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Definition Der Wirbelsäule kommt eine zentrale, tragende Funktion im Körperstamm und im Kopf zu. Vor allem in aufrechter Haltung ist sie enormen Belastungen ausgesetzt. Um einerseits Stabilität und andererseits Beweglichkeit in nahezu alle Richtungen zu ermöglichen, bedarf es eines ganz speziellen Aufbaus. Zeichnung: Hella Maren Thun, Grafik-Designerin Die Wirbelsäule besteht insgesamt aus 33 bis 34 Wirbelkörpern (= Wirbel ), welche sich in 7 Halswirbel, 12 Brustwirbel, 5 Lendenwirbel, 5 Kreuzwirbel und 4 bis 5 Steißwirbel untergliedern. Gemeinsam bilden sie einen Wirbelkanal, in welchem das Rückenmark mit all seinen Bahnen des zentralen Nervensystems verläuft. Vom Rückmark gehen so genannte Spinalnerven ab, die aus dem Wirbelkanal zwischen den Wirbeln seitlich hervortreten, um Muskeln, Haut und Organe des Körpers zu versorgen. Im Bereich der Kreuz- und Steißwirbel existieren die Wirbelkörper nur in der Anlage einzeln und wachsen in der Entwicklung des menschlichen Körpers zum Kreuz- bzw. Steißbein zusammen. Spätestens bis zum 30. Lebensjahr sind alle Kreuz- bzw. Steißwirbel miteinander verschmolzen. Den Wirbeln der Hals, Brust- und Lendenwirbelsäule kommt die Hauptfunktion der 1/5

Wirbelsäule zu, sodass der Erhalt deren Beweglichkeit essentiell ist. Zwischen den einzelnen Wirbeln liegen in diesem Bereich die so genannten Bandscheiben. Sie stellen eine knorpelige Verbindung zwischen den Wirbeln her und ermöglichen die Bewegung der einzelnen Wirbel gegeneinander. Zeichnungen: Hella Maren Thun, Grafik-Designerin Die Bandscheibe besteht aus zwei Anteilen: einem äußeren knorpeligen Faserring und einem inneren Gallertkern. Bei Bewegungen der einzelnen Wirbel gegeneinander dienen die Bandscheiben als druckelastische Polster. Unter Belastung werden sie zusammengedrückt, wobei der Gallertkern den Druck verteilt. Bei Entlastung nehmen sie aufgrund der Elastizität des Faserrings ihre ursprüngliche Form wieder an. Reißt der Faserring ein, so bewirkt der dortige Elastizitätsverlust eine Vorwölbung des Gallertkerns nach außen (= Protrusion). Kommt es zu einem vollständigen Zerreißen des Faserrings, so tritt der Gallertkern aus. Dies nennt man einen Bandscheibenvorfall. Zeichnungen: Hella Maren Thun, Grafik-Designerin Am häufigsten tritt ein solcher Bandscheibenvorfall im unteren Bereich der Wirbelsäule auf, zwischen dem 4./5. Lendenwirbel und zwischen dem 5. Lendenwirbel/1. Sakralwirbel. Typische Ursachen Der Bandscheibenvorfall ist eine typische Alterserscheinung. Aufgrund degenerativer Prozesse verliert der Faserring der Bandscheibe an Elastizität und wird anfälliger für Risse. Grundsätzlich beginnt die Rissbildung immer von innen, sodass es stets zuerst zu einer Vorwölbung des Gallertkerns als Vorstufe zum Bandscheibenvorfall kommt. Doch nicht nur die Degeneration der Bandscheibe kann ein Grund für einen Bandscheibenvorfall sein. Auch übermäßige Belastung oder Fehlbelastung der Wirbelsäule können bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen zu einem Einriss des Faserrings führen (z. B. häufiges krummes Sitzen oder beugende Tätigkeiten). Risikofaktoren für das Entstehen eines Bandscheibenvorfalls sind vor allem Übergewicht, mangelnde Bewegung und auch Schwangerschaft. Symptomatik Durch die Raumforderung zur Seite oder nach hinten in den Wirbelkanal, die bei der Bandscheibenvorwölbung und vor allem beim Bandscheibenvorfall entsteht, kommt es zu einer Kompression der Spinalnerven oder des Rückenmarks. Je nach Höhe des Bandscheibenvorfalls in der Wirbelsäule und je nach Ausprägung der Raumforderung können die Symptome ganz unterschiedlich sein. 2/5

Mögliche Symptome sind: Rückenschmerzen, meist mit einseitiger Ausstrahlung in das jeweilige Versorgungsgebiet des betroffenen Spinalnervs (= Lumboischialgie) Gefühlsstörungen (z. B. Kribbeln) bis hin zu Sensibilitätsverlusten Bewegungsverluste: von einer Kraftminderung bis zur Lähmung einzelner Muskeln Vegetative Beschwerden: fehlende Kontrolle über Blasen- und Darmentleerung Oft schmerzbedingte Fehlhaltung der Wirbelsäule Diagnostik Körperliche Untersuchung: Feststellung von Sensibilitäts- und/oder Bewegungsverlusten (Testen von Muskel-Reflexen) Reizung der Spinalnerven durch verschiedene Bewegungstests zur Feststellung einer Kompression Röntgen: Die Bandscheibe selbst (und somit auch der Bandscheibenvorfall) ist in der Röntgenaufnahme nicht sichtbar, jedoch können die Stellung der Wirbelkörper zueinander und eine Höhenminderung des Abstandes der Wirbelkörper zueinander einen Hinweis auf eine Bandscheibenvorwölbung bzw. einen vorfall geben. Außerdem lassen sich andere Ursachen wie z.b. Wirbelkörperbrüche, Tumore oder Entzündungsprozesse ausschließen. Kernspintomographie (MRT): Hiermit können die Bandscheiben am besten beurteilt werden; es ist daher das Standardverfahren zur Feststellung eines Bandscheibenvorfalls. Prof. Dr. med. Peter Biberthaler, München MRT-Bild eines Bandscheibenvorfalls (seitliche Ansicht): Die Pfeile weisen auf den Bandscheibenvorfall, welcher in den Wirbelkanal vordringt. 3/5

Prof. Dr. med. Peter Biberthaler, München Behandlung MRT-Bild eines Bandscheibenvorfalls (Sicht von unten): Die Pfeile weisen auf den Bandscheibenvorfall, welcher in den Wirbelkanal vordringt. Ist eine Lähmung der Muskulatur aufgetreten, muss der Bandscheibenvorfall unverzüglich operativ entfernt werden, um weitere Schäden für die Nerven und deren Funktion zu vermeiden! Die Behandlung ist daher stark vom Ausmaß des Vorfalls und den daraus resultierenden neurologischen Symptomen abhängig. Prinzipielle Therapeutische Optionen in Abhängigkeit dieser Befunde sind: Konservativ (mittlere Verweildauer im Krankenhaus: 4,6 Tage) Schmerztherapie spezielle Lagerung mit Entlastung der Wirbelsäule (Stufenbett) Physikalische Maßnahmen: Massage, Thermotherapie (akut: Kälte; chronisch: Wärme) Physiotherapie: vorsichtige Mobilisation der Segmente über und unter dem Bandscheibenvorfall Kräftigung der Rückenmuskulatur Ergotherapie: Erlernen wirbelsäulenschonender Haltungen und Bewegungen im Alltag Peridurale Infiltration: CT-gesteuerte, wirbelsäulennahe Spritze mit schmerzlindernden Medikamenten (ermöglicht nur akute Schmerzlinderung) Operativ: Bleiben die Beschwerden bei konservativer Behandlung über mehrere Wochen bestehen oder treten gravierenden Sensibilitäts- oder Bewegungsstörungen auf, so ist zu einer Operation zu raten. Nukleotomie: mikrochirurgische Entfernung des Bandscheibenvorfalls, d. h. mit kleinsten Schnitten und mit Hilfe eines Mikroskops (mittlere Verweildauer im Krankenhaus: 7,7 Tage) 4/5

Wirbelsäulenstabilisierung: Rehabilitation Entfernung der betroffenen Bandscheibe und Wiederauffüllung des Wirbelkörperzwischenraums mit einem Titankörbchen und körpereigenem Knochenmaterial; außerdem seitliche Versteifung der beiden angrenzenden Wirbelkörper mit einem Schrauben-Stab-System (= Spondylodese) Voraussetzungen: Rückläufige Symptomatik der in das Versorgungsgebiet ausstrahlenden Beschwerden keine akuten Schmerzzustände aktive krankengymnastische Übungstherapien müssen möglich sein Kontraindikationen: Ziele: lang andauernde und ausstrahlende Schmerzen Schmerzen schon bei kleinsten Bewegungen Re-Prolaps (= erneuter Prolaps) oder neue frisch ausstrahlende Symptomatik Schmerzfreiheit/-linderung funktionelles Training der gesamten Rumpfsmuskulatur Schulung der Körperwahrnehmung Haltungsschulung Vermittlung eines ökonomischen Bewegungsverhaltens Mögliche Komplikationen erneuter Bandscheibenvorfall erneute Symptomatik durch wucherndes Narbengewebe (= Periduralfibrose) pathologische Überbeweglichkeit im betroffenen Wirbelsäulensegment mit Wirbelgleiten (= Pseudolisthese) Prävention Kräftigung der Rückenmuskulatur rückenschonende Arbeitshaltung im Beruf und im Alltag (vor allem bei sitzenden, hebenden und beugenden Tätigkeiten) DGU-Patienteninformation Bandscheibenvorfall (PDF) 257 kb Autoren: Ina Aschenbrenner, Prof. Dr. Peter Biberthaler (Redaktionsteam DGU- Website) 5/5