Marktforschung und Marketingstatistik

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Transkript:

Marktforschung und Marketingstatistik Lernheft 3 Primärforscherische Datengewinnung mittels Stichproben Inhaltsverzeichnis: 3.1 Einleitung... 2 3.2 Grundgesamtheit der Merkmalsträger Zielgruppenauswahl für Teilerhebungen... 3 3.3 Abgrenzung der Grundgesamtheit... 4 3.4 Wahl des Erhebungsprinzips... 4 3.5 Wahl der Auswahlbasis... 5 3.6 Wahl des Auswahlverfahrens... 6 3.7 Festlegung des Stichprobenumfangs... 7 3.8 Zusammenfassung... 7 3.9 Hausaufgabe... 8 3.10 Lösung zu den Selbstlernaufgaben... 8 Copyright Laudius GmbH DE-1002-00-00

3.1 Einleitung Daten können sekundärforscherisch gewonnen werden, indem man auf vorhandene interne oder externe Quellen zurückgreift. Man wird in erstem Schritt immer prüfen, ob diese Möglichkeit besteht. Immer dann, wenn Primärforschung, wenn keine Daten vorhanden sind keine Daten vorhanden sind, auf die zurückgegriffen werden kann, Daten zwar vorhanden, aber nicht zugänglich sind (z. B. aus Datenschutzgründen oder aus Gründen der Vertraulichkeit), Daten vorhanden und zugänglich sind, aber Aktualität, Abgrenzungen, Detaillierungsgrad oder Erhebungszeiträume nicht dem Untersuchungsziel entsprechen, müssen Daten primärforscherisch gewonnen werden, d. h. die Daten müssen vom Unternehmen selbst oder durch Marktforschungsinstitute erhoben werden. Methoden der primärforscherischen Datengewinnung sind die Befragung, die Beobachtung und das Experiment (Lernheft 5). So sind z. B. generell keine Daten vorhanden, die sich auf die Verbraucherbedürfnisse, das Kaufverhalten, auf Einstellungen oder Motive oder auf Kaufentscheidungsprozesse im B2B-Bereich beziehen. Es gibt Daten, die Aufschluss über die Zulassungszahlen an Pkws nach Herstellern geben, aber es gibt keine Informationen darüber, warum sich jemand einen Opel und nicht einen VW gekauft hat (vgl. Lektion 1). Diese Informationen werden im Allgemeinen als bezahlte Auftragsforschung von Instituten erhoben, stehen damit nur dem Auftraggeber zur Verfügung und werden nicht veröffentlicht. Diese Daten müssen also stets primärforscherisch gewonnen werden. Lernziele: Nach Durcharbeiten dieses Lernhefts können Sie eine Teil- von einer Vollerhebung unterscheiden und deren Vorteile benennen kennen Sie verschiedene Auswahlverfahren kennen Sie die Notwendigkeit der Festlegung eines Stichprobenumfangs Erklärung der Symbole Selbstlernaufgaben Hausaufgabe Zusammenfassung Hinweise/Tipps Lösungen zu den Selbstlernaufgaben Notizen Anhang 2

3.2 Grundgesamtheit der Merkmalsträger Zielgruppenauswahl für Teilerhebungen Bei primärforscherischen Untersuchungen sind zur Gewinnung und Auswahl der zu untersuchenden Einheiten folgende Schritte zu durchlaufen 1. Abgrenzung der Grundgesamtheit 2. Wahl des Erhebungsprinzips 3. Festlegung der Auswahlbasis 4. Festlegung des Auswahlverfahrens 5. Festlegung des Stichprobenumfangs Primärforscherische Datengewinnung Abgrenzung der Grundgesamtheit Wahl des Erhebungsprinzips Vollerhebung Teilerhebung Adressenbasis Festlegung der Auswahlbasis Flächenbasis Festlegung des Auswahlverfahrens Repräsentative Auswahl Willkürliche Auswahl Bewusste Auswahl Quotenauswahl Konzentrationsverfahren Einstufige Geschichtete Mehrstufige Cut-off Verfahren Klumpenauswahl Typische Auswahl Festlegung des Stichprobenumfangs Abb. 1: Quelle: Ablauf der primärforscherischen Datengewinnung eigene Darstellung 3

3.3 Abgrenzung der Grundgesamtheit Unabhängig davon, ob Vollerhebungen oder Teilerhebungen zur Datengewinnung durchgeführt werden, ist zunächst die Grundgesamtheit zu bestimmen. Zur Grundgesamtheit (Population) zählen alle Träger (Objekte, Personen) des zu untersuchenden Merkmals. Die Merkmalsträger sind dabei sachlich, zeitlich und räumlich abzugrenzen. Soll z. B. das Fahrverhalten von Pkw-Führerscheinbesitzern in NRW erfasst werden, so könnte wie folgt abgegrenzt werden: Zur Grundgesamtheit zählen alle Personen, die in NRW 2011 oder 2012 im Besitz eines gültigen Führerscheins der Klasse B waren. Soll eine Monatszeitschrift A durch deren Leser beurteilt werden, so könnte wie folgt abgegrenzt werden: Zur Grundgesamtheit zählen alle Personen im Verbreitungsgebiet der Zeitschrift, die mindestens drei der im letzten Jahr erschienenen 12 Ausgaben gelesen haben. Diese Personen müssen ferner die jeweilige Ausgabe mindestens 60 Minuten gelesen haben. Grundgesamtheit ist frei abgrenzbar Die Abgrenzung der Grundgesamtheit kann nach frei gewählten Kriterien erfolgen. Die Kriterien sollten schriftlich festgehalten werden, um sicherzustellen, dass spätere Untersuchungen dieselbe Abgrenzung zugrunde legen. Selbstlernaufgabe 1: Es soll die Zufriedenheit von jungen Frauen ermittelt werden, die Benutzerinnen der Hautcreme Marke A sind. Grenzen Sie die Grundgesamtheit räumlich, zeitlich und sachlich ab. 3.4 Wahl des Erhebungsprinzips Soll eine Vollerhebung durchgeführt werden, d. h., sollen alle Merkmalsträger in die Untersuchung aufgenommen werden, so muss die Zahl der Merkmalsträger bekannt sein und die einzelnen Merkmalsträger müssen identifiziert werden. Dies bedeutet im B2C-Bereich, dass alle Merkmalsträger namentlich bekannt sein müssen und man wissen muss, wie sie über Anschrift, Telefonnummer oder E-Mail-Adresse erreichbar sind. Im B2B-Bereich müssen entsprechend alle Unternehmen bekannt sein, die zur selbstdefinierten Grundgesamtheit gehören. Vorteil der Vollerhebung ist, dass extrem seltene und sehr heterogene Merkmale erfasst werden können. Wenn eine Teilerhebung (Stichprobe) durchgeführt wird, müssen nicht immer alle Merkmalsträger bekannt sein. Vorteil der Teilerhebung ist, dass sie schnell, kostengünstig und gut kontrollierbar durchgeführt werden kann. Eine Vollerhebung kann dann durchgeführt werden, wenn die Grundgesamtheit klein ist. Die Vollerhebung dominiert deshalb im B2B-Bereich, da hier die Merkmalsträger im Allgemeinen identifiziert werden können und in vielen Fällen die Zahl der Merkmalsträger begrenzt ist. Sollen z. B. Banken, Versicherungen, Chemieunternehmen, Mineralölhersteller oder Automobilhersteller befragt werden, ist es nicht 4

sinnvoll aus 10 oder 20 Anbietern eine Stichprobe zu ziehen. Gleiches gilt auch dann noch, wenn eine mittelständisch dominierte Branche nur rd. 100 Anbieter aufweist. Im B2C-Bereich dominiert die Teilerhebung (Stichprobe). Hier gibt es oft mehrere Millionen von Kunden, die Zahnpasta, Kühlschränke, Zeitungen oder Reisen kaufen. Abgesehen davon, dass diese Käufer namentlich nicht ermittelt werden können, wäre hier eine Vollerhebung zu kosten- und zeitaufwendig. Selbstlernaufgabe 2: Es sollen deutsche Hersteller von Pkw-Reifen befragt werden, wie sie ausländische Konkurrenzunternehmen auf dem deutschen Markt beurteilen (z. B. hinsichtlich Qualität, Preisverhalten, Lieferfähigkeit). Welches Erhebungsprinzip würden Sie wählen? Begründen Sie. 3.5 Wahl der Auswahlbasis Bevor die Elemente der Stichprobe aus der Grundgesamtheit gezogen werden können, muss die Frage der Auswahlbasis beantwortet werden, d. h. die Frage: Wie kann auf die Elemente der Grundgesamtheit zugegriffen werden?. Man unterscheidet dabei die Auswahl auf Adressenbasis die Auswahl auf Flächenbasis Quellen für die Auswahl auf Adressenbasis sind u. a. Telefonbücher Wahlberechtigtenverzeichnisse Adressenkarteien der Einwohnermeldeämter (in Deutschland nicht zugänglich) Mitgliederverzeichnisse von Verbänden Herstellerverzeichnisse Verzeichnisse berufsständischer Organisationen Datenbanken der Industrie- und Handelskammern Zunehmend Auswahl auf Flächenbasis im B2C-Bereich Repräsentanzverzerrungen bei der Auswahl auf Adressenbasis sind nur zu vermeiden, wenn die Quellen aktuell zugänglich vollständig sind und keine Doppelzählungen aufweisen. Ist das Adressmaterial unvollständig oder nicht zugänglich, kann eine Auswahl auf Flächenbasis erfolgen. 5

Grundgesamtheit ist die in Privathaushalten lebende Wohnbevölkerung (geeignet bei allgemeinen Bevölkerungsbefragungen). Hierzu wird eine Fläche, z. B. eine Stadt, in Planquadrate aufgeteilt. Dann wird durch Zufall ein Startpunkt (Startadresse) bestimmt. Danach wird der weitere Weg als Zufallsweg (random walk oder random route) ausgelost. So werden nach dem Zufallsprinzip Straßen, Häuser und Mietparteien bzw. Eigentümerhaushalte bestimmt. Nach dem Schwedenschlüssel (Kapitel 3.2) wird dann z. B. festgelegt, welche Person in dem durch Zufall ausgewählten Haushalt befragt wird. Die Auswahl auf Flächenbasis erfolgt oft als mehrstufige Auswahl. Die strengen Datenschutzbestimmungen haben dazu geführt, dass die Auswahl auf Flächenbasis stark an Bedeutung gewonnen hat. Selbstlernaufgabe 3: Ein Hersteller von Kupferrohren für den Einsatz im Sanitärbereich möchte von den Installateuren in NRW wissen, welche Anforderungen sie an den Einsatz von Kupferrohren stellen. Die Grundgesamtheit ist wie folgt abgegrenzt: Sanitärbetriebe in NRW mit mehr als drei Beschäftigten, die Anfang 2012 über eine Betriebsstätte verfügten. Wie würden Sie die Anzahl der Betriebe in der Grundgesamtheit ermitteln? Würden Sie eine Vollerhebung oder eine Teilerhebung durchführen? 3.6 Wahl des Auswahlverfahrens Beim Auswahlverfahren kommt der Auswahl der Stichprobenelemente erhebliche Bedeutung zu, denn die Ergebnisse der Stichprobe sollen geeignet sein, Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit zu ziehen, d. h., die Stichprobe soll repräsentativ sein (vgl. Lehrbrief 4). Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten Stichproben zu gewinnen die repräsentativen Stichprobenauswahlverfahren die Verfahren der die bewussten Auswahlverfahren. die willkürlichen Auswahlverfahren Nur die Verfahren der und die bewussten Verfahren liefern repräsentative Stichproben. Nur diese Verfahren sind in der Marktforschung zulässig, denn nur bei diesen Verfahren können die Stichprobenergebnisse auf die Grundgesamtheit hochgerechnet werden (vgl. Abb. 1 und Lernheft 4) Ein Verfahren nach dem prinzip liegt vor, wenn jedes Element der Grundgesamtheit die gleiche Chance hat in die Auswahl zu kommen (z. B. jede Zahl hat bei der Ziehung der Lottozahlen die gleiche Chance gezogen zu werden). 6

Eine bewusste Auswahl liegt vor, wenn die Stichprobenteilnehmer nach bestimmten vorgegeben Kriterien ausgewählt werden. Auch hier kann von den Stichprobenergebnissen auf die Verhältnisse in der Grundgesamtheit geschlossen werden. Die willkürliche Auswahl z. B. die Auswahl von Passanten auf der Straße kann verzerrte Werte liefern, also Daten, die nicht repräsentativ und damit nicht geeignet sind, um Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit zu schließen. Die willkürliche Auswahl ist damit zur Gewinnung einer Stichprobe in der Marktforschung nicht zulässig. Dem steht auch nicht die häufig im Fernsehen zu beobachtende Passantenbefragung entgegen. Sie kann lediglich als Tendenz, als Stimmungsbild herangezogen werden. Sie erlaubt keine gesicherten Aussagen z. B. über die Einstellung der Bevölkerung. und willkürliche Auswahl unterscheiden 3.7 Festlegung des Stichprobenumfangs Der Stichprobenumfang richtet sich bei den Zufallsverfahren nach der angestrebten Sicherheit und Genauigkeit. Soll z. B. bei gegebener Genauigkeit ein Ergebnis eine bestimmte Aussagesicherheit aufweisen (z. B. das aufgrund einer Stichprobe ermittelte Einkommen soll mit 95% Wahrscheinlichkeit dem wahren Einkommen der Grundgesamtheit entsprechen), so kann der hierzu erforderliche Stichprobenumfang mittels der Stichprobenformeln ermittelt werden (vgl. Lehrheft 4). Bei den Verfahren der bewussten Auswahl kann ein notwendiger Stichprobenumfang nicht mathematisch ermittelt werden. Man arbeitet hier mit Erfahrungswerten und orientiert sich an dem zur Verfügung stehende Budget, an personellen Ressourcen oder am Zeitpunkt, an dem die Daten benötigt werden. Üblich ist in der Praxis eine Stichprobe im Umfang von 2.000 Elementen der Grundgesamtheit. Abweichend hiervon kann aber wie bei der Telefonerhebung zur Ermittlung des ILO-Arbeitslosenstatus für das Statistische Bundesamt (CATI-Erhebung) der Stichprobenumfang auch 10.000 Personen umfassen. 3.8 Zusammenfassung Die Güte sekundärstatistisch gewonnener Daten hängt u. a. von der Aktualität, der Sorgfalt bei der Erfassung und der Glaubwürdigkeit der Quelle ab. Die Güte der mit einer Stichprobe gewonnener Daten hängt davon ab, dass die Stichprobenziehung so geplant und durchgeführt wurde, dass repräsentative Ergebnisse erzielt wurden. Repräsentative Ergebnisse liegen dann vor, wenn von den Stichprobenwerten auf die Verhältnisse in der Grundgesamtheit geschlossen werden kann. 7

3.9 Hausaufgabe In Düsseldorf möchte man durch eine Befragung der Bürger die Zufriedenheit mit dem Oberbürgermeister ermitteln. Zu diesem Zweck sollen an einem festgelegten Tag 2.000 an belebten Punkten der Stadt (Bahnhof, Kö, Schadow Arcaden) zufällig vorbeikommende Bürger befragt werden. In dem Marktforschungsinstitut, das diese Befragung durchführen soll, findet eine Diskussion darüber statt, ob es sich um eine Zufallsbefragung oder um eine nicht zulässige willkürliche Befragung handelt. Geben Sie dazu eine begründete Stellungnahme ab. Wenn Sie der Auffassung sind, dass es sich um eine willkürliche Befragung handelt, entwerfen Sie einen Untersuchungsplan für eine. 3.10 Lösung zu den Selbstlernaufgaben 1. Soll die Zufriedenheit von Frauen, die eine bestimmte Hautcreme benutzen, ermittelt werden, so könnte wie folgt abgegrenzt werden: Räumlich: Sachlich: Zeitlich: Zur Grundgesamtheit zählen alle Frauen in Deutschland Zur Grundgesamtheit sollen Frauen im Alter von 16 bis 30 Jahren zählen, die die Hautcreme A mindestens einmal pro Woche benutzen Zur Grundgesamtheit sollen Frauen zählen, die die Hautcreme A mindestens sechs Monate im Jahr 2012 benutzt haben. 2. Die Anschriften der Betriebe können über die Handwerkskammer in Erfahrung gebracht werden. Eine weitere Möglichkeit wäre der Kauf von entsprechenden Adressen von einem Adressverlag. Hier besteht auch die Möglichkeit die Anzahl der Beschäftigten als Selektionskriterium vorzugeben. Da mit einigen tausend Adressen zu rechnen ist, empfiehlt sich eine Stichprobenauswahl. 3. Da vermutlich nur eine Handvoll Konkurrenten auf dem deutschen Markt tätig sind, wäre eine Vollerhebung zu empfehlen. 8