Sven Frisch Dipl. Sozialpäd. (FH) Fachambulanz für junge Suchtkranke, München AVerCa- Cannabis Talk, München am

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Transkript:

Sven Frisch Dipl. Sozialpäd. (FH) Fachambulanz für junge Suchtkranke, München AVerCa- Cannabis Talk, München am 03.09.2009

Ambulante Beratungs- und Behandlungsansätze bei Cannabisstörungen Gliederung 1. Cariflex Zieloffene Intervention für jugendliche CannabiskonsumentInnen 1.1 Das Beratungssetting von Cariflex 1.2 Die Inhalte von Cariflex 1.3 Zusammenfassung 2. CANDIS Modulare Therapie von Cannabisstörungen 2.1 Ablauf und Inhalte der Therapie 2.2 Effektivität von CANDIS 3. CANDIS_G 3.1 Methoden von CANDIS_G 3.2 Vorteile von CANDIS_G

1. Cariflex Seit 2002 gibt es in der Fachambulanz ein zieloffenes Behandlungs- Programm für jugendliche CannabiskonsumentInnen auf Grundlage der Motivierenden Gesprächsführung, genannt Cariflex Das Programm ist insbesondere auf KlientInnen mit wenig Veränderungsmotivation sowie Auflagenklientel zugeschnitten Die Inhalte der Gruppensitzungen werden flexibel gestaltet und sind fortlaufend, ein Einstieg ist somit jederzeit möglich

1.1 Das Beratungssetting von Cariflex Offene Sprechstunde Montags, 17:00 Uhr Beratungs- und Reflexions- Gruppe Montags, 18:30 Uhr Beratungs- und Reflexions- Gruppe Montags, 18:30 Uhr Einzelgespräch(e) Individuell

1.2 Die Inhalte von Cariflex Reflexion Sensibilisierung Harm- Reduction Motivation Systemische Beratung

1.2 Die Vorüberlegungen zu den Gruppeninhalten oder -Schwerpunkten Ausgangs- Situation: Jugendliche mit unterschiedlichen Konsummustern Kein riskanter Konsum wenn zutreffend: Handlungsauftrag: - Informationsvermittlung - Prävention wenn nicht zutreffend Riskanter (Missbrauchs) Konsum wenn nicht zutreffend wenn zutreffend: - Reflexion des Konsums - Rechtliche- und Gesundheitliche Folgen - Sekundärprävention (harm-reduction, safer-use) - Elternberatung Abhängigkeits- Konsum wenn zutreffend: - Motivation zur Verhaltensänderung - Weiterführende Maßnahmen: - Beratung - Therapie - Systemische Beratung/Therapie

1.3 Cariflex Zusammenfassung Beratung im Spannungsfeld zwischen Akzeptanz und Intervention Flexible Gestaltung der Gruppeninhalte Besonders im Blickfeld: Konsummotive Fundierte (auch spielerische) Informationsvermittlung Möglichst junge BeraterInnen (Peer to Peer Prinzip)

2. CANDIS - Die CANDIS - Therapie ist ein verhaltenstherapeutisches Behandlungsprogramm, das speziell auf die Probleme und Bedürfnisse von Jugendlichen und Erwachsenen mit cannabisbedingten Störungen zugeschnitten ist - Im Gegensatz zu Cariflex zielt CANDIS konkret auf eine Konsumreduktion, bzw. Erreichung und Aufrechterhaltung einer Abstinenz von Cannabis ab.

2. CANDIS - Die modulare Kurzzeittherapie basiert auf 10 Sitzungen (90 min) Einzeltherapie - Sie setzt sich aus den Bausteinen Motivationsförderung (MI), kognitiv-behaviorale Therapie und einem Problemlösetraining zusammen - Das Programm stellt Arbeitsblätter für die Hausaufgaben zwischen den Sitzungen bereit.

2.1 Ablauf und Inhalte der CANDIS - Therapie Erstgespräch Sitzung 1: Psychoedukation & Förderung der Veränderungsmotivation Ziele: - Patient kennt die Wirkung und Folgen der Substanz Cannabis - Patient versteht, wie Cannabismissbrauch und Abhängigkeit entsteht - Erkennen der pers. Konsummuster Sitzung 2: Förderung der Veränderungsbereitschaft - Patient erkennt die wichtigsten Motive für seinen Cannabiskonsum sowie Motive für eine Abstinenz - Befürchtungen / Barrieren hinsichtlich des Konsumstopp werden besprochen Sitzung 3: Verstehen der eigenen Konsummuster - Patient erkennt Auslöser, Reaktionen und Konsequenzen des Cannabiskonsums. - Patient versteht, warum er selbst Cannabisabhängig geworden ist.

2.1 Ablauf und Inhalte der CANDIS - Therapie Sitzung 4: Vorbereitung des Zieltags Ziele: - Patient akzeptiert Abstinenz als Therapieziel - Patient lernt, wie er sich konkret auf den Zieltag vorbereiten kann - Patient ist über Entzugssymptome und entsprechende Bewältigungsstrategien aufgeklärt Sitzung 5: Nachbesprechung des Zieltags - Konnte der Zieltag nicht umgesetzt werden, wird Sitzung 4 wiederholt - Erfolge werden durch Verstärkung stabilisiert. - Patient lernt abstinent zu bleiben (Aufklärung über Entstehung, Auslöser und Bewältigungsstrategien von Craving) Sitzung 6: Rückfallprophylaxe - Patient erkennt individuelle Risikosituationen für einen Rückfall - Patient versteht, warum er selbst Cannabisabhängig geworden ist.

2.1 Ablauf und Inhalte der CANDIS - Therapie Sitzung 7: Problemlösen I Ziele: - Patient lernt spezifische Problembereiche zu benennen, Lösungsstrategien zu erarbeiten und umzusetzen Sitzung 8: Problemlösen II - s.o. Sitzung 9: Komorbiditäten - Patient kennt häufig auftretende komorbide Störungen - Patient kennt die Prozesse einer Suchtverlagerung - Patient kennt professionelle Behandlungsmöglichkeiten bei psychischen Störungen

2.1 Ablauf und Inhalte der CANDIS - Therapie Sitzung 10: Soziale Kompetenz & Abschluss der Therapie Ziele: - Patient lernt eigene Bedürfnisse und Gefühle in angemessener Art und Weise mitzuteilen - Patient lernt neue Verhaltensweisen, um Cannabis abzulehnen. - Patient und Therapeut bilanzieren die Therapie Therapieende 3-Monats-Katamnese 6-Monats-Katamnese

2.2 Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse CANDIS ist effektiv: Jeder zweite Teilnehmer wurde abstinent! Zwei-Drittel wurden abstinent oderreduzierten den Konsum. Die Effekte sind in den 3-und 6-Monats-Katamnesen stabil. Signifikante Verbesserungen zeigten sich in den Bereichen: illegaler Drogenkonsum, rechtliche Probleme, Zufriedenheit mit Arbeit, familiäre und soziale Probleme. Keine Verbesserung im Bereich Alkoholkonsum

60 2.2 CANDIS I: Cannabiskonsum im 6-Monats-Follow-Up (n = 71) 50 49 40 38 30 20 10 0 Abstinenz Reduktion Keine Veränderung 11 3 Stärkerer Konsum

3. CANDIS_G Didaktische Änderungen im Vergleich zur CANDIS- Einzeltherapie Erfahrungsaustausch Gruppenarbeit (Kleingruppe/Großgruppe) Einzelarbeit in der Gruppe Auflockerung Metaphern/Visualisierungen Psychoedukation in der Gruppe Experimente

3.1 Methoden von CANDIS_G Erfahrungsaustausch: z.b.: typische Konsumsituationen, Veränderungsstrategien, Problemlösestrategien, Komorbiditäten. Gruppenarbeit: z.b.: Auslöser- und Strategien zum Umgang mit Craving Experimente: z.b.: Talk Show, Ablehntraining im Rollenspiel

3.2 Vorteile von CANDIS_G? Große Einrichtungen brauchen ökonomische Therapieangebote (Gruppengröße bis zu 12 Klienten) Leistungsträger bevorzugen Gruppen bei der Finanzierung der Therapie Behandlungsformat bietet wichtige therapeutische Vorteile im Vergleich zur Einzeltherapie (Modelllernen etc.)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!