Prof. Dr. med. Elmar Gräßel

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Transkript:

Situation von Angehörigen bei Demenz Entlastung durch Beratung Prof. Dr. med. Elmar Gräßel Psychiatrische Universitätsklinik Erlangen Alzheimer Gesellschaft Mittelfranken e.v. Vortragsreihe zu Alzheimer und Demenz der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e.v., Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.v. Stuttgart, 2. Juni 2010 1

Gliederung Versorgungssituation und Inanspruchnahme von Hilfen Belastungssituation unterstützender (pflegender) Angehöriger Auswirkungen der subjektiven Belastung Entlastung: Ziele, Formen, Wirksamkeit Prävention der Belastung Zugehende Angehörigenberatung: Ergebnisse des IDA-Projekts 2

Thema 1 Versorgungssituation und Inanspruchnahme von Hilfen Belastungssituation unterstützender (pflegender) Angehöriger Auswirkungen der subjektiven Belastung Entlastung: Ziele, Formen, Wirksamkeit Prävention der Belastung Zugehende Angehörigenberatung: Ergebnisse des IDA-Projekts 3

ersorgung der Menschen mit regelmäßigem Pflegebedarf in Deutschland im Pflegeheim 0,72 Millionen* zu Hause 1,53 Millionen** * Pflegestufe I bis III und Härtefälle am 31.12.2008 (stationärer Bereich) ** Pflegestufe I bis III und Härtefälle am 31.12.2008 (ambulanter Bereich) 4

Versorgungskonstellationen bei Pflegebedürftigen in Privathaushalten % Inanspruchnahme von Hilfen 60 50 40 30 20 10 0 nur private Pflege private & sonstige* Hilfen nur professionelle Pflege private & professionelle Pflege Häusliche Versorgung wird in der Mehrzahl der Fälle ausschließlich als private Pflege durchgeführt! * z.b. hauswirtschaftlicher Art, Essen auf Rädern TNS Infratest Repräsentativerhebung (Schneekloth, 2005) 5

IDA-Projekt: Inanspruchnahme nach zwei Jahren zugehender Angehörigenberatung Inanspruchnahme in Gruppe C nach 2 Jahren* (n=55): Angebot Nutzungsrate Ambulante Pflege 27,3 % Betreuungsdienst 3,6 % Ergotherapie (amb.) 1,8 % * 31.12.2008 weitere Strategien zur Etablierung und Vermittlung helfender Angebote sind dringend notwendig! 6

Inanspruchnahme von Beratungsangeboten Regelmäßige Nutzung von Beratungsangeboten durch Hauptpflegepersonen bei Pflegebedürftigen in Privathaushalten % 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Beratungs- und Entlastungsangebote werden von Angehörigen nur vereinzelt in Anspruch genommen! insgesamt Angehörigenselbsthilfegruppe angeleitete Angehörigengruppe Angehörigenberatung (Sprechstunde) telefonische Beratung Austausch mit professioneller Fachkraft TNS Infratest Repräsentativerhebung (Schneekloth, 2005) 7

Thema 2 Versorgungssituation und Inanspruchnahme von Hilfen Belastungssituation unterstützender (pflegender) Angehöriger Auswirkungen der subjektiven Belastung Entlastung: Ziele, Formen, Wirksamkeit Prävention der Belastung Zugehende Angehörigenberatung: Ergebnisse des IDA-Projekts 8

Bedeutende Belastungsursachen Allmähliche Übernahme von immer mehr Aufgaben für den Erkrankten (evtl. Aufgabe der Erwerbstätigkeit) Konflikt mit anderen sozialen Rollen Mangelnde Regenerationsmöglichkeit Einschränkung sozialer Aktivitäten/Außenkontakte Mangelnde Anerkennung der geleisteten Hilfe Finanzielle Einbußen insbes. bei Demenz: Desorientiertes, unverständliches Verhalten Sorge wegen selbstgefährdendem Verhalten Allmählicher Verlust der Rollenfunktion als Partner, Vater, Mutter, etc. 9

Ausmaß der Belastung bei unterstützenden Angehörigen chronisch Kranker (ohne Demenz) Belastungsausmaß (HPS- Summenwert) Subjektive Belastung Risiko psychosomatischer Beschwerden (GBB-24) Häufigkeit (Referenzstichprobe N = 591) 0 41 nicht bis gering nicht erhöht [bei 50%: PR > 50] 61,4 % 42 55 mittelgradig erhöht 24,4 % 56 84 stark bis sehr stark stark erhöht [bei 90%: PR > 50] 14,2 % Deutschlandweite Angehörigenbefragung: Gräßel, 1998 10

Ausmaß der Belastung bei unterstützenden Angehörigen von Demenzkranken Belastungsausmaß (HPS- Summenwert) Subjektive Belastung Risiko psychosomatischer Beschwerden (GBB-24) Häufigkeit (Referenzstichprobe N = 1236) 0 35 nicht bis gering nicht erhöht [bei 50%: PR > 50] 33,8 % 36 45 mittelgradig erhöht 25,3 % 46 84 stark bis sehr stark stark erhöht [bei 90%: PR > 50] 40,9 % Deutschlandweite Angehörigenbefragung: Gräßel, 1998 11

Thema 3 Versorgungssituation und Inanspruchnahme von Hilfen Belastungssituation unterstützender (pflegender) Angehöriger Auswirkungen der subjektiven Belastung Entlastung: Ziele, Formen, Wirksamkeit Prävention der Belastung Zugehende Angehörigenberatung: Ergebnisse des IDA-Projekts 12

Gesundheit Subjektive Belastung Pinquart u. Sörensen, 2003) (Schulz u. Beach, 1999) unterstützender Angehöriger Pflegestil Mortalitätsrisiko Beendigung der häuslichen Pflege (Grafström et al., 1993; Hansberry et al., 2005) (Hirono et al., 2002; Yaffe et al., 2002; Nobili et al., 2004) 13

Körperliche und psychische Gesundheit Meta-Anlayse unter Einbeziehung von 84 Studien, die einen Vergleich zu nicht pflegenden Personengruppen ermöglichten (Pinquart u. Sörensen, 2003): Körperliche Beschwerden: Bei pflegenden Angehörigen signifikant häufiger, jedoch kein sehr großer Unterschied zu Nichtpflegenden (g=0,18) Depressivität: Bei pflegenden Angehörigen signifikant stärker ausgeprägt (g=0,58) Achtung: Der Zusammenhang mit der subjektiven Belastung wurde nicht untersucht! g: Effektstärke 14

Demenzrisiko bei Ehepartnern Aktuelle Studie aus den USA (Norton et al., 2010) zeigt: Das Risiko selbst an einer Demenz zu erkranken ist für Frauen 4-fach (3,7) für Männer 12-fach (11,9) erhöht, nachdem der Partner an Demenz erkrankt ist Untersucht und bis zu 12 Jahren nachbeobachtet wurden 1221 Ehepaare im ländlichen Norden Utahs, die 65 Jahre und älter waren: Die Ursachen für das erhöhte Risiko sind unbekannt! Vermutungen: gemeinsame Lebensumstände, Belastungen im Umgang mit der/dem Demenzkranken, 15

Sterblichkeitsrisiko bei unterstützenden Angehörigen Ehepartner, die die Pflege als belastend empfanden, zeigten im Gegensatz zu pflegenden Ehepartnern, für die die häusliche Pflege keine Belastung darstellte, im beobachteten Zeitraum von 4,5 Jahren ein um das 1,6-fache erhöhtes Risiko zu sterben (Schulz und Beach, 1999). 16

Art des Umgangs mit der/dem Erkrankten Problematische Verhaltensweisen des unterstützenden Angehörigen gegenüber der demenzkranken Person treten häufiger bei Angehörigen auf, die sich stärker belastet fühlen (Grafström et al., 1993; Hansberry et al., 2005). 17

Beschleunigung des Heimübertritts Von allen Angehörigenmerkmalen ist eine hohe subjektive Belastung der bedeutendste Prädiktor (Vorhersagewert) für den Übertritt der demenzkranken Person ins Heim (Hirono et al., 2002; Nobili et al., 2004; Yaffe et al., 2002). 18

Thema 4 Versorgungssituation und Inanspruchnahme von Hilfen Belastungssituation unterstützender (pflegender) Angehöriger Auswirkungen der subjektiven Belastung Entlastung: Ziele, Formen, Wirksamkeit Prävention der Belastung Zugehende Angehörigenberatung: Ergebnisse des IDA-Projekts 19

Ziele der Entlastung Psychische und körperliche Gesundheit des unterstützenden Angehörigen erhalten / verbessern Lebensqualität des Erkranken fördern Häusliche Versorgung stärken 20

Häusliche Versorgung als Patienten- und Angehörigenwunsch Thema Umzug in ein Heim bei Pflegebedürftigen in Privathaushalten Im Falle von Pflegebedürftigkeit stellt sich oft die Frage, ob ein Umzug in ein Heim sinnvoll sein könnte. Wie ist es in Ihrem Fall? Ist ein solcher Umzug 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 sehr wahrscheinlich eher wahrscheinlich unwahrscheinlich nicht sehr wahrscheinlich aus Sicht der Angehörigen aus Sicht der Pflegebedürftigen kommt auf gar keinen Fall in Frage TNS Infratest Repräsentativerhebung (Schneekloth, 2005) 21

Formen der Entlastung Individuelle Beratung Verstärkte Mithilfe aus der Familie Ehrenamtliche Helfer/innen; Nachbarschaftshilfe Ambulante, professionelle Pflegehilfe Teilstationäre Angebote (Tages-/Nachtpflege) Ärztliche Hilfe: Behandlung, Rat, Information Betreuungsgruppe Angehörigengruppe Urlaub: allein (Kurzzeitpflege) oder gemeinsam (betreuter Urlaub) Betreutes Wohnen Vollstationäre Pflege 22

Meta-Analyse: mittlere Effektstärken in randomisierten kontrollierten Studien Intervention Subjektive Belastung Fähigkeiten/ Kenntnisse Selbstb. Depressivität Subj. Wohlbefinden Patientensymptome Angehörigenschulung -0,12* (21) -0,23** (15) -0,25 ( 3) 0,37*** (19) -0,09 (15) Angehörigengruppe -0,35** ( 4) -0,09 ( 5) 0,17 ( 2) 0,54*** ( 5) -0,17 ( 2) Psychotherapie -0,22* ( 8) -0,27** ( 9) 0,52* ( 2) 0,38*** ( 4) -0,19* ( 7) Pflegeentlastung 0,34 ( 1) -0,29 ( 2) 0,06 ( 4) -1,36*** ( 1) 0,12 ( 2) Patiententraining -0,13 ( 5) -0,27 (4) 0,74* ( 1) -0,16 (2) -0,51** ( 5) Mehrkomponenten -0,65*** -0,02 0,78** ( 4) (4) ( 2) Signifikanzniveau:* p <0,05; ** p < 0,01; *** p < 0,001 (Anzahl integrierter Studien) 23 0,86*** ( 3) -0,02 ( 2)

Zusammenfassung der Meta-Analyse 1. Zu Angehörigenschulung gibt es die meisten Studien. 2. Es gibt einige wenige mittelgroße mittlere Effektstärken. 3. Fähigkeiten und Kenntnisse der pflegenden Angehörigen lassen sich von mehreren Interventionsarten mit signifikanten Effektstärken verbessern. 4. Die psychische Situation der pflegenden Angehörigen (subjektive Belastung und selbstbeurteilte Depressivität) lassen sich nur in geringem Umfang beeinflussen. 5. Mehrkomponenten-Interventionen wirken am besten auf mehrere Zielgrößen (insgesamt jedoch wenige randomisierte Studien). 24

Lebensqualität (LQ) in der häuslichen Versorgung LQ der Betroffenen: Teilhabe am Alltag auf den einzelnen abgestimmt Würdevoller Umgang Emotional positive Atmosphäre Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse Anrecht auf therapeutische Hilfen LQ des familiären Umfeldes: Eigene Bedürfnisse nicht vernachlässigen müssen Anrecht auf gewünschte Entlastungsangebote Was würden Sie noch ergänzen? 25

Thema 5 Versorgungssituation und Inanspruchnahme von Hilfen Belastungssituation unterstützender (pflegender) Angehöriger Auswirkungen der subjektiven Belastung Entlastung: Ziele, Formen, Wirksamkeit Prävention der Belastung Zugehende Angehörigenberatung: Ergebnisse des IDA-Projekts 26

Prävention der Belastung Günstige Umgangsweisen des Angehörigen fördern Angehörigenschulung Rechtzeitig individuelle Hilfen vermitteln Angehörigenentlastung 27

Günstige Umgangsweisen mit der Erkrankung und der eigenen Situation als helfende Person (I): I. Vermeidung einer unnötig negativen Bewertung - Erkrankung als Lebensabschnitt: jeder Lebensabschnitt ist wert-voll - des Schicksals als helfende Person: Es ist gut, füreinander da zu sein! Günstig: - Kohärenz: die Dinge, die um mich herum geschehen, werden von mir im Prinzip als sinnhaft, verstehbar und bewältigbar angesehen -Optimismus 28

Günstige Umgangsweisen mit der Erkrankung und der eigenen Situation als helfende Person (II): II. Aktiver Umgang mit der Situation 29 - sich nicht zurückziehen: soziale Kontakte nicht aufgeben - soziale Unterstützung einwerben (von andern Familienmitgliedern, Freunden etc.) - problemorientierte Bewältigungsstrategien aktivieren: Wissen und Kompetenzen erweitern (z.b. Umgang mit schwierigen Situationen) direkte Entlastungsangebote nutzen (z.b. Helferinnen/ Helfer) - intrapsychische Bewältigungsstrategien aktivieren: emotionale Entspannung (z.b. Entspannungstechniken anwenden)

Lösungsansatz Rechtzeitige Hilfe durch Zugehende Angehörigenberatung 30

Thema 6 Versorgungssituation und Inanspruchnahme von Hilfen Belastungssituation unterstützender (pflegender) Angehöriger Auswirkungen der subjektiven Belastung Entlastung: Ziele, Formen, Wirksamkeit Prävention der Belastung Zugehende Angehörigenberatung: Ergebnisse des IDA-Projekts 31

Informationen und Ergebnisse zum Projekt IDA (Initiative Demenzversorgung in der Allgemeinmedizin) siehe www.projekt-ida.de 32

Fazit: Notwenig ist ein Konzept einer strukturierten Demenzversorgung Hausarzt-basiert Fachärztliche Unterstützung Leitlinien-orientierte Diagnostik und Therapie Berücksichtigung weiterer Erkrankungen (Multimorbidität) Einbeziehung pflegerischer und weiterer therapeutischer 33 Hilfen Qualifizierte zugehende Beratung als stützende Begleitung der Angehörigen Voraussetzung: Bereitschaft der Angehörigen zur Inanspruchnahme von Hilfeangeboten!!!

Vielen Dank für Ihr Kommen und für Ihr Interesse! 34