Richtlinie für die Berechnung von STAHLBETONRAHMEN Verfasser: Dipl.-Ing. Hubert REITER Stand: Nov 2005 BRÜCKEN- & TUNNELBAU
0. Vorbemerkungen Seite: 1 / 9 Für die Berechnung von Rahmentragwerken sind grundsätzlich die geltenden Normen anzuwenden. Mit dieser Richtlinie wird das Ziel verfolgt mögliche mehrdeutige Regelungen in der ÖNORM B 4702 klarzulegen, und über die Norm hinaus gehende Anwendungshinweise und Regelungen zur Berechnung von Rahmentragwerken festzulegen. Sollten sich jedoch für einen konkreten Anwendungsfall Widersprüche zu geltenden Normen ergeben, so ist diese Richtlinie nachrangig gegenüber den gültigen Normen zu behandeln. Die Richtlinie gliedert sich in 2 Abschnitte : Abschnitt 1 enthält Berechnungsgrundsätze und legt Anwendungsgrenzen fest, die für den Regelfall Gültigkeit haben. Hält der beauftragte Planer eine Abweichung von den Berechnungsgrundsätzen bzw. Anwendungsgrenzen für notwendig, so ist die Zustimmung des AG einzuholen. Im 2. Abschnitt ist ein Berechnungsbeispiel wiedergegeben, welches den formalen Aufbau einer Rahmenberechnung festlegt, bzw. auch die im Abschnitt 1 festgelegten Regelungen angewendet werden. Abschnitt 1 Berechnungsgrundsätze: Ständige Einwirkungen: Bei der Überlagerung sind bei den ständigen Einwirkungen sowohl die günstigen (γ G,i = 1,0) als auch die ungünstigen (γ G,i = 1,35) Auswirkungen zu berücksichtigen. (siehe Abschnitt 2 Berechnungsbeispiel) Einwirkung: Erddruck aus Hinterfüllung: 2 Grenzfälle sind zu untersuchen: Aktiver Erddruck und Erdruhedruck. Auf beiden Seiten ist jeweils der gleiche Erddruckbeiwert anzusetzen. Beim Erddruck aus Verkehr ist die Wirkung aus der Blocklast LKW bzw.der Blocklast RFZ nur einseitg anzusetzen. Einwirkungen: Schwinden, Temperatur: Einwirkung Verkehr: Für den Regelfall, ist nur die Erddruckwirkung aus dem LF LKW zu untersuchen. Die Wirkung aus der Gleichlast (p k = 5,0 kn/m²) braucht i.a. nicht gesondert untersucht werden. Der LF Erddruck RFZ ist für die Einwirkung auf die Rahmenkonstruktion nur bei sehr schmalen Brückentragwerken maßgebend, und dann gesondert zu untersuchen. Bei Einwirkungen aus aufgezwungenen Verformungen dürfen für die Nachweise der Tragsicherheit die nach Elastizitätstheorie berechneten Schnittgrößen um 20% reduziert werden. Für den Nachweis der Tragsicherheit sind der LF gleichmäßige Temperatur und LF Temperaturgradient zu überlagern. Beim LF ungleichmäßige Temperatur wird nur ein Temperaturgefälle von oben nach unten berücksichtigt. In den Stielen ist keine ungleichmäßige Temperatur zu berücksichtigen. Der Stoßbeiwert ist wie im Beispiel angegeben zu ermitteln. Die Bremskräfte sind als eigener unabhängiger Lastfall zu betrachten.
Einwirkungen: Wind, Erdbeben Seite: 2 / 9 Die Einwirkung Wind kann bei Rahmenkonstruktion innerhalb dieses Anwendungsbereiches i.a. vernachläßigt werden. Die Einwirkung Erdbeben ist nur auf gesonderter Anordnung durch den Bauherrn zu berücksichtigen. Einwirkungen aus Setzungsdifferenzen: Imperfektionen Konstruktion: Sind Setzungsdifferenzen zu erwarten, so ist deren Größenordnung im Einvernehmen mit dem Bauherrn und dem Bodengutachter festzulegen. Für den Grenzzustand der Tragsicherheit können Imperfektionen vernachlässigt werden. Kraftwirkungen auf die WL-Wand aus der Lastwirkung angehängter Flügel oder kastenförmiger WL sind zu verfolgen. Unten geführte Fahrbahn: Hat der Rahmen eine durchgehende Bodenplatte, die befahren wird, so sind die darauf einwirkenden Verkehrslasten mit dem φ-beiwert zu multiplizieren. Als maßgebende Länge kann die Stützweite der Bodenplatte angesetzt werden. Berechnung Regelbereich: Nachweise: Für die Berechnung der maßgebenden Schnittgrößen (M Sd, V Sd ) im Regelbereich kann ein Stabwerk mit 1m Streifenbreite zu Grunde gelegt werden. Plattenspezifische Bereiche (z.b. Plattenränder, Bemessung in Querrichtung) sind jedoch gesondert zu untersuchen. Im allgemeinen sind folgende Nachweise zu führen: Tragsicherheit, Gebrauchstauglichkeit und äußere Standsicherheit (Bodenpressung oder Grundbruch sowie Gleitsicherheit). Der Nachweis der vertikalen Verformungen kann im Reglfall entfallen. Für die Wahl der Überhöhung sowie für die Bauausführung sind die Verformungen nachzuweisen. Anwendungsgrenzen: Plattenschiefe φ 75 Stützweite lφ 25 m offene und geschlossene Rahmen einfeldrige Stahlbetonrahmen
Abschnitt 2: B e r e c h n Seite: u n g 3 s / b 9 e i s p i e l 1. Allgemeines 1.1 Berechnungsgrundlagen : 1.1.1 NORMEN und RICHTLINIEN : ÖNorm B 4002 Straßenbrücken Ausg. 01.12.1970 ÖNorm B 4010 Eigenlasten von Baustoffen und Bauteilen Ausg. 01.10.1996 ÖNorm B 4700 Stahlbetontragwerke Ausg. 01.06.2001 ÖNorm B 4702 Straßenbrücken aus Beton und Stahlbeton Ausg. 01.02.2000 ÖNorm B 4750 Spannbetontragwerke Ausg. 01.11.2000 ÖNorm B 4435-1 Erd- und Grundbau - Flächengründungen Ausg. 01.07.2003 ÖNorm B 4434 Erddruckberechnungen Ausg. 01.01.1993 ÖNorm B 4435-2 Erd- und Grundbau - Flächengründungen Ausg. 01.10.1999 1.1.2 PLANUNTERLAGEN : 1.1.3 LITERATUR : Berechnung kastenförmiger Brückenwiderlager - Eibl / Ivanyi / Schambeck - Werner Verlag Hilfsmittel zur Berechnung der Schnittgrößen und Formänderungen von Stahlbetontragwerken Heft 240 Deutscher Ausschuss für Stahlbeton 1.1.4 SOFTWARE : 1.1.5 BODENGUTACHTEN : 2. Skizze einschließlich der wesentlichen Bemaßungen
3. System Seite: 4 / 9 Anmerkung: gemäß ÖNORM B 4702 7.2.2(1) volle oder elastische Einspannung - je nach Baugrundgegebenheiten l R l S f D f D 4. Lastfälle 4.1 Ständige Einwirkungen 4.1.1 Eigenlast des Tragwerkes: g 1 LF 1 4.1.2 Ständige Auflast: g 2 LF 2 Belag, Abdichtung Randbalken Geländer, Leitschienen, LSW, Leitungen etc. 4.1.3 Erddruck Hinterfüllung siehe ÖNORM B 4702 7.2.2 (2) Zwei Grenzfälle sind zu untersuchen: Aktiver Erddruck auf beide Widerlager wirkend LF 3.1 e a = γ' * z * K a K a mit φ 30 für nicht untersuchtes Bodenmaterial (Hinterfüllung) K a mit φ = 35 für Hinterfüllung mit Mager- bzw. Filterbeton Ruhedruck auf beide Widerlager wirkend LF 3.2 e 0 = γ' * z * K 0 z e a, e 0 e a, e 0 Bezeichnungen gemäß ÖNORM B 4434: γ'... wirksame Wichte des Boden (Hinterfüllung) K a...beiwert für den aktiven Erddruck K 0... Ruhedruckbeiwert φ... Winkel der inneren Reibung z... vertikale Koordinate
4.1.4 Schwinden Anmerkung: Seite: 5 / 9 Gemäß ÖNORM B 4702 Punkt 3.2.2(1) dürfen bei Einwirkungen aus aufgezungenen Verformungen die nach der Elastizitätstheorie berechneten Schnittgrößen um 20% reduziert werden (gilt nur für den Nachweis der Tragsicherheit). Grundsätzlich können 2 Berechnungsmöglichkeiten angewandt werden: 1.) Vereinfachte Berechnung gemäß ÖNORM B 4702 ε cs = 0,00015 LF 4 2.) Genauere Berechnung gemäß ÖNORM B 4750 4.2 Veränderliche Einwirkungen 4.2.1 Verkehr ÖNORM B 4002 LF LKW BKl I Gleichlast p k = 5,0 kn/m² p φ = φ * p k LKW + p LF 5.1 LKW Hinterachslast: 2 * P H,φ = 2 * φ * P H,k = 2 * φ * 85 kn Voderachslast: 2 * P V,φ = 2 * φ * P V,k = 2 * φ * 40 kn Maßgebende Stützweite für die Ermittlung des Stoßbeiwertes: l m = ( 2 * l S + l R ) / 3 lφ = 1,3 * l m l S l R l S Verteilbreite b m = 2,5 m Verteilung der Radlasten in Längsrichtung: 3,0 m h 1 h t x = 0,20 + 2 * h 1 + h
RFZ Seite: 6 / 9 RFZ LF 5.2 Verteilung in Querrichtung: Lit.: DAStb Heft 240 Tafel 2.1 Seite16 3,0 m RFZ h 1 h t y = 3,0 + 2 * h 1 + h A l R b m = t y + 0,5 * x * (2 - x / l) = t y + 0,278 * l R m y,max bei x = l/3 Gültigkeitsgrenzen: t y 0,4 * l t x l 4.2.2 Bremskraft LF 5.3 F Br = max (75 kn; 10 kn * b F ) verteilt auf b m = b Tr b F... Breite der Fahrbahn b Tr... Breite des Tragwerkes 4.2.3 Erddruck aus Verkehr Anmerkung: Gemäß ÖNORM B 4702 7.2.2(4) ist der Erddruck aus Verkehr sowohl einseitig als auch beidseitig mit dem Ruhedruckbeiwert K 0 anzusetzen. Ersatzlasten für LKW und RFZ sind jedoch nur einseitig anzusetzen. e 1 = e 2 = p k * K 0 = 5,0kN/m² * K 0 wird nicht berücksichtigt Erddruck zufolge LKW- Ersatzlast: p Ers,LKW = 16,7 kn/m² e 1 = e 2 = p Ers,LKW * K 0 Erddruck links LF 6.1 verteilt auf b m = 2,50 m Erddruck rechts LF 6.2 e 1 e 1 e 2 e 2 Erddruck zufolge Ersatzlast - RFZ: p Ers,RFZ = 33,3 kn/m² Erddruck links LF 6.3 e 0,RFZ = p Ers,RFZ * K 0 Erddruck rechts LF 6.4
A 0 = 18,0 m² Lastausbreitung Seite: 7 / 9 60 A 1 = (6,0 + 0,577 * h 1 ) * (3,0 + 1,154 * h 1 ) A 2 = (6,0 + 0,577 * h 2 ) * (3,0 + 1,154 * h 2 ) Anmerkung: Seitliche Lastausbreitung (3,0 + 1,154 * h ges ) ist mit der lichten Weite der Flügel begrenzt. e 1 = Δe 0,RFZ * A 0 / A 1 e 2 = Δe 0,RFZ * A 0 / A 2 e 1 h 1 e 1 h 2 e 2 e 2 4.2.4 Temperatur ÖNORM B 4702 3.2.1(5) Anmerkung: Gemäß ÖNORM B 4702 Punkt 3.2.2(1) dürfen bei Einwirkungen aus aufgezungenen Verformungen die nach der Elastizitätstheorie berechneten Schnittgrößen um 20% reduziert werden (gilt nur für den Nachweis der Tragsicherheit). gleichmäßige Temperaturänderung LF 7.1 nur Fahrbahnplatte LF 7.2 α T = 1,00E-05 ΔT o = +20 ΔT = ± 20 ε T = ε x = α T * ΔT = ± 0,0002 h ΔT u = +20 bei Überschüttungshöhen und/oder Tragwerksdicken > 70 cm: ΔT = ±10 ungleichmäßige Temperaturänderung (Temperaturgradient) LF 7.3 nur Fahrbahnplatte für Betriebszustände: 5,0 Krümmung κ y = (ΔT o - ΔT u ) / h * α T h ΔT o = +2,5 ΔT u = - 2,5 h... Querschnittshöhe für Bauzustände ohne Fahrbahnbelag: 10,0 4.2.5 Wind nicht maßgebend 4.2.6 Erdbeben: siehe Hinweis Abschnitt 1 4.2.7 Stützensenkung: siehe Hinweis Abschnitt 1
4.2.8 Imperfektionen: siehe Hinweis Abschnitt 1 5. Zusammenstellung der maßgebenden Lastfälle Seite: 8 / 9 Lastfall Titel Nr Eigenlast g 1 LF 1 St. Auflast g 2 LF 2 Ständige Hinterfüllung E a LF 3.1 Einwirkungen Hinterfüllung E 0 LF 3.2 Schwinden LF 4 Verkehr LKW + p LF 5.1 Verkehr RFZ LF 5.2 Bremskraft F Br LF 5.3 Differenz-Erdd. LKW rechts LF 6.1 Differenz-Erdd. LKW links veränderliche LF 6.2 Erdd. RFZ links Einwirkungen LF 6.3 Erdd. RFZ rechts LF 6.4 Temperatur gleichmäßig + LF 7.1 Temperatur gleichmäßig - LF 7.2 Temperaturgradient LF 7.3 6. Resultatspezifikation 6.1 Tragsicherheit (ULS) Komb. 1: Ständige Lasten Plus eine Leiteinwirkung L d = Σ 1,35 (1,0) * G k,i + 1,5 * Q k,1 LF1 Plus 0,35 * LF1 + LF2 Plus 0,35 * LF2 + LF3.1 Plus 0,35 * LF3.1 Plus 1,35 * (LF3.2 - LF3.1) Plus 1,35 * 0,80 * LF4 Plus 1,50 * [ LF5.1 Oder LF5.2 Oder LF5.3 Oder LF6.1 Oder LF6.2 Oder LF6.3 Oder LF6.4 Oder (Plus LF7.1 Oder LF7.2 Plus LF7.3)] Komb. 2: Ständige Lasten Plus Verkehr - LKW Plus alle sonstigen veränderlichen Einwirkungen L d = Σ 1,35 (1,0) * G k,i + 1,35 * Σ Q k,i LF1 Plus 0,35 * LF1 + LF2 Plus 0,35 * LF2 + LF3.1 Plus 0,35 * LF3.1 Plus 1,35 * (LF3.2 - - LF3.1) Plus 1,35 * 0,80 * LF4 Plus 1,35 * [ LF5.1 Plus LF5.3 Plus LF6.1 Oder LF6.2 Plus (Plus LF7.1 Oder LF7.2 Plus LF7.3)] Komb. 3: Ständige Lasten Plus Verkehr - RFZ Plus alle sonstigen veränderlichen Einwirkungen L d = Σ 1,35 (1,0) * G k,i + 1,35 * Σ Q k,i LF1 Plus 0,35 * LF1 + LF2 Plus 0,35 * LF2 + LF3.1 Plus 0,35 * LF3.1 Plus 1,35 * (LF3.2 - LF3.1) Plus 1,35 * 0,80 * LF4 Plus 1,35 * [ LF5.2 Plus LF5.3 Plus LF6.3 Oder LF6.4 Plus (Plus LF7.1 Oder LF7.2 Plus LF7.3)] Erläuterung der Kombinationsvorschrift: [ + ] Lastkombination Damit wird ein Lastfall fix mit dem danebenstehenden kombiniert (Ständige Lasten) [Oder] Lastkombination Der damit übertragene Lastfall kann nicht gleichzeitig mit dem vorangehenden Lastfall auftreten. [Plus] Lastkombination Plus wo maßgebend Der damit übertragende Lastfall wird zusätzlich zu den vorangegangenen Lastfall addiert, wenn sich damit eine größere Gesamtschnittkraft ergibt. [ - ] Lastkombination Differenzwert von 2 Lastfällen
6.2 Gebrauchstauglichkeit (SLS) Seite: 9 / 9 6.2.1 Grenzzustand der Rissbildung: w k = 0,3 mm Lastkombination für Dauerlast: LF1 + LF2 + LF3.1 Plus (LF3.2 - LF3.1) Plus LF4 Plus 0,30 * [ LF5.1 Oder LF5.2] Plus Plus 0,50 * (LF7.1 Oder LF7.2) 6.2.2 Grenzzustand der Verformungen: Berechnung der Überhöhung für Tragwerksverformung sowie für die Bauausführung sind nachzuweisen. 6.3 Standsicherheit 6.3.1 Bodenpressung: Nachweis der max Bodenpressung auf Gebrauchlastniveau 6.3.2 Grundbruchsicherheit: (offene Rahmen) Alternativ zum Nachweis der Bodenpresssung kann die Grundbruchsicherheit nachgewiesen werden. 6.3.3 Gleitsicherheit: (offene Rahmen)