Gesundheitsförderung für Lehrpersonen und Schulleitungen

Ähnliche Dokumente
Arbeitsgruppe 9. Was ist Gesundheitsförderung und wie macht man es gut. Grundbegriffe und Qualitätskriterien in der Gesundheitsförderung

Wege und Lösungen finden! Gesundheit als Prozess. Mitarbeiter- und Führungskräfteberatung der B A D GmbH. Christine Hemmen- Johar Rebekka Gale

Persönliche Zukunftsplanung mit Menschen, denen nicht zugetraut wird, dass sie für sich selbst sprechen können Von Susanne Göbel und Josef Ströbl

Ziele. Stressmodell. Eine Situation, die für mich aktuell Stress bedeutet... Das Stress-Modell. Drei Grundbedingungen für die Entstehung von Stress

Herzo - Sen i orenbüro. die Kultur des Helfens er Leben. mb. Stadt Herzogenaurach. Leitfaden. Kindergarten Grundschule

Es ist die Kultur, und es wachsen lässt.

+programm. Das GESUND FÜHREN Programm Sich selbst GESUND FÜHREN Mitarbeiter GESUND FÜHREN. empfohlen von der BARMER GEK

Kinder und Jugendliche in ihrer Vielfalt fördern Unterricht fokussiert auf individuelle Förderung weiterentwickeln

Ehrenamtliche weiterbilden, beraten, informieren

INFORMATION FÜR FÜHRUNGSKRÄFTE

Staatssekretär Dr. Günther Horzetzky


Die Post hat eine Umfrage gemacht

Gesprächsleitfaden Mitarbeitergespräch (MAG) für Mitarbeiter/innen

Gesund führen - den passenden Ton treffen

Brigitte Witzig Coaching

Entwickeln Sie Ihre Vision!

Gesundheit in der Schule umsetzten Qualität sichern

Betriebs-Check Gesundheit

Balance halten zwischen Leistung und Gesundheit Lösungen für die Betriebliche Gesundheitsförderung und Personalentwicklung

Förderung der Lehrergesundheit durch Personal-, Organisations- und Unterrichtsentwicklung

Leitbild. LG Liechtensteinisches. Gymnasium

Neue Energie für den Quantensprung im Leben. Leben Sie Ihr Leben in Fülle und Vertrauen

Was meinen die Leute eigentlich mit: Grexit?

Business-Coaching. Berufliche Coachingthemen:

Führungs Kräfte Ausbildung

I.O. BUSINESS. Checkliste Effektive Vorbereitung aktiver Telefonate

Bernadette Büsgen HR-Consulting

2.1 Präsentieren wozu eigentlich?

Das Leitbild vom Verein WIR

DER SELBST-CHECK FÜR IHR PROJEKT

ÜBERGABE DER OPERATIVEN GESCHÄFTSFÜHRUNG VON MARC BRUNNER AN DOMINIK NYFFENEGGER

Erfolgreiche Webseiten: Zur Notwendigkeit die eigene(n) Zielgruppe(n) zu kennen und zu verstehen!

Es gilt das gesprochene Wort. Anrede

Die große Wertestudie 2011

40-Tage-Wunder- Kurs. Umarme, was Du nicht ändern kannst.

Neu in Führung. Die k.brio Coaching-Begleitung für Führungskräfte und ihre Teams. k.brio coaching GbR. Grobkonzept. offen gesagt: gut beraten.

Konflikte sind immer persönlich

infach Geld FBV Ihr Weg zum finanzellen Erfolg Florian Mock

Denken und Träumen - Selbstreflexion zum Jahreswechsel

Dies fällt oft deshalb schwerer, da der Angehörige ja von früher gewohnt war, dass der Demenzkranke funktioniert. Was also kann oder soll man tun?

Zentrum Gesundheitsförderung

Neue Medien in der Erwachsenenbildung

Leitbild. für Jedermensch in leicht verständlicher Sprache

Erhalt und Weiterentwicklung beruflicher Kompetenzen der Lehrerinnen und Lehrer

Volksbank BraWo Führungsgrundsätze

Kerstin Hack. Worte der Freundschaft. Zitate und Gedanken über wertvolle Menschen

Übergänge- sind bedeutsame Lebensabschnitte!

agitat Werkzeuge kann man brauchen und missbrauchen - vom Einsatz von NLP in der Führung

Spracherwerb und Schriftspracherwerb

Dr. Kraus & Partner Unser Angebot zu Internationales Change-Management für Führungskräfte

Kompetenzschmiede für Sozialunternehmer

Symposium Forschendes Lernen im kulturellen Bereich Möglichkeiten und Herausforderungen im Kontext von Schule 23. und 24. September 2010 in Berlin

Arbeitsplatz Schule. Ergebnisse der Onlinebefragung. Wien, 31. März 2008

Qualität und Verlässlichkeit Das verstehen die Deutschen unter Geschäftsmoral!

Qualitätsbedingungen schulischer Inklusion für Kinder und Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung

Projekte erfolgreich steuern trotz Change. Strategien zum Umgang mit Unternehmensveränderungen für Projektleiter

Kollegiale Beratung. Kurzleitfaden: Workshop

Psychologische Unterstützung. Psychologen Die Experten im betrieblichen Gesundheitsmanagement

Gesunde Mitarbeiter schaffen erfolgreiche Unternehmen.

Pflegende Angehörige Online Ihre Plattform im Internet

INPRO Trainingstag Grundlagen interprofessioneller Arbeit

Unternehmensleitbild. Vision Mission Werte Spielregeln

Vorstellung der Gesamtschule In der Höh Volketswil

Alle gehören dazu. Vorwort

Kärntner Elterndiplom 2015/16

Azubi Plus. projekt zukunft. Gestalten Sie Ihre Ausbildungen attraktiver, interessanter und wirkungsvoller mit...

Arbeitshilfe "Tipps für Gespräche mit Vorgesetzten und KollegInnen" Was gilt für mich?

Wir sind für Sie da. Unser Gesundheitsangebot: Unterstützung im Umgang mit Ihrer Depression

Was ich als Bürgermeister für Lübbecke tun möchte

Häufig gestellte Fragen zur Initiative Sportverein 2020

IT-SICHERHEIT IM UNTERNEHMEN Mehr Sicherheit für Ihre Entscheidung

Selbstreflexion für Lehrpersonen Ich als Führungspersönlichkeit

Die beste Strategie taugt nix, wenn sie von Inkompetenten schlecht umsetzt wird

Und im Bereich Lernschwächen kommen sie, wenn sie merken, das Kind hat Probleme beim Rechnen oder Lesen und Schreiben.

Bildungspatenschaften stärken, Integration fördern

Telefon. Fax. Internet.

Alte Hasen oder altes Eisen? Biografische Aspekte für ein erfolgreiches Älterwerden in diskontinuierlicher Beschäftigung

Aussage: Das Seminar ist hilfreich für meine berufliche Entwicklung

Gesprächsleitfaden Mitarbeitergespräch (MAG) für Vorgesetzte

Schulleiterdienstbesprechung Grundschule Kreis Dithmarschen

Was sind Jahres- und Zielvereinbarungsgespräche?

Team. das ist ein gutes Team. Landesschulamt Führungsakademie

Die richtigen Partner finden, Ressourcen finden und zusammenführen

HERAUSFORDERUNG WORK-LIFE-BALANCE: DIE KRÄFTE DER BALANCE IM UNTERNEHMEN. Lesen Sie jetzt einen Auszug aus dem PDF. Herausforderung Work-Life-Balance

Erfolgreicher agieren durch Systematik in Marketing & Vertrieb

Workshop: Wie ich mein Handikap verbessere erfolgreich Leben mit Multiple Sklerose!

Was ist Sozial-Raum-Orientierung?

Erlebnisorientiertes Lernen mit Pferden

Was ist das Budget für Arbeit?

Change Management. Teamentwicklung. Coaching. Training

Wie bewerten. LehrerInnen & SchülerInnen. die MindMatters-Materialien?

Themenbereich "Trauer"

Führung und Gesundheit. Wie Führungskräfte die Gesundheit der Mitarbeiter fördern können

Probleme kann man nie mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind. Albert Einstein BERATUNG

Welchen Weg nimmt Ihr Vermögen. Unsere Leistung zu Ihrer Privaten Vermögensplanung. Wir machen aus Zahlen Werte

Diese wurde im Leitbild fixiert welches von den Mitarbeitern/innen in Kooperation mit den Nutzern entwickelt und reflektiert wurde.

LÖSUNGEN FÜR FÜHRUNGSKRÄFTE LEADERSHIP-COACHING

Personalentwicklungskonzept der Grundschule Glindow

Schulbegleitung zur Unterrichtsentwicklung mit Didaktischem Training

Transkript:

Departement Bildung, Kultur und Sport Aargau Departement Gesundheit und Soziales Aargau (Hrsg.) Gesundheitsförderung für Lehrpersonen und Schulleitungen Ein Praxishandbuch als Beitrag zur Schulentwicklung

Inhalt Vorwort 9 Nadja Badr, Siegfried Seeger Kapitel 1 Eine gesundheitsfördernde Schule machen! 12 1.1 Personalentwicklung: für sich und andere sorgen 16 1.2 Unterrichtsentwicklung: gut, gerne und gesund unterrichten 18 1.3 Organisationsentwicklung: Schule sinnstiftend gestalten 19 1.4 Schulleitung: Schule kohärent und heiter führen 22 Literatur 25 Helmut Heyse Kapitel 2 Leitbilder 28 2.1 Leitbilder als Orientierungshilfe 29 2.2 Leitbilder entscheiden über die Akzeptanz von Veränderungen 29 2.3 Leitbilder sind rollenspezifisch 30 2.4 Leitbilder entwickeln sich 30 2.5 Kooperative Klärung von Leitbildern 31 2.6 Leitbild und Gesundheit 32 2.7 Fazit 35 Literatur 35 Bernhard Sieland, Helmut Heyse Kapitel 3 Spiegelkabinett 37 3.1 Selbsterkundung: Worum geht es? 39 3.2 Selbsterkundung: Wie macht man das? 42 3.3 Selbsterkundung: Was habe ich davon? Wozu das? 43 3.4 Selbsterkundung: Nur der erste Schritt Möglichkeiten der nach haltigen Unterstützung eines Veränderungsvorhabens 44 3.5 Fazit 46 Literatur 46 Helmut Heyse Kapitel 4 Teamarbeit zwischen Belastung und Bereicherung 50 4.1 Betriebliche Gesundheitsförderung Herausforderung für ein Kollegium 51 4.2 Teamarbeit zur Unterstützung der eigenen Gesundheit 51 4.3 Bedingungen für eine gelingende Teamarbeit zur kollegialen Gesundheitsförderung 53 4.4 Hilfreiche Kompetenzen eines gesundheitsorientierten Entwicklungsteams in der Schule 56 4.5 Fazit 57 Literatur 58

6 Inhalt Andreas Krause Kapitel 5 System Schule 59 5.1 Kriterien für eine gesundheitsförderliche Arbeits organisation an Schulen sind bekannt. Instrumente zur Analyse der Arbeitsorganisation an Schulen liegen vor. 60 5.2 An Schulen sind psychosoziale Belastungen und Unterstützungsfaktoren von besonderer Bedeutung. Austausch und Aushandlung zwischen Schulleitung und Kollegium in der Schule sind notwendig, um den Handlungsbedarf festzulegen. 62 5.3 Zwei typische Paradoxien treten bei der Umsetzung von Gesundheitsförderung im System Schule auf (zunehmende zeitliche Belastung, Einschränkung der individuellen Autonomie). Wer dies bei der Umsetzung nicht beachtet, wird scheitern. 63 5.4 Das Verständnis, wie Veränderungen im Bildungssystem mit der Gesundheit von Lehrpersonen und Schulleitungen zusammenhängen, kann Schulteams zum gemeinsamen Handeln anregen und dazu dienen, Widerstand aktiv zu bearbeiten. 65 Literatur 68 Weiterführende Literatur 68 Anton Strittmatter Kapitel 6 Leadership 69 6.1 Die Verantwortlichkeitsdiskussion ist noch jung 71 6.2 Gute und gesundheitsförderliche Schulen haben eine partizipative Führungskultur 71 6.3 Der Selbst- und Fremdsorge-Vertrag 72 6.4 Bewusst Verantwortung tragen und sie hüten 73 6.5 Auf den Vorrang der Selbstentwicklung pochen 75 6.6 Mit Schwierigkeiten rechnen und Antworten darauf finden 75 Literatur 77 Weiterführende Literatur 77 Nadja Badr Kapitel 7 Salutogener Unterricht 78 7.1 Unterricht besser verstehen 79 7.2 Unterricht handhabbar gestalten 82 7.3 Unterricht sinnstiftend erleben 86 7.4 Das 10-Punkte-Programm, um gut, gesund und gerne zu unterrichten 87 Literatur 92 Weiterführende Literatur 93

Inhalt 7 Christoph Eichhorn Kapitel 8 Classroom-Management 94 8.1 Rituale geben Sicherheit 95 8.2 Präsenz Hauptmerkmal guter Klassenführung 97 8.3 Die Vorteile von Classroom-Management 98 8.4 Die wichtigsten Classroom-Management-Tools 99 8.5 Zusammenfassung 100 Literatur 101 Weiterführende Literatur 101 Ueli Keller, Hanspeter Stoll Kapitel 9 Lehrpersonenzimmer 102 9.1 Ansichten: Eine Fachmeinung und drei Beispiele aus dem Aargau 103 9.2 Einsichten: Unser Lehrpersonenzimmer, das sind wir 107 9.3 Aussichten: Mit kleinen Veränderungen Großes bewirken 107 Literatur, Support und Links 108 Gabriele Juvan im Gespräch mit Gabriele Nippel Kapitel 10 Ruheoasen 110 Weiterführende Literatur 115 Webseite 115 Marlis Heimbold-Wiskow Kapitel 11 Spielplatz 116 11.1 Der Begriff des Spiels hat viele Facetten 117 11.2 Wie spielerische Übungen wirken und warum Spielen wichtig ist 117 11.3 Spielgelegenheiten, -themen und Life-Kinetik 120 11.4 Schlussbetrachtung 125 Literatur 126 Weiterführende Literatur 126 Jeannette Zumsteg Kapitel 12 Vitaminbar 127 12.1 Vitamine in der Ernährung 128 12.2 Vitamine im erweiterten Sinn 130 12.3 Ausgewogen und genussvoll 131 12.4 Drei oder fünf Mahlzeiten am Tag? 132 12.5 Ausgewogen essen und trinken am Arbeitsplatz 133 12.6 Gesundes Fast Food 134 12.7 Gewohnheiten erkennen und überdenken 136

8 Inhalt 12.8 Vorsätze im Alltag erfolgreich umsetzen Formulierung der persönlichen Zielsetzung 137 Quellennachweis 138 Weiterführende Informationen und Literatur 138 Siegfried Seeger Kapitel 13 SalutoParcours 139 13.1 Einführung 140 13.2 Konzept 141 Weiterführende Literatur 149 Autorenporträts 150

9 Vorwort Lehrpersonen und Schulleitende üben einen verantwortungsvollen und her - ausfordernden Beruf aus: Fast keine andere Tätigkeit verlangt einen vergleichbar hohen Grad an persönlichen und fachlichen Fähigkeiten. Von Lehrerinnen und Lehrern wird beispielsweise erwartet, dass sie kompetent sind, guten Unterricht bieten, sich empathisch auf Schülerinnen und Schüler, Eltern, Kolleginnen und Kollegen einlassen können, dass sie auch in schwierigen Situationen adäquat kommunizieren und handeln können und nicht zuletzt mit unter - schiedlichsten Bildungs- und Erziehungsaufträgen zur echtkommen. Schulleiterinnen und Schulleiter haben ihr erseits den Auftrag, an ihr en Schulen Prozesse der Personal-, Unterrichts-, Organisations- und Qualitätsentwicklung zu bewirken. Gleichzeitig müssen sie ihr e Schulen umsichtig steuer n respektive pädagogisch visionär führen. Dabei gilt es, die Bedürfnisse der Schulbehörden, Lehrpersonen, Eltern sowie der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen. Angesichts all dieser Erfor dernisse stellen sich mitunter zwei Fragen: 1. W ie kann es Lehrpersonen, Schulleiterinnen und Schulleitern individuell und im Team gelingen, im eben skizzierten Umfeld gesund zu bleiben? 2. W ie sollte das System Schule beschaffen sein, damit es dazu beiträgt, die gesundheitserhaltenden und -fördernden Ressourcen aller beteiligten Personen zu stärken und zu fördern? Bisher wurde die Beantwortung solcher Fragen oft anhand eines problembezogenen, pathogenen Blicks vorgenommen. Das heißt, es wur de nach Belastungen, Risikofaktoren oder krankheitsauslösenden Aspekten gesucht. Es ist das Verdienst dieses Handbuchs, dass es diesbezüglich einen neuen, komplementären Weg einschlägt. Beim Versuch, auf die genannten Fragen Ant - worten zu finden, nimmt es eine konsequent salutogene, also gesundheitsfördernde Perspektive ein. Basierend auf den Erkenntnissen des Medizinsoziologen Aaron Antonovsky und einem konstruktivistischen Ler nansatz, stehen daher im Fokus aller behandelten Themen stärken-, r essourcen- und lösungsorientierte Ansätze zur Gesundheitsför derung von Lehrpersonen und Schulleiten - den. Das Praxisbuch bietet zunächst einen wissenschaftlich fundierten Überblick über die vier zentralen Handlungsfelder von Gesundheitsför derung in der Schule: Personalentwicklung, Unterrichtsentwicklung, Organisationsentwicklung sowie Schulleitung. Anschließend daran finden sich zwölf praxisorientierte Beiträge zu diesen vier Entwicklungsfeldern. Gezeigt werden neue, überraschende und inspirierende Möglichkeiten, wie Gesundheitsför derung in der Schule, auf der individuellen Ebene, mit Blick auf Teams sowie aus organisatorischer Sicht salutogen aufgebaut und gefördert werden kann. Dass das Buch thematisch eine eindrückliche Spannbreite abdeckt, lässt sich bereits dem In-

10 Vorwort haltsverzeichnis entnehmen. Der eigentliche»clou«besteht aber im letzten Kapitel, welches den Titel»SalutoParcours«trägt. Denn hier wird ein Gesamtkonzept für eine umfassende Gesundheitsför derung von Lehrpersonen und Schulleitenden entworfen, welches die vorangegangenen Kapitel und Themen des Buches in einer Synthese zusammen- beziehungsweise weiterführt. Das vorliegende Handbuch bietet für Lehrpersonen, Schulleitende sowie alle an schulischer Gesundheitsförderung interessierten Personen einen reichen Fundus an Entdeckungen. Die darin enthaltenen Beiträge stammen von namhaften Expertinnen und Experten im Bereich»Schule und Gesundheit«des deutschsprachigen Raums. Sie alle teilen die V ision, dass an unseren Schulen gesund gearbeitet und gelernt werden soll. Entstanden ist das Praxisbuch im Rahmen des Aargauer Programms»gsund und zwäg i de schuel«(»gesund und fit in der Schule«), welches eine gesundheitsför derliche Entwicklung der Schulen unterstützt. Getragen wird es von den Departementen Bildung, Kultur und Sport sowie Gesundheit und Soziales Aargau. Meiner Erfahrung nach gleicht dieses Handbuch einer Schatztruhe, die darauf wartet, dass ihre Kostbarkeiten geborgen und genutzt werden. Ich wünsche ihm daher, dass es von möglichst vielen Akteurinnen und Akteur en im schulischen Umfeld entdeckt und gelesen wird, damit der menschenfreundliche, salutogene Fokus in der Gesundheitsförderung auch und gerade in den Schulen mehr und mehr zu glitzern beginnt. Aarau, November 2014 Victor Brun, stv. Abteilungsleiter Volksschule Aargau

Vorwort 11»Wertschätzung ist der einzige W eg, die guten Eigenschaften anderer zum Vorschein zu bringen«sri Chonmoy, Schriftsteller Wir danken den Autorinnen und Autor en für ihre Beiträge zu diesem Hand - buch und ihr Engagement bei der Konzepterarbeitung des SalutoParcours sowie den weiter en Mitgliedern des Expertennetzwerks des Pr ojektes für ihr konstruktives Mitdenken. Ein besonderer Dank gilt V ilma Müller, Programmleiterin Psychische Ge - sundheit und Koordinatorin SalutoParcours, für die Projektleitung des Handbuchs. Im Namen des Departements Bildung, Kultur und Sport: Victor Brun, Volksschule und des Departements Gesundheit und Soziales: Dr. med. Maria Inés Carvajal, Kantonsärztlicher Dienst, Gesundheitsförderung, und Evelyne Weber, Programmleiterin»gsund und zwäg i de schuel«(»gesund und fit in der Schule«).

12 Nadja Badr, Siegfried Seeger Kapitel 1 Eine gesundheitsfördernde Schule machen!

Eine gesundheitsfördernde Schule machen! 13 Schule ist ein hochanspruchsvolles Berufs-, Arbeits- und Lebensfeld. W er im Lehrberuf gesund bleiben möchte, ist täglich gefor dert, sich unter ständig verändernden Anforderungen immer wieder neu zu ver orten und zwischen Engagement und Rückzug, Nähe und Distanz oder Zusagen und Neinsagen zu balancieren. Diese Balance kostet Kraft und erfordert gute Navigationshilfen, die Bestandteil beruflicher Pr ofessionalität und Merkmal gesunder Schulen sind. 1»Gesunde Schulen«bieten gute Arbeitsbedingungen für Lehrpersonen und Schulleiterinnen und -leiter und ermöglichen ihnen, ihren beruflichen Alltag engagiert und doch entspannt zu gestalten und den Schülerinnen und Schülern optimale Rahmenbedingungen für ein anregendes Lernen zu schaffen (Schaarschmidt & Kieschke, 2007; Sieland, 2008). Wir stellen fest, dass das Thema Lehrergesundheit allmählich aus der jahrelangen Tabuzone befreit wird: Forschung, Beratung und Schulpraxis kümmern sich zunehmend um gesunde Arbeitsverhältnisse, auch für Lehrpersonen und Schulleitungen. Damit ist ein Paradigmenwechsel von pathogenen zu saluto - genen Zugängen verbunden: Nicht mehr nur krankheitsauslösende (pathogene) Stressoren, Belastungen und Risikofaktoren stehen im Zentrum, sonder n vielmehr gesundheitsfördernde (salutogene) und entspr echend stärken- und ressourcenorientierte Faktoren. Diese Auffassung schließt an Erkenntnisse des Medizinsoziologen Aaron Antonovsky (1997) an, der postulierte, dass Gesundheit und Krankheit als dynamisches Kontinuum aufzufassen sind und sich im Wechselspiel zwischen Stressoren, Spannungszuständen und Widerstandsressourcen generieren. Dabei nimmt der sogenannte Sense of Coherence (SOC; Sinn und Gefühl für Kohär enz) eine zentrale Funktion ein, der als sensibler Regler die Passungen zwischen erlernten Widerstandsressourcen und aktuellen Herausforderungen steuert und sich selbst aus dem Vertrauen speist, dass erstens Lebensereignisse verstehbar und erklärbar sind (Verstehbarkeit), zweitens genügend Ressourcen vorhanden sind, mit denen sich Lebensaufgaben und -probleme bewältigen lassen (Handhabbarkeit), und drittens das Leben und das eigene Tun als sinnhaft erlebt wer den, für die es sich lohnt, sich zu engagieren. Dieses Kohärenzgefühl entwickelt sich im Laufe des Lebens. 1 Mit dem Begriff»Gesunde Schule«sind sowohl»gesundheitsfördernde Schulen«als auch»gute und Gesunde Schulen«gemeint, die alle wenn auch regional unterschiedlich als Begriff genutzt und k onzeptionell akzentuiert Schulentwicklung und Gesundheitsförderung miteinander verknüpfen, um eine hohe Schulqualität zu erzeugen.

14 Kapitel 1 Eine gesundheitsfördernde Schule machen! Quellen und Kontexte für Widerstandsressourcen Stressoren allgemeine Widerstandsressourcen Spannungszustand & Spannungsbewältigung Lebenserfahrung SOC erfolgreich erfolglos Stresszustand gesund krank Abb. 1: Modell der Salutogenese mit Kohärenzgefühl (SOC) als Regler nach Antonovsky (1997) Durch zunehmende Lebenserfahrung bilden sich zudem individuelle und soziale Widerstandsressourcen, die eine kohär ente Spannungsbewältigung er - möglichen. Ressourcen»können Fähigkeiten, Fertigkeiten, Begabungen, T a- lente, Kenntnisse, Geschicklichkeit, Tugenden, Erfahrungen, Gewohnheiten, Regeln, Erfolge, Interessen, Bedürfnisse, Motive, Überzeugungen, Glaubens - sätze, Einstellungen, Werthaltungen, Ideale, Wünsche, Erwartungen, Hoffnungen, Visionen, Intentionen, Kontakte, Beziehungen, Bindungen, Loyalitäten, Allianzen, Einflüsse usw.«enthalten (Bamberger, 2005, S. 35). Es wäre grundlegend falsch anzunehmen, dass eine Stärkung der Ressourcen und kohärente Spannungsbewältigungen ausschließlich eine individuelle Angelegenheit seien. Namhafte Stressforscher wie Kaluza (2011, S. 15 f.) empfehlen zwar als Schutzfaktoren, dass Personen gut für sich selbst sorgen, soziale Unterstützung annehmen, optimistische Selbstwirksamkeitsüberzeugun - gen aufbauen und ihr Sinnhaftigkeitsgefühl stärken sollen. Das r eicht aber nicht, denn auch ein noch so ausgeprägtes Bemühen um ein gesundes Leben kann angesichts krankmachender Systeme kaum erfolgr eich sein. Dies gilt auch für den Kontext Schule. Wer Schule und Gesundheit salutogen betrachtet, versucht Verhaltensweisen von Personen und Verhältnisse von Institutionen zu verstehen und gesundheitserhaltende und -fördernde Widerstandsressourcen und Entwicklungsbedingungen zu stärken und zu vermehr en. Eine solchermaßen verstandene Gesundheitsförderung fokussiert nicht länger nur auf das Individuum, sonder n gleichermaßen auf institutionelle und gesell - schaftliche Bedingungen und»zielt auf den Aufbau von Gesundheitspoten - zialen und die Stärkung von Schutzfaktor en. Sie umfasst die V erbesserung gesundheitsrelevanter Lebensweisen und Lebensbedingungen und richtet sich

Eine gesundheitsfördernde Schule machen! 15 auf individuelle, ökonomische, soziale, ökologische und kultur elle Faktoren sowie politische Interventionen«(Hurr elmann & Richter, 2013, S. 154). In Anleh nung an diese medizinisch-psychologisch-soziologische Sichtweise schlagen wir vor, den Fragehorizont zur Förderung der Gesundheit von Lehrpersonen und Schulleitungen auf alle Dimensionen von Schulentwicklung auszuweiten. Dies bedeutet, dass wir nicht nur Personen und ihr e individuellen Bewältigungsstrategien in den Blick nehmen, um eine salutogene Professionalität in gesundheitsför dernden Rahmenbedingungen zu ermöglichen. V ielmehr soll neu auch der hauptsächliche Aktionsplatz von Lehrpersonen, der Unterricht, unter salutogenen Perspektiven betrachtet werden. Damit Lernen und Unterrichten in gesundheitsfördernden Rahmenbedingungen stattfinden können, bedürfen sie der sozialen, institutionellen und gesellschaftlichen Unterstützung, die schulintern mit Kooperation im Kollegium/Team und organisatorischen Maßnahmen, wie Leitbildern, Schulprogrammen und kohärenter Führung erreicht werden. Aus diesem Grund betrachten wir die Schulentwicklung (in Anlehnung an Rolf f, 2013 sowie an Brägger & Posse, 2007) als den eigentlichen Resonanzraum schulischer Gesundheitsför derung bzw. umgekehrt Gesundheitsförderung als einen chancenreichen»motor«für eine gute und gesunde Schulentwicklung und differenzieren vier unterschiedliche Handlungsfelder mit den entsprechenden Akteurinnen und Akteuren: Gesunde Schulen fordern und fördern Entwicklungsprozesse der Lehrpersonen bzw. der Schulleiterinnen und -leiter, damit Gesundheitskompetenzen zum Kern ihrer professionellen Selbst- und Sozialkompetenz werden kann, des Unterrichts, damit auch das Ker ngeschäft der Schule zur salutogenen Ressource wird, der Organisation, damit für alle Akteure Schule ein gesundheitsförderlicher Arbeitsplatz und Lebensraum wird der Schulleitung, damit salutogene Führung zwischen Management und Leadership zum gesundheitsfördernden Kraftfeld jeder Schule wird. Diese von Lehrpersonen und Schulleitungen aktiv zu gestaltenden Entwicklungsfelder sind miteinander verwoben und bedürfen einer integralen Perspektive. Damit dies gesundheitsförderlich, qualitätsbewusst und handhabbar gelingt, schlagen wir vor, diese Erkenntnisse und Ansprüche aufeinander zu beziehen: 1. Alle Dimensionen des SOC sichern als Bedingungen seelischer Gesundheit salutogene Ressourcen und Qualitäten: Verstehen Handhaben Sinn stiften. 2. Alle Dimensionen von Schulentwicklung sichern individuelle, teambezogene und systemische Bedingungen gesunder Schulen: Personalentwicklung, Unterrichtsentwicklung, Organisationsentwicklung und Schulleitungsentwicklung.

16 Kapitel 1 Eine gesundheitsfördernde Schule machen! 3. Mottoziele und Leitsätze (Storch, 2014) helfen Lehrpersonen und Schulleitungen, dass deren Gestaltungs- und Veränderungsvorhaben Wirklichkeit werden. Diesen Anspruch wollen wir im Folgenden für alle Entwicklungsfelder skizzieren. Person: für sich und andere sorgen Schule kohärent und heiter führen Unterricht: gut, gesund und gerne unterrichten Organisation: Schule sinnstiftend gestalten Abb. 2: Mottoziele zur Förderung der Gesundheit von Lehrpersonen und Schulleitungen im K ontext von Schulentwicklung. 1.1 Personalentwicklung: für sich und andere sorgen Lehrpersonen und Schulleiterinnen und -leiter erfüllen komplexe berufliche Aufgaben und bewegen sich in einem nicht zu unterschätzenden Spannungsfeld zwischen Fördern und Fordern, Führen und Begleiten, Engagement und Distanzierungsfähigkeit. Wer erfolgreich lehrt und leitet, hat ein größeres Potenzial, um Zufriedenheit zu erleben und für einzelne Facetten des eigenen Berufs zu brennen. Die Stärkung des eigenen Selbst und die Unterstützung von anderen Personen bilden gesundheitsfördernde Voraussetzungen und dienen der Pflege von Gesundheitsressourcen maßgeblich. Deshalb stellen wir im Bereich der Personalentwicklung das Motto»Für sich und ander e sorgen«ins Zentrum: