Fahrähnliche Doppelaufgaben im Labor: Verhaltens- und elektrophysiologische Analysen bei Älteren und Jüngeren



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Transkript:

Fahrähnliche Doppelaufgaben im Labor: Verhaltens- und elektrophysiologische Analysen bei Älteren und Jüngeren Ellen Wilschut, Nele Wild-Wall, Melanie Hahn, Gerhard Rinkenauer und Michael Falkenstein Projektgruppen Altern und ZNS-Veränderungen Moderne Mensch-Maschine-Systeme falkenstein@ifado.de www.ifado.de/neurophys Vortrag beim DLR Braunschweig, 6.5.2010

Ausgangspunkt Altersbedingte Beeinträchtigungen in Laboraufgaben: motorischer Fähigkeiten [Yordanova et al., 2004] des Arbeitsgedächtnisses [McEvoy et al., 2001] der visuospatialen Aufmerksamkeit [Curran et al., 2001] der Inhibition irrelevanter Informationen [Kok, 1999] der Reaktionsgeschwindigkeit [Salthouse, 1996] der Bewegungsregulierung bei kompensatorischem Tracking [Jagacinski et al., 1995] besonders schwierig: Doppelaufgaben, die gleichzeitig motorische und kognitive Anforderungen stellen [Voelcker-Rehage et al., 2006]

Fragen Zeigen ältere im Vergleich zu jüngeren Probanden besondere Probleme bei einer fahrähnlichen Doppelaufgabe? Welche Veränderungen sensorischer, kognitiver und motorischer Prozesse liegen solchen Problemen Älterer bei Doppelaufgaben ggf. zu Grunde? Zeigen sich bei Älteren Kompensationsprozesse?

Experiment 1a Jüngere und Ältere in einer fahrähnlichen Doppelaufgabe: Primäraufgabe: lane change task (LCT) Sekundäraufgabe: Visuelle Suchaufgabe (pop-out vs. conjunction) Verhaltensdaten: Reaktionsgeschwindigkeit, Fehler; Tracking-Genauigkeit EEG-Daten: ereigniskorrelierte Potentiale (u.a. CNV) Kontrollmaße: NASA-TLX Stichprobe: junge Gruppe: N = 12, 20,3 Jahre ältere Gruppe: N = 12, 58,7 Jahre

Parameter der Strecke Länge der Strecke: 3000 m Geschwindigkeit: 60 km/h (const.) Dauer der Fahrt: ~3 min Anzahl der Spurwechsel: 18 Distanz der Spurwechselsignale: M=150 m, [140, 180 m] Abhängige Variablen: Fahren Fahrleistung als integrierte Abweichung von einer Idealspur. Rating des subjektiven Schwierigkeitsgrads

Bedingungen: Visuelle Suche Pop-out Conjunction 9 Set size 4 Jamson &Merat, 2005

Bedingungen: Visuelle Suche Nur Suchen Fahren + Suchen

RT für Suche bei Einzelaufgabe Visuelle Suche als Einzelaufgabe 2400 Jung 2400 Alt 2200 2200 2000 2000 1800 1800 RT (ms) 1600 1400 1200 RT (ms) 1600 1400 1200 1000 1000 800 800 600 4 9 set size 600 Pop-out Conjunction 4 9 set size

RT für Suche bei Doppelaufgabe Fahren und Suchen 2400 Jung 2400 Alt 2200 2200 2000 2000 1800 1800 RT (ms) 1600 1400 1200 RT (ms) 1600 1400 1200 1000 1000 800 800 600 4 9 set size 600 Pop-out Conjunction 4 9 set size Im Mittel 77 ms länger als bei Einzelaufgabe. Im Mittel 107 ms länger als bei Einzelaufgabe.

Genauigkeit Genauigkeit für Suche bei Einzelaufgabe Visuelle Suche als Einzelaufgabe 1,0 Jung 1,0 Alt 0,9 0,9 Accuracy 0,8 0,7 0,6 Accuracy 0,8 0,7 0,6 0,5 0,5 0,4 4 9 set size 0,4 Pop-out Conjunction 4 9 set size

Genauigkeit für Suche bei Doppelaufgabe Fahren und Suchen 1,0 Jung 1,0 Alt 0,9 0,9 Accuracy 0,8 0,7 0,6 Accuracy 0,8 0,7 0,6 0,5 0,5 0,4 4 9 set size 0,4 Pop-out Conjunction 4 9 set size Im Mittel 2,4 % ungenauer als bei Einzelaufgabe. Im Mittel 10,3 % ms ungenauer als bei Einzelaufgabe.

Versuchsaufbau 4 18 196 cm 145 cm a=1 a=1,6 a=38 x 29

Fahrleistung Fahrleistung entspricht Fläche zwischen Fahr- und Modellspur Fläche ist sensitiv gegenüber: Reaktionszeit Dauer des Spurwechsels Fahrgenauigkeit Falsche oder verpasste Spurwechsel

Fahrleistung für Doppelaufgabe Fahren mit Sekundäraufgabe 1,8 Jung 1,8 Alt Mittlere Abweichung [m] 1,6 1,4 1,2 Mittlere Abweichung [m] 1,6 1,4 1,2 4 9 set size Pop-out Conjunction baseline 4 9 set size

Zusammenfassung: Bei der Sekundäraufgabe schneiden die älteren Fahrer bei komplexen Suchaufgaben schlechter ab, als die jüngeren. Die Älteren sind insgesamt langsamer und bei komplexen Suchaufgaben ungenauer. Bereits der niedrigste Schwierigkeitsgrad der Sekundäraufgabe beeinflusst die Fahrleistung beider Altersgruppen negativ. Die Fahrleistung ist bei den älteren Fahrern im Mittel etwas schlechter als bei den jüngeren. Bei älteren Fahrern wird die Fahrleistung durch komplexe Suchaufgaben stärker beeinflusst als bei jüngeren.

Experiment 1b: HDD vs. HUD

Fragen Verbesserung des Verhaltens bei HUD-Präsentation? Falls ja, mehr Verbesserung bei den Älteren? Können EEG-Messungen mehr Informationen über die beteiligten Prozesse geben?

Single LCT Single Suche HDD Dual LCT + Suche HDD Single Suche HUD Dual LCT + Suche HUD Sequenz ausbalanciert über VPn Trainingsphase vor Hauptsitzung HUD HDD

Pop-out Conjunction 80 trials pro Bedingung Dauer Fixationskreuz: 0,5 s Dauer Suche: 3,5 s Target/non target: 50/50 Zwei Targets Rechter Tastendruck nach Target Bedingungen geblockt Stichprobe: junge Gruppe: N = 20, M = 23.5 ältere Gruppe: N = 20, M = 60.2 Normalsichtig (oder korrigiert) Alle TN hatten Führerschein seit > 2 Jahren

+ = Dual task (LCT + Suche; HDD oder HUD) LCT Suche (HDD oder HUD)

Fahrleistung Young Old 1.6 1.4 1.2 1.0 0.8 0.6 0.4 HUD HDD Baseline 0.2 0.0 Pop-out Conjunction Pop-out Driving performance (DP) worse in old than young Ss even in the single task. DP impaired for dual vs. single task, even for pop-out, and more so for old Ss. DP equivalent for HUD and HDD in old Ss, better for HUD/conj in young Ss. Conjunction

RT Suche Young Old 2500 2000 1500 HUD single task HDD single task HUD dual task HDD dual task 1000 500 0 Pop-out Conjunction Pop-out Conjunction RT 133 ms longer for dual than single tasks. RT 1200 ms longer for conjunction than pop-out. search. Single tasks: no RT difference between HDD and HUD. Dual tasks: HUD faster than HDD, mainly for young.

Error rate (ER) higher for dual than single tasks, more so for old Ss. ER larger for conjunction than pop-out search. ER higher for HDD than HUD mainly for conjunction search and dual task. ER higher in old than young Ss, mainly for HDD/dual/conjunction search. ER in dual/conjunction reduced for HUD vs. HDD, more so for old Ss. Fehlerrate Suche Young Old 40 30 20 HUD single task HDD single task HUD dual task HDD dual task 10 0 Pop-out Conjunction Pop-out Conjunction

EEG und EKP Setting Prinzip EKP EEG

Vorbereitung: CNV geringe Vorbereitung starke Vorbereitung 0.5 CNV CNV Die CNV zeigt das Maß der bewußten Vorbereitung auf die Durchführung einer Aufgabe nach einem Reiz (S) S

Wahrnehmung und Aufmerksamkeit: P1/N1 P1 P2 N1 N1 0 200 400 600 800 [ms] S -45.0 µv/m² 0 45.0 P1 und N1 zeigen Stärke und Zeit der Reizwahrnehmung; die P2 den Grad der Aufmerksamkeit auf die Reize

Kontrollierte Verarbeitung von Zielreizen: P3 P3 P3 1 0 200 400 600 800 [ms] S Die P3-Amplitude zeigt, wieviele Ressourcen für die kontrollierte Zielreiz-Verarbeitung eingesetzt werden

+ +... 4 ERP [µv] 2 0-2 -4 Average = -6-100 0 100 200 300 400 500 Time [ms]

CNV Ältere > Junge; Reduktion bei dual, besonders bei Alt/dual / conjunction! EKP Suche FCz µv µv 10 8 6 4 2 0-2 -4-6 10 8 6 4 2 0-2 -4-6 P2 HDD CNV P2 CNV HUD single young pop-out search young conjunction search old pop-out search old conjunction search dual S -500 500 1000 1500 ms S -500 500 1000 1500 ms P2 HUD > HDD, nur für Ältere

CNV amplitude 0-0,5 dual single -1-1,5-2 -2,5 young old -3-3,5-4 -4,5 CNV dual < single, v.a. für die Älteren (v.a. bei HDD)

Diskussion EKP Die vergrößerte P2 für Ältere vs. Jüngere zeigt, dass Ältere mehr Aufmerksamkeit auf das Display richten (HUD > HDD) Die größere CNV für Ältere vs. Jüngere bei der einzeln dargebotenen Suchaufgabe zeigt, dass sich Ältere hier stärker vorbereiten als Jüngere. Diese Mehrvorbereitung Älterer bricht bei Doppelaufgaben zusammen, v.a. für HDD und conjunction search. Dies kann die schlechte Leistung Älterer gerade in dieser Bedingung erklären.

Diskussion Doppeltätigkeit (LCT plus Suche) unter HDD-Bedingungen verschlechtert die leistung besonders bei Älteren, v.a. wenn das Suchobjekt nicht sofort zu erkennen ist (conjunction search). Die Leistung bei der Doppelaufgabe wurde durch die HUD-Darbietung verbessert, v.a. bei conjunction search. Insbesondere Ältere verbesserten ihre Leistung in der Suchaufgabe. HUDs besonders günstig für ältere Fahrer?

Experiment 2 Jüngere und Ältere in einer fahrähnlichen Doppelaufgabe: Primäraufgabe: kompensatorisches Tracking Sekundäraufgabe: Visuelle Aufmerksamkeitsaufgabe (VISATT) vorab: ausgiebige Übung der beiden Aufgaben einzeln und in Kombination Experiment: 6 Blöcke Doppelaufgabe (= 66 min) Verhaltensdaten: Reaktionsgeschwindigkeit, Fehler (Fahrfehler, VISATT-Fehler) EEG-Daten: ereigniskorrelierte Potentiale (u.a. CNV) Kontrollmaße: NASA-TLX, CFQ, TMT, d2 Stichprobe: junge Gruppe: N = 25, 20-33 Jahre, M = 25.2, SD = 3.0 ältere Gruppe: N = 24, 57-70 Jahre, M = 64.5, SD = 3.6

Tracking-Aufgabe (Primäraufgabe) grüner Balken bewegt sich sinusartig horizontal (= Seitenwind ) Bewegung soll durch Lenken kompensiert werden Wenn Abweichung > 17p: roter Balken Instruktion: Bleib in der Mitte und vermeide rot! mögliche Fehler in der Tracking-Aufgabe: Lenkfehler (Abweichung von der Mitte) VISATT Buttons Tracking

Visuelle Aufmerksamkeitsaufgabe (Sekundäraufgabe) (Beispiel: Ziel-Buchstabe A = rechts drücken ; Ziel-Buchstabe X = links drücken) A K 500 ms 500 ms RT 500 ms 500 ms + SOA 2500 ms ----------------- 1500 ms ----------------------------------------------- 1500 ms ------------------------ CUE TARGET FEEDBACK CUE Instruktion: Drücke die entsprechende Taste, wenn ein Ziel-Buchstabe auf der relevanten Diagonale erscheint! mögliche Fehler in der VISATT: a) Targetfehler (Vp drückt links statt rechts oder umgekehrt) b) Missings (Vp drückt bei relevantem Zielreiz gar nicht) c) False Alarms (Vp drückt bei irrelevanten oder Nicht-Zielreizen)

Visuelle Aufmerksamkeitsaufgabe (Sekundäraufgabe) Beispiel: Ziel-Buchstabe A (rechte Taste) relevanter Zielreiz: (40%) irrelevanter Zielreiz: (20%) relevanter Nicht-Zielreiz: (20%) irrelevanter Nicht-Zielreiz: (20%) K A K Z A K Z K A K

Ablauf der Doppelaufgabe

Ergebnisse: Visuelle Aufmerksamkeitsaufgabe Ältere im Mittel 180 ms langsamer Ältere im Mittel höhere Fehlerraten (Miss, FA) 900 20 800 jung alt 18 16 14 * jung [Auslassungsfehler] alt [Auslassungsfehler] jung [Falsche Alarme] alt [Falsche Alarme] RT [ms] 700 * Fehlerrate in % 12 10 8 * 600 6 4 2 * * 1. Hälfte 2. Hälfte Zeitpunkt 0 1. Hälfte 2. Hälfte Zeitpunkt ABER: Ältere zeigen größere Verbesserungen über die Zeit!

Ergebnisse: Trackingaufgabe Absoluter Tracking-Fehler: bei Älteren höher. Relativer Tracking-Fehler (in % relativiert an individueller Fahrleistung): Zwischen Cue und Stimulus Nach Stimulus-Präsentation 110 relativer Tracking-Fehler 108 106 104 102 100 98 96 94 92 90 nach Cue * vor Stimulus * rel. Target * * Jung Alt rel. Non-target irrel. Target irrel. Non-target Interval Stimulus Bedingung

Ergebnisse: P3 und CNV 5 0 FCz Alt Jung -5-10 5 Cz 0-5 EKP [µv] -10 5 CPz CNV 0-5 -10 5 0-5 -10 Pz P3 Ältere verarbeiten Hinweisreize stärker (P3) und bereiten sich stärker/früher auf Zielreize vor (CNV) als Jüngere. 0 500 1000 1500 2000 2500 Zeit [ms]

Quellenanalyse CNV (LORETA) IFG: Koordinierung kognitiver Prozesse bei Mapping sensorischer Information auf korrespondierende motorische Reaktionen in Doppelaufgaben (Stelzel et al., 2006; Schubert & Szameitat, 2003) Precuneus: bimanuelle Koordination komplexer Fingerbewegungen (Andre, Mima et al., 1999; Mochizuki et al., 2007) Fronto-parietales Netzwerk: kognitive und Aufmerksamkeitskontrolle (Rowe, Friston et al., 2002)

Ergebnisse 1: P3 Reizdifferenzierung 14 12 10 relt jung relnt jung irrelt jung irrelnt jung 14 12 10 relt alt relnt alt irrelt alt irrelnt alt 8 8 [µv] 6 4 [µv] 6 4 2 2 0 0-2 -2-4 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600-4 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 Zeit [ms] Zeit [ms] Bei Älteren ist die Differenzierung zwischen Ziel- und Nichtzielreizen drastisch verringert: Ältere verarbeiten Nichtzielreize ähnlich wie Zielreize.

Ergebnisse 2: P3 Lernen Stärke P3 P3 Alt früh Jung früh Alt spät Jung spät P2 2 µv 200 ms Zeit Zielreiz Ältere steigern im Laufe des Trainings ihre kontrollierte Verarbeitung bei der Sekundäraufgabe (P3), Jüngere nicht. Dadurch verbessert sich ihre Leistung in der Sekundäraufgabe.

Diskussion 1: Tracking Bei der Tracking-Aufgabe sind Ältere generell etwas schlechter als Jüngere. Zudem hängt ihre Leistung Älterer von der Phase der Sekundäraufgabe ab: vor dem potenziellen Zielreiz besser (größere CNV!), danach schlechter als bei Jungen. Vorbereitungsressourcen (CNV) werden offenbar nicht nur für die Aufmerksamkeitsaufgabe, sondern auch für die Trackingaufgabe genutzt. Dies wird v.a. durch die Quellenschätzung nahe gelegt. Die Tracking-Defizite Älterer nach dem Zielreiz deuten auf höhere Ablenkbarkeit Älterer nach potenziell relevanten Reizen.

Diskussion 2: Sekundäraufgabe Ältere machen in der Sekundäraufgabe besonders häufig falsche Alarme, d.h. sie reagieren nach einem irrelevanten Reiz. Dies zeigt sich im EKP in einer undifferenzierten Verarbeitung der Zielreize: nahezu gleiche P3 für relevante und irrelevante Reize. Möglicherweise können Ältere den Kontext schlechter im Arbeitsgedächtnis halten, obwohl sie den Hinweisreiz intensiv verarbeiten (Kompensation?). Ältere sind in der Sekundäraufgabe zunächst schlechter als die Jüngeren, profitieren aber mehr von Übung. Dies zeigt sich in einer Intensivierung der kontrollierten Verarbeitung der Zielreize (P3).

Fazit Ältere verarbeiten Nichtzielreize ähnlich intensiv wie Zielreize; dies führt zu Fehlern und Zeitverlust bei der Sekundäraufgabe, aber beeinträchtigt auch die Primäraufgabe. Ältere setzen aktiv Ressourcen ein, um ihre Leistung in Doppelaufgaben zu verbessern. Dies führt schon nach kurzer Zeit zu Leistungsverbesserungen bei der Sekundäraufgabe, verbessert aber auch gewisse Phasen der Primäraufgabe. Ältere setzen also Kompensationsstrategien ein, die man durch die elektrophysiologische Analyse aufdecken kann.

Fragen: Kann man durch geeignete Gestaltung von Hinweisreizen die differenzierte Verarbeitung von Zielreizen bei Älteren verbessern? Wie kann man die Ablenkbarkeit Älterer durch wichtige Reize verringern? Ältere lernen gut, aber besteht die Gefahr einer schnelleren Erschöpfung durch größere Anstrengung? Wie sind die Effekte längeren Lernens bei Älteren?

Relevanz die optimale und altersgerechte Gestaltung der Fahrumgebung: - zeitgerechte Darbietung von wichtigen Informationen - Selektion von wichtigen und unwichtigen Informationen - Informationssystemen (insbesondere, wann weniger wichtige, aber reaktionsrelevante Information gegeben wird, um mögliche motorische Interferenzen zu vermeiden) sowie - Trainingsmaßnahmen

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!