Einzelhinweise der Tarifgemeinschaft deutscher Länder. zur Übertragung und zur Abgeltung von Urlaub bei Krankheit;

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Transkript:

Einzelhinweise der Tarifgemeinschaft deutscher Länder zur Übertragung und zur Abgeltung von Urlaub bei Krankheit; hier: Urteil des EuGH vom 20. Januar 2009 ( Schultz-Hoff ) und Urteil des BAG vom 24. März 2009 (Auszug aus dem Schreiben der TdL vom 29. April 2009 Az.: 2-01-26 / 513/09 - D/2 a)

2 Inhaltsverzeichnis I. Einführung... 3 II. Das Verfahren Schultz-Hoff... 3 1. Sachverhalt... 3 2. Die Entscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009... 4 3. Die Entscheidung des LAG Düsseldorf vom 2. Februar 2009... 4 3.1 Ansprüche nach dem BUrlG... 4 3.2 Zusatzurlaub nach 125 SGB IX... 5 3.3 Tarifliche und einzelvertragliche Ansprüche... 5 III. Die Änderung der Rechtsprechung des BAG... 5 1. Sachverhalt... 6 2. Das Urteil des BAG vom 24. März 2009... 6 IV. Empfehlungen für die Praxis... 7 1. Neue Rechtsprechung nur für Fälle mit Krankheit... 7 2. Neue Rechtsprechung bei gesetzlichen und tariflichen Ansprüchen?... 8 2.1 Gesetzliche Ansprüche... 8 2.2 Tarifliche Ansprüche... 8 3. Neue Rechtsprechung bei Urlaubs- und Abgeltungsansprüchen... 10 4. Teilweise Urlaubsgewährung... 11 5. Rente auf Zeit... 11 6. Geltung der Ausschlussfrist des 37 TV-L... 12 7. Verlängerung des Übertragungszeitraums... 13 8. Verjährung... 14 8.1 Verjährung des Urlaubsanspruchs... 14 8.2 Verjährung des Abgeltungsanspruchs... 14 9. Berufung des Arbeitgebers auf Vertrauensschutz... 15

3 I. Einführung Der EuGH hat mit seinem Urteil in der Sache Schultz-Hoff (Urt. v. 20.1.2009, Rs. C-350/06 und C-520/06, ZTR 09, 87 ff.) eine weitreichende Entscheidung für das deutsche Urlaubsrecht getroffen. Nach Auffassung des EuGH verstößt es gegen Artikel 7 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie), wenn gesetzliche Urlaubsansprüche untergehen, die wegen Krankheit des Beschäftigten gar nicht geltend gemacht werden konnten. Das LAG Düsseldorf hatte das Vorabentscheidungsverfahren angestrengt (EuGH-Vorlage v. 2.8.2006, 12 Sa 486/06, NZA-RR 06, 628 ff.) und aufgrund der Entscheidung des EuGH das Ausgangsverfahren entschieden (Urt. v. 2.2.2009, BB 09, 437). Nunmehr ist die Revision beim BAG anhängig (9 AZR 128/09). Das BAG hatte in anderer Sache (Urt. v. 24.3.2009, 9 AZR 983/07) bereits Gelegenheit, sich mit der Auffassung des EuGH zu befassen und hat seine bisherige Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit entsprechend geändert. Die Entscheidungen werfen eine Reihe von Fragen auf, die noch nicht alle abschließend beurteilt werden können. II. Das Verfahren Schultz-Hoff 1. Sachverhalt Der Kläger, der bei der Deutschen Rentenversicherung in einem Angestelltenverhältnis stand, war von September 2004 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im September 2005 fortlaufend arbeitsunfähig krank. An der Arbeitsunfähigkeit änderte sich auch nichts bis zum Vorlagebeschluss des LAG am 2. August 2006. Im September 2005 wurde dem Kläger rückwirkend ab 1. März 2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Nach seinem Ausscheiden verlangte er die Abgeltung des Urlaubs (gesetzlicher Mindesturlaub, Zusatzurlaub nach 125 SGB IX, tariflicher Urlaub) aus den Jahren 2004 und 2005. Die anwendbaren tariflichen Vorschriften (vergleichbar mit dem BAT/BAT-O) sehen für den konkreten Fall ein Erlöschen des Urlaubs spätestens mit Ablauf des 30. Juni des Folgejahres vor. Das ArbG Düsseldorf hatte die Klage unter Hinweis auf 7 BUrlG sowie die ständige Rechtsprechung des BAG abgewiesen: Urlaub muss nach 7 Abs. 3 BUrlG grundsätzlich im laufenden Jahr genommen werden. Die Übertragung auf das folgende Jahr ist nur statthaft, wenn dies dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe rechtfertigen. Wird der Urlaub nicht bis zum Ende des Urlaubsjahres bzw. des gesetzlichen oder tariflichen Übertragungszeitraums genommen, erlischt er. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Urlaubsjahr bzw. im Übertragungszeitraum kann der Arbeitnehmer nach 7 Abs. 4 BUrlG Urlaubsabgeltung für nicht genommenen Urlaub verlangen. Dies gelte nach der Rechtsprechung des BAG nicht, wenn die Urlaubsgewährung unmöglich ist, weil der Arbeitnehmer während des Urlaubsjahres und des Übertragungszeitraums arbeitsunfähig krank ist. Der Urlaubsanspruch erlösche dann mit dem Ende des Übertragungszeitraums. Die dauerhafte Arbeitsunfähigkeit stehe darüber hinaus auch der Urlaubs-

4 abgeltung nach 7 Abs. 4 BUrlG entgegen, denn für die Erfüllbarkeit des Abgeltungsanspruchs sei Voraussetzung, dass der eigentliche Urlaubsanspruch während des Urlaubsjahres bzw. des Übertragungszeitraums hätte erfüllt werden können. Der Abgeltungsanspruch unterliege als Surrogat des Urlaubsanspruchs denselben Beschränkungen. Urlaubs- und Abgeltungsanspruch eines dauerhaft arbeitsunfähigen Arbeitnehmers erlöschen daher ersatzlos. Das LAG Düsseldorf hatte Zweifel an der Vereinbarkeit der BAG-Rechtsprechung mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie und legte die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie lautet: (1) Die Mitgliedsstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindesturlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind. (2) Der bezahlte Mindesturlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden. 2. Die Entscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009 Die Entscheidung des EuGH enthält drei Kernaussagen: Das Entstehen des von der Arbeitszeitrichtlinie gewährten Urlaubsanspruchs ist bei arbeitsunfähig kranken Beschäftigten nicht davon abhängig, dass sie während des Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet haben. Die Festlegung eines Übertragungszeitraums für im laufenden Jahr nicht genommenen Urlaub ist grundsätzlich zulässig. Der von der Arbeitszeitrichtlinie gewährte Urlaubsanspruch eines arbeitsunfähig kranken Beschäftigten erlischt aber nicht, wenn er während des gesamten Bezugszeitraums oder eines Teils davon arbeitsunfähig krank war und tatsächlich nicht die Möglichkeit hatte, diesen Anspruch auszuüben. Der Anspruch auf Abgeltung des von der Arbeitszeitrichtlinie gewährten Urlaubsanspruchs besteht auch für den Fall, dass der Beschäftigte während des gesamten Bezugszeitraums und/oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon arbeitsunfähig krank war und deshalb seinen Urlaubsanspruch nicht ausüben konnte. 3. Die Entscheidung des LAG Düsseldorf vom 2. Februar 2009 3.1 Ansprüche nach dem BUrlG Das LAG Düsseldorf äußert sich zunächst zu Ansprüchen nach dem BUrlG: Zum Entstehen des Urlaubsanspruchs führt das LAG aus, dass in Anwendung der Entscheidung des EuGH das BUrlG richtlinienkonform auszulegen sei, und ein Urlaubsanspruch trotz Krankheit erworben werde. Nicht entschieden werden müsse, ob für den Erwerb eines Urlaubsanspruchs allein das Bestehen des Arbeitsverhältnisses ausreiche (so bislang das BAG) oder ob für unentschuldigte Ar-

5 beitsversäumnisse und vom Beschäftigten gewollte Arbeitsbefreiung (Sonderurlaub) kein Urlaubsanspruch entstehe (so das LAG). Dieser trotz Krankheit erworbene Urlaubsanspruch sei nicht erloschen, weil er aufgrund der Krankheit nicht ausgeübt werden konnte. Die Auslegung des BUrlG ergebe, dass der Urlaubsanspruch weder auf das Ende des Kalenderjahres bzw. des Übertragungszeitraums befristet ( 163 BGB) sei noch unmöglich ( 275 BGB) werde. Der Urlaubsanspruch sei daher abzugelten. Hierzu merkt das LAG an, dass 7 Abs. 4 BUrlG nicht das Verständnis fordere, dass der Abgeltungsanspruch an die gleichen Voraussetzungen gebunden sei wie der Urlaubsanspruch. Er setze also nicht voraus, dass der Urlaubsanspruch noch erfüllt werden könnte, wenn das Arbeitsverhältnis noch bestehen würde (so bisher aber das BAG). 3.2 Zusatzurlaub nach 125 SGB IX Entsprechendes gelte bei schwerbehinderten Menschen auch für den gesetzlichen Zusatzurlaub nach 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. 3.3 Tarifliche und einzelvertragliche Ansprüche Der tarifliche und einzelvertragliche Urlaub stehe nach dem LAG außerhalb der gesetzlichen, von 13 BUrlG geschützten Mindeststandards, so dass dort geltende Sonderregelungen zu einer abweichenden Beurteilung führen können. Für die Anwendung einer Regelung, die dem früheren 47 Abs. 7 BAT/BAT-O entspricht, kommt das LAG zum Ergebnis, dass der tarifliche Urlaubsanspruch, für den infolge Krankheit bereits ein verlängerter Übertragungszeitraum galt, erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf dieses Übertragungszeitraums damit begonnen wurde, den Urlaub zu nehmen. Dementsprechend könne für diesen Zeitraum bei späterer Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch keine Abgeltung mehr erfolgen. Für Zeiträume, für die noch ein Urlaubsanspruch bestehe, sei der Urlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aber abzugelten, auch wenn der Beschäftigte über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Urlaubsanspruch verfallen würde, arbeitsunfähig sei. Dies ergebe sich in dem entschiedenen Fall daraus, dass die richtlinienkonforme Auslegung des BUrlG auf die Auslegung der tariflichen Vorschrift zur Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vergleichbar mit 48 Abs. 5 BAT/BAT-O) ausstrahle. Gegen die Entscheidung des LAG Düsseldorf ist nunmehr das Revisionsverfahren beim BAG anhängig, das in anderer Sache bereits Gelegenheit hatte, zur Entscheidung des EuGH Stellung zu nehmen; siehe hierzu nachstehend unter III. III. Die Änderung der Rechtsprechung des BAG Mit Urteil vom 24. März 2009 (9 AZR 983/07) hat das BAG seine bisherige Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit geändert.

6 1. Sachverhalt Die Klägerin war seit dem 22. August 2005 als Erzieherin bei einem Verein tätig und vom 2. Juni 2006 bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Januar 2007 arbeitsunfähig krank. Die Arbeitsunfähigkeit dauerte zumindest bis zum 29. August 2007 ununterbrochen an. Mit ihrer Klage vom 17. Januar 2007 verlangte die Klägerin Abgeltung von neun Urlaubstagen aus dem Jahr 2005 und weiteren 26 Urlaubstagen aus dem Jahr 2006, da sie für beide Jahre noch keinen Urlaub eingebracht hatte. Die anwendbaren Vorschriften der Kirchlichen Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) sehen für die Übertragung von Urlaub Folgendes vor: 36 Erholungsurlaub (8) Der Urlaub ist spätestens bis zum Ende des Urlaubsjahres anzutreten. Kann der Urlaub bis zum Ende des Urlaubsjahres nicht angetreten werden, ist er bis zum 30. April des folgenden Urlaubsjahres anzutreten. Kann der Urlaub aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen, wegen Arbeitsunfähigkeit oder wegen der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz nicht bis zum 30. April angetreten werden, ist er bis zum 30. Juni anzutreten. Läuft die Wartezeit (Abs. 3) erst im Laufe des folgenden Urlaubsjahres ab, ist der Urlaub spätestens bis zum Ende dieses Urlaubsjahres anzutreten. Urlaub, der nicht innerhalb der genannten Fristen angetreten ist, verfällt, soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist. 37 Dauer des Erholungsurlaubs (1) Der Erholungsurlaub des Mitarbeiters beträgt 26 Arbeitstage (5) Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe des Urlaubsjahres, so beträgt der Anspruch ein Zwölftel für jeden vollen Beschäftigungsmonat. 39 Urlaubsabgeltung (1) Ist im Zeitpunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaubsanspruch noch nicht erfüllt, ist der Urlaub, soweit dies dienstlich oder betrieblich möglich ist, während der Kündigungsfrist zu gewähren und zu nehmen. Soweit der Urlaub nicht gewährt werden kann oder die Kündigungsfrist nicht ausreicht, ist der Urlaub abzugelten. 57 Ausschlussfristen (1) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Mitarbeiter oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, Das ArbG Bonn hatte die Klage abgewiesen und das LAG Köln die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. 2. Das Urteil des BAG vom 24. März 2009 Das BAG hat der Klägerin die Urlaubsabgeltung für die Jahre 2005 und 2006 für den gesetzlichen Urlaubsanspruch zugesprochen: Das BAG wendet zunächst den - gegenüber dem BUrlG verlängerten - vertraglichen Übertragungszeitraum ( 36 Abs. 8 KAVO) auch auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch an. Für den so fortbestehenden gesetzlichen Teilurlaubsanspruch von sieben Tagen hält es nun nicht mehr daran fest, dass 7 Abs. 3 und 4 BUrlG so auszulegen sind, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung erlischt, wenn der Urlaubsanspruch

7 aufgrund der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Beschäftigten bis zum Ende des Übertragungszeitraums nicht erfüllt werden kann. Ansprüche auf Abgeltung des gesetzlichen Teil- oder Vollurlaubs erlöschen nicht, wenn der Beschäftigte bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist. Zu dem zeitlichen Wirksamwerden seiner Rechtsprechungsänderung nimmt das BAG folgende Position ein: Jedenfalls seit Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des LAG Düsseldorf vom 2. August 2006 in der Sache Schultz- Hoff bestehe kein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtsprechung. Gesetzlichen Ansprüchen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht verfallen waren, stehe trotz krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit kein Erfüllungshindernis entgegen. Hinsichtlich des darüber hinaus gehenden vertraglichen Teilurlaubsanspruchs von zwei Tagen war die Revision unbegründet. IV. Empfehlungen für die Praxis 1. Neue Rechtsprechung nur für Fälle mit Krankheit Die Entscheidungen des EuGH und des BAG betreffen ausschließlich Fälle, in denen das Arbeitsverhältnis endete und der Urlaub wegen Krankheit nicht fristgerecht genommen werden konnte. Für andere Gründe, aus denen Urlaub nicht genommen werden konnte, sind die Entscheidungen nicht - auch nicht analog - heranzuziehen. Eine Besonderheit gilt nach der Rechtsprechung des BAG bei Elternzeit (Urt. v. 20.5.2008, 9 AZR 219/07, ZTR 08, 621): Hier wird Resturlaub aus der Zeit vor einer Elternzeit, der nach dem Ende dieser Elternzeit wegen einer weiteren Elternzeit nicht genommen werden kann, weiter übertragen. Bei der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit sollte nicht zwischen verschuldeter und unverschuldeter Krankheit unterschieden werden. Das LAG Düsseldorf hat dahinstehen lassen, inwieweit ein Urlaubsanspruch auch im Fall der selbstverschuldeten Krankheit fortbesteht. Der EuGH verweist zwar darauf, dass nach dem Übereinkommen Nr. 132 der IAO Arbeitsversäumnisse aus Gründen, die unabhängig vom Willen des Arbeitnehmers bestehen, als Dienstzeit anzurechnen seien. Dennoch differenziert der EuGH nicht zwischen verschuldet und nicht verschuldet, sondern stellt allein darauf ab, ob der Beschäftigte die tatsächliche Möglichkeit hatte, den Urlaubsanspruch auszuüben. Auch das BAG stellt ausschließlich auf die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit ab, ohne ein Verschulden des Beschäftigten zu thematisieren.

8 2. Neue Rechtsprechung bei gesetzlichen und tariflichen Ansprüchen? Zur Reichweite der Entscheidungen gilt bis auf weiteres Folgendes: 2.1 Gesetzliche Ansprüche Die Entscheidungen des EuGH und des BAG betreffen nur den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen bei einer Fünftagewoche (entspricht 24 Werktagen bei einer Sechstagewoche, vgl. 3 Abs. 1 BUrlG). Entsprechend sollte bei schwerbehinderten Menschen auch der gesetzliche Anspruch auf Zusatzurlaub nach 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behandelt werden, der den Regelungen des BUrlG folgt. 2.2 Tarifliche Ansprüche Ungeklärt ist bislang, was für tarifliche Ansprüche gilt. Das BAG hat in dem entschiedenen Fall den auf der KAVO beruhenden, vertraglichen Teilurlaubsanspruch als nicht von der Arbeitszeitrichtlinie erfasst und daher als erloschen angesehen: Die Parteien des Einzelarbeitsvertrags können Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den Mindesturlaubsanspruch (Art. 7 Abs. 1 Arbeitszeitrichtlinie, 3 Abs. 1 BUrlG) übersteigen, frei regeln. Insbesondere enthalte die Arbeitszeitrichtlinie keine Regelung, die Mehrurlaubsansprüche erfasst. In der KAVO sei der vertragliche Mehrurlaub und seine Abgeltung aufgrund der eigenständigen Verfallsvorschrift ( 36 Abs. 8 Satz 6 KAVO) vom Gesetzesrecht abgekoppelt worden. Es spricht viel dafür, dass das BAG den TV-L ebenso wie die KAVO auslegen würde, denn auch der TV-L enthält eigenständige Regelungen zum Urlaub: Nach 26 Abs. 2 gilt das BUrlG nur im Übrigen und mit gewissen Maßgaben. 2.2.1 Bis auf weiteres sollte deshalb davon ausgegangen werden, dass der tarifliche (Mehr-)Urlaub entsprechend den Tarifregelungen und der bisherigen Rechtsprechung des BAG erlöschen kann. Tariflicher (Mehr-)Urlaub erlischt danach gemäß 26 Abs. 2 TV-L in Verbindung mit 7 Abs. 3 BUrlG grundsätzlich, wenn er nicht bis zum Ende des Kalenderjahres genommen worden ist. Eine Übertragung in das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Beschäftigten liegende Gründe dies rechtfertigen. In diesem Fall muss der übertragene Urlaub gemäß 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 TV-L bis zum 31. März des Folgejahres angetreten worden sein. Konnte der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März des Folgejahres angetreten werden, erlischt der Anspruch, wenn der Urlaub nicht bis zum 31. Mai angetreten worden ist. Auf die in einigen Ländern zwecks Gleichbehandlung mit dem Beamtenbereich zugelassenen günstigeren übertariflichen landesspezifischen Vorschriften zur Übertragung des Urlaubs wird hingewiesen.

9 2.2.2 Entsprechend sollte auch ein tariflicher Abgeltungsanspruch im Umfang des tariflichen (Mehr-)Urlaubs erlöschen. Zwar hatte das LAG Düsseldorf dies verneint und damit begründet, dass die richtlinienkonforme Auslegung des BUrlG auf die Auslegung der tariflichen Vorschrift ausstrahle. Gegen diese Entscheidung ist aber Revision eingelegt. Entsprechend der Auslegung der KAVO durch das BAG als vom Gesetzesrecht abgekoppelte Regelung wird daher empfohlen, bei 26 Abs. 2 Buchst b TV-L wie bisher von einem Erlöschen des Abgeltungsanspruchs für den tariflichen (Mehr-) Urlaub auszugehen, wenn nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende des (fiktiven) Übertragungszeitraums der tarifliche (Mehr-)Urlaub aufgrund der Krankheit nicht hätte genommen werden können. Es sollte daher bei Krankheitsfällen grundsätzlich eine Günstigerprüfung vorgenommen werden. Da im Fall des Ausscheidens nach Krankheit der tarifliche Urlaub weiterhin erlöschen dürfte, wird die Günstigerprüfung hier regelmäßig zum Ergebnis kommen, dass der gesetzliche Anspruch vorteilhafter ist: Beispiel: Ein Beschäftigter (43 Jahre), dessen Arbeitsverhältnis seit 2005 besteht, ist vom 1. August 2007 bis zum Ausscheiden am 15. Juli 2008 und darüber hinaus arbeitsunfähig krank. Für die Jahre 2007 und 2008 hatte er noch keinen Urlaub genommen. Er verlangt am 1. August 2008 Urlaubsabgeltung für die Jahre 2007 und 2008. a) Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 2007 Der tarifliche Urlaubsanspruch beträgt gemäß 26 Abs. 1 TV-L 30 Arbeitstage. Der Urlaub wurde gemäß 26 Abs. 2 Buchst. a TV-L bis zum 31. Mai 2008 übertragen. Da er bis dahin nicht angetreten worden ist, ist er erloschen. Tariflich besteht also kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt 20 Arbeitstage. Der Urlaub ist nach 7 Abs. 3 BUrlG in das Jahr 2008 übertragen worden und aufgrund der Krankheit des Beschäftigten nicht erloschen. Gemäß 7 Abs. 4 BUrlG hat der Beschäftigte einen Anspruch auf entsprechende Urlaubsabgeltung. Auch dieser Anspruch auf Abgeltung ist aufgrund der Krankheit nicht erloschen. Der Beschäftigte hat damit für 2007 einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung von 20 Tagen. b) Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 2008 Der tarifliche Urlaubsanspruch beträgt 15 Arbeitstage. Nach 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L steht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Laufe eines Jahres für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Anspruchs nach 26 Abs.1 TV-L zu. Das Arbeitsverhältnis bestand 2008 sechs volle Kalendermonate. Mithin beträgt der tarifliche Anspruch 6/12 von 30 Tagen. Da der fragliche Urlaub bis zum Ende des fiktiven Übertragungszeitraums (31. Mai 2009) aufgrund der fortdauernden Erkrankung nicht angetreten worden wäre, ist der Anspruch auf eine entsprechende Urlaubsabgeltung von 15 Arbeitstagen jedoch erloschen, Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt 20 Arbeitstage. Der Beschäftigte hat noch seinen vollen Urlaubsanspruch, denn eine Zwölftelung fände nach 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG nur statt, wenn der Beschäftigte in der ersten Jahreshälfte ausgeschieden wäre. Gemäß 7 Abs. 4 BUrlG hat der Beschäftigte einen Anspruch auf entsprechende Urlaubsabgeltung. Dieser Anspruch auf Abgeltung ist aufgrund der Krankheit nicht erloschen, auf das fiktive Genommenhaben des Urlaubs bis zum Ende des fiktiven Übertragungszeitraums kommt es nicht an. Der Beschäftigte hat damit für 2008 einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung von 20 Tagen. 1. Abwandlung: Wie Ausgangsfall, jedoch legt der Beschäftigte mit dem Urlausabgeltungsverlangen ein ärztliches Attest vor, das seine Arbeitsfähigkeit ab dem 21. Juli 2008 bescheinigt.

10 a) Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 2007 Wie Ausgangsfall. b) Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 2008 Der tarifliche Urlaubsanspruch beträgt 15 Arbeitstage. Nach 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L steht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Laufe eines Jahres für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Anspruchs nach 26 Abs.1 TV-L zu. Das Arbeitsverhältnis bestand 2008 sechs volle Kalendermonate. Mithin beträgt der tarifliche Anspruch 6/12 von 30 Tagen. Ein Anspruch auf eine entsprechende Urlaubsabgeltung von 15 Arbeitstagen ist nicht erloschen, da bis zum Ende des fiktiven Übertragungszeitraums (31. Mai 2009) der fragliche Urlaub aufgrund der Genesung angetreten worden wäre. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt 20 Arbeitstage. Der Beschäftigte hat noch seinen vollen Urlaubsanspruch, eine Zwölftelung fände nach 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG nur statt, wenn der Beschäftigte in der ersten Jahreshälfte ausgeschieden wäre. Gemäß 7 Abs. 4 BUrlG hat der Beschäftigte einen Anspruch auf entsprechende Urlaubsabgeltung. Dieser Anspruch auf Abgeltung ist aufgrund der Krankheit nicht erloschen, auf das - fiktive - Genommenhaben des Urlaubs bis zum Ende des - fiktiven - Übertragungszeitraums kommt es nicht an. Der Beschäftigte hat damit für 2008 einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung von 20 Tagen. 2. Abwandlung: Wie 1. Abwandlung, doch gelten übertariflich die günstigeren Beamtenregelungen (z. B. generelle Übertragung des Urlaubs bis Ende September des Folgejahres). a) Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 2007 Der tarifliche Urlaubsanspruch beträgt gemäß 26 Abs. 1 TV-L 30 Arbeitstage. Der Urlaub wurde gemäß den beamtenrechtlichen Regelungen bis maximal zum 30. September 2008 übertragen; bis zum Ausscheiden am 15. Juli 2008 war der Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen damit noch nicht erloschen. Ein Anspruch auf eine entsprechende Urlaubsabgeltung ist nicht erloschen, da bis zum Ende des - fiktiven - Übertragungszeitraums (30. September 2008) der fragliche Urlaub aufgrund der Genesung abgewickelt worden wäre. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt 20 Arbeitstage. Der Urlaub ist nach 7 Abs. 3 BUrlG in das Jahr 2008 übertragen worden und aufgrund der Krankheit des Beschäftigten nicht erloschen. Gemäß 7 Abs. 4 BUrlG hat der Beschäftigte einen Anspruch auf entsprechende Urlaubsabgeltung. Auch dieser Anspruch ist aufgrund der Krankheit nicht erloschen. Der Beschäftigte hat damit für 2007 einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung von 30 Tagen. b) Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 2008 Wie 1. Abwandlung. 3. Neue Rechtsprechung bei Urlaubs- und Abgeltungsansprüchen Die Entscheidung des BAG betrifft nur den Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Der EuGH hatte sich jedoch auch zum Erlöschen des Anspruchs auf Urlaub geäußert und entschieden, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch nicht erlösche, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben bzw. im Krankheitsurlaub war und deshalb seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte. Dementsprechend hat das LAG Düsseldorf entschieden, dass der gesetzliche Anspruch auf Urlaub, den der Beschäftigte wegen seiner Arbeitsunfähigkeit nicht ausüben konnte, auch nicht erloschen und daher abzugelten ist. Für die Praxis sollte daher die Rechtsprechung des EuGH bzw. BAG auch auf Urlaubsansprüche bei Krankheit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses angewendet werden. Krankheitsbedingt nicht genommener Urlaub kann deswegen auch noch nach Ablauf der Übertragungsfristen genommen werden. Solan-

11 ge das Arbeitsverhältnis noch besteht, kommt eine Urlaubsabgeltung aber nicht in Betracht. Damit ist auch hier zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem (Mehr-) Urlaub zu unterscheiden. Beispiel: Ein Beschäftigter (43 Jahre), dessen Arbeitsverhältnis seit 2005 besteht, ist vom 1. August 2007 bis zum 15. Juli 2008 arbeitsunfähig krank. Er hatte für 2007 noch keinen Urlaub eingebracht. Am 1. Oktober 2008 verlangt er seinen Urlaub für 2007. Anspruch auf Urlaub für 2007 Der tarifliche Urlaubsanspruch für 2007 beträgt gemäß 26 Abs. 1 TV-L 30 Arbeitstage. Der Beschäftigte hatte noch keinen Urlaub für 2007 eingebracht. Der gesamte Urlaub wurde gemäß 26 Abs. 2 Buchst. a TV-L bis zum 31. Mai 2008 übertragen. Da er bis dahin nicht angetreten worden ist, ist er erloschen. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt 20 Arbeitstage. Der gesamte Urlaub wurde gemäß 7 Abs. 3 BUrlG in das Jahr 2008 übertragen und ist aufgrund der Krankheit des Beschäftigten nicht erloschen. Der Beschäftigte hat damit für 2007 noch einen Urlaubsanspruch von 20 Tagen. Anmerkung: Bislang nicht entschieden ist die Frage, innerhalb welches Zeitraums nach der Genesung der aufgrund Krankheit nicht genommene Urlaub zu nehmen ist und ebenso die Frage, wie mit diesem Urlaub bei einer erneuten Krankheit zu verfahren ist. 4. Teilweise Urlaubsgewährung Wurde bereits ein Teil des Urlaubs gewährt, ist dieser im Rahmen der Günstigerrechnung sowohl beim gesetzlichen als auch beim tariflichen Urlaub in Abzug zu bringen. Beispiel: Ein Beschäftigter (43 Jahre), dessen Arbeitsverhältnis seit 2005 besteht, ist vom 1. August 2008 bis zum 15. April 2009 arbeitsunfähig krank. Im Jahr 2008 hatte er bereits elf Tage Urlaub genommen. Er verlangt seinen restlichen Urlaub für 2008 ab 19. Mai. 2009. Anspruch auf Urlaub für 2008 Der tarifliche Urlaubsanspruch beträgt gemäß 26 Abs. 1 TV-L 30 Arbeitstage. Der Beschäftigte hatte bereits elf Tage im Jahr 2008 genommen. Die verbleibenden 19 Tage Urlaub wurden gemäß 26 Abs. 2 Buchst. a TV-L bis zum 31. Mai 2009 übertragen. Der Urlaubsantritt am 19. Mai 2009 reicht aus. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt 20 Arbeitstage. Der Beschäftigte hatte bereits elf Tage im Jahr 2008 genommen. Die verbleibenden neun Tage Urlaub sind nach 7 Abs. 3 BUrlG in das Jahr 2009 übertragen worden und aufgrund der Krankheit des Beschäftigten nicht erloschen. Der Beschäftigte hat damit für 2008 noch einen Urlaubsanspruch von 19 Tagen. Nach der Rechtsprechung des BAG ist gewährter Urlaub grundsätzlich zunächst auf den gesetzlichen Mindesturlaub anzurechnen (Urt. v. 22. Januar 2002, 9 AZR 601/00, ZTR 03, 33 ff.). Ein verbleibender tariflicher Mehrurlaub kann damit weiterhin verfallen. 5. Rente auf Zeit War der Beschäftigte zunächst arbeitsunfähig krank und befand sich direkt anschließend in einer Rente auf Zeit, verfällt der während der Entgeltfortzahlung er-

12 worbene Urlaubsanspruch entsprechend der Entscheidung des EuGH nicht. Der Urlaub wird weiter übertragen und kann nach Beendigung der Rente auf Zeit eingebracht werden. 6. Geltung der Ausschlussfrist des 37 TV-L Zur Anwendung von Ausschlussfristen musste sich das BAG in seiner Entscheidung vom 23. März 2009 nicht äußern, da zeitnah Klage erhoben wurde. Für den tariflichen Abgeltungsanspruch sollte die Ausschlussfrist des 37 TV-L beachtet werden. Danach verfällt der Anspruch, wenn er nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht worden ist. Die Ausschlussfrist dürfte nur im Falle einer Genesung eine Rolle spielen und auch erst dann beginnen. Grund hierfür ist die bisherige Rechtsprechung des BAG, die einen Abgeltungsanspruch nur bejaht, wenn der Urlaub - bei fiktivem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses - noch innerhalb des Ü- bertragungszeitraums angetreten worden wäre. Für den gesetzlichen Urlaubsabgeltungsanspruch gilt die Ausschlussfrist nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 20. Mai 2008, 9 AZR 219/07, ZTR 08, 621 ff.) nicht: Der gesetzliche Mindesturlaub ist gemäß 1, 3 Abs. 1, 13 Abs. 1 BUrlG unabdingbar. Beispiel: Ein Beschäftigter (43 Jahre), dessen Arbeitsverhältnis seit 2005 besteht, ist vom 1. August 2007 bis zum Ausscheiden am 15. Juli 2008 und darüber hinaus arbeitsunfähig krank. Für das Jahr 2008 hatte er noch keinen Urlaub genommen. Er verlangt am 2. März 2009 Urlaubsabgeltung für das Jahr 2008. Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 2008 Der tarifliche Urlaubsanspruch beträgt 15 Arbeitstage. Nach 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L steht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Laufe eines Jahres für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Anspruchs nach 26 Abs.1 TV-L zu. Das Arbeitsverhältnis bestand 2008 sechs volle Kalendermonate. Mithin beträgt der tarifliche Anspruch 6/12 von 30 Tagen. Ein Anspruch auf eine entsprechende Urlaubsabgeltung von 15 Arbeitstagen ist erloschen, da bis zum Ende des fiktiven Übertragungszeitraums (31. Mai 2009) der fragliche Urlaub nicht angetreten worden wäre. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt 20 Arbeitstage. Der Beschäftigte hat noch seinen vollen Urlaubsanspruch, eine Zwölftelung fände nach 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG nur statt, wenn der Beschäftigte in der ersten Jahreshälfte ausgeschieden wäre. Gemäß 7 Abs. 4 BUrlG hat der Beschäftigte einen Anspruch auf entsprechende Urlaubsabgeltung. Dieser Anspruch auf Abgeltung ist aufgrund der Krankheit nicht erloschen. Die Ausschlussfrist des 37 TV-L ist nicht anzuwenden. Der Beschäftigte hat damit für 2008 einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung von 20 Tagen. Abwandlung: Ein Beschäftigter (43 Jahre), dessen Arbeitsverhältnis seit 2005 besteht, ist vom 1. August 2007 bis zum Ausscheiden am 15. Juni 2008 arbeitsunfähig krank. Für das Jahr 2008 hatte er noch keinen Urlaub genommen. Er verlangt am 2. März 2009 Urlaubsabgeltung für das Jahr 2008 und legt mit dem Urlausabgeltungsverlangen ein ärztliches Attest vor, das seine Arbeitsfähigkeit ab dem 20. August 2008 bescheinigt. Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 2008 Der tarifliche Urlaubsanspruch beträgt 13 Arbeitstage. Nach 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L steht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Laufe eines Jahres für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Anspruchs nach 26 Abs.1 TV-L zu. Das Arbeitsverhältnis bestand 2008 fünf volle Kalendermonate. Mithin beträgt der tarifliche Anspruch

13 5/12 von 30 Tagen. Ein Anspruch auf eine entsprechende Urlaubsabgeltung von 13 Arbeitstagen ist nicht erloschen, da bis zum Ende des - fiktiven - Übertragungszeitraums (31. Mai 2009) der fragliche Urlaub aufgrund der Genesung (20. August 2008) angetreten worden wäre. Die Ausschlussfrist des 37 TV-L beginnt hier mit der Genesung am 20. August 2008, da erst dann der tarifliche Abgeltungsanspruch entstanden ist. Der tarifliche Anspruch ist daher am 20. Februar 2009 erloschen. Die Geltendmachung am 2. März 2009 ist verspätet. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt acht Arbeitstage. Nach 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG steht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der ersten Jahreshälfte für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Anspruchs nach 3 Abs.1 BUrlG zu. Das Arbeitsverhältnis bestand 2008 fünf volle Kalendermonate. Mithin beträgt der gesetzliche Anspruch 5/12 von 20 Tagen. Gemäß 7 Abs. 4 BUrlG hat der Beschäftigte einen Anspruch auf entsprechende Urlaubsabgeltung von acht Tagen. Dieser Anspruch auf Abgeltung ist aufgrund der Krankheit nicht erloschen. Die Ausschlussfrist des 37 TV-L ist nicht anzuwenden. Der Beschäftigte hat damit für 2008 einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung von acht Tagen. 7. Verlängerung des Übertragungszeitraums Hat der Arbeitgeber den Übertragungszeitraum übertariflich verlängert (z. B. in Anlehnung an den Beamtenbereich) sollte - wie schon bei der tariflichen Verlängerung des Übertragungszeitraums ( 26 Abs. 2 Buchst. a TV-L) - bei der Feststellung des Endes des Übertragungszeitraums nicht zwischen gesetzlichem und tariflichem Urlaub unterschieden werden. Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 24. März 2009 den längeren vertraglichen Übertragungszeitraum auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch angewendet, während gleichzeitig der vertragliche Urlaub erloschen war. Ist also - wie im Urteilsfall sowie im Geltungsbereich des TV-L - der (tarif-)vertragliche Übertragungszeitraum länger als der gesetzliche, so kann für die Prüfung, ob zum Ende des Übertragungszeitraums Arbeitsunfähigkeit bestand, nicht auf das gesetzliche Fristende abgestellt werden. Vielmehr ist einheitlich das vertragliche (ggf. sogar das übertariflich - z. B. bis Ende September des Folgejahres - hinausgeschobene) Fristende für die Prüfung von Arbeitsunfähigkeit maßgebend. Im Ergebnis kann das dazu führen, dass die tarifliche Ausschlussfrist des 37 TV-L leer läuft. Beispiel: Ein Beschäftigter (43 Jahre), dessen Arbeitsverhältnis seit 2005 besteht, ist vom 1. August 2007 bis zum Ausscheiden am 15. Juli 2008 arbeitsunfähig krank. Übertariflich wird für die Übertragung des Urlaubs auf die für die Beamten geltenden Regelungen (generelle Übertragung bis zum 30. September des Folgejahres) verwiesen. Für 2007 hat der Beschäftigte noch keinen Urlaub eingebracht. Am 1. April 2009 verlangt er u.a. Urlaubsabgeltung für das Jahr 2007 und legt ein ärztliches Attest vor, das seine Arbeitsfähigkeit ab dem 11. August 2008 bescheinigt. Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 2007 Der tarifliche Urlaubsanspruch beträgt gemäß 26 Abs. 1 TV-L 30 Arbeitstage. Der Urlaub wurde gemäß den beamtenrechtlichen Regelungen bis maximal zum 30. September 2008 übertragen; bis zum Ausscheiden am 15. Juli 2008 war der Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen damit noch nicht erloschen. Auch der Anspruch auf eine entsprechende Urlaubsabgeltung ist nicht erloschen, da der fragliche Urlaub nach der Genesung noch vollständig bis zum Ende des - fiktiven - Übertragungszeitraums (30. September 2008) hätte genommen werden können. Gemäß 37 TV-L verfallen Ansprüche aber sechs Monate nach Fälligkeit. Der Abgeltungsanspruch ist mit der Genesung (11. August 2008) entstanden und damit am 11. Februar 2009 verfallen.

14 Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt 20 Arbeitstage. Der Urlaub wurde gemäß den beamtenrechtlichen Regelungen bis maximal zum 30. September 2008 übertragen; bis zum Ausscheiden am 15. Juli 2008 war der Urlaubsanspruch von 20 Arbeitstagen damit noch nicht erloschen. Gemäß 7 Abs. 4 BUrlG hat der Beschäftigte einen Anspruch auf entsprechende Urlaubsabgeltung; auf eine etwaige Genesung vor dem - fiktiven - Ende des Übertragungszeitraums kommt es nicht an, denn der Anspruch auf Abgeltung ist aufgrund der Krankheit bis zum Ausscheiden nicht erloschen. Die Ausschlussfrist des 37 TV-L ist nicht anzuwenden. Der Beschäftigte hat damit für 2007 einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung von 20 Tagen. 8. Verjährung Mit der Entscheidung des EuGH stellt sich nunmehr auch die Frage der Verjährung von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen. Nach bisheriger Auffassung unterlagen diese Ansprüche nicht der Verjährung, da sie wegen der Befristung auf das Urlaubsjahr bzw. den Übertragungszeitraum ohnehin vor Ablauf der Verjährungsfristen erloschen waren. 8.1 Verjährung des Urlaubsanspruchs Mit der Umsetzung der Entscheidung des EuGH erlöschen im Falle der Krankheit die gesetzlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche nicht mehr, sondern werden in das nächste Urlaubsjahr übertragen. Jedenfalls der Urlaubsanspruch sollte daher der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren ( 195 BGB) unterworfen werden, so wie bisher schon der beim Verzug des Arbeitgebers nach dem Erlöschen des Abgeltungsanspruchs entstehende Schadensersatzanspruch. Hierfür spricht, dass der Beschäftigte nach einer längeren Krankheitsphase anderenfalls noch Jahre später Urlaubsansprüche einbringen könnte. Die Verjährungsfrist beginnt gemäß 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB grundsätzlich mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Für den Urlaubsanspruch sollte daher bis auf weiteres auf das Ende des Jahres abgestellt werden, aus dem der Urlaub herrührt. 8.2 Verjährung des Abgeltungsanspruchs Ungeklärt bleibt die Frage, ob der Abgeltungsanspruch einer eigenständigen Verjährung unterliegt. Denkbar wäre, den Abgeltungsanspruch als eigenständigen Anspruch anzusehen, der mit dem Ausscheiden des Beschäftigten erst entsteht. Die eigenständige dreijährige Verjährung des Abgeltungsanspruchs würde dann erst am Schluss des Kalenderjahres zu laufen beginnen, in dem der Beschäftigte ausgeschieden ist. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und ihr folgend die VKA sprechen sich hingegen dafür aus, den Abgeltungsanspruch als Surrogat des Urlaubsanspruchs anzusehen. Dieser teile das Schicksal des Urlaubsanspruchs und verjähre entsprechend. Dieser Auffassung sollte bis auf weiteres gefolgt werden. Beispiel: Ein Beschäftigter (43 Jahre), dessen Arbeitsverhältnis seit 2005 besteht, ist vom 1. August 2007 bis zum Ausscheiden am 15. Juli 2008 und darüber hinaus arbeitsunfähig krank. Für das Jahr 2008 hatte er noch keinen Urlaub genommen. Er verlangt am 1. März 2012 Urlaubsabgeltung für das Jahr 2008.

15 Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 2008 Der tarifliche Urlaubsanspruch beträgt 15 Arbeitstage. Nach 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L steht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Laufe eines Jahres für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Anspruchs nach 26 Abs.1 TV-L zu. Das Arbeitsverhältnis bestand 2008 sechs volle Kalendermonate. Mithin beträgt der tarifliche Anspruch 6/12 von 30 Tagen. Ein Anspruch auf eine entsprechende Urlaubsabgeltung von 15 Arbeitstagen ist erloschen, da bis zum Ende des - fiktiven - Übertragungszeitraums (31. Mai 2009) der fragliche Urlaub nicht angetreten worden wäre. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt 20 Arbeitstage. Der Beschäftigte hat noch seinen vollen Urlaubsanspruch, eine Zwölftelung fände nach 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG nur statt, wenn der Beschäftigte in der ersten Jahreshälfte ausgeschieden wäre. Gemäß 7 Abs. 4 BUrlG hat der Beschäftigte einen Anspruch auf entsprechende Urlaubsabgeltung. Dieser Anspruch auf Abgeltung ist aufgrund der Krankheit nicht erloschen. Die Ausschlussfrist des 37 TV-L ist nicht anzuwenden. Der Urlaubsanspruch unterliegt jedoch der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren ( 195 BGB), die am 31. Dezember 2008 beginnt. Der Urlaubsanspruch bzw. dessen Surrogat - der Abgeltungsanspruch - ist daher am 31. Dezember 2011 verjährt. Der verjährte Urlaubsanspruch muss nicht mehr abgegolten werden. Der Beschäftigte hat damit für 2008 keine Ansprüche auf Urlaubsabgeltung. Da die Frage der Verjährung derzeit ungeklärt ist, sollten in der Praxis Urlaubsanträge bzw. Zahlungsaufforderungen, für die diese Frage entscheidend ist, zunächst nur entgegen genommen, und die Beschäftigten entsprechend informiert werden. Von einer Gewährung dieses Urlaubs bzw. Zahlung sollte bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung abgesehen werden. 9. Berufung des Arbeitgebers auf Vertrauensschutz Noch nicht geklärt ist schließlich auch die Frage, wie mit Fällen aus der Vergangenheit zu verfahren, und ob die Entscheidung auch rückwirkend umzusetzen ist. Diese Frage stellt sich insbesondere, wenn Beschäftigte über Jahre dauerhaft krank waren und nunmehr Urlaub bzw. Urlaubsabgeltung für diese weit zurückliegenden Zeiträume verlangen. Die Arbeitgeber könnten hier mit erheblichen finanziellen Belastungen konfrontiert werden. Bei Entscheidungen des EuGH, die einer langjährigen mitgliedstaatlichen Praxis widersprechen, können sowohl der EuGH als auch nationale Gerichte Vertrauensschutz gewähren. Der EuGH hat sich hierzu nicht geäußert. Nach dem Urteil des BAG bestehe jedenfalls seit Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des LAG Düsseldorf vom 2. August 2006 kein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der Senatsrechtsprechung. Gesetzlichen Ansprüchen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht verfallen waren, stehe trotz krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit kein Erfüllungshindernis entgegen. Arbeitgeber sollten sich daher im Umkehrschluss bei Ansprüchen, die am 2. August 2006 bereits verfallen waren, auf Vertrauensschutz berufen. Hierfür spricht, dass das BAG das Vorlageersuchen des LAG Düsseldorf an den EuGH als Zäsur in der Rechtsentwicklung ansieht: Während das BAG die seiner Rechtsprechung entgegen stehenden Entscheidungen der 12. Kammer des LAG Düsseldorf zuvor immer aufgehoben habe, war nun ein anderes - für Fragen des Gemeinschaftsrecht zuständige - Gericht angerufen worden. Arbeitgeber mussten damit rechnen, dass der EuGH abweichend von der bisherigen Auffassung des BAG entscheide. Unter der Geltung des TV-L wären damit Urlaubsansprüche für das Jahr 2005 sowie daraus folgende Urlaubsabgeltungsansprüche wegen des Vertrauensschut-

16 zes in die bisherige Rechtsprechung nicht mehr zu erfüllen. Hatte der Arbeitgeber den Urlaubsübertragungszeitraum jedoch bis zum 30. September des Folgejahres (wie in einigen Ländern im Beamtenbereich) verlängert, könnte der Arbeitgeber für die Ansprüche aus dem Jahr 2005 wohl keinen Vertrauensschutz geltend machen. Verfallen wären dann nur die Ansprüche aus den Jahren 2004 und früher.