akut 12/17 Betriebsratswahlen Mitreden, mitgestalten, mitbestimmen DICH Handwerk. Jetzt.

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Transkript:

akut 12/17 Betriebsratswahlen Mitreden, mitgestalten, mitbestimmen DICH Handwerk. Jetzt.

Warum wählen wir einen Betriebsrat? 2

Mit einem Betriebsrat wählen die Beschäftigten aus ihrer Mitte Kolleginnen und Kollegen, die die Interessen der Belegschaft gegenüber dem Arbeitgeber vertreten. Ab fünf Beschäftigten im Betrieb wird ein Betriebsrat gewählt. So steht es im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Auch in kleinen und mittleren Handwerksbetrieben haben die Beschäftigten also das gesetzlich verbriefte Recht, einen Betriebsrat zu gründen. Betriebsräte haben Beteiligungsrechte. Von den vielen im Betriebsverfassungsgesetz geregelten Beteiligungsrechten sind die zwingenden Mitbestimmungsrechte die wichtigsten. So kann der Betriebsrat bei vielen Themen mitbestimmen, die für Handwerkerinnen und Handwerker wichtig sind, beispielsweise Arbeitszeit, Prämien, Leistungslohn, Arbeitsschutz, Arbeitskleidung, Weiterbildung oder Beschäftigungssicherung. Von März bis Mai 2018 finden in Deutschland wieder turnusgemäß Betriebsratswahlen statt einen Betriebsrat neu gründen können Beschäftigte aber jederzeit. Wir zeigen, wie Handwerkerinnen und Handwerker zu einem Betriebsrat kommen und warum er auch für sie wichtig ist. 3

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Betriebsratswahlen 2018: Deine Stimme ist dein stärkstes Werkzeug. Handwerk. Jetzt. 5

Jetzt aktiv werden. Deine Gewerkschaft unterstützt dich dabei! Viele Beschäftigte in Deutschland arbeiten in kleinen und mittleren Betrieben zum Beispiel in typischen Handwerksbetrieben. Im Handwerk können Beschäftigte neben der betrieblichen Mitbestimmung über Betriebsräte auch als Arbeitnehmervertreter/innen in den Handwerkskammern und ihren Aus schüssen aktiv werden und mitbestimmen. In vielen Kammern finden 2018 und 2019 Handwerkskammerwahlen statt. Mehr Informationen: http://handwerk.dgb.de/-/3zk 6

Die erste Betriebsratswahl Ab fünf ständigen und wahlberechtigten Beschäftigten im Betrieb wird ein Betriebsrat gewählt. In eurem Betrieb gibt es noch keinen Betriebsrat? Du willst mit deinen Kolleginnen und Kollegen einen Betriebsrat gründen? Die DGB-Gewerkschaften helfen euch vom ersten Schritt bis zur erfolgreichen Wahl: Gemeinsam mit euch bereiten wir die Wahl vor und zeigen euch Schritt für Schritt den Weg bis zur ersten Betriebsratssitzung. Gemeinsam schauen wir, welche Informationen und Materialien aus unserem vielfältigen Angebot für euch und euren Betrieb passen. Gemeinsam werben wir im Betrieb für die Vorteile einer Betriebsratswahl. Gemeinsam besprechen wir eure Kommunikation gegenüber dem Arbeitgeber. Alle Informationen, Kontakt und praktische Hilfe: http://www.dgb.de/br-wahl-handwerk Dossier Betriebsrat Informationen für Betriebsräte und solche, die es werden wollen: http://www.dgb.de/-/pzt Fragen und Antworten rund um die Betriebsratswahl: http://www.dgb.de/-/pm9 7

Der Wandel im Handwerk ist unsere große Chance auf Mitbestimmung. Der anhaltende Strukturwandel im Handwerk sorgt dafür, dass immer mehr handwerkliche Großunternehmen entstehen bis hin zu ganzen Unternehmensgruppen oder gar Handwerkskonzernen. Solche großen Handwerksunternehmen und -strukturen bieten für die betriebliche Mitbestimmung besondere Möglichkeiten und Chancen. DICH 8

Unternehmensgruppen entstehen und wachsen häufig durch Betriebsund Unternehmenszukäufe. So finden sich innerhalb einer Unternehmensgruppe Betriebe mit starken Betriebsratsstrukturen und Betriebe mit eher schwach ausgeprägter betrieblicher Mitbestimmung. Gesamtbetriebsrat (GBR) und Konzernbetriebsrat (KBR) können sich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten in solchen Unternehmensgruppen dafür einsetzen, dass die betriebliche Mitbestimmung in allen Betrieben des Unternehmens gleich stark gelebt wird. Ein im Unternehmen bestehender GBR oder ein im Konzern bestehender KBR hat bestimmte Möglichkeiten, die Beschäftigten in den lokalen Betrieben bei der Betriebsratsgründung zu unterstützen. Der GBR kann beispielsweise den Wahlvorstand bestellen, was vor allem für betriebsratslose Betriebe eine große Unterstützung ist. Die Mitglieder des Wahlvorstands müssen Beschäftigte des Betriebes sein. Sofern es keinen GBR gibt, ist der KBR zuständig. In Betrieben mit weniger als 200 Beschäftigten müssen die Gewählten ihre Aufgaben als Betriebsrätinnen und Betriebsräte mit ihrer normalen Tätigkeit im Betrieb vereinbaren. Hier gilt: Betriebsrat geht vor die Kolleginnen und Kollegen müssen vom Arbeitgeber nach Bedarf von ihrer normalen Tätigkeit freigestellt werden, beispielsweise für Betriebsratssitzungen, gegebenenfalls feste Sprechstunden, Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen, Weiterbildungen etc. Die Regelungen dazu finden sich im 37 BetrVG. In Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten sind die Aufgaben des Betriebsrats auch nach Meinung des Gesetzgebers so umfangreich, dass ein Mitglied des Betriebsrats vollständig von der Arbeit freizustellen ist, ab 501 Beschäftigten sind es zwei, ab 901 drei und so weiter. Die genaue Staffelung und auch Regelungen darüber, wann und wie eine vollständige Freistellung in Teilfreistellungen umgewandelt werden kann, finden sich in 38 BetrVG. 9

11 Argumente gegen Betriebsräte, die alle falsch sind. Ihr wollt eure Kolleginnen und Kollegen davon überzeugen, wie wichtig ein Betriebsrat ist? Aber ihr trefft immer wieder auf Aussagen wie Das bringt doch nichts oder Der Chef ist doch nett? Wir zeigen, warum die häufigsten Argumente gegen Betriebsräte schlicht und einfach falsch sind und warum mit Betriebsrat alle gewinnen. 10

# 1: Wir haben flache Hierarchien einen Betriebsrat brauchen wir nicht. Ein Argument, das Arbeitgeber in kleinen und mittleren Betrieben gerne anführen. Das Problem: Die flachen Hierarchien funktionieren in der Regel nur solange der Betrieb klein bleibt. Wenn der wirtschaftliche Erfolg kommt und die Firma wächst, ist oft Schluss mit den flachen Hierarchien. In Betrieben mit Betriebsrat kann dieser Übergang gemeinsam von Belegschaft und Betriebsinhaber/in gut gestaltet werden denn der Betriebsrat entscheidet bei vielen Themen mit, die in einer wachsenden Firma immer wieder neu geregelt werden müssen: zum Beispiel bei Beginn und Ende oder der Verteilung der Arbeitszeit, Leistungskontrollen, neuen Lohnstrukturen oder Beschäftigungssicherung. In Betrieben ohne Betriebsrat kommt spätestens dann das böse Erwachen, wenn in der wachsenden Firma zwar viele wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen, aber das alte System der flachen Hierarchien nicht mehr funktioniert. 11

# 2: Der Kontakt zur Chefin ist gut, jeder kann mit seinen Anliegen direkt zu ihr kommen. Es gibt Handwerksfirmen, in denen tatsächlich alle Beschäftigten mit ihren Anliegen direkt zum Chef oder zur Chefin kommen können und Gehör finden. Ohne Betriebsrat ergeben sich dabei trotzdem einige gravierende Probleme: Wo jede/r Beschäftigte für sich selbst verhandelt, gilt das Recht des Stärkeren. Das ist ein riesiges Einfallstor für Ungleichbehandlung: Unfaire Unterschiede bei Sonderzahlungen, Sonderregelungen, Arbeitszeiten oder Prämien sind oft vorprogrammiert. Absprachen zwischen einzelnen Beschäftigten und dem Arbeitgeber sind zwar bindend, aber häufig weder beweisbar noch durchsetzbar, wenn sich der Chef oder die Chefin dann doch einmal an nichts mehr erinnern kann. Nur ein Betriebsrat kann über Betriebsvereinbarungen rechtlich bindende Ansprüche durchsetzen, die im Ernstfall auch für Beschäftigte einklagbar sind. 12

# 3: Kostet ein Betriebsrat unsere Firma nicht zu viel Geld? Gegenfrage: Was darf eine zufriedene Belegschaft mit guten, fairen Arbeitsbedingungen denn kosten? Im Wettbewerb um Fachkräfte muss jeder Betrieb darauf setzen, seinen Beschäftigten neben guter Bezahlung auch das bestmögliche Arbeitsumfeld zu bieten. Und gute Fachkräfte, die dem Handwerksbetrieb langfristig erhalten bleiben und motiviert arbeiten, gibt es eben nicht zum Nulltarif. Denn bei den Maßnahmen, die die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten besser machen, kann ein Betriebsrat mitbestimmen: gute und faire Einkommensbedingungen, faire und mit dem Privatleben vereinbare Arbeitszeiten, Weiterbildung, transparente und faire Aufstiegsmöglichkeiten, Arbeitsplatzsicherheit, guter Gesundheits- und Arbeitsschutz, mitbestimmte Arbeit und die Möglichkeit, sich selbst und die eigenen Ideen in die Arbeit einbringen zu können. Ein Betriebsrat ist also ein Gewinn für moderne Handwerksbetriebe, kein reiner Kostenfaktor. Und: Eine Studie aus dem Jahr 2015 (siehe Böckler Impuls Ausgabe 18/2015*) hat erstmals belegt, was statistische Daten schon länger vermuten ließen: Ein Betriebsrat steigert langfristig tatsächlich die Produktivität eines Unternehmens 15 Jahre nach der Gründung eines Betriebsrats unterm Strich um satte 25 Prozent. Jede andere Maßnahme, die über einen solchen Zeitraum die Produktivität um ein Viertel steigert, würde jede vernünftige Geschäftsführung sofort umsetzen. Die Vorbehalte gegen einen Betriebsrat, die einige Arbeitgeber haben, sind deshalb umso unverständlicher. * https://www.boeckler.de/62404_62422.htm 13

# 4: Wir haben zwar keinen Betriebsrat, aber einen runden Tisch. Nur ein Betriebsrat hat laut Betriebsverfassungsgesetz gesetzlich verbriefte Rechte, die er in vielen Fällen notfalls auch gerichtlich durchsetzen kann. Und nur ein Betriebsrat kann tatsächlich rechtlich verbindliche Betriebsvereinbarungen treffen, auf die sich Beschäftigte berufen können. Die Betriebsvereinbarung ist das Gesetz des Betriebes. Alternative, freiwillige Gremien wie runde Tische, Beschäftigtenversammlungen oder Belegschaftssprecher können das nicht alles, was sie entscheiden und auch ihre Existenz an sich, sind komplett unverbindlich und einzig vom guten Willen des Arbeitgebers abhängig. Und allein der Arbeitgeber entscheidet, ob und wann er eine alternative Arbeitnehmervertretung beteiligt und wann nicht. Die vielfältigen Beteiligungsrechte und -themen eines Betriebsrats hingegen sind im Betriebsverfassungsgesetz genau aufgelistet und definiert. 14

# 5: Die Wahl ist zu kompliziert. Bei den Betriebsratswahlen 2014 wurden allein im Organisationsbereich von vier der insgesamt acht DGB-Gewerkschaften (IG Metall, ver.di, IG BCE, NGG) in knapp 15.000 Betrieben mit fast vier Millionen wahlberechtigten Beschäftigten Betriebsratswahlen durchgeführt. Die Wahlbeteiligung lag dabei mit fast 80 Prozent deutlich höher als bei allen anderen demokratischen Wahlen in Deutschland selbst höher als bei der Bundestagswahl 2017 (mit knapp über 76 Prozent Wahlbeteiligung). Diese Ergebnisse zeigen: Was in zehntausenden Betrieben möglich ist und genutzt wird, ist ein funktionierendes Wahlsystem und nicht zu kompliziert. Natürlich lässt sich eine Betriebsratswahl nicht von heute auf morgen umsetzen. Insbesondere in kleineren Handwerksbetrieben, die bisher noch nie gewählt haben. In diesen Fällen unterstützt die zuständige DGB-Gewerkschaft bei den Vorbereitungen der Wahl. Es ist wichtig, sich vor Beginn des Prozesses von der Gewerkschaft zur Gründung des Betriebsrats beraten zu lassen. Außerdem gibt es für Betriebe mit 5 bis 50 Beschäftigten ein vereinfachtes Wahlverfahren. Dieses vereinfachte Wahlverfahren kann auch in Betrieben mit 51 bis 100 Beschäftigten mit dem Arbeitgeber vereinbart werden. http://www.dgb.de/br-wahl-handwerk 15

# 6: Wenn wir einen Betriebsrat wählen wollen, verlieren wir unseren Job. Vor, während und nach einer Betriebsratswahl gilt ein besonderer Kündigungsschutz für viele Beschäftigte, die in einer bestimmten Funktion mit der Betriebsratswahl befasst sind. Das gilt zum Beispiel für die Initiatorinnen und Initiatoren der Betriebsratswahl, also Beschäftigte, die zu einer Betriebs- oder Wahlversammlung einladen oder die Bestellung des Wahlvorstandes durch das Arbeitsgericht beantragt haben (konkret: die ersten drei Beschäftigten, die auf der Einladung zur Wahlversammlung aufgeführt sind für sie gilt der besondere Kündigungsschutz auch noch sechs Monate nach der Wahl). den Wahlvorstand, der die Betriebsratswahl organisiert und durchführt (besonderer Kündigungsschutz gilt bis sechs Monate nach der Wahl). die Kandidatinnen und Kandidaten für ein Amt im Betriebsrat (besonderer Kündigungsschutz gilt bis sechs Monate nach der Wahl). gewählte Betriebsratsmitglieder. Der Arbeitgeber darf Betriebsratswahlen nicht behindern. Beschäftigte wegen einer geplanten Betriebsratswahl unter Druck zu setzen oder mit Kündigung zu drohen, ist gesetzlich verboten und eine Straftat. 16

# 7: Wenn wir einen Betriebsrat wählen, wird der Betrieb geschlossen. Zum einen: Arbeitgeber müssen sich gegenüber einer geplanten Betriebsratswahl neutral verhalten. Sie dürfen sie nicht behindern oder Beschäftigte unter Druck setzen, indem sie etwa mit der Schließung des Betriebs drohen. Betriebsratswahlen durch Drohungen an die Beschäftigten zu behindern, ist gesetzlich verboten und eine Straftat. Zum anderen: Welches Interesse sollte ein/e Betriebsinhaber/in daran haben, einen funktionierenden Betrieb komplett zu schließen? Solche Drohungen sind also nicht nur strafbar sondern in der Regel auch leere Drohungen. 17

# 8: Die Mehrheit der Belegschaft hat sich gegen eine Betriebsratswahl ausgesprochen. Das gesetzliche Recht, einen Betriebsrat zu wählen und seine Unterstützung in Anspruch zu nehmen, gilt für jeden einzelnen Beschäftigten im Betrieb. Selbst wenn die Mehrheit der Belegschaft der Meinung ist, dass sie keinen Betriebsrat will oder braucht, kann sie nicht einfach der Minderheit ihr Recht auf einen Betriebsrat aberkennen. Und selbst wenn es eine mehrheitliche Abstimmung gegen einen Betriebsrat gab und selbst wenn diese Entscheidung ohne Druck des Arbeitgebers freiwillig getroffen wurde auch eine mehrheitliche Entscheidung der Belegschaft steht nicht über dem Gesetz. Das Betriebsverfassungsgesetz gilt für alle Betriebe in Deutschland mit mindestens fünf Beschäftigten. Und wenn sich mindestens drei wahlberechtigte Beschäftigte zusammentun und beim Arbeitsgericht die so genannte Bestellung eines Wahlvorstands beantragen, findet eine Betriebsratswahl statt. So steht es im Gesetz. Das kann auch die Mehrheit der Belegschaft nicht anders entscheiden. Die Beschäftigten können schließlich auch nicht mit Mehrheit entscheiden, dass ab sofort für ihren Betrieb das Urlaubsgesetz, das Arbeitszeitgesetz oder das Arbeitsschutzgesetz nicht mehr gelten ebenso ist es mit dem Betriebsverfassungsgesetz. 18

# 9: Die Entscheidungen fallen woanders. (im Mutterkonzern, im Ausland, bei Investoren, usw.) Der Betriebsrat ist zunächst einmal für den Standort oder die Filiale eines Handwerksbetriebes zuständig, in dem er gewählt wurde. Er kann Belange der Beschäftigten gegenüber der Geschäftsführung dieses Betriebs ansprechen und mit ihr Betriebsvereinbarungen schließen unabhängig davon, ob dieser Betrieb zu einem größeren Unternehmen oder Konzern gehört. Es mag natürlich sein, dass sich die Geschäftsführung eines Betriebs darauf beruft, sie könne bestimmte Entscheidungen oder Betriebsvereinbarungen nicht ohne die Unternehmensleitung treffen. Aber auch in diesem Fall hat eine Belegschaft mit Betriebsrat einen entscheidenden Vorteil: Denn der Betriebsrat kann Dritte einschalten, was eine Belegschaft ohne Betriebsrat nicht kann: Er kann sich externen Sachverstand besorgen oder er kann vor eine so genannte Einigungsstelle ziehen, wenn die Geschäftsführung in einer mitbestimmungspflichtigen Frage einen Prozess verzögert. Und manche Rechte eines Betriebsrats nutzen in jedem Fall auch dann den Beschäftigten, wenn sich die Geschäftsführung ihres Betriebs hinter der Unternehmensleitung versteckt: Zum Beispiel muss der Betriebsrat vor jeder Kündigung im Betrieb gehört werden ganz egal, ob der Handwerksbetrieb zu einem großen Konzern oder gar zu einem ausländischen Unternehmen gehört. Dieses Recht gibt es in Betrieben ohne Betriebsrat nicht. 19

# 10: Betriebsrat? Das bringt doch nichts. Wer das meint, hat noch nicht ins Betriebsverfassungsgesetz geguckt. Die Liste der mitbestimmungspflichtigen Themen, bei denen der Betriebsrat mitredet oder sogar ein Initiativrecht hat, ist lang. Hier nur einige Beispiele: Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit Pausenzeiten Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage (zum Beispiel Samstagsarbeit ) vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit Allgemeine Urlaubsgrundsätze und Urlaubsplan Arbeitsschutz Gesundheitsschutz Unfallprävention Gruppen- und Teamarbeit Einführung von Systemen zur Verhaltens- und Leistungsüberwachung der Beschäftigten (von Überwachungskameras über Software, die das Nutzerverhalten aufzeichnet, bis hin zur Stechuhr ) Fragen der betrieblichen Lohngestaltung und der Entlohnungsgrundsätze leistungsbezogene Entgelte sowie Entlohnungsmethoden (zum Beispiel auch Prämien oder die Frage, ob Akkordlohn oder Zeitlohn eingeführt wird) Sogar über Fragen wie Raucherpausen oder die Kantine entscheidet der Betriebsrat mit. Und auch im Fall der Fälle macht der Betriebsrat oft den entscheidenden Unterschied: Der Betriebsrat muss vor jeder Einstellung, Versetzung, Eingruppierung und Umgruppierung sowie vor jeder Kündigung im Betrieb gehört werden. 20

# 11: Unser Chef will das nicht. Es mag sein, dass euer Chef oder eure Chefin nicht viel von der Wahl eines Betriebsrats hält. Das tut aber rein gar nichts zur Sache. Einen Betriebsrat zu wählen, ist das gesetzlich verbriefte Recht der Beschäftigten. Es mag auch sein, dass dem/r Betriebsinhaber/in das Arbeitszeitgesetz, das Urlaubsgesetz, das Datenschutzgesetz oder das Arbeitsschutzgesetz nicht passt trotzdem muss er/sie sich an die geltenden Gesetze halten und das Betriebsverfassungsgesetz gehört dazu. Die Betriebsratswahlen sind die Wahlen in Deutschland mit der höchsten Wahlbeteiligung (fast 80 Prozent zum Vergleich: die Bundestagswahl 2017 hatte eine Wahlbeteiligung von knapp über 76 Prozent). Kein Arbeitgeber hat das Recht, seinen Beschäftigten ihr demokratisches Wahlrecht vorzuenthalten. In einer Zeit, in der immer mehr Menschen sich echte Mitbestimmung wünschen und in der über sinkende Wahlbeteiligungen diskutiert wird, ist es komplett unverständlich, den Beschäftigten ausgerechnet an ihrem Arbeitsplatz, an dem sie einen Großteil ihres Tages verbringen, diese demokratischen Rechte vorenthalten zu wollen. Und auch Arbeitgeber sollten ein Interesse an Arbeitnehmermitbestimmung haben. Wer mitbestimmt, ernst genommen und wertgeschätzt wird, ist motiviert und nutzt mit seinen Ideen, die er einbringt, auch dem Betrieb. Im Wettbewerb um Fachkräfte müssen Arbeitgeber für eine zufriedene, motivierte Belegschaft mit fairen Einkommens- und Arbeitsbedingungen sorgen, damit sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Betrieb halten können: Mit Betriebsrat gewinnen alle. 21

Jetzt bestellen: weitere Titel der akut-reihe. Für Gute Renten im Handwerk Fakten und Argumente (10/2016) Mit Tarifverträgen im Handwerk gewinnen Fakten und Argumente (08/2016) Gute Arbeit ist das beste Werkzeug! Wie die Beschäftigten die Arbeitsbedingungen im Handwerk bewerten (04/2016) Mindestlöhne gut fürs Handwerk. Branchen-Mindestlöhne, gesetzlicher Mindestlohn und Co. (03/2015) Berufsbildung im Handwerk Qualität muss sein, Fakten und Argumente für gute Ausbildung (12/2014) Der Preis dieser und weiterer Broschüren der akut-reihe sowie Kosten für Porto und Versand sind beim DGB-Online Bestellservice einzusehen. Bestellung von Broschüren und Materialien des DGB bitte NUR über das DGB-Online-Bestellsystem: www.dgb-bestellservice.de Schriftliche Bestellungen NUR für Bestellerinnen/Besteller ohne Zugang zum Internet: PrintNetwork pn GmbH, Stralauer Platz 33 34, 10243 Berlin Impressum Herausgeber: DGB-Bundesvorstand, Abteilung Handwerkspolitik / Öffentlichkeitsarbeit, Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin, www.dgb.de Verantwortlich für den Inhalt: Stefan Körzell Redaktion: Anna Dollinger, Timm Steinborn Redaktionelle Bearbeitung, Konzept, Gestaltung: Crck Fotos: istockphoto Druck: PrintNetwork pn GmbH Stand: November 2017 22

Betriebsrat und Gewerkschaften: Gemeinsam erreichen wir mehr. Die fünf Handwerksgewerkschaften im DGB unterstützen ihre Mitglieder auch bei den Betriebsratswahlen 2018 egal ob es um die erneute Wahl oder die Neugründung eines Betriebsrats geht. Starke Gewerkschaften sind die Basis für starke Betriebsräte. Deshalb: Jetzt Mitglied werden und Betriebsrat wählen! http://www.dgb.de/br-wahl-handwerk IG Bauen-Agrar-Umwelt www.igbau.de/mach_mit.html IG Bergbau, Chemie, Energie www.igbce.de/igbce/mitglied-werden IG Metall www.igmetall.de/beitreten Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten www.ngg.net/service/mitglied/werden Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft www.verdi.de/ueber-uns/mitglied-werden 23

Nur ein starker Betriebsrat setzt die Interessen der Arbeitnehmer/innen langfristig und wirksam durch. Der Betriebsrat vertritt die Interessen der Belegschaft gegenüber dem Arbeitgeber. Ab fünf Beschäftigten im Betrieb wird ein Betriebsrat gewählt. Betriebsräte bestimmen mit bei Arbeitszeit, Prämien, Leistungslohn, Arbeitsschutz, Arbeitskleidung, Weiterbildung oder Beschäftigungssicherung. Von März bis Mai 2018 finden in Deutschland Betriebsratswahlen statt. handwerk.dgb.de 24 Handwerk. Jetzt.