Was ist Fairtrade? Fairtrade verbindet Konsumentinnen und Konsumenten, Unternehmen und Produzentenorganisationen und verändert Handel(n) durch bessere Preise für Kleinbauernfamilien, sowie menschenwürdige Arbeitsbedingungen für Beschäftigte auf Plantagen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Produzenten Selbstbestimmt in eine bessere Zukunft Bäuerinnen und Bauern, Arbeiterinnen und Arbeiter auf der ganzen Welt sorgen dafür, dass wir in Supermärkten täglich ein umfangreiches Lebensmittelangebot vorfinden. Sie tragen nach wie vor zu 70 Prozent der Nahrungsmittelversorgung weltweit bei. Landwirtschaft ist die bedeutendste Einkommens- und Beschäftigungsquelle fu r arme Haushalte in ländlichen Gebieten, 40 Prozent der gegenwärtigen Weltbevölkerung bestreitet aus ihr ihren Lebensunterhalt. Das weltweite Handelssystem sorgt dafür, dass die Vorteile des Welthandels ungerecht verteilt sind. Die Menschen am Anfang der Lieferkette in Entwicklungs- und Schwellenländern haben mit schlechteren Ausgangsbedingungen, weniger Einfluss und prekäreren Arbeits- und Lebensverhältnissen zu kämpfen. Außerdem sind kleinbäuerliche Betriebe vom Klimawandel am härtesten betroffen. Nutzflächen in der Größenordnung von 12 Millionen Hektar pro Jahr werden wegen Wu stenbildung und Du rre unbebaubar. Bereits ein geringer Temperaturanstieg von 1 C fuḧrt zu Ernteeinbußen von 5-10 Prozent fu r die verbreitetsten Getreidearten. In den letzten zehn Jahren des 20. Jahrhunderts lebten 99 von 100 Menschen, die in klimabedingten Naturkatastrophen ums Leben kamen, in ärmeren Ländern. Fairtrade bietet Unterstützung, damit Arbeiterinnen und Arbeiter ihre Rechte kennen. 1
Rechte stärken, Lebensalltag verbessern Fairtrade ermöglicht es Produzentinnen und Produzenten aus Afrika, Asien und Lateinamerika, zu einer einflussreichen Kraft für Veränderungen in ihrem Umfeld zu werden und selbstbestimmt ihre Zukunft zu gestalten. Rund 1,66 Millionen Bäuerinnen und Bauern sowie Arbeiterinnen und Arbeiter auf Plantagen aus 75 Anbauländern profitieren derzeit von ihrer Beteiligung an Fairtrade. Bäuerinnen und Bauern schließen sich in demokratischen Organisationen zusammen, die ihre Interessen auf dem Markt besser vertreten und über gemeinsame Anschaffungen und Fortbildungen ihre Ernteerträge erhöhen. Arbeiterinnen und Arbeiter auf Plantagen erhalten durch Fairtrade die Unterstützung, ihren Rechten und Bedürfnissen über demokratische Interessenvertretungen wie Gewerkschaften eine einflussreiche Stimme zu verleihen und bessere Arbeitsbedingungen sowie eine stabilere Lohnsituation zu erreichen. Prämie und politische Teilhabe Sie alle profitieren von der Fairtrade-Prämie, die Projekte zur Verbesserung des Lebensalltags dieser Menschen, ja sogar ihrer Familien und ihrer Umgebung finanziert: Bildung, Gesundheitsversorgung, Verbesserungen der Wohnsituation und Maßnahmen zur Steigerung der Produktivität landwirtschaftlicher Kleinbetriebe. Im Fairtrade-System verfügen sie als Mitglieder der Produzentennetzwerke Fairtrade Africa, Network of Asian and Pacific Producers (NAPP) und Coordinator of Fairtrade Latin America and the Caribbean (CLAC) über 50 Prozent der Stimmen in der Fairtrade-Generalversammlung. 2
Fairtrade-Standards Die Spielregeln des Fairen Handels Produkte, die mit dem Fairtrade-Siegel ausgezeichnet sind, werden nach den internationalen Standards von Fairtrade International angebaut und gehandelt. Die Fairtrade-Standards sind das Regelwerk, das Kleinbauernorganisationen, Plantagen und Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette einhalten müssen und Handel(n) verändert. Sie umfassen soziale, ökologische und ökonomische Kriterien, um eine nachhaltige Entwicklung der Produzentenorganisationen in den Entwicklungs- und Schwellenländern zu gewährleisten. Inhalte der Standards Stärkung der Kleinbauern, Kleinbäuerinnen und Arbeiter und Arbeiterinnen Organisation in demokratischen Gemeinschaften (bei Kooperativen) Förderung gewerkschaftlicher Organisation (auf Plantagen) Geregelte Arbeitsbedingungen Verbot ausbeuterischer Kinderarbeit Diskriminierungsverbot Die Entwicklung und regelmäßige Überarbeitung der Standards gehört zu den zentralen Aufgaben von Fairtrade International und erfolgt nach den Richtlinien der Organisation ISEAL in einem transparenten Prozess, in den alle Beteiligten eingebunden sind. Aufbau der Standards Die Fairtrade-Standards bestehen aus Kernanforderungen und sogenannten Entwicklungs-Indikatoren. Die Kernanforderungen müssen von jeder Produzentengruppe erfüllt werden, um die Fairtrade-Zertifizierung zu erhalten. Nach der ersten Zertifizierung müssen die Produzentenorganisationen zudem die Entwicklungsanforderungen erfüllen. Diese sind weitreichender und haben unter anderem das Ziel, die Organisation und die Arbeitsbedingungen der Produzenten zu verbessern, aber auch langfristig wirkende Maßnahmen zum Schutz der Umwelt umzusetzen. 3
Das Fairtrade-System Global. Integrativ. Verlässlich. Organsisation und Struktur Hinter Fairtrade stehen verschiedene Organisationen: Die Dachorganisation Fairtrade International setzt sich aus 37 Mitgliedern zusammen: 26 nationale Fairtrade-Organisationen (NFO), drei Produzentennetzwerke und acht Fairtrade Marketingorganisationen, die Fairtrade auf neuen Märkten etablieren. Geleitet wird das Fairtrade-System über die Generalversammlung, die jährlich zusammenkommt und über Mitgliedschaftsangelegenheiten entscheidet, den Jahresabschluss verabschiedet und neue Vorstandsmitglieder ernennt. Das Stimmrecht ist gleichmäßig verteilt zwischen den Fairtrade- Produzentennetzwerken (50 Prozent) und den nationalen Fairtrade- Organisationen (50 Prozent). Darüber hinaus treffen sich die nationalen Fairtrade-Organisationen und die drei Produzentennetzwerke jeweils jährlich zu einer eigenen Versammlung. Das zentrale Entscheidungsorgan im Fairtrade-System ist der Vorstand. Er beschließt die Fairtrade-Strategie und verabschiedet die Fairtrade- Mindestpreise, -Prämien und Standards. Die Generalversammlung wählt den Vorstand, der sich aus vier von drei Produzentennetzwerken nominierten Mitgliedern, vier von den nationalen Fairtrade-Organisationen nominierten und drei unabhängigen Mitgliedern zusammensetzt. 4
Kontrolle Die Einhaltung der Standards wird von FLOCERT, einem international anerkannten Spezialisten für Zertifizierung, überprüft. Vision, Aufgaben, Ziele Worum geht es Fairtrade und wie können wir unserer Vision näher kommen? Fairtrade hat eine Welt zum Ziel, in der alle Kleinbäuerinnen und -bauern sowie Arbeiterinnen und Arbeiter über existenzsichernde Lebensgrundlagen verfügen, ihre Potentiale entfalten und Ihre Zukunft selbstbestimmt gestalten können. Kontrolle FLOCERT überprüft kompetent vor Ort Die Zertifizierungsgesellschaft FLOCERT überprüft vor Ort, ob Produzenten und Händler die Fairtrade-Standards einhalten und die sozialen, ökonomischen und ökologischen Standards erfüllen. Sie kontrolliert auch, ob die Produzentenorganisationen den festgelegten Mindestpreis und die Fairtrade- Prämie ausgezahlt bekommen. FLOCERT ist ein unabhängiges Zertifizierungsunternehmen und Tochtergesellschaft von Fairtrade International. Das Unternehmen zertifiziert Produzenten, Händler und Hersteller in rund 115 Ländern nach den Fairtrade- Standards. Über 100 hochqualifizierte Auditorinnen und Auditoren nehmen in regelmäßigen Abständen Kontrollen und Audits vor Ort vor. Die Zertifizierung Ohne ein erstes Audit vor Ort kann keine Produzentenorganisation zertifiziert werden. In ihnen sind oft hunderte oder tausende Bauern und Bäuerinnen zusammengeschlossen. FLOCERT führt Gruppenzertifizierungen durch, im 5
Rahmen derer zum einen die Organisation selbst überprüft wird, zum anderen Stichproben bei einzelnen Bauernfamilien vorgenommen werden. Label mit hoher Aussagekraft. Sehr starke übergreifende Kriterien. Mindestpreise für Rohware und Prämien sind Pflicht. Transfair kann gelabelte Produkte sehr gut zurückverfolgen. Gute Kontrollmechanismen, vielfältige Wirkungsanalysen. Stiftung Warentest, Ausgabe 05/2016 Der Zeitaufwand für die Kontrollen ist sehr unterschiedlich und abhängig von der Größe der Organisation, ihrer jeweiligen Struktur und der Anzahl der unterschiedlichen Produkte die zertifiziert werden sollen. Bei kleinen Organisationen bleiben die Auditorinnen und Auditoren meist vier Tage vor Ort, bei den größten kann die Kontrolle auch sechs bis sieben Wochen dauern. Die Kosten der Zertifizierung sind abhängig von der Dauer der Überprüfung, von Produktanzahl und Größe. Der Zertifizierungsbericht geht zur Auswertung an FLOCERT. Den Entscheidungsprozess für die Vergabe der Fairtrade- Zertifizierung überwacht ein unabhängiges Zertifizierungskomitee. Wenn eine Produzentenorganisation die Fairtrade-Zertifizierung erstmalig erhalten hat, wird sie innerhalb eines dreijährigen Zertifizierungszyklus mindestens zwei weitere Male kontrolliert. Neben diesen regulären sogenannten Überwachungsaudits führt FLOCERT auch unangekündigte Audits durch. Alle drei Jahre muss das Fairtrade-Zertifikat erneuert werden, was mit einer besonders umfangreichen Prüfung verbunden ist. ISO 17065 Zertifizierung FLOCERT selbst ist nach ISO 17065, einer weltweit anerkannten Akkreditierungsnorm für Zertifizierungsorganisationen zertifiziert. ISO 17065 steht für Qualitätsmanagement Transparenz bei allen Betriebs- und Zertifizierungsabläufen Unabhängigkeit bei allen Entscheidungen, die während der Zertifizierung getroffen werden 6
Wirkung von Fairtrade Fairtrade ist ein Prozess auf verschiedenen Ebenen Ziel von Fairtrade ist es, einen bedeutenden Entwicklungsbeitrag zu leisten und das Leben der an der Produktion beteiligten Menschen und Familien in den Anbauländern zu verbessern. Dabei geht es um einen Prozess - einen Weg der Veränderung - in Zusammenarbeit mit allen Akteuren. Verschiedene Studien untermauern die positive Wirkung von Fairtrade - für zertifizierte Produzentenorganisationen, aber auch darüber hinaus für die Entwicklung ländlicher Gegenden. Natürlich kann Fairtrade komplexe Probleme marginalisierter Regionen nicht alleine lösen, aber als Teil einer breiteren Entwicklungsstrategie führt der faire Handel zu sozialen, wirtschaftlichen und ökonomischen Verbesserungen. Zahlreiche Studien von unabhängigen Instituten sowie auch das Monitoring- System von Fairtrade International belegen, dass der faire Handel zu institutionellen Vorteilen für Produzentinnen und Produzenten führt, eine höhere wirtschaftliche Stabilität ermöglicht und das Selbstvertrauen und die Würde von Kleinbauernfamilien und Beschäftigten auf Plantagen fördert. 7