Serious Games für den Mathematikunterricht Prof. Dr. Regina Bruder Kristina Richter Britta Will Katrin Schützkowski Mathematik (FB 4) Didaktik der Mathematik Dr.-Ing. Stefan Göbel Johannes Konert Sabrina Radke Elektrotechnik/IT (FB 18) Multimedia Kommunikation Beitrag zur e-didaktik Prof. Dr. Bernhard Schmitz Humanwissenschaften (FB 3) Pädagogische Psychologie
Handlungsbedarf im Mathematikunterricht Motivation: Kein Fach polarisiert so stark wie die Mathematik. In Mathe war ich immer schlecht ist eine häufige und salonfähige Aussage. Für viele stellt sich im MU auch die Sinnfrage wofür braucht man das? 2
Handlungsbedarf im Mathematikunterricht Weiterführende Bildungseinrichtungen signalisieren Probleme im verfügbaren mathematischen Grundwissen IHK Braunschweig 2010: Projekt Notstand Mathematik Fast alle Universitäten und Hochschulen haben Vorkurse/Brückenkurse in Ma eingeführt (Tagung Kassel 2011) Empfehlungen (Therapie): Regelmäßiges implizites und explizites Wiederholen von Grundwissen in HA und vermischten Kopfübungen Begründung: Verfügbares Grundwissen entlastet (kognitive load theory) und unterstützt flexible Assoziationen beim Problemlösen 3
Handlungsbedarf im Mathematikunterricht Langzeitstudien zeigen: Computereinsatz im MU kann die Lernmotivation fördern. Kontrollmöglichkeit bringt Sicherheit Zusammenhänge werden besser verstanden (Dynamisierung) Zusammenhänge selbst entdecken! Die Präsenz von digitalen Hilfsmitteln im Unterricht führt nicht automatisch zu höheren Leistungen. Professionelles Lehrerhandeln ist die eigentliche Wirkungsursache für ein höheres Leistungsniveau. (Lipowsky 2006). Wie kann hier mit neuen Technologien unterstützt werden? Bedenken gegen Computereinsatz im Unterricht, insbesondere bei Spielen: -Spielsucht bereits im Unterricht fördern? -Oberflächliche Auseinandersetzung mit Lerninhalten? Was bleibt? 4
Hohe Erwartungen an die Lehrkräfte: Individuelle Förderung bedeutet... die schulisch-unterrichtlichen Rahmenbedingungen an die unterschiedlichen sozialen, kognitiven und volitionalen Lernvoraussetzungen der SuS anzupassen und nicht umgekehrt. (Böller/Lau, 2010, S.18) Adaptives und individualisiertes Lernen soll ein Lernen im Gleichschritt ablösen. (ebenda) 5
Zielstellung Entwicklung eines didaktisch und lerntheoretisch fundierten Einsatzszenarios für eine Lern- und Diagnoseumgebung im Bereich Darstellungsformen funktionaler Zusammenhänge in der SI mit spielerischen Elementen: Abbildung eines kompetenzorientierten Förder- und Diagnosemodells in einer digitalen Lernumgebung 6
Repräsentationswechsel bei funktionalen Zusammenhängen Grundlage für erfolgreiches Problemlösen GS graphisch GA situativ SA GN algebraisch SN NA DFG-SPP 1293: Kompetenzmodelle numerisch Emprisch gesichertes Kompetenzstrukturmodell zu Darstellungswechseln mit 5 Dimensionen:
Zielstellung Entwicklung eines didaktisch und lerntheoretisch fundierten Einsatzszenarios für eine Lern- und Diagnoseumgebung im Bereich Darstellungsformen funktionaler Zusammenhänge in der SI mit spielerischen Elementen: Abbildung eines kompetenzorientierten Förder- und Diagnosemodells in einer digitalen Lernumgebung Integration spielerischer Elemente zur motivationalen Unterstützung (Lerntypbezug) 8
Forschungsfragen: (wiss. Hausarbeit von Katrin Schützkowski, FB Mathematik 2012) Gibt es einen Zusammenhang zwischen Lernstilen und der Beurteilung von mathematischen Online-Lernspielen? Welche Elemente eines Spiels sind für die einzelnen Lerntypen wichtig? Präferieren verschiedene Lernstile auch verschiedene Spiele? 9
Je nachdem, welche Phase im Lernprozess bevorzugt wird, kommt Kolb zu vier Lernstilen: Lernstile nach Kolb (2005)
Lernstile nach Gregory (2003) Lernstil Beschreibung Puppies Clipboards Microscopes Beachballs sind einfühlsam, intuitiv und affektiv. verwenden anschauliches Denken bei ihrer Arbeit. arbeiten am besten, wenn sie mit anderen zusammenarbeiten können, eine Begründung für das Lernen bekommen und in einer konkurrenzlosen Atmosphäre arbeiten können. sind präzise, gründlich und strukturiert. haben einen Sinn für Details und Genauigkeit. arbeiten am besten, wenn sie konkrete Beispiele, Routinen oder vorhersagbare Situationen haben sowie praktische, handhabbare Anwendungen sehen können. denken analytisch und kritisch. können Informationen auf Kernpunkte reduzieren und in abstrakten Begriffen und abstrakter Sprache denken. sind gründliche Lernen, die gerne alleine arbeiten. lernen am besten durch Vortrag und Lesen. besitzen Experimentier- und Entdeckungsfreude sowie Risikobereitschaft. sind intuitiv, kreativ und spontan. arbeiten am besten, wenn sie Wahlmöglichkeiten haben, durch Versuch & Irrtum experimentieren
Abhängige Variablen Bewertung der Spiele: Spiele in eine Rangreihenfolge bringen Motivation Wie sehr hat das jeweilige Spiel motiviert. (5-Stufige Skala: nicht sehr motiviert bis sehr motiviert ) Würde man das Spiel wieder spielen wollen. (5-Stufige Skala: bestimmt nicht bis sehr auf jeden Fall ) Subjektiver Lernerfolg Wie viel hat man nach eigener Einschätzung gelernt. (5-Stufige Skala: nichts gelernt bis sehr viel gelernt ) 12
Vorkommen der Lernstile nach Kolb in der Stichprobe N=200 (online-befragung) 171 (85.5%) der Befragten konnten eindeutig einem Lernstil zugeordnet werden, d.h. 29 Personen wurden zu zwei oder mehreren Lernstilen zugeordnet. Am häufigsten sind der Assimilierer und der Konvergierer, der Divergierer kommt wenig vor. Lernstil Häufigkeit % Assimilierer 64 32.0 Konvergierer 52 26.0 Divergierer 18 9.0 Akkomodierer 37 18.5 Gesamt 171 85.5 13
Zusammenhang zwischen den Lernstilen 3,40 3,30 3,20 3,10 3,00 Puppy Clipboard Microscope Beachball Die Graphik zeigt eine signifikante Interaktion zwischen dem Lernstil nach Kolb und den Lernstildimensionen nach Gregory (F(3; 167)= 7.18; p<.001). 2,90 2,80 2,70 2,60 Einzelvergleiche zeigten an, dass nur die Lernstildimension Clipboard nicht signifikant mit den Lernstilen nach Kolb zusammenhing. 2,50 Assimilierer Konvergierer Divergierer Akkomodierer 14
Wichtige Spieleigenschaften Bei der Bewertung, welche Spieleigenschaften wichtig sind, konnten durch eine Faktorenanalyse mit Varimax-Rotation vier voneinander unabhängige Faktoren gefunden werden, die 60.4% der Gesamtvarianz aufklären. Faktor1: Graphik; Musik; Kommunikation; Wettbewerb; Geschichte Faktor2: Hilfe; Lernfortschritt; Feedback Faktor3: Lerninhalt; Vielfältigkeit Faktor3: Lösungswege; Selbstbestimmung 15
Zielstellung Entwicklung eines didaktisch und lerntheoretisch fundierten Einsatzszenarios für eine Lern- und Diagnoseumgebung im Bereich Darstellungsformen funktionaler Zusammenhänge in der SI mit spielerischen Elementen: Abbildung eines kompetenzorientierten Förder- und Diagnosemodells in einer digitalen Lernumgebung Integration spielerischer Elemente zur motivationalen Unterstützung (Lerntypbezug) Nutzung informationstechnischer und diagnostischer Methoden zur Rückmeldung von Lernpotenzialen an Lehrende und Lernende 16
Aktueller Stand - Herausforderungen Der Wechsel (Will, 2011) Technische Erweiterungen: 1. Textfeldeingaben, Korrektheitsbestimmung 2. Dynamische Textausgabe (Variablenwerte) 3. Containerbasierte Aufgaben/Szenen-Auswahl (inkl. Adaption an Lernermodell) 4. Minigames für Memory, Suchspiele, Fehlersuche, Zuordnung 5. Autoreninterface für bedingte Verzweigungen basierend auf Aufgabenkorrektheit 17
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Idee: Mathekrimi als Rahmenhandlung (Britta Will, wiss. Hausarbeit TU Darmstadt 2011 Zeichnungen: Sabrina Radke) Alex ist ein Jugendlicher aus Darmstadt, der zur Schule geht, sich gerne mit seinen Freunden trifft und Kaugummis liebt. Sein Vater, Harald Weber, ist Polizist bei der Kriminalpolizei in Darmstadt und liebt es Fälle und Alltagssituationen mithilfe von Mathematik zu lösen. Alex hat einen Plan: In ganz Darmstadt will er unbemerkt Überfälle nach einem mathematisch verschlüsselten Plan begehen: Dem sogenannten W-Plan. Um diesen ungehindert durchführen zu können, beauftragt er den Spieler, für ihn einige Wochen auf Abruf bereit zu stehen, um ihn in seinem Leben zu vertreten. 19
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Zielstellung Entwicklung eines didaktisch und lerntheoretisch fundierten Einsatzszenarios für eine Lern- und Diagnoseumgebung im Bereich Darstellungsformen funktionaler Zusammenhänge in der SI mit spielerischen Elementen: Abbildung eines kompetenzorientierten Förder- und Diagnosemodells in einer digitalen Lernumgebung Integration spielerischer Elemente zur motivationalen Unterstützung (Lerntypbezug) Nutzung informationstechnischer und diagnostischer Methoden zur Rückmeldung von Lernpotenzialen an Lehrende und Lernende Aktuell: Messung von Effekten der entwickelten Lernumgebung 26
Das nächste Drehbuch wartet auf Unterstützung für eine professionelle Umsetzung (Autor: Felix Heuck) Dankeschön für Ihr Interesse! Kontakt: bruder@mathematik.tu-darmstadt.de www.math-learning.com 27
Quellen: Boller, S. & Lau, R. (Hrsg.): Innere Differenzierung in der Sekundar-stufe II. Ein Praxishandbuch für Lehrer/innen. Beltz: Weinheim, Basel, 2010. GREGORY, Gayle H.: Differentiating Instruction With Style - Aligning Teacher and Learner Intelligence for Maximum Achievement. Corwin Press, 2005. KOLB, Alice Y. ; KOLB, David A.: The Kolb Learning Style Inventory - Version 3.1, Technical Specifications. HayGroup Experience Based Learning Systems Inc., 2005. Lipowsky, F.: Auf den Lehrer kommt es an. In C. Allemann (Hrsg.): Kompetenzen und Kompetenzentwicklung von Lehrerinnen und Lehrern. Weinheim: Beltz (2006). Schützkowski, Katrin: Untersuchung zum Einfluss verschiedener Lernstile auf die Beurteilung von mathematischen Online-Lernspielen. Wissenschaftliche Hausarbeit am FB Mathematik, TU Darmstadt 2012 (unveröff.). Will, Britta E.: Eine digitale Lernumgebung mit spielerischen Elementen zu Darstellungswechseln bei funktionalen Zusammenhängen. Wissenschaftliche Hausarbeit am FB Mathematik, TU Darmstadt 2011 (unveröff.). 28