Chronischer Knieschmerz Psychische Hintergründe

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Transkript:

Chronischer Knieschmerz Psychische Hintergründe Dr. med. U. Peschel Abteilung für Frührehabilitation und physikalische Therapie Asklepios Krankenhaus St. Georg Hamburg

Unsere Realität Der Physiologe und Schmerzforscher Wall schildert seine eigenen Erfahrungen als angehender Arzt: Ausgestattet mit umfassendem und frischem Wissen aus Neurologie, Physiologie und Orthopädie hat meine erste Begegnung mit Schmerzpatienten zu erheblicher Verwirrung geführt: Irgendwie sind die Reaktionen dieser Patienten anders als nach dem Lehrbuch zu erwarten" 20. Januar 2014 Chronifizierung und Krankheitsverarbeitung 2

Differentialdiagnose Psychogene Komponete im Vordergrund Psychosomatisches Mischbild Somatische Komponente im Vordergrund

Psychische Kontextfaktoren Somatoforme Schmerzstörung Depression Rentenbegehren Angststörung Auf somatischer Ebene. Implantatunverträglichkeit (Oft nur über den Leukozytentransformationstest nachweisbar)

Klinisches Bild Periarticuläre Schwellung Quadrizepsatrophie Hinkendes Gangbild Gelenkposition nicht einstellbar Vegetative Begleitreaktion (CRPS- ähnliches Bild)

Indikationen zum Gelenkersatz Nicht einheitlich geregelt Nicht in Breite wissenschaftlich hinterlegt Kein Bestandteil von Qualitätsvereinbarungen Mein Vortrag soll Ihnen eine Studie darstellen, in der ein kleiner Baustein aufgezeigt wird: Unicompartmental knee replacement for patients with partial thickness cartilage loss in the affected compartment H. Pandit et al, Knee(2010),doi:10.1016/j.knee.2010.05.003

Fragestellung und Methode Von der Oxford Group gab es eine starke Empfehlung, dass ein unicondylärer Ersatz im medialen Kompartment nur erfolgen soll, wenn medial Knochen auf Knochen steht. Diese Empfehlung beruht aber lediglich auf gemachten Erfahrungen In dieser Studie werden Retrospektiv aus einem Kollektiv von über 1.000 Operationen mit Unicondylären, medialen Kniegelenkersatz, 3 Gruppen indentifiziert und die postoperativen Ergebnisse dargestellt, gemessen mit dem Oxford Knee Score. Alle Patienten erfüllten die empfohlenen Vorgaben der Indikationen für das Oxford Knie mit Ausnahme des Status des medialen Kompartments

Methoden 2 Intraoperativ wurde unter anderem der Knorpelstatus im medialen Kompartiment erfasst und standardisiert dokumentiert Für die Studie wurden drei Gruppen gebildet: 1. Partiale Abnahme der Knorpeldicke (PTCL) 2. Vollständige Knorpelglatze (Knochen auf Knochen) (BE) 3. Verlust an Knochemasse (BL) Alle drei Gruppen bestanden aus 29 Patienten und unterschieden sich in Bezug auf Alter, Geschlecht und präoperativen Oxford- Score nicht signifikant, alle wurden 2 Jahre lang nachuntersucht.

Ergebnisse Zwischen den Ergebnissen der Gruppe 2 und 3 gab es keinen Unterschied im Verlauf, die Ergebnisse waren gut. Die Gruppe 1 hatte signifikant schlechtere Ergebnisse im Verlauf und Outcome Die Besserung der Ergebnisse in der Gruppe 2 und 3 war signifikant, in der Gruppe 1 nicht In der Gruppe 1 hatten 6 von 29 Patienten überhaupt keinen Benefit von der Operation, in den anderen Gruppen 0 von 29 Die Varianz der Ergebnisse in der Gruppe 1 war deutlich höher, als in den anderen Gruppen

Letzte Follow up Untersuchung

Schlussfolgerung Patienten mit fortgeschrittenen Befunden profitieren Patienten mit geringerem Knorpelschaden zeigen schlechtere bis negative Ergebnisse Diese Erkenntnisse sollten in die Indikationsstellung mit einfließen Die Ursache ist unklar Freie Chondrozyten? Schlechteres Implantatbett? Synovialer Reizzustand?

Neurophysiologische Faktoren Mechanische Irritation d. Nozizeptoren d. Muskeln, Gelenkskapsel, Knochen(haut), Gefäße und Strukturen d. Gelenkbinnenraumes im endgradigen Bewegungsbereich (Schwellenwertverschiebung bei Traumen) Chemische Aktivierung d. Nozizeptoren im Gelenk durch Entzündungsreaktionen (Schwellenwertverschiebung bei Traumen) Zerstörung bzw. Veränderung von Rezeptoren Ischämie (Blutsperre, Rückflussstörungen, Lymphstauungen, etc.) Gesteigerter nozizeptiver Input-Hypertonus d. Muskulatur, Gamma-Aktivierung! verminderte Beweglichkeit Psychosomatische Überlagerung v. Schmerz- u. Muskel(hyper)tonus

Funktionelle Lähmung Muskelschwäche d. Quadriceps (v.a. Vastus medialis) Funktionsverlust! Muskel o.k.; peripherer Nerv o.k. oft noch Jahrzehnte später im EMG nachweisbar Ansteuerungsproblem = Willküraktivierungsschwäche

Chronifizierungskette Trauma/Störung Physiologie mit funkt. Biomechanik Störung d.mechanik/biomechanik Störung d. Sensomotorik Störung d. Neurophysiologie Koordinative Bewegungsstörung

Therapie Ausreichende Schmerztherapie, ggf. Katheteranalgesie Neurophysiologische Krankengymnastik (Bobath, PNF, ezc.) Ergotherapie (Affolter, Perfetti) Spiegeltherapie Psychologische Schmerztherapie

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Ulrich Peschel Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Facharzt für physikalische und Rehabilitative Medizin Psychotherapie, spez. Schmerztherapie Abt. für Frührehabilitation und physikalische Therapie