4.3 Reaktionsgeschwindigkeit und Katalysator

Ähnliche Dokumente
4.3 Reaktionsgeschwindigkeit und Katalysator

Richtung von spontanem Prozeßablauf und Veränderung der G in Abhängigkeit vom Vorzeichen der Enthalpie und der Entropie

Richtung chemischer Reaktionen, chemisches Gleichgewicht. Massenwirkungsgesetz

Allgemeine Chemie für Studierende mit Nebenfach Chemie Andreas Rammo

Richtung chemischer Reaktionen, Chemisches Gleichgewicht. Massenwirkungsgesetz

3.4 Energieumsatz bei Reaktionen

endotherme Reaktionen

Das Chemische Gleichgewicht

Thermodynamik & Kinetik

Spezialfälle. BOYLE-MARIOTT`sches Gesetz p V = n R T bei T, n = konstant: p V = const. GAY-LUSSAC`sches Gesetz. bei V, n = konstant: p = const.

Thermodynamik. Thermodynamik

Gegenstand der letzten Vorlesung

0.1 Geschwindigkeit bei Reaktionen

Fragen zum Versuch 11a Kinetik Rohrzuckerinversion:

5 Teilchen treffen Teilchen: Reaktionskinetik

Prof. Dr. J. Gmehling Universität Oldenburg, Institut für Reine und Angewandte Chemie, Technische Chemie, D Oldenburg

Modul BCh 1.2 Praktikum Anorganische und Analytische Chemie I

Katalyse. höhere Reaktionsgeschwindigkeit bei derselben Temperatur! Achtung: Gleichgewicht der chemischen Reaktion wird nicht verschoben

6. Tag: Chemisches Gleichgewicht und Reaktionskinetik

Grundlagen der Chemie Verschieben von Gleichgewichten

Institut für Physikalische und Theoretische Chemie Physikalisch-Chemisches Praktikum für Studenten L2

Grundlagen der Chemie

Basiskenntnistest - Chemie

Homogenes Gleichgewicht

Katalyse. Martin Babilon 14/07/2011. Katalyse. Martin Babilon Universität Paderborn. 14 Juli Montag, 18. Juli 2011

Enzyme: Grundlegende Konzepte und Kinetik

Begriffe und Definitionen in der heterogenen Katalyse

EinFaCh 2. Studienvorbereitung Chemie. Einstieg in Freibergs anschauliches Chemiewissen Teil 2: Chemische Reaktionskinetik. tu-freiberg.

Lösungen 10 (Kinetik)

Fragen zum Versuch Kinetik:

Chemie Protokoll. Versuch 2 3 (RKV) Reaktionskinetik Esterverseifung. Stuttgart, Sommersemester 2012

Prüfungsaufgaben zur Reaktionsgeschwindigkeit und zum chemischem Gleichgewicht

Praktische Einführung in die Chemie Integriertes Praktikum:

Der Firecat Katalysator. Was ist Katalyse?

Aufgabe: Man bestimme die Geschwindigkeitskonstante für den Zerfall des Diacetonalkohols bei 293 und 303 K.

3. Übung Grundlagen der Hauptgruppenchemie

Das Chemische Gleichgewicht

Vorlesung Organische Chemie II Reaktionsmechanismen (3. Sem.)

Grundlagen der Chemie Chemisches Gleichgewicht

Das Haber-Bosch-Verfahren

Übung zum chemischen Praktikum für Studierende der Biologie und Medizin Übung Nr. 1, /

Chemie für Biologen, 2017

Kapitel 2 Die chemische Reaktion

Wilhelm Ostwald -100 Jahre Nobelpreis-

Hausarbeit. Das Fällungs- und Löslichkeitsgleichgewicht. über. von Marie Sander

Institut für Technische Chemie Technische Universität Clausthal

Grundlagen der Kinetik

Allgemeine Chemie. Die chemische Reaktion

Anorganische-Chemie. Dr. Stefan Wuttke Butenandstr. 11, Haus E, E

Die Innere Energie U

Das chemische Gleichgewicht

Bindung in Kohlenwasserstoffmolekülen

Fragen zum Thema chemische Reaktionen Klasse 4 1. Was gehört zu einer chemische Reaktionsgleichung? 2. Wie nennt man die Stoffe, die vor der Reaktion

Allgemeine Chemie 3.6 KINETIK

Organische Chemie 1 Teil 2 1. Vorlesung, Dienstag

1) Ein offenes System zeichnet sich immer durch eine konstante Temperatur aus. zeichnet sich immer durch eine konstante Masse aus.

Posten 1a. Antworten: a) Newton b) Sievert c) Joule d) Watt. (=> Posten 2a) (=> Posten 3d) (=> Posten 4j) (=> Posten 5s) Bor

Wasserstoffbrückenbindung, H 2 O, NH 3, HF, Wasserstoff im PSE, Isotope, Vorkommen, exotherme Reaktion mit Sauerstoff zu Wasser, Energieinhalt,

LN Vortermin SS 02. PC Teil

Verbrennungsrechnung als kinetischer Simulationsansatz

Chemie für Biologen. Vorlesung im. WS 2004/05 V2, Mi 10-12, S04 T01 A02. Paul Rademacher Institut für Organische Chemie der Universität Duisburg-Essen

Versuch: Inversion von Saccharose

2. Chemische Reaktionen und chemisches Gleichgewicht

Physikalische Chemie II

Physikalische Chemie II

Institut für Physikalische Chemie Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

JUTTA BERGER AFFINITÄT UND REAKTION

8.Teil Gleichgewichte

Das Chemische Gleichgewicht Massenwirkungsgesetz

a) Welche der folgenden Aussagen treffen nicht zu? (Dies bezieht sind nur auf Aufgabenteil a)

Einführung in die Chemische Kinetik (Formale Reaktionskinetik)

Übung 3. Ziel: Bedeutung/Umgang innere Energie U und Enthalpie H verstehen (Teil 2) Verständnis des thermodynamischen Gleichgewichts

Für eine allgemeine chemische Reaktion mit der stöchiometrischen Gleichung. aa + bb cc + dd

Praktikum Physikalische Chemie I 30. Januar Aktivierungsenergie. Guido Petri Anastasiya Knoch PC111/112, Gruppe 11

Allgemeine Chemie für r Studierende der Zahnmedizin

Planung, Bau und Betrieb von Chemieanlagen - Übung Allgemeine Chemie. Allgemeine Chemie. Rückblick auf vorherige Übung

Thermodynamik. Thermodynamik ist die Lehre von den Energieänderungen im Verlauf von physikalischen und chemischen Vorgängen.

Auswahlverfahren Medizin Prüfungsgebiet Chemie. 3.Termin Chemische Gleichung, Chemisches Rechnen, Kinetik, Thermodynamik, Chemisches Gleichgewicht

4.1. Eigenschaften von Enzymen

Universität Ulm Grundpraktikum Physikalische Chemie Versuch Nr. 24 Temperaturabhängigkeit von Gleichgewichts- und Geschwindigkeitskonstanten

Bernhard Härder. Einführung in die PHYSIKALISCHE CHEMIE ein Lehrbuch Chemische Thermodynamik W/ WESTAR.P WISSENSCHAFTEN. Skripte, Lehrbücher Band 2

Übungen zur VL Chemie für Biologen und Humanbiologen Lösung Übung 6

Versuch 41: Viskosität durchgeführt am

Kfz Katalysatoren / Lambdasonde. Von Kordula Hurka & Boris Fritz

Allgemeine Chemie. SS 2014 Thomas Loerting. Thomas Loerting Allgemeine Chemie

Physikalische Chemie für Fortgeschrittene. Protokoll

Kettenreaktionen. Kapitel 2. In diesem Kapitel sollen die folgenden Fragen beantwortet werden:

Musterlösung Übung 10

Allgemeine Chemie für r Studierende der Medizin

Unbeantwortet: Welchen Weg nimmt ein System, welche Zeit benötigt es in den Gleichgewichtszustand zu kommen?

-Reaktionsordnung- Referat zur Vorlesung Reaktionsdynamik. 31. Oktober 2012 Nils Wilharm Reaktionsordnung Seite 1

Vorlesung Anorganische Chemie

Lösungen (ohne Aufgabenstellungen)

Nobelpreis 2007 Chemie

Chemie. Leistungskurs. Beispielaufgabe A 4. Auswahlverfahren: Hessisches Kultusministerium. Landesabitur 2007 Beispielaufgaben

A 1.1 a Wie groß ist das Molvolumen von Helium, flüssigem Wasser, Kupfer, Stickstoff und Sauerstoff bei 1 bar und 25 C?

8.5 Das Reaktionsgleichgewicht. Für eine Bruttoreaktion gilt: Wdhl.: Stoffumwandlungen und Gleichgewicht aus Kap. 8.3

Chemische Thermodynamik

Transkript:

4.3 Reaktionsgeschwindigkeit und Katalysator - Neben der thermodynamischen Lage des chemischen Gleichgewichts ist der zeitliche Ablauf der Reaktion, also die Geschwindigkeit der Ein- Einstellung des Gleichgewichts, von Bedeutung. a A + b B c C + d D - Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit von Hin- und Rückreaktion durch Erhöhung der Temperatur 1) Zunahme der Konzentration Einsatz eines Katalysators 1) Auswirkungen auf Gleichgewichtslage und Reaktionsgeschwindigkeit!

A + B C X + Y Z Energie (A + B)* I Energie (X + Y)* II Z A + B U E a (hin) E a (rück) E a (hin) X + Y E a (rück) U C Reaktionsweg Reaktionsweg

Temperaturabhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit (Jacobus Henricus van t Hoff, 1884; Svante Arrhenius, 1889) - kleine Änderung der Temperatur relativ große Änderung der Reaktionsgeschwindigkeit (von Hin- und Rückreaktion) Ursache: k ist exponentiell von T abhängig - RGT-Regel nach van t Hoff 1) Temperaturerhöhung um 10 K Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit um das Zwei- bis Vierfache (Q 10 -Wert) Effekt ist bei niedrigen Temperaturen sowie bei höherer Aktivierungsenergie größer ln(k) Arrhenius-Gleichung k = A e E a RT k = Geschwindigkeitskonstante A = reaktionsabhängige Konstante E a = Aktivierungsenergie (kj/mol) R = ideale Gaskonstante (8,3145 J/mol K) T = absolute Temperatur (K) Arrhenius-Graph Anstieg m = - E a / R E a = - m R Ea 1 ln( k) = + ln(a) R T y = m x + n 1) Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel 1/T

k = A e Ea RT 1 k ~ e T ~ 1 1 et 1 T steigt e T wird kleiner 1 1 bzw. k wird größer et

In welchem Umfang steigt die Reaktionsgeschwindigkeit einer chemischen Reaktion, wenn folgende Werte gegeben sind: E a = 60 kj/mol (60 kj/mol < E a < 250 kj/mol) 1) 1) Mortimer, Müller, 2003 R = 8,3145 J/K mol T 1 = 273,15 K (0 C) T 2 = 283,15 K (10 C) T = 10 K A = Temperaturabhängigkeit vernachlässigbar gering Ea RT1 60 10 3 J / mol 8,3145 J / K mol 273,15K 26,4 k1 = A e = A e = A e = A 3,36 10 12 Ea RT2 60 10 3 J / mol 8,3145 J/ K mol 283,15K 25,5 k2 = A e = A e = A e = A 8,54 10 12 k 2 /k 1 = 2,5 Erhöhung der Temperatur von 0 C auf 10 C Reaktionsgeschwindigkeit steigt um das 2,5fache!

T 3 = 373,15 K (100 C) T 4 = 383,15 K (110 C) T = 10 K k 3 = A 3,99 10-9 k 4 = A 6,61 10-9 k 4 /k 3 = 1,7 Erhöhung der Temperatur von 100 C auf 110 C Reaktionsgeschwindigkeit steigt um das 1,7fache Der Temperatureffekt ist bei niedrigen Temperaturen größer! Ebenso gilt: Der Temperatureffekt ist bei höherer E a größer!

Bildung von Wasser aus Wasserstoff 2 H 2 + O 2 2 H 2 O(g) H = - 484 kj/mol Gleichgewicht liegt bei Raumtemperatur vollständig rechts, aber Reaktionsgeschwindigkeit unmessbar klein keine Aussage zum Reaktionsmechanismus Enthalpie E a H 2, O 2 H H 2 O

Reaktionsmechanismus verzweigte radikalische Kettenreaktion H H(g) 2 H (g) H = + 435 kj/mol O O(g) 2 O (g) H = + 494 kj/mol E H 2 2 H Kettenstart H + O 2 OH + O Kettenverzweigung OH + H 2 H 2 O + H Kettenfortpflanzung O + H 2 OH + H OH + H H 2 O Kettenabbruch

Katalysatorwirkung kein Einfluss auf K c Ein Katalysator erhöht nur die Geschwindigkeit, mit der sich das Gleichgewicht einstellt. Er verändert nicht die Lage des chemischen Gleichgewichts. Am Ende der Reaktion liegt er chemisch unverändert vor. - Homogene Katalyse Katalysator und Ausgangsstoffe in gleicher Phase - Heterogene Katalyse Katalysator und Ausgangsstoffe in unterschiedlichen Phasen

A + B C Energie (A + B) * ohne Katalysator E a A + B E a1 U mit Katalysator C Reaktionsweg Mit Katalysator erhebliche Absenkung von E a durch veränderten Reaktionsmechanismus

Bildung von Wasser aus Wasserstoff in Gegenwart eines Katalysators 2 H 2 + O 2 2 H 2 O(g) H = - 484 kj/mol Gleichgewicht liegt bei Raumtemperatur vollständig rechts, aber Reaktionsgeschwindigkeit unmessbar klein Enthalpie E a1 H 2, O 2 E a2 H H 2 O

Katalytische Wirkung von Platin (Johann Wolfgang Döbereiner, 1823) + + + H 2 O 2 H 2 H 2 O H 2 O 2 H 2 O H H H H O O Pt Pt H H O O H H Pt H H O=O H H Pt 2 H 2 + O 2

Döbereiner Feuerzeug, 1823

Drei-Wege-Katalysator in Otto-Motoren - wabenartig aufgebaut, mit feinen Kanälen durchzogen, mit keramischem Träger (Al 2 O 3 ) - große Oberfläche für das katalytische Material (Platin, Rhodium, Palladium) - Reduzierung von KW, CO und NO X um ca. 90 % - nur eingeschränkte Funktion während der Aufwärmzeit bei Kaltstart und bei Fahrten mit hoher Geschwindigkeit Hauptreaktionen im Drei-Wege-Katalysator CO + ½ O 2 CO 2 NO + CO CO 2 + ½ N 2 C 8 H 18 + 12,5 O 2 8 CO 2 + 9 H 2 O

Ausbeute von Gleichgewichtsreaktionen N 2 (g) + 3 H 2 (g) exotherm endotherm 2 NH 3 (g) Hohe Ausbeute an NH 3 theoretisch bei: - niedriger Temperatur ( H = - 92 kj/mol) - hohem Druck ( n = - 2) Typische Reaktionsbedingungen in der Praxis: - 400-520 C! - 250-350 bar - Katalysator Fe 3 O 4 (95 %), K 2 O, Al 2 O 3 (heterogene Katalyse) - ständige Entfernung von NH 3 aus Gleichgewicht Betriebsbedingungen