Artenschutzgutachten zu Gehölzrodungen für die geplante Bebauung der Grünanlage nördlich Salzberger Straße, Stadt Schüttorf Potenzialanalyse und Maßnahmenumsetzung Stand: 18.06.2017 Bearbeiter: Dr. Marc Reichenbach, Dipl.-Biol., Dipl.-Ökol. Dennis Wehrenberg, M.Sc. Landschaftsökologie Jennifer Poier, M.Sc. Landschaftsökologie Escherweg 1 26121 Oldenburg Postfach 3867 26028 Oldenburg Telefon 0441 97174-0 Telefax 0441 97174-73 E-Mail info@nwp-ol.de Internet www.nwp-ol.de NWP Planungsgesellschaft mbh Gesellschaft für räumliche Planung und Forschung
Artenschutzgutachten Gehölzrodung Salzberger Str., Schüttorf 1 VERANLASSUNG Die Grünanlage des ehemaligen Schulgeländes nördlich der Salzberger Str. soll überbaut werden, was die Notwendigkeit umfangreicherer Gehölzrodungen zur Folge hat. Zur Sicherstellung der Vereinbarkeit dieses Vorhabens mit den artenschutzrechtlichen Anforderungen gemäß 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (insbesondere keine Tötung geschützter Tiere, keine Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten) wurde am 17.01.2017 eine Kontrolle der vorhandenen Bäume auf potenzielle oder tatsächliche Vorkommen von Fledermausquartieren, auf vorhandene Vogelnester, und Besatz von Baumhöhlen vorgenommen (untersuchter Bereich siehe Abbildung 1). Hierfür erfolgte zunächst ein optisches Absuchen der Stämme und Zweige nach Höhlen und Nestern mittels Fernglas. Anschließend wurden vorhandene Höhlen und Spalten mittels Leiter und Endoskop auf Fledermausbesatz (Winterquartier) kontrolliert (Abbildung 2). Abends erfolgte zudem eine Kontrolle auf rufende Eulen unter Einsatz von Klangattrappen. Auf dieser Grundlage erfolgte eine Abschätzung des Potenzials hinsichtlich der Bestandssituation für Vögel und Fledermäuse. Nachfolgend werden die Ergebnisse dieser Kontrolle beschrieben und es werden Hinweise zu den artenschutzrechtlichen Konsequenzen gegeben. ÜBERSICHT Das Untersuchungsgebiet (UG) setzt sich aus mehreren Grünflächen zusammen, wobei der westliche und östliche Teil des Gebietes Sportplätze mit Rasenflächen sind, und der nördliche Teil eine Parkfläche darstellt. Von Norden nach Süden verläuft ein Fußweg, der von einer Birkenallee begleitet wird. Die komplette Grünfläche ist von Bäumen umstanden, besonders dicht am westlichen und südlichen Rand durch Birken und Nadelgehölze. Auf der nördlichen Parkfläche befinden sich solitär oder in kleinen Grüppchen stehende hohe Parkbäume (u.a. Platane, Roteiche, Kiefer), siehe Abbildung 3-5 und Titelbild.
Artenschutzgutachten Gehölzrodung Salzberger Str., Schüttorf 2 Abbildung 1: Untersuchungsgebiet; Schulgebäude in der Grünfläche nicht mehr vorhanden. Grüne Punkte stellen die mit Nistkästen und Fledermausquartierkästen bestückten Bäume da. Abbildung 2: Mitarbeiter kontrolliert Baumspalte eines Alleebaumes mit Leiter und Endoskop
Artenschutzgutachten Gehölzrodung Salzberger Str., Schüttorf 3 Abbildung 3: Südlicher Rand des Untersuchungsgebietes mit Birken und Nadelbäumen Abbildung 4: Westlicher Rand des Untersuchungsgebietes mit überwiegend Nadelgehölz
Artenschutzgutachten Gehölzrodung Salzberger Str., Schüttorf 4 Abbildung 5: Baumgruppe im nördlichen Parkgelände ERGEBNISSE Der Baumbestand des Untersuchungsgebietes weist viele alte und große Bäume mit einigen auffälligen Löchern oder Spalten in ihren Stämmen (Abbildung 6 und 7). Durch Kontrolle der Löcher mithilfe von Leiter und Endoskop wurde die Größe des dahinterliegenden Hohlraumes erkundet und ihr aktueller Besatz durch Fledermäuse geprüft. Es ergaben sich hierbei keine Hinweise auf eine aktuelle Nutzung als Winterquartier. Des Weiteren wurden Vogelnester in mehreren Bäumen registriert, hierbei handelt es sich wahrscheinlich um Nester der Ringeltaube oder Türkentaube, da beide Arten auch während der Begehung im Untersuchungsgebiet festgestellt wurden. Abendliche Balzrufe von Eulen (Waldkauz und Waldohreule) konnten hingegen auch unter Einsatz der Klangattrappe nicht registriert werden.
Artenschutzgutachten Gehölzrodung Salzberger Str., Schüttorf 5 Abbildung 6: Spechtloch im Alleebaum Abbildung 7: Alleebaum mit 2 Löchern, die linke Öffnung führt in eine ca. 20 cm tiefe Höhle
Artenschutzgutachten Gehölzrodung Salzberger Str., Schüttorf 6 Abbildung 8: Nest einer Ringeltaube im Alleebaum FAUNISTISCHES POTENZIAL Für die zentralen Grünflächen des Untersuchungsgebietes kann von einer Nutzung als Nahrungsfläche für ubiquitäre Siedlungsarten ausgegangen werden (z.b. Amsel, Tauben), eine Funktion als Fortpflanzungsstätte ist jedoch nicht gegeben. Für den randlichen Baumbestand ist hingegen ein Potenzial für ein Vorkommen einer Reihe von Vogelarten gegeben, bei denen es sich zum größten Teil jedoch um häufige und siedlungstolerante Arten handeln dürfte (z.b. Amsel, Singdrossel, Meisen, Buchfink, Tauben). Die festgestellten Höhlen und Spalten weisen jedoch auf ein Potenzial für anspruchsvollere Höhlen- und Halbhöhlenbrüter hin (z.b. Buntspecht, Gartenrotschwanz, Trauerschnäpper, Star). In Bezug auf Fledermäuse ist ein Potenzial für Tagesquartiere im Zeitraum von April bis Oktober gegeben. Dies kann ggf. von baumbewohnenden Arten wie Abendsegler oder Rauhautfledermaus genutzt werden. Von einer Nutzung als Winterquartier ist nicht auszugehen. HINWEISE ZUM ARTENSCHUTZ Durch Fällung von Bäumen mit Höhlen und Spalten kommt es zu einer Zerstörung von dauerhaft genutzten Fortpflanzungsstätten für Vögel sowie von (potenziellen) Tagesquartieren von Fledermäusen. Zur Vermeidung der Erfüllung des Verbotstatbestandes des 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist für entsprechende Ausweichmöglichkeiten für die betroffenen Arten zu sorgen (künstliche Nisthilfen und Quartiere in räumlicher Nähe). Konkret ist angesichts des vorgesehenen Umfangs an Gehölzrodungen von einem Verlust von mind. fünf größeren Höhlen und/oder Halbhöhlen auszugehen, insbesondere durch den
Artenschutzgutachten Gehölzrodung Salzberger Str., Schüttorf 7 Verlust der Birkenallee im zentralen Bereich des UG. Hierfür ist in räumlicher Nähe für die davon potenziell betroffenen Arten in ausreichendem Umfang die Möglichkeit eines Ausweichens zu schaffen. Vorgeschlagen wird die Installation und dauerhafte Pflege von Mind. 3 Nistkästen für Stare Mind. 3 Nistkästen für Trauerschnäpper Mind. 3 Nistkästen für Halbhöhlenbrüter (z.b. Gartenrotschwanz) Mind. 3 Quartierkästen für baumbewohnende Fledermäuse Für die übrigen vorkommenden Vogelarten wird davon ausgegangen, dass aufgrund ihrer geringen ökologischen Ansprüche ein Ausweichen auch ohne zusätzliche Maßnahmen möglich ist. In Bezug auf den Verbotstatbestand des 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (Tötungs- und Verletzungsverbot) wird aufgrund der durchgeführten Kontrollen davon ausgegangen, dass dieser nicht berührt wird, da eine Nutzung als Winterquartier durch Fledermäuse nicht festgestellt werden konnte. MAßNAHMENUMSETZUNG Nach der erfolgten Rodung der Gehölze wurden die oben genannten Maßnahmen am 15.06.2017 im Gebiet und gebietsnah umgesetzt. Es wurden 9 Nisthilfen für Vögel und 3 Fledermauskästen an insgesamt 7 Bäumen im Planungsgebiet und auf der südlich angrenzenden Baumgruppe installiert (siehe Abbildung 1). Wie oben beschrieben wurden gezielt solche Nistkästen gewählt, die besonders für Stare, Trauerschnäpper und Halbhöhlenbrüter geeignet sind. Somit wurden jeweils 3 Nistkästen des Typs Vollhöhle mit einer Öffnung von 32 cm, des Typs Vollhöhle mit einer Öffnung von 45 cm und des Typs Halbhöhle beschafft. Die drei unterschiedlichen Fledermauskästen bieten einen Quartierersatz sowohl für Arten, die Höhlen bevorzugen, als auch für solche mit Vorliebe für Spalt-Quartiere und decken somit alle Quartiermöglichkeiten, die ein Baum darstellen kann, ab. PLATZIERUNG Die Kästen wurden unter Anleitung der Mitarbeiterin Jennifer Poier von zwei Einsatzkräften des Bauhofes Schüttorf an nahegelegenen Bäumen in einer Höhe von ca. 4-6 m montiert (Abbildung 9).
Artenschutzgutachten Gehölzrodung Salzberger Str., Schüttorf 8 Abbildung 9: Radlader hilft bei der Installation In der Baumgruppe südlich des Planungsgebietes wurden an der Eiche neben den Glascontainern ein Nistkasten und ein Fledermausquartier angebracht (Abbildung 10). Wenige Meter weiter östlich wurde eine weitere Eiche mit 2 Nistkästen (Voll- und Halbhöhle) ausgestattet (Abbildung 11). Abbildung 10: Eiche neben den Glascontainern mit Vollhöhle (braun und Einflugloch oben) und Fledermausquartier (schwarz, Einflugloch unten)
Artenschutzgutachten Gehölzrodung Salzberger Str., Schüttorf 9 Abbildung 11: Eiche in Baumgruppe südlich des Planungsgebiet mit Voll- und Halbhöhlennistkasten Innerhalb des Plangebietes wurden in der Baumreihe zum ehemaligen Sportplatz 4 Bäume mit insgesamt 6 Kästen bestückt: Die erste Eiche zur westlich angrenzenden Wohnbebauung trägt zwei Nistkästen (Abbildung 12), die östlich benachbarte Eiche trägt einen Fledermaushöhle (Abbildung 13). Darauf folgen eine Eiche mit Fledermausflachkasten und einer Vollhöhle (Abbildung 14) sowie eine weitere Eiche mit einer Vollhöhle. An der nördlichen Grenze des Planungsgebietes wurden 2 weitere Nistkästen an einem Ahornbaum angebracht (Abbildung 15). INSTANDHALTUNG Die Ausweichmöglichkeiten für Vögel und Fledermäuse sind aus langlebigem Holzbeton, und sollten einmal im Jahr von Kot und verlassenen Nestern gereinigt werden. Hierfür bietet sich die Monate September und Oktober an (außerhalb der Brut- bzw. Wochenstubenzeiten). Abgängige Kästen müssen ersetzt werden.
Artenschutzgutachten Gehölzrodung Salzberger Str., Schüttorf 10 Abbildung 12: Zwei Nistkästen in westlichster Eiche der Baumreihe am ehemaligen Sportplatz
Artenschutzgutachten Gehölzrodung Salzberger Str., Schüttorf 11 Abbildung 13: Einzelner Fledermauskasten in Baumreihe
Artenschutzgutachten Gehölzrodung Salzberger Str., Schüttorf 12 Abbildung 14: Fledermausflachkasten an südlicher Seite der Eiche, östlich hängt eine Vollhöhle
Artenschutzgutachten Gehölzrodung Salzberger Str., Schüttorf 13 Abbildung 15: Ahorn mit Halb- und Vollhöhle am nördlichen Rand des Planungsgebietes