Entsendung von deutschen Mitarbeitern nach Polen. Rechtsanwalt Steffen Braun. Rechtsanwalt Adam Paschke



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Transkript:

Entsendung von deutschen Mitarbeitern nach Polen Ein Überblick über die wichtigsten gesetzlichen Regelungen Stand: Februar 2006 Rechtsanwalt Steffen Braun steffen.braun@braunpaschke.pl Rechtsanwalt Adam Paschke adam.paschke@braunpaschke.pl Kancelaria Adwokacka Braun Paschke spółka partnerska ul. Bielawska 6 / 56 02-511 Warszawa Tel.: + 48 / 22 / 854 29 10 Fax: + 48 / 22 / 844 43 21 E-Mail: kancelaria@braunpaschke.pl Internet: www.braunpaschke.pl

Inhaltsverzeichnis Seite I. Einführung in das Thema 4 II. Begriff der Entsendung 4 III. Aufenthaltsrechtliche Regelungen 4 1. Einreise nach Polen 4 2. Anmeldung bei der Einwohnermeldebehörde 4 3. Aufenthalt 4 a. Aufenthalt bis zu drei Monaten 5 b. Aufenthalt über drei Monate 5 IV. Erlangung einer Arbeitserlaubnis 6 1. Arbeitnehmerfreizügigkeit 6 a. Grundsatz 6 b. Übergangsregelungen 7 c. Umfang der Beschränkungen bei der Ausübung von Arbeit durch deutsche Staatsangehörige 7 d. Genehmigungsverfahren 8 e. Arbeitsaufnahme ohne vorherige Beantragung einer Arbeitsgenehmigung (Vorstandsmitglieder einer GmbH polnischen Rechts) 10 2. Dienstleistungsfreiheit 11 a. Grundsatz 11 b. Übergangsregelungen 12 c. Umfang der Beschränkungen betroffene Bereiche 12 d. Art. 1 der Richtlinie 96/71/EG 13 e. Genehmigungsverfahren 13 2

V. Sozialversicherungsrechtliche Aspekte / Verordnung 1408/71 14 1. Anstellung unmittelbar beim polnischen Tochterunternehmen 14 2. Entsendung nach Polen / Verordnung Nr. 1408/71 14 a. Persönlicher Geltungsbereich 14 b. Sachlicher Geltungsbereich 14 c. Grundsatz 14 d. Ausnahmefall Entsendung 14 e. Rechtsfolgen der Entsendung 15 VI. Kanzleiprofil 16 3

I. Einführung in das Thema Die Frage der Entsendung von Führungskräften nach Polen stellt sich dann, wenn das Mutterunternehmen in Deutschland beabsichtigt, in Polen eine wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen (Gründung von Tochtergesellschaften oder Niederlassungen) und hierbei zunächst die qualifizierten Fachkräfte des Stammhauses zum Einsatz kommen sollen. Darüber hinaus ist eine Entsendung von Führungskräften denkbar, um bei einer bereits bestehenden Tochtergesellschaft wichtige unternehmerische Entscheidungen, z.b. im Rahmen von Produktionsumgestaltungen, zu treffen. II. Begriff der Entsendung Grundsätzlich ist unter dem Begriff der Entsendung die befristete Arbeitsaufnahme eines deutschen Arbeitnehmers in Polen zu verstehen, die durch entsprechende (arbeits-) vertragliche Regelungen begleitet wird und für einen Arbeitgeber mit Sitz in Deutschland vorgenommen wird. Mit einer Entsendung ist eine Reihe von arbeits- und sozialrechtlichen Fragestellungen verbunden, die aus der direkten Beziehung des entsandten Arbeitnehmers zum Entsendestaat Deutschland resultieren. III. Aufenthaltsrechtliche Regelungen 1. Einreise nach Polen Für die Einreise auf das Territorium der Republik Polen ist ein gültiges Reise- oder ein anderes Dokument, aus dem die Identität und die Staatsangehörigkeit des deutschen Staatsangehörigen hervorgehen, ausreichend. 2. Anmeldung bei der Einwohnermeldebehörde Nach der Einreise ist jeder Ausländer verpflichtet, sich innerhalb von 48 Stunden beim örtlich für den beabsichtigten Aufenthalt des Ausländers zuständigen Gemeindeamt in Polen anzumelden. Hat der deutsche Staatsangehörige bereits eine Wohnung angemietet, muss das Antragsformular auch vom Eigentümer der entsprechenden Wohnung unterschrieben werden, wenn der beabsichtigte Aufenthalt zwei Monate übersteigt. Einige Gemeinden verlangen darüber hinaus die persönliche Anwesenheit des Wohnungseigentümers und Vermieters bei der Stellung des Antrags. 3. Aufenthalt Das Gesetz über die Grundsätze und die Voraussetzungen der Einreise und des Aufenthaltes von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie ihrer 4

Familienangehörigen vom 27. Juli 2002 1 unterscheidet zwischen der Erteilung einer gewöhnlichen und einer vorübergehenden Aufenthaltsgenehmigung. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Ausländer, der in einem Arbeitsverhältnis steht, einen freien Beruf oder eine Wirtschaftstätigkeit ausübt, seinen ständigen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union beibehält und zu diesem Aufenthaltsort täglich oder zumindest einmal in der Woche zurückkehrt. a. Aufenthalt bis zu drei Monaten Grundsätzlich ist die Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung für deutsche Staatsangehörige sowie ihre Familienangehörigen erforderlich, wenn sie beabsichtigen, sich länger als 3 Monate auf dem Gebiet der Republik Polen aufzuhalten. b. Aufenthalt über drei Monate aa. Gewöhnliche Aufenthaltsgenehmigung (1) Voraussetzungen Die gewöhnliche Aufenthaltsgenehmigung wird dem deutschen Staatsangehörigen erteilt, wenn er beabsichtigt, für einen längeren Zeitraum als 12 Monate ein Arbeitsverhältnis einzugehen bzw. einen freien Beruf oder eine Wirtschaftstätigkeit auszuüben. Das gilt auch dann, wenn er bereits eine Arbeit oder eine Wirtschaftstätigkeit ausübt oder einen freien Beruf ausführt. Darüber hinaus wird die gewöhnliche Aufenthaltsgenehmigung dann erteilt, wenn der deutsche Staatsangehörige unabhängig von der Aufnahme einer Arbeit oder der Ausübung eines freien Berufs oder einer Wirtschaftstätigkeit eine Krankenversicherung besitzt sowie über ausreichende Mittel verfügt, um sich in Polen ohne Inanspruchnahme von staatlicher Unterstützung aufzuhalten. (2) Geltungsdauer Die Geltungsdauer der gewöhnlichen Aufenthaltsgenehmigung beträgt 5 Jahre. Sie wird nach Ablauf des genannten Zeitraums auf Antrag um weitere 5 Jahre verlängert. bb. Vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung Die vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung wird dem deutschen Staatsangehörigen dann erteilt, wenn er beabsichtigt, für einen Zeitraum von 3 bis zu 12 Monaten ein Arbeitsverhältnis einzugehen, einen freien Beruf oder eine Wirtschaftstätigkeit auszuüben. Das gilt auch dann, wenn er die Arbeit, den freien Beruf oder die Wirtschaftstätigkeit bereits ausübt. In diesem Fall wird die vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung für die Zeit der 1 Dziennik Ustaw (polnisches Gesetzblatt) 2002, Nr. 142, Pos. 1180 mit späteren Änderungen. 5

Erbringung der Arbeit oder der Ausführung des freien Berufs oder der Wirtschaftstätigkeit erteilt. Weiterhin erhält der deutsche Staatsangehörige eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung, wenn er ein Studium in Polen aufnimmt oder sich auf Arbeitssuche befindet. Hier werden die entsprechenden Genehmigungen für einen Zeitraum von einem Jahr (Studium) bzw. für 6 Monate (Arbeitssuche) erteilt. Darüber hinaus muss der deutsche Staatsangehörige zusätzlich eine Krankenversicherung besitzen sowie über ausreichende Mittel verfügen, um sich in Polen ohne Inanspruchnahme von staatlicher Unterstützung aufzuhalten. cc. Antragsverfahren Im Unterschied zur Rechtslage vor dem Beitritt Polens zur Europäischen Union handelt es sich bei der Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung nicht mehr um eine Ermessensentscheidung der polnischen Behörden. Bis zum 01. Mai 2004 hatte der Ausländer noch nachzuweisen, dass es mit seiner Person verbundene Gründe gibt, die einen längeren Aufenthalt als 6 Monate in Polen erfordern. Jetzt sind für die Erteilung sowie die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung nur noch die entsprechenden Anträge des deutschen Staatsangehörigen erforderlich. Bei der dem Ausländer aufgrund der gewöhnlichen oder vorübergehenden Aufenthaltsgenehmigung erteilten Aufenthaltskarte handelt es sich lediglich um ein Dokument, dass ein ihm ohnehin bereits aus dem EG-Vertrag zustehendes Recht nachweist. Eine Ablehnung des Antrags auf Erteilung der gewöhnlichen oder vorübergehenden Aufenthaltsgenehmigung ist nur möglich, wenn in der Person des Ausländers Gründe vorliegen, die zu einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit ( Ordre public - Vorbehalt) führen können oder eine Gefährdung für die Sicherheit des polnischen Staates darstellen würden. Ein Verlängerungsantrag kann ebenfalls nur aus den oben genannten Gründen abgelehnt werden, mit Ausnahme des Ablehnungsgrundes der Gefährdung der öffentlichen Gesundheit. IV. Erlangung einer Arbeitserlaubnis 1. Arbeitnehmerfreizügigkeit a. Grundsatz Gem. Art. 39 Abs. 1 des EG-Vertrags ist innerhalb der Europäischen Gemeinschaft die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet. Hierbei handelt es sich um eine Grundfreiheit, die ein Arbeitnehmer als Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union in Anspruch nimmt, um bei einem Unternehmen mit Sitz in einem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein Anstellungsverhältnis einzugehen. 6

b. Übergangsregelungen Im Bereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit wurden im Beitrittsvertrag Übergangsregelungen mit der Folge vereinbart, dass hier die europarechtlichen Bestimmungen uneingeschränkt erst nach einer Übergangsfrist gelten werden. Das betrifft für einen Übergangszeitraum von maximal sieben Jahren (nach dem 2+3+2-Modell) polnische Arbeitnehmer, die in Deutschland eine unselbständige Beschäftigung aufnehmen wollen. In der Akte zum Beitrittsvertrag über die Bedingungen des Beitritts der Republik Polen zur Europäischen Union wurde Polen die Möglichkeit eingeräumt, gegenüber deutschen Staatsangehörigen im Gegenzug gleichwertige Maßnahmen anzuwenden und bestehende beschränkende Maßnahmen beizubehalten. Am 26.5.2004 ist die den Beitrittsvertrag auf diesem Gebiet umsetzende Verordnung 2 des Ministers für Wirtschaft und Arbeit über die Bereiche, in denen bei der Ausübung von Arbeit durch Ausländer auf dem Territorium der Republik Polen Beschränkungen bestehen (weiter Verordnung genannt), in Kraft getreten. Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Verordnung ist Art. 90 Abs. 6 des Gesetzes über die Beschäftigungsförderung und die Institutionen des Arbeitsmarktes (weiter Beschäftigungsgesetz genannt). c. Umfang der Beschränkungen bei der Ausübung von Arbeit durch deutsche Staatsangehörige Aus der Verordnung ergibt sich, dass deutsche Staatsangehörige verpflichtet sind, eine Arbeitserlaubnis zu besitzen, wenn der Zweck ihres Aufenthaltes in Polen die Erbringung von Arbeit ist 3. Das Beschäftigungsgesetz selbst enthält eine Definition des Begriffs Erbringung von Arbeit durch einen Ausländer 4. Danach bedeutet dies zum einen die Beschäftigung eines Ausländers u. a. auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags, zum anderen die Ausübung einer anderen Erwerbstätigkeit. Unter dem Begriff der anderen Erwerbstätigkeit versteht das Beschäftigungsgesetz die Erbringung von Arbeit auf der Grundlage eines Auftrags- oder Werkvertrags. Weiterhin ergibt sich aus dem Beschäftigungsgesetz, dass auch die Funktion in den Vorständen juristischer Personen, die im Unternehmerregister 5 eingetragen oder Kapitalgesellschaften in Gründung sind, als Erbringung von Arbeit durch einen Ausländer verstanden wird. Die Verordnung verweist im Hinblick auf die Einzelheiten des Genehmigungsverfahrens u. a. auf Ausführungsvorschriften, die bereits vor dem EU-Beitritt Polens 6 erlassen wurden und weiterhin gelten 7. 2 Dziennik Ustaw 2004, Nr. 123, Pos. 1293. 3 Nr. 1 des Anhangs Nr. 2 zur Verordnung. 4 Art. 2 Abs. 1 Nr. 40 des Beschäftigungsgesetzes. 5 Polnisches Handelsregister. 6 Die genannten Ausführungsvorschriften wurden vor dem EU-Beitritt Polens auf der Grundlage des Gesetzes über die Beschäftigung und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erlassen, das jedoch im Jahr 2004 außer Kraft getreten ist und durch das oben bereits erwähnte Beschäftigungsgesetz ersetzt 7

d. Genehmigungsverfahren Voraussetzung für die Erteilung der Arbeitserlaubnis durch den für den Sitz des Arbeitgebers örtlich zuständigen Wojewoden 8 ist die vorherige Erlangung einer Zusage (durch den Arbeitgeber) sowie die Erlangung der entsprechenden Aufenthaltsgenehmigung (durch den deutschen Staatsangehörigen) 9. aa. Beantragung der Zusage Arbeitgeber im Sinne des Beschäftigungsgesetzes ist jede Organisationseinheit, auch wenn diese keine Rechtspersönlichkeit besitzt, sowie auch eine natürliche Person, wenn diese wenigstens einen Arbeitnehmer beschäftigen 10. Das bedeutet, dass Arbeitgeber mit Sitz in Polen z. B. die polnische Tochtergesellschaft eines deutschen Unternehmens sein kann. Der Arbeitgeber beantragt die Zusage ebenfalls beim für ihn örtlich zuständigen Wojewodschaftsamt. Dabei hat er dem Wojewoden detaillierte Angaben sowohl über die Person des einzustellenden deutschen Staatsangehörigen (berufliche Qualifikationen, besondere Kenntnisse) als auch über die zu besetzende Stelle (Art der Arbeit, Dauer der Beschäftigung, vorgesehene Vergütung) bereitzustellen. bb. Beteiligung der Arbeitsämter Während des Genehmigungsverfahrens klärt der Wojewode in Absprache mit dem zuständigen Landrat zunächst die Situation auf dem lokalen Arbeitsmarkt auf 11. Unter Einschaltung der örtlichen Arbeitsämter wird in erster Linie geprüft, ob für den Arbeitsplatz, der Gegenstand des Antrags ist, auch die Beschäftigung eines polnischen Staatsangehörigen in Frage kommt. Eine positive Entscheidung ist nur dann zu erwarten, wenn unter den Arbeitsuchenden auf dem lokalen Markt kein dem vom Antrag umfassten Arbeitsplatz entsprechender Bewerber gefunden wurde. Um einer Ablehnung des Antrags bereits in diesem Verfahrensstadium vorzubeugen, ist es ratsam, die Anforderungen im Hinblick auf den zu besetzenden Arbeitsplatz möglichst genau auf die Person des deutschen Arbeitnehmers zuzuschneiden. In Betracht kommen hier Angaben über besondere berufsspezifische Qualifikationen oder Sprachkenntnisse, die lediglich der einzustellende Arbeitnehmer besitzt. wurde. Im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt Polens wurde der Wortlaut dieser Ausführungsvorschriften jedoch nicht geändert. Wenn der Inhalt dieser Ausführungsvorschriften mit den Bestimmungen des EG-Vertrages kollidiert, ist letzteren der Vorrang einzuräumen. 7 Art. 149 Abs. 1 des Beschäftigungsgesetzes. 8 2 Abs. 1 der Verordnung über die Grundsätze und das Verfahren für die Erteilung von Zusagen und Arbeitsgenehmigungen an Ausländer (Dziennik Ustaw 2004, Nr. 27, Pos. 236). 9 Art. 88 Abs. 2 des Beschäftigungsgesetzes. 10 Art. 2 Abs. 1 Nr. 25 des Beschäftigungsgesetzes. 11 3 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung über die Grundsätze und das Verfahren für die Erteilung von Zusagen und Arbeitsgenehmigungen an Ausländer (Dziennik Ustaw 2004, Nr. 27, Pos. 236). 8

Befinden sich der Sitz des Arbeitgebers und der Ort, an dem der deutsche Arbeitnehmer die ihm übertragene Arbeit erbringen soll, nicht in derselben Wojewodschaft, entscheidet der für den Sitz des Arbeitgebers zuständige Wojewode über die Erteilung der Zusage erst nach Einholung eines entsprechenden Gutachtens des Wojewoden, auf dessen Territorium die Arbeitsstelle besetzt werden soll 12. cc. Arbeitsfonds Während des Genehmigungsverfahrens überprüft der Wojewode auch, ob der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Zahlung einer Gebühr auf das Konto des Arbeitsfonds nachgekommen ist 13. Der Arbeitsfonds ist ein staatlicher Fonds, aus dem vor allem die staatliche Unterstützung zugunsten von Arbeitslosen gezahlt wird. Die Höhe der einzuzahlenden Gebühr entspricht jeweils dem in Polen geltenden gesetzlichen Mindestlohn. Der Arbeitgeber ist somit gegenwärtig verpflichtet, für jeden im Jahr 2006 einzustellenden Arbeitnehmer 899,10 Zloty auf das Konto des Arbeitsfonds zu überweisen. dd. Dauer des Verfahrens Das mit der Erteilung der Zusage verbundene Verwaltungsverfahren soll innerhalb eines Monats abgeschlossen werden. Der Gesetzgeber hat lediglich bei komplizierteren Angelegenheiten dem entsprechenden Verwaltungsorgan eine Frist von zwei Monaten eingeräumt. ee. Erteilung der Zusage Die Zusage wird nur für einen bestimmten Zeitraum (i.d.r. höchstens zwölf Monate) erteilt und bezieht sich lediglich auf den im Antrag angegebenen deutschen Arbeitnehmer sowie den dort beschriebenen Arbeitsplatz 14. Weiterhin gilt die Zusage nur für einen bestimmten Arbeitgeber. Bei einem Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber ist sie deshalb neu zu beantragen. Die Zusage wird vom Wojewoden in Form eines Bescheides erteilt und in drei gleich lautenden Exemplaren ausgestellt. Dabei verbleibt eine Urkunde beim Wojewoden, die übrigen Exemplare erhält der Arbeitgeber, der ein Dokument dem ausländischen Arbeitnehmer aushändigt 15. 12 3 Abs. 4 der Verordnung über die Grundsätze und das Verfahren für die Erteilung von Zusagen und Arbeitsgenehmigungen an Ausländer (Dziennik Ustaw 2004, Nr. 27, Pos. 236). 13 Art. 88 Abs. 14 des Beschäftigungsgesetzes. 14 Art. 88 Abs. 8 Satz 1 des Beschäftigungsgesetzes. 15 3 Abs. 6 der Verordnung über die Grundsätze und das Verfahren für die Erteilung von Zusagen und Arbeitsgenehmigungen an Ausländer (Dziennik Ustaw 2004, Nr. 27, Pos. 236). 9

ff. Ablehnung des Antrags Eine ablehnende Entscheidung kann der Wojewode in den Fällen treffen, in denen beim Arbeitsamt Arbeitslose oder Arbeitsuchende registriert sind, die im Hinblick auf den zu besetzenden Arbeitsplatz über die gleichen Qualifikationen und Kenntnisse verfügen wie der deutsche Staatsangehörige, der vom Arbeitgeber eingestellt werden soll. Darüber hinaus kann ein Ablehnungsbescheid u. a. dann ergehen, wenn der betreffende deutsche Arbeitnehmer nicht über die für den Arbeitsplatz notwendige Qualifikation oder das erforderliche Fachwissen verfügt. gg. Verlängerung der Arbeitserlaubnis Eine mehrmalige Verlängerung der Geltungsdauer der Arbeitserlaubnis ist möglich. Der zuständige Wojewode entscheidet jedoch auch im Rahmen dieses Verfahrens unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem lokalen Arbeitsmarkt über den entsprechenden Antrag des Arbeitgebers. Es besteht deshalb auch hier die Möglichkeit, dass das örtliche Arbeitsamt bei entsprechenden Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt dem Arbeitgeber einen geeigneten polnischen Arbeitsuchenden vorschlägt. Deshalb ist auch hier der Antrag hinsichtlich der Anforderungen an den zu besetzenden Arbeitsplatz möglichst genau der Person des deutschen Arbeitnehmers anzupassen. e. Arbeitsaufnahme ohne vorherige Beantragung einer Arbeitsgenehmigung (Vorstandsmitglieder einer GmbH polnischen Rechts) Der zuständige Wojewode erteilt die Zusage im Einvernehmen mit dem örtlichen Arbeitsamt grundsätzlich nur unter der Voraussetzung, dass für die zu besetzende Stelle kein geeigneter polnischer Arbeitsloser zur Verfügung steht. In bestimmten Fällen ist jedoch die Arbeitsaufnahme ohne die vorherige Beantragung einer Zusage und einer Arbeitserlaubnis möglich. Das betrifft zum Beispiel deutsche Staatsangehörige, die beabsichtigen, im Vorstand einer polnischen juristischen Person tätig zu werden. Bis zum EU-Beitritt Polens war die Beantragung einer Zusage bzw. einer Arbeitsgenehmigung in den Fällen entbehrlich, in denen das jeweilige Vorstandsmitglied seinen ständigen Wohnsitz im Ausland beibehielt, die entsprechende juristische Person eine Wirtschaftstätigkeit ausführte und der Aufenthalt in Polen im Zusammenhang mit der Ausübung der Tätigkeit im Vorstand 30 Tage im Kalenderjahr nicht überschritt. Nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union gilt folgendes: deutsche Staatsangehörige, die auf dem Territorium Polens eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung errichten 10

(Gesellschafter) und gleichzeitig eine Funktion im Vorstand dieser Gesellschaft ausüben, benötigen keine Arbeitserlaubnis mehr 16. Dieser Umstand ergibt sich ohnehin aus Art. 43 des EG-Vertrags, der unmittelbar anwendbar ist (ohne Übergangsfristen). Danach umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und die Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und die Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Art. 48 Abs. 2 EG-Vertrag (u. a. Gesellschaften des Handelsrechts sowie juristische Personen des Privatrechts), nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates (Polen) für seine eigenen Angehörigen. Das oben Gesagte gilt nach Aussage des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit auch für die deutschen Staatsangehörigen, die eine Funktion im Vorstand einer GmbH polnischen Rechts aufzunehmen beabsichtigen, ohne gleichzeitig Gesellschafter zu sein. Die bereits erwähnte Information vom 23.09.05 enthält diesbezüglich den folgenden Satz:... Vorstandsmitglieder Angehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die diese Funktion in Rechtssubjekten ausüben, die ihren Sitz in Polen haben, unterliegen der Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung ohne Rücksicht auf das Rechtsverhältnis, dass die Vorstandsmitglieder mit der Gesellschaft verbindet, und ohne Rücksicht auf die jeweilige Staatsbürgerschaft. Entsprechende Anfragen bei Arbeitsämtern in polnischen Großstädten am 06.01.2006 haben ergeben, dass diese Angelegenheit einheitlich gehandhabt wird 17. Das Dargestellte betrifft jedoch nur den Fall, dass das Vorstandsmitglied durch das entsprechende Gesellschaftsorgan in den Vorstand berufen wird. Ist neben dieser Berufung noch zusätzlich der Abschluss eines Arbeitsvertrags oder eines zivilrechtlichen Vertrags beabsichtigt (z. B. weil neben der Funktion als Vorstandsmitglied noch eine Funktion als Abteilungsleiter oder Direktor ausgeübt werden soll), ist die Einholung einer Zusage bzw. einer Arbeitserlaubnis unumgänglich. 2. Dienstleistungsfreiheit a. Grundsatz Gem. Art. 49 Abs. 1 EG-Vertrag sind Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige eines EU-Mitgliedstaates, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, grundsätzlich verboten. Die Dienstleistungsfreiheit umfasst insbesondere gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche sowie freiberufliche Tätigkeiten, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit diese nicht den Vorschriften über die Personenfreizügigkeit sowie über den freien Waren- und Kapitalverkehr unterliegen. 16 So das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit in einer am 23.09.05 veröffentlichten Information an die Arbeitsämter in dieser Angelegenheit. 17 Die Anfragen wurden in Warszawa, Poznań, Wrocław, Kraków, Gdańsk, Katowice sowie in Szczecin durchgeführt. 11

Der Dienstleistende kann zur Erbringung seiner Leistung seine Tätigkeiten vorübergehend in dem Staat ausüben, in dem die Dienstleistung erbracht wird, und das unter Benutzung eigener Arbeitskräfte (Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen). b. Übergangsregelungen Deutschland hat sich auch auf diesem Gebiet für bestimmte Bereiche Übergangsregelungen ausbedungen. Während des bereits genannten siebenjährigen Übergangszeitraums (2+3+2- Modell) ist die Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen in Deutschland durch ein polnisches Unternehmen unter Verwendung eigener, polnischer Arbeitskräfte nur nach vorheriger Erlangung der entsprechenden Arbeitsgenehmigungen für die jeweiligen Arbeitnehmer möglich (aufgrund der entsprechenden deutschen Rechtsvorschriften oder auf-grund bilateraler Vereinbarungen - z. B. deutsch-polnische Werkvertragsvereinbarungen). Auch hier wurde Polen die Möglichkeit eingeräumt, spiegelbildliche Maßnahmen zu ergreifen. Die bereits oben genannte Verordnung des Ministers für Wirtschaft und Arbeit enthält ebenfalls die Beschränkungen, die mit der Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen durch deutsche Unternehmen in Polen verbunden sind. c. Umfang der Beschränkungen - betroffene Bereiche Aus der Verordnung ergibt sich, dass gegenüber Staatsangehörigen der Bundesrepublik Deutschland, die durch einen Arbeitgeber mit Sitz innerhalb der Europäischen Union beschäftigt werden und durch diesen Arbeitgeber im Rahmen der Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen in den Fällen, von denen im Artikel 1 der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen die Rede ist, nach Polen entsandt werden, weiterhin das Erfordernis der vorherigen Erlangung einer Zusage sowie einer Arbeitserlaubnis gilt, sofern Dienstleistungen in den folgenden Bereichen ausgeübt werden sollen: bestimmte Bereiche des Baugewerbes einschließlich verwandter Wirtschaftszweige, Reinigung von Gebäuden, Inventar und Verkehrsmitteln, Tätigkeiten von Innendekorateuren. Die Verordnung verweist auch hier im Hinblick auf die Einzelheiten des Genehmigungsverfahrens u. a. auf Ausführungsvorschriften, die bereits vor dem EU-Beitritt Polens erlassen wurden und weiterhin gelten. 12

d. Art. 1 der Richtlinie 96/71/EG Art. 1 der oben genannten Richtlinie betrifft die folgenden länderübergreifenden Maßnahmen: ein deutscher Arbeitnehmer wird im Namen sowie unter Leitung des Unternehmens mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union im Rahmen eines Vertrags nach Polen entsandt, der zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Dienstleistungsempfänger mit Sitz in Polen geschlossen wurde, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht, oder ein Arbeitnehmer wird in eine Niederlassung (Betrieb) oder ein der Unternehmensgruppe angehörendes Unternehmen mit Sitz in Polen entsandt, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht, oder ein Leiharbeitsunternehmen oder ein einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellendes Unternehmen entsenden einen Arbeitnehmer in ein verwendendes Unternehmen, das seinen Sitz in Polen hat oder dort seine Tätigkeit ausübt, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitsunternehmen oder dem einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht. Danach ergibt sich für die Entsendung von deutschen Arbeitnehmern das Folgende: bei der Realisierung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen (Exportdienstleistungen) im Sinne der 1. Alternative sowie bei der Zurverfügungstellung von Arbeitnehmern im Sinne der 2. Alternative des Art. 1 der Richtlinie 96/71/EG ist die Erlangung einer Zusage bzw. einer Arbeitserlaubnis nur noch notwendig, wenn die entsprechenden Dienstleistungen in den oben genannten betroffenen Bereichen ausgeführt werden sollen 18. e. Genehmigungsverfahren Das hier zu beachtende Genehmigungsverfahren entspricht dem oben bereits Dargestellten. Zu beachten ist jedoch, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer von einem Unternehmen mit Sitz in Deutschland im Rahmen eines Vertrags mit einem Dienstleistungsempfänger mit Sitz in Polen nach Polen entsandt wird, die Zusage von dem entsendenden deutschen Unternehmen zu beantragen ist 19. Die zuständige Behörde ist der Wojewode, der für die Erbringung der grenzüberschreitenden Dienstleistung örtlich zuständig ist 20. 18 Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass im Hinblick auf die 2. Alternative des Art. 1 der Richtlinie 96/71/EG einige Arbeitsämter in Polen die Auffassung vertreten, dass für eine Entsendung deutscher Arbeitnehmer, die nicht in der Realisierung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen besteht und nicht die von Übergangsvorschriften betroffenen Bereiche berührt, eine Arbeitserlaubnis notwendig ist, wenn der Zeitraum der Entsendung 30 Tage im Kalenderjahr übersteigt (z. B. die Arbeitsämter in Wrocław, Gdańsk sowie Szczecin). Andere Arbeitsämter sind hingegen der Meinung, dass für alle Bereiche, die nicht von den Übergangsvorschriften betroffen sind, die Erlangung einer Zusage/Arbeitserlaubnis nicht mehr notwendig ist. 19 Art. 88 Abs. 5 Nr. 2 des Beschäftigungsgesetzes. 20 Art. 88 Abs. 5 Nr. 2 des Beschäftigungsgesetzes. 13

V. Sozialversicherungsrechtliche Aspekte / Verordnung 1408/71 Für deutsche Arbeitnehmer, die entweder unmittelbar beim polnischen Tochterunternehmen beschäftigt oder nach Polen entsandt werden, stellt sich die Frage der Versicherungszugehörigkeit. 1. Anstellung unmittelbar beim polnischen Tochterunternehmen Natürliche Personen, die in Polen aufgrund eines Arbeits- oder Auftragsvertrags beschäftigt werden oder auf der Grundlage eines Werkvertrags tätig werden, unterliegen dem polnischen Sozialversicherungssystem unabhängig davon, ob sie polnische Staatsbürger oder Ausländer sind. Der Arbeitgeber ist sowohl verpflichtet, alle in seinem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer bei der zuständigen Sozialversicherungsanstalt anzumelden, als auch die entsprechenden Beiträge beim Arbeitnehmer zu erheben und fristgerecht abzuführen. 2. Entsendung nach Polen / Verordnung Nr. 1408/71 a. Persönlicher Geltungsbereich Von den Bestimmungen der oben genannten Verordnung werden vor allem Arbeitnehmer erfasst, die in Deutschland in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung pflichtversichert sind. b. Sachlicher Geltungsbereich Der sachliche Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 gilt u. a. für die nachfolgend aufgeführten Bereiche der sozialen Sicherheit: Kranken- und Pflegeversicherung, Rentenversicherung (Leistungen im Alter), Unfallversicherung, Leistungen bei Arbeitslosigkeit (Arbeitslosenversicherung). c. Grundsatz Ein Arbeitnehmer unterliegt grundsätzlich nur den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dem er beschäftigt ist. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer auf dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates seinen Wohnsitz hat. Ohne Bedeutung ist auch, in welchem Mitgliedstaat sich der Betriebssitz des Arbeitgebers befindet. d. Ausnahmefall Entsendung Eine Entsendung im Sinne der Verordnung 1408/71 liegt dann vor, wenn ein Arbeitnehmer, der von einem Unternehmen in Deutschland beschäftigt wird (Entsendestaat), für dieses 14

Unternehmen zeitlich begrenzt eine Arbeit für Rechnung dieses Unternehmens in Polen ausführt. Die Verwaltungskommission der Europäischen Gemeinschaften für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer hat am 13. Dezember 2000 in ihrem Beschluss Nr. 181 21 Kriterien aufgestellt, die für die Beurteilung eines Auslandseinsatzes als Entsendung entscheidende Bedeutung haben. Ein Arbeitnehmer erbringt dann eine Arbeit in Polen für Rechnung des Unternehmens in Deutschland, wenn die Arbeit für dieses Unternehmen ausgeführt wird und eine arbeitsrechtliche Bindung zwischen dem in Polen tätigen Arbeitnehmer und dem Unternehmen in Deutschland fortbesteht. Eine arbeitsrechtliche Bindung besteht, wenn der Arbeitnehmer während seines Auslandseinsatzes den Entscheidungen des Unternehmens in Deutschland weiterhin untersteht. Das ist z. B. dann der Fall, wenn der Anstellungsvertrag zwischen dem Mitarbeiter und dem inländischen Unternehmen fortbesteht und für die Zeit des Auslandsaufenthalts um zusätzliche Bestimmungen im Entsendevertrag erweitert wird. e. Rechtsfolgen der Entsendung Im Falle der Entsendung gelten für den jeweiligen Arbeitnehmer die deutschen Rechtsvorschriften weiterhin, wenn der Einsatz in Polen voraussichtlich 12 Monate nicht überschreitet und kein Arbeitnehmer abgelöst wird, der zuvor für einen Zeitraum von höchstens 12 Monaten entsandt wurde. Grundsätzlich finden bei einer nicht vorhersehbaren Verlängerung des Auslandseinsatzes über 12 Monate hinaus die polnischen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit Anwendung. Ist dies nicht gewollt, kann der entsendende Arbeitgeber für den entsandten Arbeitnehmer einen entsprechenden Verlängerungsantrag bei der zuständigen deutschen Behörde stellen (DVKA Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland, Postfach 20 04 64, 53134 Bonn). Die DVKA setzt sich dann mit der zuständigen polnischen Behörde in Verbindung. Genehmigt die polnische Behörde den Antrag, gelten weiterhin die deutschen sozialrechtlichen Vorschriften. Im Fall der Ablehnung kommen die polnischen Rechtsvorschriften zur Anwendung. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Ausnahmevereinbarungen abzuschließen. Das ist dann sinnvoll, wenn bereits vor dem Auslandseinsatz feststeht, dass die zeitlichen Grenzen der Verordnung Nr. 1408/71 überschritten werden. Der Antrag ist ebenfalls an die für diese Angelegenheiten zuständige Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland zu richten. 21 Amtblatt der Europäischen Gemeinschaften, 2001, L 329, S. 73. 15

Eine Ausnahmevereinbarung kann sich immer nur auf alle von der Verordnung 1408/71 erfassten Bereiche der sozialen Sicherheit beziehen. Darüber hinaus steht der Abschluss einer Ausnahmevereinbarung im Ermessen der beteiligten Behörden. Deshalb sollte bereits aus dem entsprechenden Antrag an die DVKA das besondere Interesse des Arbeitnehmers hervorgehen, warum bei einem längeren Auslandseinsatz die Weitergeltung der deutschen Rechtsvorschriften gewollt ist. --- Hinweis: Diese Publikation stellt einen Überblick über die mit der Entsendung von Mitarbeitern nach Polen verbundenen rechtlichen Fragestellungen im Bereich des Aufenthalts-, Arbeitsgenehmigungs- sowie Sozialversicherungsrechts dar und kann fachliche Beratung durch einen auf diesem Gebiet spezialisierten Rechtsanwalt nicht ersetzen. Die Autoren weisen darauf hin, dass alle Angaben in diesem Beitrag trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung der Autoren ausgeschlossen ist. VI. Kanzleiprofil --- Adam Paschke und Steffen Braun sind Rechtsanwälte und Partner der im Sommer 2004 gegründeten Partnerschaftsgesellschaft Kancelaria Adwokacka Braun Paschke sp. p. mit Sitz in Warschau. Beide Rechtsanwälte sind Mitglieder der Rechtsanwaltskammer in Düsseldorf. Weiterhin sind Adam Paschke sowie Steffen Braun in der bei der Kammer der polnischen Anwälte in Warschau (Okręgowa Rada Adwokacka) geführten Liste der ausländischen Juristen eingetragen. Adam Paschke und Steffen Braun sind vor diesem Zusammenschluss in verschiedenen Anwaltskanzleien in Polen erfolgreich tätig gewesen und verfügen über mehrjährige Erfahrungen in der Investitionsberatung. Ein wesentlicher Tätigkeitsschwerpunkt ihrer Arbeit ist die Beratung deutschsprachiger Unternehmer in Fragen des polnischen Wirtschaftsrechts, insbesondere bei der Lösung gesellschafts-, vertragsgestaltungs-, arbeits- sowie immobilienrechtlicher Problemstellungen. Neben der Betreuung vorwiegend mittelständischer Mandanten haben wir in der Vergangenheit verschiedene Seminare u. a. zu folgenden Themen durchgeführt bzw. Referate gehalten: 16

- Haftung der Vorstandsmitglieder einer polnischen GmbH (August 2003, Warschau gehalten vor österreichischen Unternehmern), - Rechtliche Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche Tätigkeit in Polen (Januar 2004, Leipzig, Cottbus Vermarktungshilfeprojekt Grenzlandregionen/ Bundesministerium für Wirtschaft), - Das polnische Arbeitsrecht im Lichte des Beitritts Polens zur Europäischen Union (April 2004, Warschau Polnisch-Schweizerische Industrie- und Handelskammer), - Rechtliche Aspekte der Teilzeit in Polen und Deutschland (Mai 2004, Warschau in polnischer Sprache Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Warschau), - Hinweise für eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit in Polen (Juni 2004, Warschau - gehalten vor österreichischen Unternehmern), - Rechtliche Rahmenbedingungen für eine Tätigkeit als Technischer Ingenieur in Polen (September 2004, Baden/Wien - gehalten vor österreichischen Technischen Ingenieuren), - Hinweise für eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit in Polen (Oktober 2004, Kraków sowie Mai 2005, Warschau und Gdansk - gehalten vor österreichischen Unternehmern). Steffen Braun ist darüber hinaus Autor bzw. Mitautor zahlreicher Publikationen, die sich u. a. mit den folgenden Themen beschäftigen: Polnisches Arbeits-, Arbeitszeit-, Gesellschafts- und Patentrecht sowie die Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche Betätigung in Polen, z. B.: - Arbeitsrecht Polen - Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai), Köln 2004; - Umsetzung des Beitrittsvertrags durch Polen in den Bereichen der Niederlassungsfreiheit, Arbeitnehmerfreizügigkeit sowie der Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen, Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai), Köln, Recht & Steuern International, Ausgabe Juni 2004; - Möglichkeiten der Flexibilisierung der Arbeitszeit in Polen, Aufsatz in der Zeitschrift WiRO Wirtschaft und Recht in Osteuropa, Ausgabe Februar 2004, - Neues Gesetz über die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung (zusammen mit Rechtsanwalt Adam Paschke) Nachrichten für Außenhandel vom 01. November 2004 - "Erfolgreich in Polen - Geschäftsbeziehungen, Unternehmensgründung, Markteintritt" (zusammen mit Rechtsanwalt Adam Paschke) Rechtlicher, praxisbezogener Leitfaden, erschienen im Juni 2005 im fibre-verlag Osnabrück. 17

Anschrift: Kancelaria Adwokacka Braun Paschke spółka partnerska Rechtsberatung auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts Doradztwo prawne w zakresie prawa gospodarczego Ul. Bielawska 6 lok. 56 PL-02-511 Warszawa Tel.: + 48 (22) 854 29 10 Fax: + 48 (22) 844 43 21 E-Mail: kancelaria@braunpaschke.pl Internet: www.braunpaschke.pl E-Mail: steffen.braun@braunpaschke.pl, adam.paschke@braunpaschke.pl 18