Hemmnisse und Chancen für Paludikultur in Deutschland

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Transkript:

Hemmnisse und Chancen für Paludikultur in Deutschland Sabine Wichmann Tagung Klimaschutz und Moornutzung: Potentiale in Deutschland, Greifswald, 25.09.2017

Potentiale von Paludikultur Klimaschutz Effiziente Maßnahme für LW: 37% der THG-Emissionen von nur 7% der Fläche Gewässerschutz Nieren der Landschaft : N & P Rückhalt, Erfüllung von EU-Auflagen (vgl. Skandinavien) Naturschutz < 1% der Moore naturnah Ersatzhabitate für gefährdete Arten Bodenschutz Stopp von Bodendegradierung und Sackung (Infrastruktur-Kosten, Hochwasser, vgl. NL) Chance für ländliche Regionen Zukunftsfähige Moornutzung, Einkommen, Beschäftigung, erneuerbar + regional Paludikultur = Perspektiven für Mensch & Moor

Auszeichnungen für Pilotprojekte

Wissen vorhanden

Anerkennung auf allen Ebenen International Bundesebene Länderebene

Hemmnisse: Warum gibt es kaum Umsetzung in der Fläche? Chancen: Welche Lösungsansätze sind möglich?

Agrarpolitik I Fortführung entwässerungsbasierter Moornutzung gefördert 1. Säule: Flächenprämien 2. Säule: z.b. Ökolandbau Investitionsbeihilfen wirken langfristig (z.b. Stallneubauten) Biogas vom Moor Wettbewerbsfähigkeit wird künstlich erhöht Beihilfefähigkeit von Paludikultur Nasswiesen unsicher (Binsen, Schilf) Torfmoose: widersprüchlich Schilf und Rohrkolben: nicht beihilfefähig Unsicherheit und Ungleichbehandlung verprellt interessierte Landwirte Anerkennung von Paludikultur als landwirtschaftliche Nutzung

Agrarpolitik II Umstellung auf Paludikultur Hohe Investitionskosten: Vernässung, Pflanzung, Spezialtechnik Erlöse teilweise erst nach mehreren Jahren erzielbar (Torfmoose, Erle) Pioniere tragen höhere Risiken Hohe Hürden für den einzelnen Landwirt Kompensation durch ökonomische Anreize für Umstellung Klimaschutz Gewässerschutz Bodenschutz Hoher Nutzen für die Gesellschaft ist nicht eingepreist Honorierung von Leistungen: Zusatzeinkommen + langfristig

Agrarpolitik / Rechtliche Rahmenbedingungen Grünlanderhalt Greening (EU) Grünlanderhaltungsgesetze (MV, Niedersachsen, SH) Qualitativ begründet, aber nur Quantität kontrolliert Behindert Vernässung von Moorgrünland für Paludikultur-Dauerkulturen Einführung von Ausnahmeregelungen für Paludikulturen

Rechtliche Rahmenbedingungen II Ordnungsrecht Cross compliance (EU: GLÖZ 6 Erhalt der organischen Substanz im Boden ) Gute fachliche Praxis (Dtl.: 17 BBodSchG) Keine Differenzierung zwischen Mineralböden und organischen Böden Für eine schonende Bodennutzung fehlen Vorgaben zu Wasserständen GfP für Moorböden würde volkswirtschaftlichen Schaden reduzieren und Paludikultur befördern

Rechtliche Rahmenbedingungen III Landwirtschaft vs. Naturschutz Anhebung von Wasserständen / Etablierung von Paludikulturen Entstehung geschützter Biotope? Ansiedlung seltener und gefährdeter Arten? Landwirte befürchten Auflagen und Verbote Klärung: Ausgleich und Prinzip Freiwilligkeit falls Nutzungseinschränkungen naturschutzfachlich gewünscht sind

Vernässung& Flächenverfügbarkeit Eigentumsverhältnisse Hoher Pachtflächenanteil: Nutzer und Flächeneigentümer müssen zustimmen Zersplitterter Grundbesitz Vielzahl von Beteiligten Beeinträchtigung benachbarter Flächen Einzelflächen auf Paludikultur umzustellen ist sehr teuer Gebietsbezogener Ansatz erforderlich Widerstand der Bevölkerung Sorgen & Ängste: Veränderung, nasse Keller, tote Bäume, Mücken, Akzeptanz für Paludikultur höher als für Nutzungsaufgabe Alleingänge nicht möglich, Bereitschaft + Zeit für Kooperation erforderlich Flurneuordnung und regionale Kooperationen (z.b. Wasser-Boden- Verbände) für hydrologische Gebietsplanung nutzen

Betriebliche Aspekte I Paludikultur = Paradigmenwechsel Bruch mit familiären und betrieblichen Traditionen Rechtfertigungsdruck in Nachbarschaft und Berufsstand erfordert Änderungs- und Risikobereitschaft Unwissen über Folgen von Moorentwässerung und über Alternativen Ausbildung, Weiterbildung und Beratung Demonstrationsbetriebe

Betriebliche Aspekte II Betrieb A Betrieb B Betrieb C Schweiz: Boden des Jahres 2015 Marktfruchtbetrieb Keine Verwertung für Moorbiomasse Mahd für Prämien Milchvieh: hochwertiges Grundfutter Stallneubau Flächen + Hof im Moor Gemüsebau Hohe Wertschöpfung Betriebliche Zwänge und Opportunitätskosten sind sehr unterschiedlich An Ausgangssituation angepasste Lösungen erforderlich

Verwertung & Märkte Nasswiesen Rohrkolben Torfmoos Geringwertige, energetische Verwertungen Biomasse: heterogen, geringe Transportwürdigkeit Lokale Lösungen Hochwertiger Dämm-/ Baustoff Markfähige Produkte + großes Interesse Nur kleine Produktionsanlagen: Rohstoff fehlt Hochwertiger Substratrohstoff Großer Markt: 3 Mio m 3 pro Jahr Kaum Saatgut + hohe Investitionskosten Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage von Paludikultur-Biomasse Abnahmesicherheit /-förderung (ggf. Gesetze/Verordnungen)

Forschung, Entwicklung & Erprobung Versuchsflächen für einzelne Arten(gruppen) Spezialtechnik verfügbar (Landschaftspflege, Dachschilf) Zukunftsfähige Verwertungswege (Bioökonomie) Erprobung und Anpassung im Betriebsmaßstab fehlt Mehr Umsetzung für Optimierung + konkrete Antworten

Die Einführung der Kartoffel in Preußen erfolgte auch nicht über Nacht Friedrich II. inspiziert den Kartoffelanbau ( Der König überall von Robert Warthmüller) Kartoffelbefehle, Knollenprediger, Soldatenschutz für Kartoffelfelder

Bündel von Lösungsansätzen Agrarpolitik Rechtliche Rahmenbedingungen Vernässung und Flächenzugriff Betriebliche Aspekte Verwertung & Märkte Forschung, Entwicklung & Erprobung Die Gesellschaft trägt die Verantwortung, nicht der einzelne Landwirt. Heute Weichen stellen für eine zukunftsfähige Moornutzung.

Vielen Dank für Ihr Interesse! DANKE www.paludikultur.de wichmann@uni-greifswald.de

Zum Weiterlesen Abel et al. (2016) Diskussionspapier zur guten fachlichen Praxis der landwirtschaftlichen Moorbodennutzung. Telma 46: 155-174. Holsten (2012) Geographische Untersuchung zur Anwendbarkeit von Paludikultur in Schleswig-Holstein. Diplomarbeit, Ernst-Moritz-Arndt- Universität Greifswald. 95 S. + Anhänge Röder et al. (2014) Faktencheck Agrarreform: Beitrag der EU-Agrarreform zur Bewirtschaftung organsicher Böden im Einklang mit Natur- und Klimaschutz. Thünen Working Paper 24. 58 S. Schaller (2014) Landwirtschaftliche Nutzung von Moorflächen in Deutschland Sozioökonomische Aspekte einer klimaschonenden Bewirtschaftung. Dissertation, Technische Universität München. 296 S. Wichtmann et al. (Hrsg.) 2016: Paludikultur Bewirtschaftung nasser Moore. Schweizerbart, Stuttgart, 272 S. u.a. folgende Kapitel: - Czybulka & Kölsch: Rechtliche Rahmenbedingungen, 143-149. - Kölsch et al.: Agrarpolitische Rahmenbedingungen, 149-152. - Rühs et al.: Akzeptanz und Implementierung auf der Erzeugerebne, 166-171.