KURS - eine qualitative Netzwerkuntersuchung in Baden-Württemberg Möglichkeiten und Grenzen der Zusammenarbeit Sonja Beutler (M.A.) Criminology and Police Science Zentralbereich Sozialarbeit NEUSTART ggmbh Fachtagung Führungsaufsicht aktuell 25 / 26.02.2014 Kassel
Gliederung: NEUSTART ggmbh Verteilung Anordnungen Führungsaufsicht Rahmenbedingungen der VwV KURS Umsetzung der VwV KURS Ergebnisse der Masterarbeit KURS Nutzen, Möglichkeiten und Grenzen für die beteiligten Akteure Schlussfolgerungen 2
Organigramm NEUSTART 3
Führungsaufsicht nur für Sexual- und Gewaltstraftäter? Verteilung der Anordnung Führungsaufsicht nach ausgewählten Deliktklassen in Baden Württemberg (Stichtag: 31.12.2013) Verstöße gegen das BtMG 19% Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestim mung 13% Sonstige Deliktklas se n 48% Straftaten gegen die körperliche Unverse hrtheit 20% 4
Rahmenbedingungen der VwV. KURS Seit 01.04.2010 in Kraft 01.10.2012 Überarbeitung und Verzahnung mit der VwV EAÜ Zielsetzung: Ziel dieser Verwaltungsvorschrift ist es, die Allgemeinheit bestmöglich vor diesen besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern zu schützen. Dies soll insbesondere durch eine Optimierung des Informationsflusses zwischen der Justiz, dem Maßregelvollzug und der Polizei sowie durch eine Intensivierung und stärkere Verzahnung der führungsaufsichts- und gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen erfolgen. 5
Zielgruppe: Sexualdelikt gem. 181b StGB oder Tötungsdelikt mit Anhaltspunkten für sexuellen Hintergrund oder Vollrauschtat gem. 323a StGB Voraussetzung: Mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe Führungsaufsicht Entlassung aus Strafhaft / Maßregelvollzug und Sicherungsverwahrung
Auswirkungen auf die Praxis Kooperationsgespräche / Arbeitstreffen auf der regionalen Ebene Arbeitsbesprechungen mit der GZS KURS und der Geschäftsführung der NEUSTART ggmbh Best Practice: Einzelfallbezogene Gespräche der beteiligten Akteure mit Klienten Fallkonferenzen ohne Klient Optimierung der Entlassvorbereitung in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium und den JVAs 7
Aktuelle Veränderung: Auswirkung der Polizeistrukturreform in Baden-Württemberg Obligatorische Teilnahme an jeder Bewertungsbesprechung der GZS KURS bei EAÜ Klienten Unterstützung bei Veranstaltungen / Fortbildungen Kooperationsvereinbarungen mit den Forensischen Ambulanzen 8
Masterarbeit: KURS Nutzen, Möglichkeiten und Grenzen für die beteiligten Akteure Bearbeitungszeit 6 Monate, Fertigstellung Frühling 2013 Zentraler Gegenstand der Untersuchung: Neu entstandenen Netzwerkstrukturen durch die 2010 eingeführte VwV KURS Hauptakteure: Polizei, Therapeuten, Bewährungshelfer, Klienten Qualitative Forschung, 8 Experteninterviews Auswertung: zusammenfassende Inhaltsanalyse (Mayring), Bildung von 12 Kategorien 9
Zentrale Aussagen Wird die Zielsetzung der VwV KURS aus Sicht der Akteure erreicht? Rückfälle können nicht generell verhindert werden Lassen sich Hinweise auf erste Erfolge bezüglich der Vermeidung einschlägiger Rückfälle finden?: Positiver Effekt durch Hilfs- und Kontrollstruktur Akteure dienen als soziale Ansprechpartner Gefahrenabwehrmaßnahmen / erhöhtes Entdeckungsrisiko erfolgreich in Einzelfällen 10
Führt der Informationsaustausch zu einer besseren Zusammenarbeit der Akteure? Klienten: keine Bedenken, negative Erfahrungen bei fehlender Absprache unter den Akteuren und zu schneller Weitergabe von Informationen ohne Rücksprache Therapeuten: Informationen der Polizei können zu einem Konflikt bezüglich des eigen therapeutischen Rollenverständnis führen, Bedrohung der Vertrauensbeziehung zu dem Klienten Aufsichtsstelle wird als zu passiv erlebt Zusammenarbeit der Hauptakteure verleitet zum direkten Informationsaustausch Verstärkung der Sicherheits- und Kontrollfunktion für Bewährungshelfer und Therapeuten 11
Welche Nebeneffekte entstehen evtl. aus dieser Zusammenarbeit? Polizei als regelmäßiger Ansprechpartner: Veränderung des eigenen Rollenverständnis Veränderung stereotypischer persönlicher Einstellungen der Beamten Qualitätssteigerung durch notwendige interne Umstrukturierungen Übernahme fachfremder Aufgaben, Schnittstellenproblematik Insbesondere Polizei und BWH empfinden Netzwerk als entlastend: Verantwortung wird gemeinsam getragen, interdisziplinäre Austausch wird als hilfreich angesehen 12
Welche möglichen Auswirkungen hat die VwV KURS auf Klienten in Hinblick auf ihre Resozialisierung? Negative Auswirkungen: Einschränkung im Freizeitbereich aufgrund hoher Termindichte / Weisungskatalog Zu schnelle Informationsweitergabe und daraus begründete negative Interventionen Positive Auswirkungen: Übernahme neuer Perspektive durch den Kontakt mit den Akteuren Halt durch Helfersystem 13
Wer profitiert von der VwV KURS am meisten? Politik Gesellschaft Potenzielle Opfer Betroffene Klienten 14
Schlussfolgerungen Zusammenarbeit am Einzelfall: Absprache hinsichtlich Betreuung, Organisation und Interventionen zu Beginn Ziel: Stresssituationen für Klienten vermeiden, Doppelbetreuungen verhindern Transparenz gegenüber dem Klienten bezüglich der Arbeitsaufträge aller Beteiligten Transparenz gegenüber Klienten bezüglich Informationsweitergabe, mögliche Folgen von Interventionen Enge Anbindung des Klienten bei gutem Verlauf aufweichen Rechtzeitige begleitete Ablösung vom Helfersystem 15
Zusammenarbeit Einzelfallübergreifend: Arbeitstreffen der Akteure Regionale stärke Beteiligung und Einbindung der Aufsichtsstelle an Arbeitstreffen Optimierungsbedarf bei der Aufgaben- und Funktionsabgrenzung Diskussionsbedarf hinsichtlich des eigenen Rollenverständnisses: Akzeptanz von methodischen Überschneidungen? Aufgabe alter Rollenverständnisse? Bundesweite Evaluation der Programme in einigen Jahren notwendig bezüglich der Wirksamkeit 16
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Sonja.beutler@neustart.org