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Transkript:

Leitthema Orthopäde 2010 39:580 584 DOI 10.1007/s00132-009-1590-8 Online publiziert: 8. Mai 2010 Springer-Verlag 2010 M. Reith M. Richter Wirbelsäulenzentrum, St. Josefs Hospital, Wiesbaden Ergebnisse des interspinösen Wallis-Implantats Die verbesserten diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten in der Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen führten in den letzten Jahren zur regelhaften Verwendung einer Vielzahl an dynamischen Implantatsystemen. Im Vordergrund stehen hier interspinöse Spacer, dynamische Schrauben-Stab-Systeme und Bandscheibenprothesen. Das interspinöse Wallis-Implantat wurde von Jacques Sénégas 1986 entwickelt und gilt als ein Vorreiter der interspinösen Systeme, wie sie heute angewandt Die ursprüngliche Intention von Jacques Sénégas lag in der Stabilisation eines Bewegungssegments unter Erhalt der Mobilität mit besonderem Fokus auf die Entlastung der Facettengelenke und der Bandscheibe. Problemstellung 580 Der Orthopäde 6 2010 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule stellen die häufigste Ursache für Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) dar. Im Vordergrund stehen Bandscheibendegenerationen und Instabilitäten bereits beim jüngeren Menschen sowie im weiteren Verlauf Spinalkanalstenosen. Deren Ursachen liegen in der Veränderung der Facettegelenke, des gelben Bandes und der Bandscheibe selbst, verursacht durch äußere Einflüsse und genetische Prädisposition [1, 16]. Die mikrochirurgische Dekompression ist heute bei erfolgloser konservativer Therapie der Spinalkanalstenose das gängigste operative Verfahren [3, 4]. Zur Behandlung der alleinigen Bandscheibendegeneration ohne Instabilität kommen operativ die Implantation einer Bandscheibenprothese oder die Fusion zur Anwendung. Eine Segmentinstabilität vorbestehend oder operativ induziert endet häufig ebenfalls in einer Fusionsoperation. Da die Durchführung einer Fusion mit einer nicht unerheblichen Morbidität einhergeht, besteht das Bestreben, eine möglichst gering invasive, dynamische Stabilisation eines Bewegungssegments zu etablieren. Des Weiteren stellt die fortschreitende Degeneration der Bandscheibe selbst eine große therapeutische Herausforderung dar. > Erhöhung der Rigidität eines Bewegungssegments unter Erhalt der Mobilität Unter diesen Aspekten wurde von Jacques Sénégas 1986 die erste Generation des Wallis-Implantats entwickelt und damit der erste interspinöse Spacer etabliert, wie er (modifiziert) heute noch Verwendung findet [14]. Ziele waren zum einen die Behandlung instabilitätsbedingter Beschwerden, sowie die Entstehung einer Instabilität zu verhindern. Zum anderen sollte bei Erhalt der Mobilität des operierten Segments die weitere Degeneration der betroffenen Bandscheibe aufgehalten Prinzip der dynamischen Stabilisation mittels interspinösem Spacer Im Vordergrund steht die Erhöhung der Rigidität eines Bewegungssegments unter Erhalt der Mobilität. Die am Markt befindlichen interspinösen Implantate unterscheiden sich durch das Design, die verwendeten Materialien (Metall, Peek etc.), die Applikationsweise (offen, perkutan), additive dorsale Zuggurtungen [wie im Falle des Wallis- und DIAM -Implantats ( device for interspinous assisted motion )] und ihrer empfohlenen Indikationen [2]. Zum Teil werden sie in Standalone-Technik appliziert, z. T. nur additiv im Rahmen einer Dekompression oder Sequesterotomie verwendet. Die daraus resultierende Inhomogenität spiegelt sich in der aktuellen Literatur und der inkonstanten Datenlage wider. Neben der Entlastung der Facettengelenke ist für Jacques Sénégas ein wichtiger Aspekt in der Verwendung des Wallis-Implantats die Normalisierung der Druckverhältnisse der Bandscheibe mit der Möglichkeit der Regeneration des Bandscheibengewebes [9, 14]. Dokumentiert wird dies in MR-graphischen Verlaufskontrollen, in denen es zur Normalisierung des Bandscheibensignals als hypothetischer Ausdruck einer Rehydrierung der Bandscheibe kommt [14]. Daher erstreckt sich ein Teil des empfohlenen Indikationsspektrums auf Diskopathien. Das Wallis-Implantat Anfang der 1980er Jahre wurde von Jacques Sénégas 1986 die erste Generation des Wallis-Implantats entwickelt. Aufgrund der Ergebnisse erfolgte eine Überarbeitung des Implantats, so dass seit 2001 eine modifizierte Version zur Verfügung steht. Es handelt sich ist um einen interspi-

Zusammenfassung Abstract nösen Spacer, der an die Form der Dornfortsätze angepasst wurde (. Abb. 1). Um die Steifigkeit des Implantats zu reduzieren, besteht die zweite Generation des Wallis-Implantats aus dem elastischen Werkstoff Polyetheretherketon (PEEK) und entspricht mit seinen Hohlräumen weitgehend der Elastizität des Knochens. Es ist mit zusätzlichen Polyesterbändern versehen, die um den kranialen und kaudalen Dornfortsatz herum gelegt So soll eine zusätzliche Stabilisation in Inklination gewährleistet und die Kontaktfläche des Implantats vergrößert werden, um die Belastung im Interface Implantat/ Knochen besser zu verteilen. In Flexion begrenzen die um die Dornfortsätze gelegten Polyesterbänder die Bewegung, ohne diese komplett zu verhindern. In der Extensionsbewegung begrenzt das Implantat das Annähern der Dornfortsätze und limitiert so das Bewegungsausmaß. So soll die Beweglichkeit des betroffenen Segments kontrolliert Um eine postoperative Kontrolle der Implantatlage zu gewährleisten, sind senkrecht stehende Röntgenmarker eingebracht. Im Röntgenbild sind diese von den Titanringen, welche an den Kordelenden angebracht werden, zu unterscheiden (. Abb. 2). Operationstechnik Orthopäde 2010 39:580 584 Springer-Verlag 2010 DOI 10.1007/s00132-009-1590-8 M. Reith M. Richter Ergebnisse des interspinösen Wallis-Implantats Results of the Wallis interspinous spacer Zusammenfassung Zunehmend werden unterschiedliche interspinöse Spacer zur Behandlung verschiedenster Indikationen eingesetzt. Das interspinöse Wallis-Implantat wurde von Jacques Sénégas 1986 entwickelt und gilt als ein Vorreiter der interspinösen Systeme, wie sie heute angewandt Die ursprüngliche Intention von Jacques Sénégas lag in der Stabilisation eines Bewegungssegments unter Erhalt der Mobilität mit besonderem Fokus auf die Entlastung der Facettengelenke und der Bandscheibe. Die Handhabung des Wallis- Implantats ist einfach, die frühen postoperativen Ergebnisse sind Erfolg versprechend. Inwieweit dies auch im Langzeitverlauf bestätigt werden kann, bleibt weiteren Studien vorbehalten. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind für am Markt befindliche Implantate keine Studien mit einem Follow-up über 24 Monate veröffentlicht worden. Ob die Verwendung des Wallis-Implantats additiv zur Dekompression der Spinalkanalstenose das klinische Outcome verbessert ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sicher beurteilbar. Außerdem erscheinen interspinöse Implantate häufig biomechanisch überfordert, lockern sich und weisen Lysesäume um das Implantat auf. Schlüsselwörter Lumbale Spinalkanalstenose Interspinöser Spacer Wallis-Implantat Dynamische Stabilisation Rückenschmerz Abstract An increasing number of different interspinous devices are being used for different indications. The Wallis interspinous implant was invented in 1986 by Mr. Jacques Sénégas as one of the first modern interspinous devices. The primary intention of Sénégas was to improve segmental stabilisation, based on the unloading of the facet joints and the disc. The Wallis system is easy to handle and the early clinical results are promising. How far the early outcome will lead to good long-term results is unknown, because there are no longterm results in the literature till now. Limiting factors for the devices are the possible biomechanical overload, the loosening of the implants and the lytic zones around the spinous processes after more than 1 year. Keywords Lumbar spinal stenosis Interspinous device Wallis implant Dynamic stabilization Low back pain Zur Implantation des Wallis-Implantats wird der Patient in Bauchlage gelagert, wichtig ist das Erreichen einer möglichst physiologischen Lordose der LWS, um eine Kyphosierung durch das Einbringen des Implantats zu verhindern. Das Lig. supraspinosum wird von den Dornfortsätzen scharf abgelöst und nach lateral gehalten, um es nach Einbringen des Spacers wieder an den Dornfortsätzen zu refixieren. Nach der anschließenden Resektion des interspinösen Bandes erfolgt das Glätten der Dornfortsätze, um einen guten ventralen Sitz des Implantats zu gewährleisten. Nach Größenbestimmung des Implantats schließt sich das Einbringen von lateral ohne große Kraftanstrengung an, um eine Fraktur an den Dornfortsätzen oder aber eine Kyphosierung des Segments zu vermeiden. Im Anschluss werden die Polyesterbän- Der Orthopäde 6 2010 581

Leitthema Abb. 1 9 Das Wallis-Implantat mit den Polyesterbändern, die um den kranialen und kaudalen Dornfortsatz herum gelegt (Mit freundl. Genehmigung der Fa. Zimmer Germany GmbH, Freiburg) Abb. 2 8 Postoperatives Röntgenbild zur Lagekontrolle: Die senkrecht stehenden Röntgenmarker spiegeln den optimalen Implantatsitz wider Insgesamt ist die Implantation des Spacers technisch einfach und weist kaum intraoperative Schwierigkeiten auf. Indikationen Als Indikation zur Verwendung des Wallis-Implantats werden größere Bandscheibenvorfälle beim jüngeren Patienten sowie Bandscheibenrezidive und Vorfälle bei lumbosakralen Übergangsstörungen angegeben. Weiterhin wird die Verwendung des Implantats bei degenerativen Diskopathien oberhalb einer Spondylodese als topping off und die Therapie klinisch relevanter Diskopathien mit oder ohne Modic-Veränderungen in der Bildgebung empfohlen. Zuletzt gilt als eine Indikation die Spinalkanalstenose im Rahmen der Dekompression als additiver Stabilisator. Eine alleinige Verwendung des Wallis-Implantats in Stand-alone-Technik zur Behandlung der Spinalkanalstenose (wie Hersteller anderer interspinöser Implantate sie empfehlen) wird von Sénégas nicht ausdrücklich angeraten. Als Kontraindikationen gelten die Degeneration der Bandscheibe im Stadium V nach Pfirrmann [11] oder das Vorliegen einer Spondylolisthese. Weiterhin wird keine Anwendung des Implantats bei unspezifischen Lumbalgien, Modic- Veränderungen Grad 2 und 3 sowie beim Vorliegen einer Osteoporose empfohlen. Abb. 3 9 Implantiertes Wallis-Implantat mit gespannten Polyesterbändern um die Dornfortsätze bei erhaltenem Lig. supraspinosum. (Mit freundl. Genehmigung der Fa. Zimmer Germany GmbH, Freiburg) der unter Zuhilfenahme entsprechender Hilfsmittel um die Dornfortsätze gelegt, am Implantat fixiert und mit definiertem Drehmoment festgezogen. Nach Versorgung der gekürzten Kordelenden mit Titanringen wird das Lig. supraspinosum an den Dornfortsätzen refixiert (. Abb. 3). Prinzipiell ist auch eine bisegmentale Implantation des Wallis-Implantats möglich. Hierbei werden die Kordeln der beiden Implantate gegeneinander verspannt. Eigene Ergebnisse und aktuelle Literatur Im Jahr 2005 wurden in unserer Abteilung bei insgesamt 77 Patienten ein Wallis-Implantat implantiert: 37 der Behandelten waren Männer, 40 waren Frauen. Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Operation betrug 62,25 (29 89) Jahre; 63 Patienten wurden monosegmental, 14 Patienten bisegmental operiert. Präund postoperativ wurde die visuelle Analogskala (VAS) für Rücken- und Beinschmerz, der Oswestry Disability Index (ODI), sowie der SF36 erhoben. Weiterhin wurden alle Patienten klinisch und radiologisch untersucht. Das Nachuntersuchungsintervall betrug 7,3 (5,3 12,1) Monate. Eine weitere Nachuntersuchung war nicht vorgesehen. 582 Der Orthopäde 6 2010

Abb. 4 8 Röntgen der LWS im seitlichen Strahlengang postoperativ: Lysesaum am Unterrand des Dornfortsatzes von LWK4 nach Implantation eines Wallis-Implantats LWK4/5 Abb. 5 8 Röntgen der LWS im seitlichen Strahlengang postoperativ: Lysesaum am Oberrand des Dornfortsatzes von LWK4 nach Implantation eines Wallis-Implantats LWK4/5 in Höhe der um den Dornfortsatz gespannten Polyesterbändern Indikationen waren: F Spinalkanalstenosen, F Rezidiv oder Massenvorfälle mit beginnender Instabilität, F Anschlussdegenerationen ohne wesentliche Instabilität nach Spondylodese, F Versorgung des Anschlusssegments im Rahmen einer dorsalen Spondylodese bei vorhandener Degeneration oder Stenose ohne wesentliche Instabilität. Reine Diskopathien oder klinisch relevante, therapieresistente Spondylarthrosen wurden in unserer Abteilung nicht mittels eines interspinösen Spacers versorgt. Zur besseren Beurteilung wurden die Patienten mit zusätzlicher Spondylodese (Gruppe 1) getrennt vom Rest der Patienten (Gruppe 2) bewertet: Im Rahmen des Follow-up wurden in der Gruppe 1 eine subjektive Besserung der körperlichen Funktion von 35,2% der Patienten und eine Reduktion der Schmerzen von 78,3% der Patienten angegeben. In der Gruppe 2 zeigte sich eine subjektive Besserung der körperlichen Funktion bei 44,8% und eine Schmerzreduktion in 84,9%. Der VAS bezüglich Rückenschmerzen reduzierte sich in beiden Gruppen von 8,4 auf 4,5, der Beinschmerz von 6,7 auf 3,6. Der ODI fiel von 53% auf 38%. In keinem Fall kam es zu einer Dislokation des implantierten interspinösen Spacers. Ein Patient musste aufgrund eines infizierten Fadengranuloms revidiert werden, dabei wurde das Wallis- Implantat entfernt und 6 Wochen später erfolgreich eine dorsale Instrumentierung durchgeführt. Ein Patient stürzte im Rahmen der Rehabilitation, erlitt einen Dornfortsatzabbruch und wurde ebenfalls mittels dorsaler Spondylodese versorgt. In der Folge kam es zu einer vermehrten Vorstellung von Patienten aufgrund erneut aufgetretener Beschwerden: Im Vordergrund standen Patienten, die initial wegen einer Claudicatiosymptomatik und tieflumbalem Rückenschmerz additiv zur Dekompression mit einem interspinösen Spacer versorgt worden waren und nun eine erneute Claudicatiosymptomatik beklagten. Bei allen Patienten zeigte sich ein deutliches Fortschreiten der initialen Degeneration. Zwei Patienten mit Massenprolaps wiesen einen Rezidivvorfall auf, und 6 Patienten erlitten in einem prophylaktisch mitversorgten Anschlusssegment im Rahmen einer bisegmentalen Fusion einen Segmentkollaps mit Kyphosierung und konsekutiver Stenose. So war es bis zum heutigen Tag erforderlich, insgesamt 22 Patienten (entspricht 16,94%) der in unserer Abteilung im Rahmen der oben genannten Studie erfassten Patienten zu revidieren. Zusammenfassend erschienen die frühen klinischen postoperativen Ergebnisse sehr Erfolg versprechend. Im Verlauf zeigte sich aber die oben geschilderte Entwicklung, weswegen die Implantation interspinöser Spacer nun sehr restriktiv gehandhabt wird. Der Vergleich mit der aktuellen Literatur spiegelt unsere Erfahrung teilweise wider: Die Datenlage bezüglich der klinischen und biomechanischen Ergebnisse bei der Verwendung interspinöser Spacer ist inhomogen und ungenügend. Einige Autoren berichten über Erfolg versprechende Ergebnisse in der frühen postoperativen Phase [10], andere Autoren berichten über eine fortschreitende Degeneration trotz einliegendem Implantat [17] oder aber das Wiederauftreten der Claudicatiobeschwerden [7], wie wir es in unserem eigenen Patientenklientel ebenfalls beobachten konnten. Für die Verwendung eines interspinösen Spacers als Rezidivprophylaxe im Rahmen einer Sequesterotomie gibt es keine Evidenz [5]. Langzeitergebnisse (über 24 Monate) existieren in der Literatur zum gegenwärtigen Zeitpunkt für keines der gängigen Implantate. Die einzige Studie über die Verwendung eines interspinösen Spacers mit einem Follow-up über 24 Monate stammt von Sénégas selbst [15]. Diese Evaluation des Wallis-Implantats nach 13 Jahren bezieht sich aber ausschließlich auf die erste Generation des Wallis-Implantats, wurde retrospektiv und ohne Kontrollgruppe angelegt und wird durch die Inhomogenität der ursprünglichen Indikationen relativiert. > Erniedrigung des Bandscheibendruckes durch interspinöses Implantat Bezüglich der Stabilisation eines Bewegungssegments nach Implantation eines interspinösen Spacers mit dorsaler Zuggurtung über die bereits erläuterten Polyethylenkordeln ist die aktuelle Datenlage unklar. Eine französische Arbeitsgruppe um Sénégas et al. [8] sowie Schulte et al. [12] sehen die Restriktion des Bewegungsausmaßes durch die Implantation eines Wallis-Spacers in einer kombinierten Finite-Elemente-Analyse und einer Kadaverstudie als bewiesen an, während Wilke et al. [18] im Rahmen des Deutschen Wirbelsäulenkongresses 2006 über eine geringe Restriktion des Bewegungsausmaßes berichten. Bewiesen scheint die Der Orthopäde 6 2010 583

erhoffte Erniedrigung des Bandscheibendruckes durch ein interspinöses Implantat im Indexlevel; die Reduktion des intradiskalen Druckes in den angrenzenden Segmenten konnte bisher nicht nachgewiesen An den Grenzflächen zwischen Implantat und Knochen haben wir in unserem eigenen Patientengut eine nicht unerhebliche Anzahl nativradiologischer Lysesäume um das Implantat beobachtet (. Abb. 4), aber auch an den Dornfortsätzen in Höhe der eingebrachten Polyethylenkordeln (. Abb. 5). Hierbei kam es nicht in allen Fällen auch zu klinischen Beschwerden, die fortschreitende Arosion der Dornfortsätze hatte aber in 2 Fällen die Fraktur der Dornfortsätze ca. 2,5 Jahre nach Erstimplantation zur Folge. Ein ähnliches Phänomen wird bezüglich des DIAM -Implantats auch von Jerosch u. Moursi [6] beschrieben. Fazit für die Praxis Mit dem interspinösen Spacertyp Wallis steht ein einfach zu implantierendes Tool zur Verfügung, das wohl in der Lage ist, eine Stabilität im implantierten Level zu induzieren. Durch die Kordel ist eine zusätzliche Zuggurtung von dorsal vorhanden, was neben der Materialbeschaffenheit einen wesentlichen Unterschied zu den anderen am Markt befindlichen Spacern darstellt. Inwieweit die guten kurzfristigen Ergebnisse auch im Langzeitverlauf bestehen, bleibt weiteren Studien vorbehalten. Ob die Verwendung des Wallis-Implantats additiv zur Dekompression der Spinalkanalstenose das klinische Outcome verbessert, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sicher beurteilbar. Die beobachteten Lysesäume geben Anlass zur Sorge, so dass die Indikation streng gestellt werden sollte. Eine Implantation bei vorliegender Makroinstabilität oder zur Rezidivprophylaxe erscheint nicht sinnvoll. Leitthema Korrespondenzadresse Dr. M. Reith Wirbelsäulenzentrum, St. Josefs Hospital Beethovenstraße 20, 65189 Wiesbaden mreith@joho.de Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor weist auf folgende Beziehung hin: Vertragstätigkeit im Rahmen eines Anwendertreffens 2007 in Marl. Literatur 1. 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