Ständige Erreichbarkeit des Futters sichert hohe Futteraufnahmen

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Transkript:

Ständige Erreichbarkeit des Futters sichert hohe Futteraufnahmen Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge, Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft, Osterrönfeld Gesundheit und Leistung sind bei jedem Tier, besonders aber bei Milchkühen, an eine ausreichende Nährstoffaufnahme gebunden. Bei der Betrachtung verschiedener Literaturquellen zur Thematik Futteraufnahme von Kühen fällt häufig die deutlich höhere Futteraufnahme bei Tieren in Anbindehaltung im Vergleich zu Kühen unter Laufstallbedingungen auf. Erklärbar ist dieses allein schon durch die Tatsache, dass die Kühe in Anbindehaltung ständig Futter vor der Nase haben und außer dem Liegen und Stehen ansonsten sich nur noch mit der Futteraufnahme beschäftigen können. Unter Laufstallbedingungen sieht das etwas anders aus, denn hier entscheidet die Kuh, wie häufig sie zum Futter kommen will. Die Höhe der Futteraufnahme hängt nun sehr davon ab, wie stark Kühe animiert werden, den Futtertisch aufzusuchen. Dafür muss das Futter selbst einen großen Anreiz bieten. Es sollte stets aromatisch, kalt und wohlschmeckend, zum anderen für jede Kuh möglichst ständig erreichbar sein. Für Letzteres ist ein ausreichend häufiges Futternachschieben zwingend notwendig. Hohe Futteraufnahmen sind nur bei einer ständigen Erreichbarkeit des Futters möglich und häufiges Futternachschieben animiert die Kühe zum Fressen. 1/5

Fressverhalten und Futtervorlage Untersuchungen zum Fressverhalten von Milchkühen im Lehr- und Versuchsbetrieb der Landwirtschaftskammer S.-H. verdeutlichten, dass die Tiere über den Tag hinweg insgesamt 3 Hauptfresszeiten haben. bei laktierenden Kühen (Futterschalenbesuche) vormittags zwischen 6 und 10 Uhr, nachmittags aber deutlich abgeschwächt zwischen 13 und 15 Uhr und die größte Aktivität (d.h. Futtertischbesuche) zwischen 17 und 20 Uhr (Übersicht 1). (Datenerfassung: 4 Tage zwischen dem 16.8. und 16.9.2011; 2x tägliche Futtervorlage um 6 und 17 Uhr) Dabei waren auch die aufgenommenen Futtermengen bei der abendlichen Aktivität am größten (Übersicht 2). Übersicht 1: Tagesrhythmus des Fressverhaltens: Anzahl sämtlicher Futterschalenbesuche bei den insgesamt 36 Fressschalen (Quelle: Daten Futterkamp, 2011) Übersicht 2: Menge der insgesamt von allen 72 Versuchskühen aufgenommenen Futtermenge (Quelle: Daten Futterkamp, 2011) 2/5

Auch zeigt sich eine sehr große Wiederholbarkeit zwischen den Tagen. Das verwundert nicht, da das Fressverhalten der Tiere eng an das jeweilige Bewirtschaftungsregime gekoppelt ist. So erhalten die Tiere täglich zweimal zu bestimmten Zeiten frisches Futter vorgelegt, haben aber (fast) immer ausreichend Futter vorhanden (ad libitum-fütterung). Gerade Letzteres ist für die Kühe sehr wichtig. Jede Kuh sollte jederzeit (nur Melkzeiten ausgenommen) die Möglichkeit haben, ausreichend und ungehindert Futter aufnehmen zu können. Vor diesem Hintergrund ist ein häufiges Futternachschieben bedeutsam. Umso wichtiger wird dieses, wenn das Tier-:Fressplatzverhältnis mehr als 1:1 beträgt. Wenn solche Gegebenheiten nur begrenzt verfügbar oder sogar im Mangel sind, dann werden eher die ranghohen Tiere die knappen Ressourcen ungehindert aufsuchen, während die Rangniederen, und das sind v.a. die Jungkühe, von dort verdrängt werden bzw. gar nicht erst dorthin gelangen. So zeigten Untersuchungen von BOUISSOU et al. (2001), dass selbst bei einer ad libitum-fütterung die Rangniederen weniger fraßen und eine geringere Zunahme hatten als ranghohe Tiere. Die Erklärung dafür könnte darin liegen, dass Kühe Herdentiere sind, die gerne gewisse Tätigkeiten gleichzeitig, also in der Gruppe, ausüben wollen, und dazu gehört zweifelsohne eine gemeinsame Futteraufnahme. Rangniedere müssen auch ans Futter Junge Kühe haben nicht nur ein geringeres Futteraufnahmevermögen (etwa 80 85 %) im Vergleich zu ihren älteren Stallgefährtinnen, sondern suchen auch wesentlich häufiger den Futtertisch auf. Sie haben ein anderes Fress- und auch Bewegungsverhalten als ältere Kühe, sind allgemein eher unruhiger, bedingt dadurch, dass sie viel stärker den Rangkämpfen ausgesetzt sind und weil viele Dinge im Stall noch vergleichsweise neu für sie sind. Kühe sind und bleiben Fluchttiere, die zwar einerseits recht friedlich sind, andererseits aber auch aggressiv sein können, Letzteres v.a. dann, wenn Konkurrenzsituationen auftreten. Dieses ist hauptsächlich im Zusammenhang mit Futter, Liegeplatz und Bewegungsraum der Fall. Am eindrucksvollsten zeigt sich dieses Verhalten auf der Weide. Ein eingeschränktes Tier-Fressplatz-Verhältnis verhindert das gemeinschaftliche Fressen und erhöht die Anzahl sozialer Auseinandersetzungen zwischen den Tieren. Dieses führt insbesondere bei rangniederen Tieren zu kürzeren Verzehrszeiten und erhöht die Unruhe beim Fressen. Aus Gründen eines reduzierten Konkurrenzdrucks wäre ein Fressplatzangebot von 1:1 (Tier:Fressplatz-Verhältnis) daher empfehlenswert. Beim Einsatz von Totalen Mischrationen lässt sich dieses Verhältnis sicher auch auf 1,5:1 erweitern, vorausgesetzt, der Stall bietet genügend Bewegungsfreiheit und keine Hindernisse beim Aufsuchen des Futtertisches sowie stets frisches Futter am Futtertisch. Ein ständiges Vorhandensein von frischem, aromatischem Futter bringt mehr Ruhe in den Stall. 3/5

Flache Futterablage und mehrmalige Futternachschieben Je flacher die Futterration auf dem Futtertisch abgelegt werden kann, umso weniger stark neigt sie zum Nacherwärmen und umso weniger können die Kühe bereits große Mengen dieses Futters anpusten. Eine ständige Erreichbarkeit des Futters muss natürlich gewährleistet werden. Auf diese Art und Weise bleibt das Futter insgesamt aromatischer und hygienischer, womit letztlich nicht nur höhere Futteraufnahmen (in Kombination mit einer eventuell dadurch verbesserten Pansengesundheit aufgrund der gleichmäßigeren Pansenverhältnisse), ein vermindertes Selektionsverhalten und höhere Milchleistungen (Übersicht 3), sondern auch geringere Futterreste verbunden sein dürften. Auch ein tendenziell etwas weiteres Tier: Fressplatz-Verhältnis wird sich durch ein häufigeres Futternachschieben nicht so nachteilig auf die Futteraufnahme einzelner Tiere vor allem Rangniederer auswirken, wenn jedes Tier stets ausreichend Futter am Futtertisch vorfindet. Letztlich wird das Fressverhalten immer nach frischer Futtervorlage am intensivsten sein. Videoaufzeichnungen von Mayer (2008) bestätigen, dass in der 1.Stunde nach der Futtervorlage deutlich mehr Futtermenge aufgenommen wird als in jeder nachfolgenden Stunde. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass sich die meisten Tiere etwa 10 min nach der Futtervorlage oder nach dem Heranschieben des Futters am Futtertisch einfanden. Bei den Versuchen war das Futter bereits 90 min nach der Vorlage bzw. dem Nachschieben außerhalb der Erreichbarkeit für die Tiere, was ohne ein Nachschieben des Futters zu einer Verringerung der Futteraufnahme führen würde. Ein ständiges Vorhandensein von frischem, aromatischem Futter bringt letztlich mehr Ruhe in den Stall, da es kein bzw. ein deutlich geringeres Gedränge am Futtertisch und weniger Rivalitäten gibt. Das natürliche (Fress-) Verhalten der Tiere kann durch mehrfaches Nachschieben deutlich besser ausgelebt werden. Übersicht 3: Futteraufnahme und Milchleistung in Abhängigkeit von der Häufigkeit des Futternachschiebens 4/5

Fazit Je besser wir die Sozialbeziehungen unserer Rinder und deren Verhaltensmuster verstehen, umso besser begreifen wir wiederum, mit welchen Managementmaßnahmen wir tiergerechter und damit (auch wirtschaftlich) erfolgreicher sein können. Gesunde Kühe, die in ihrem Sozialverhalten nicht ständig behindert werden, sind letztlich die Voraussetzung für betriebswirtschaftliches Überleben. DER DIREKTE DRAHT Prof. Katrin Mahlkow-Nerge Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft Tel.: 04331/845138 Email: katrin.mahlkow-nerge@fh-kiel.de Stand: September 2015 Redaktion Proteinmarkt c/o AGRO-KONTAKT Hermannshof, 52388 Nörvenich Tel.: (0 24 26) 90 36 14 Fax: (0 24 26) 90 36 29 email: info@proteinmarkt.de proteinmarkt.de ist ein Infoangebot vom Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland e. V. (OVID) in Zusammenarbeit mit der Union zur Förderung von Oelund Proteinpflanzen e. V. (UFOP). 5/5