und interne Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, Veranstaltungen mit der GEG Korruption sowie Seminare an der Landesakademie für öffentliche Verwaltung des Landes Brandenburg im Aus- und Fortbildungszentrum Königs Wusterhausen sowie an der Justizakademie des Landes Brandenburg angeboten.