Angleichung der Ostrenten in Sicht?

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Transkript:

Angleichung der Ostrenten in Sicht? Wenn man die gegenwärtige Debatte zur Rentenproblematik verfolgt, so wird deutlich, dass die heutigen Säulen der Alterssicherung die beitragsfinanzierte gesetzliche Rente, die staatlich unterstützte kapitalgedeckte Rente, als Riester-Rente bekannt, sowie die Eigenvorsorge in der Gestalt verschiedener Versicherungen hinsichtlich des Schutzes vor Altersarmut von vielen Experten in Zweifel gezogen wird. Dabei spielt offenbar auch die aktuelle Zinsentwicklung eine nicht unbeachtliche Rolle. Das schätzt offenbar auch die bayerische Landesregierung so ein. Sie will den VW-Konzern verklagen weil die Einlagen Bayerns für die Pensionskasse der Beamten nicht ertragreich genug seien. Als eine allgemeine öffentliche Schlussfolgerung kann man wohl feststellen, dass das gesamte Rentensystem überarbeitet werden muss. Ziel ist dabei, das jetzige Rentenniveau beizubehalten. Auch das Renteneintrittsalter darf nicht weiter erhöht werden. Die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze darf kein Tabu sein. Dazu will der DGB im Herbst ein Programm vorstellen. Am 26. November 2016 ist diesbezüglich eine Veranstaltung hier in Dresden geplant. Man kann vermuten, dass eine schon seit längerem in der Diskussion stehende Bürgerversicherung als Ergebnis herauskommen wird. Es ist wohl aber mit tiefer greifenden Veränderungen zu rechnen. Einige Probleme werden wohl längere Zeit brauchen. Das betrifft die Einbeziehung aller Beschäftigten, also zum Beispiel auch der Selbständigen, aller Berufsstände sowie insbesondere der Beamten, in das künftige Rentensystem. Ein besonderes Thema ist im aktuellen Zusammenhang die Angleichung der Ostrente. Seit nunmehr gut 20 Jahren ist die Angleichung der Renten im Beitrittsgebiet an die in den alten Bundesländern eine offene Frage bei der Vollendung der Einheit Deutschlands. Bei Fortbestand des zweierlei Rentenrechts werden noch am 18. Mai 1990 im Beitrittsgebiet geborene Kinder bei ihrem Renteneintritt etwa 2057 als Ostdeutsche diskriminiert. Diese Vorstellung müsste bei jedem, der die Einheit wirklich will, unabhängig von der Parteizugehörigkeit einen Widerspruch auslösen. Und deshalb muss jetzt unverzüglich ein überschaubarer Zeitrahmen für die Rentenanpassung her. Das ist bekanntlich auch Gegenstand von Vereinbarungen im Koalitionsvertrag. Bisher hat keine Bundesregierung eine Antwort auf die Frage der Rentenangleichung gefunden, trotz zahlreicher hochrangiger Versprechungen. Unsere Forderung nach Rentenangleichung wird auch gestützt durch den Wirtschafts- und Sozialrat der UNO. Im Bericht vom 25.Mai 2011 wird dort geschrieben, dass der Ausschuss den Vertragsstaat dazu auffordert, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die regionalen Unterschiede zwischen 1

den westlichen und den östlichen Bundesländern im Bereich der Beschäftigung zu beseitigen. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass die Ausarbeitung eines neuen Rentenrechts nicht unkompliziert werden wird und Zeit frisst. Und lange können und wollen nun wir Alten nicht warten. Immerhin werden wir seit mehr als zwei Jahrzehnten regelrecht verschaukelt und sind vielleicht auch zu geduldig. Denn auch für uns bewegen sich die Lebenshaltungskosten, meist nach oben. Der Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, Frau Staatssekretärin Iris Gleicke, wurde von mir auf dem Sächsischen Rentengipfel am 21. Juni 2016 folgender Vorschlag übergeben. Bis zur Inkraftsetzung einer erneuerten gesetzlichen Rente soll der Rentenwert Ost auf den allgemeinen Rentenwert angehoben werden. Die Renten im Osten steigen damit um 6,25 %. Diese Maßnahme kostet unter Berücksichtigung der mit Wirkung zum 1. Juli beschlossenen allgemeinen Rentenanpassung etwa 2,7 Mrd. Euro im Jahr. Für die Berechnung von Neurenten ist entscheidend, dass die Umwertung der Löhne und Gehälter gemäß Anlage 10 zum Sozialgesetzbuch 6. Buch beibehalten wird. Dies ist notwendig um die strukturell entstandene Lohndifferenz von 20 bis 30 Prozent auszugleichen. Für Branchen in denen bereits Tarifeinheit besteht entfällt diese Hochwertung. Den Vorschlag habe ich auch der Bundesministerin Frau Nahles sowie allen Bundestagsfraktionen zugesandt. Den Eingang bestätigt haben die Fraktionen der CDU/CSU und der LINKEN. Frau Gleicke hat mir eine Antwort zukommen lassen. Darin wird zwar nicht zu dem Vorschlag Stellung genommen aber es wird die Streichung der Einkommenshochwertung bei künftiger Rentenberechnung begründet. Ich habe daraufhin diese Hochwertung in einem Brief an sie als unverzichtbar dargestellt: Erstens ist es unerlässlich, die Hochwertung der Einkommen Ost bei der Berechnung der Rente solange beizubehalten, bis die Lohngleichheit erreicht ist. Die heutige Lohndifferenz von etwa 20 bis 30 Prozent und relativ geringe Tarifbindung im Beitrittsgebiet wird noch einige Zeit andauern. Sie ist strukturell ein Ergebnis der Treuhandpolitik. In Branchen bei denen eine vollständige Angleichung der Löhne und Gehälter vollzogen ist, fällt diese Hochwertung selbstverständlich weg. Zweitens ist die Rede von einem großen Geldtransfer von West nach Ost zur Zahlung unserer Renten. Ein solcher Transfer findet jedoch in beide Richtungen statt. Die Sozialabgaben der Beschäftigten einer Vielzahl von Unternehmen im Osten mit Stammhäusern in den Altbundesländerny, fließen von dort in die örtlich zuständigen Sozialkassen. Ebenso jene der mittlerweile nach Millionen zählenden in die alten Bundesländer abgewanderten gut qualifizierten Fachkräfte sowie der Pendler, die im Westen arbeiten und mit ihren Familien 2

im Osten leben. Rechnet man beide Zahlungsströme gegeneinander auf, bleibt ein Plus Richtung West. Es ist jedoch schwierig, diesen Sachverhalt exakt zu quantifizieren. Ohne jeden Zweifel ist die Gleichsetzung des Rentenwertes finanziell sicher abgedeckt und entspricht auch der in der alten Bundesrepublik praktizierten Verfahrensweise, nämlich gleicher Rentenwert trotz territorial unterschiedlichem Einkommensniveaus auf der Basis des Gesamtdurchschnittseinkommens. Übrigens wäre diese Aufgabe als Leistung für die Einheit aus Bundesmitteln zu finanzieren, auch wenn das Herr Schäuble anders sieht. Erforderlichenfalls wäre höchstrichterlich zu prüfen, ob hier nicht der Einigungsvertrag Anwendung finden muss. Drittens habe ich auch auf die abschließenden Bemerkungen des Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte des Wirtschafts- und Sozialrates der UNO zum 5. Staatenbericht Deutschlands nach Artikel 16 und 17 des Sozialpaktes vom 20. Mai 2011 hingewiesen. Viertens macht der zuletzt veröffentlichte Alterssicherungsbericht einen ganz wesentlichen Umstand sichtbar. Die Alterseinkommen in Ost und West unterscheiden sich erheblich durch ihre Quellen. So wird ausgewiesen, dass der Anteil der Zahlbeträge aus der Gesetzlichen Rentenversicherung in den alten Ländern bei Ehepaaren 51, bei alleinstehenden Männern 58 und bei alleinstehenden Frauen 67 Prozent der Einkommen ausmacht. In den neuen Ländern sind die entsprechenden Anteile bei Ehepaaren mit 85, bei alleinstehenden Männern mit 86 sowie bei alleinstehenden Frauen mit 94 Prozent ausgewiesen. Es wird deutlich, dass mit einem Vergleich der Rentenzahlbeträge allein keine Aussage zur durchschnittlichen finanziellen Situation der jeweiligen Bevölkerungsgruppe getroffen werden kann. Bei Angleichung des Rentenwertes könnte somit das Einkommen aller dieser Gruppen auf ein annähernd gleiches Niveau gebracht werden. Die von uns erhobene Forderung bewirkt also keineswegs eine neue Ungerechtigkeit, wie von den meisten Politikern behauptet wird. Und höhere Alterseinkommen der Ostfrauen sind auch erklärbar und gerechtfertigt. Sie haben in ihrer großen Mehrheit mehr gearbeitet und auch mehr verdient. Übrigens enthält der Rentenversicherungsbericht 2012 auch eine kurze Betrachtung zur Entwicklung des Rentenwertes Ost unter den bisherigen und der aktuellen Rechtslage entsprechenden spontan verlaufenden Angleichungen. Danach könnte etwa im Jahr 2030 eine Angleichung erreicht werden, das heißt 40 Jahre nach dem Beitritt der DDR zur BRD! Die Angleichung des Rentenwertes Ost an den aktuellen Rentenwert ist die einzige Chance zur Annäherung der Alterseinkommen Ost an das Westniveau und damit ein wichtiger Schritt zur Herstellung der sozialen Einheit in Deutschland. 3

Auf die Auswirkungen des geltenden Rentenrechts für die bis zum 18. Mai 1990 auf dem Gebiet der DDR geborenen sei hier noch einmal hingewiesen. Von gleicher Bedeutung ist natürlich die zügigere Lohnangleichung. Fünftens muss die Frage erlaubt sein, ob seitens der Regierungsparteien schon einmal festgestellt wurde, über welche Finanzgröße wir eigentlich reden? Auf der Grundlage vorliegender statistischer Angaben der Deutschen Rentenversicherung lägen die Kosten bei einer sofortigen Rentenangleichung bei 2,5 bis 3 Milliarden Euro. Das ist knapp 1 Prozent des für 2017 geplanten Bundeshaushaltes. Aber was ist das im Vergleich zu bereits vorhandenen Kostenexplosionen beim Berliner Flughafen, der Hamburger Philharmonie oder dem Stuttgarter Hauptbahnhof? Ich möchte nicht unterstellen, dass das Ziel jeder weiteren Verschiebung der Rentenangleichung die Einsparung finanzieller Mittel ist, die ja auf Grund des hohen Lebensalters der Rentnerinnen und Rentner erwartet werden kann. Ich möchte jedoch betonen: Auch für Politiker gilt die alte Regel wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg! Mir ist auch klar, dass es nicht unproblematisch ist, all diese teilweise sehr komplizierten Zusammenhänge in ganz Deutschland deutlich und verständlich zu machen. Aber nicht nur für uns Beitrittsbürger muss manches neu gelernt oder begriffen werden. Der reale Vollzug der deutschen Einheit ist eben keine Hau-Ruck-Aktion. Er ist aber auch so oder so ein Beispiel für Europa! Mit Datum vom 4. August habe ich eine Antwort im Auftrag von Frau Gleicke erhalten. Darin wird auf die laufenden Arbeiten für einen Referentenentwurf für ein Rentenüberleitungs-Abschluss-gesetz verwiesen. Sobald die Frühkoordinierung zwischen den Ressorts beendet ist soll ein konkreter Fahrplan zur Rentenanpassung Ost-West vorliegen. Frau Gleicke, so wurde versichert, wird als Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer auf die Umsetzung der Vereinbarungen im Koalitionsvertrag bestehen und das Gesetzgebungsverfahren kritisch begleiten. Ich habe für die Antwort gedankt und versichert, dass auch wir den Vorgang sehr aufmerksam verfolgen werden. In den letzten Wochen ist in der Angelegenheit einiges passiert, was wir auch selber registrieren konnten und was Frau Gleicke auch in ihrem Schreiben dargestellt hat. Manches ist unklar und widersprüchlich, aber die Sache ist in Bewegung geraten und das müssen wir ausnutzen. Frau Nahles hat, wie bereits oben angedeutet, das Problem der Rentenanpassung als wichtig erkannt und verkündet, dass bis 2020 der Ostrentenwert in zwei Stufen auf die Höhe des Allgemeinen Rentenwertes im Volksmund Rentenwert West gebracht werden soll. Das klingt für uns Rentnerinnen und Rentner im Beitrittsgebiet zunächst einmal gut. Aber die Sache hat einen Haken: Bei der Rentenberechnung soll- wie bereits geschildert - dann die wegen des um etwa 20 bis 30 Prozent geringeren Ein- 4

kommens in den neuen Ländern bisher praktizierte Hochwertung der Löhne und Gehälter entfallen. Für die nächste Generation würde damit das Tor zur Altersarmut weiter geöffnet. Dagegen sollen sich die heute Beschäftigten durch Eigenvorsorge schützen. Ich frage ganz eindringlich: Wie soll das aber bei der Vielzahl kleiner Löhne und Gehälter gehen? Woher sollen die Leute das Geld für eine private Versicherung nehmen? Und was käme bei den derzeitigen und zu erwartenden Zinssätzen überhaupt raus? Die Riester-Rente ist, da sind sich alle Fachleute einig, gescheitert. Wie inzwischen bekannt wurde, soll die Rentenangleichung ab dem 1. Januar 2020 vollständig vollzogen werden. Ab diesem Zeitpunkt fällt dann die Hochwertung der Osteinkommen wie schon gesagt weg. Dies wäre allerdings nur gerechtfertigt, wenn bis dahin eine vollständige Angleichung der Tariflöhne und gehälter erfolgen würde. Ein Vergleich der Einkommen von z.b. 2.500 Euro im Osten und 2.500 Euro im Westen, wie er in manchen Pressseerzeugnissen gezogen wird, spiegelt die Realität nicht wider. Ein Westeinkommen von 2.500 Euro entspricht einer minderen Qualität der oder des Beschäftigten im Osten. Die beiden Einkünfte entsprechen nicht den jeweils geltenden Tarifgruppen. Nur in einzelnen Gewerben, zum Beispiel bei Banken und Versicherungen, sind die Tarife vollständig identisch. Gegen den Wegfall der Hochwertung bei der Rentenberechnung im Beitrittsgebiet gibt es bereits jetzt deutliche Proteste. So von der Volkssolidarität, dem Sozialverband Deutschlands, von Abgeordneten der LINKEN und von anderen Betroffenen. Auch wir als GBM müssen für eine gerechte Lösung weiter kämpfen. Den Politikern müssen wir ganz klar und nachdrücklich immer wieder sagen: Wir werden nur Kandidaten wählen, welche eine gerechte Lösung für die künftigen Rentnerinnen und Rentner im Beitrittsgebiet unterstützen. Eberhard Rehling Mitglied im Sprecherrat des OV Dresden Veröffentlicht in akzente 205. Ausgabe September 2018 5