Menschen mit besonderen Bedürfnissen in der tertiären Bildung

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Transkript:

Menschen mit besonderen Bedürfnissen in der tertiären Bildung Helen Zimmermann Olga Meier-Popa 24.09.2012 SFIB-Fachtagung ICT und Bildung 2012 Seite 1

Programm 1. Einstieg «Erbsen auf halb 6» Das Weisse der Milch 2. Menschen mit besonderen Bedürfnissen in der tertiären Bildung Erfahrungen an der Beratungsstelle der Universität Zürich 3. ICT im Studium: Beispiele von Hindernissen und Lösungen PDF, Formulare, Testfragen 24.09.2012 Zimmermann / Meier-Popa Seite 2

1. Einstieg mit Filmausschnitt: «Erbsen auf halb 6» Lerntypen Der visuelle Lerntyp: Lernen durch Sehen (Lesen, Beobachten) Der auditive Lerntyp: Lernen durch Hören Der kommunikative Lerntyp: Lernen durch Gespräche Der motorische Lerntyp: Lernen durch Ausprobieren Diese vier Lerntypen sind theoretische Ausprägungen. In der Realität zeigen sich bei den Lernenden oft Mischformen dieser Grundtypen, die je nach den persönlichen Vorlieben in die eine oder in die andere Richtung stärker ausgeprägt sind. Frage: Werden alle vier Lerntypen im heutigen Unterricht berücksichtigt? 24.09.2012 Zimmermann / Meier-Popa Seite 3

Das Weisse der Milch Tolstoi veranschaulicht in einer Erzählung die Schwierigkeiten im Verständnis zwischen Sehenden und blinden Menschen: «Milch hat die gleiche Farbe wie leeres Schreibpapier. Der Blinde fragte: Ach so, ist das Weisse gemeint, dass unter den Händen knistert wie Papier? Der Sehende sagte: Nein, Milch ist weiss wie Mehl weiss ist. Der Blinde fragte: Ach so, das Weiss stäubt wie Mehl? Der Sehende sagte: Nein, es ist weiss wie ein Schneehase weiss ist. Der Blinde fragte: Also flaumig und ebenso weich wie ein Hasenfell ist das Weisse? Der Sehende sagte: Nein, nein nur einfach weiss ist das Weisse - wie Schnee. Der Blinde fragte: Aha, so kalt wie Schnee? Und so viele Beispiele der Sehende auch vorbrachte, der Blinde konnte nicht fassen, was das Weisse der Milch ist.» Quelle: TOLSTOI, Leo: Der Blinde und die Milch. In: Deutscher Blindenverband [Hrsg.]: Jahrbuch für Blindenfreunde. Bonn o. J. S. 59. 24.09.2012 Zimmermann / Meier-Popa Seite 4

2. Wer sind die «Menschen mit besonderen Bedürfnissen in der tertiären Bildung»? Aus der Perspektive der Beratungsstelle «Studium und Behinderung» BSB der Universität Zürich UZH Auftrag und Angebote der Beratungsstelle Zielgruppe Bedeutung der ICT im Studium Exemplarische Situationen Unser Ansatz 24.09.2012 Zimmermann / Meier-Popa Seite 5

2.1 Auftrag und Angebote der BSB Drehscheibe zwischen den Bedürfnissen bzw. Anforderungen der Menschen mit Behinderung und den Studienanforderungen Betraut mit der «Realisierung der tatsächlichen Gleichstellung der Menschen mit Behinderung an der UZH» bzw. mit der Ermöglichung eines benachteiligungsfreien Zugangs Begriffe Behinderung und Benachteiligung gemäss Gleichstellungsrecht «Bipolares» Tätigkeitsfeld: a)beitrag zur Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen, darunter auch die digitale Zugänglichkeit / Accessibility b)betroffene Studierende beraten, begleiten, unterstützen (Studien- und Prüfungsanpassungen, Assistenz, Dienste vermitteln etc.) www.disabilityoffice.uzh.ch/services.html 24.09.2012 Zimmermann / Meier-Popa Seite 6

2.2 Zielgruppe der BSB Disability Statement der UZH «Das Schweizerische Gleichstellungsrecht betrachtet die "Behinderung" als das Ergebnis der komplexen Interaktion zwischen Mensch und Umwelt in einem bestimmten Kontext. Dabei wird die Partizipation (Teilnahme und Teilhabe) am Studium bzw. Arbeit berücksichtigt. Eine Beeinträchtigung der Mobilität, des Hör-, Seh- oder Sprechvermögens, eine chronische oder psychische Krankheit, eine spezifische Lernbehinderung wie Dyslexie, Asperger- oder Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom kann u.u. die Partizipation negativ beeinflussen.» (Auszug, siehe www.disabiityoffice.uzh.ch/principles.html) «sichtbare und nicht sichtbare Behinderung» Der Bedarf an Anpassungen und Unterstützung ist individuell (abhängig u.a. von Hilfsmitteln, Lerntechnik bzw. von Studienrichtung) 24.09.2012 Zimmermann / Meier-Popa Seite 7

2.3 Bedeutung der ICT im Studium Die ICT sind allgegenwärtig im Studium: -online Informationen über Studiengänge und Abläufe -Online administrative und Kontaktformulare -Mail-Accounts der Studierenden -E-Learning-Plattformen -Studienunterlagen -Literaturdatenbanken -Prüfungen Menschen mit visueller Beeinträchtigung und/oder einer Leseschwäche (Dyslexie) setzen im Studium ihr Hilfsmittel zum Lesen und Schreiben ein: Vergrösserungssoftware, Vorleseprogramme usw. Fragestellung: Wie kompatibel sind die ICT und diese Hilfsmittel? 24.09.2012 Zimmermann / Meier-Popa Seite 8

2.4 Unser «bipolarer» Ansatz a. Im Erstgespräch und Standortbestimmungen: Klärung des individuellen Bedarfs an Anpassungen und Unterstützung. Beispiele: -Einsatz des persönlichen PC bei der Prüfung (ggf. mit Zeitzusatz) -Studien- und Prüfungsunterlagen im angepassten Digitalformat b. Sensibilisierung und Schulung der für die ICT Zuständigen der UZH -eine «Querschnittaufgabe» (da viele Bereiche involviert sind) unter dynamisch- und sozialkomplexen Strukturen -Initiative, Netzwerkarbeit und Testen -Informationen auf www.disabilityoffice.uzh/accessibility.html -iaccessibility-kurs (zusammen mit dem Weboffice UZH) 24.09.2012 Zimmermann / Meier-Popa Seite 9

3. ICT im Studienalltag: 3.1 Situation 1 Ein blinder Maturand informiert sich, für welche Fächer er das Latinum braucht. Angaben dazu finden sich unter: http://www.phil.uzh.ch/studium/downloads/studienordnung/sto/_anhang 2_Latinum.pdf Der Artikel ist so lesbar, aber es fehlen bei akustischem Zugang jegliche Strukturen. Empfehlung: Stellen Sie Ihre Dokumente mit einer Dokumentvorlage her und strukturieren Sie Ihre Texte mit Überschriften und Listen. Beispiel: strukturiertes pdf 24.09.2012 Zimmermann / Meier-Popa Seite 10

3.2 Situation 2 Einer blinden Studentin stehen die Texte für ihre Lehrveranstaltung in digitaler Form zur Verfügung z. B. auf educanet 2. Bilddatei : Ballade vom Ton Bildtext kann von Sprache nicht erkannt werden Empfehlung: Achten Sie darauf, dass Sie keine image.pdf ins Netz stellen. Bildtexte können z. B. mit Omnipage vom pdf in ein Word-Dokument umgewandelt werden. Blinde User müssen sonst alle Bildtexte mit einem OCR-Scanner (Finereader, Openbook) einscannen. Dabei passieren halt Fehler, dass z. B. Li als h erkannt wird. (Das Wort heisst dann Hks statt links.) 24.09.2012 Zimmermann / Meier-Popa Seite 11

3.3 Situation 3 Ein stark sehbehinderter Student muss folgende Prüfungsfragen lösen: 2 Fragen (Quiz) Anpassungsmöglichkeiten Empfehlung: Setzen Sie für solche Aufgaben z. B. die Möglichkeiten von Office 2012 wie z. B. Kontrollkästchen ein. 24.09.2012 Titel der Präsentation, Autor Seite 12

3.4 Situation 4 Eine sehbehinderte Studentin möchte sich für den Gleichstellungstag anmelden. Anmeldetalon Empfehlung: Definieren Sie Eingabefelder, Kontrollkästchen und Auswahllisten. 24.09.2012 Titel der Präsentation, Autor Seite 13

helene.zimmermann@uzh.ch olga.meier@ad.uzh.ch 24.09.2012 Zimmermann / Meier-Popa Seite 14