Materialgruppen: Metall > Eisenmetalle > Stahl Materialbeschrieb Nichtrostende austenitische Stähle sind Werkstoffe mit einem anteilmässigen Nickelzusatz von mehr als 7%, der das Gefüge von ferritischem in austenitischen Stahl verändert. Nichtrostende austenitische Stähle sind die gebräuchlichsten rostfreien Stähle. Der Anwendung von nichtrostenden Stählen liegt der Wunsch zugrunde, neben der funktionalen Zuverlässigkeit Bauteile mit langer Lebensdauer und somit Produkte mit hoher Wertbeständigkeit und minimalem Erhaltungsaufwand zu schaffen. Nicht zuletzt deshalb ist der Bedarf an nichtrostenden Stählen steigend. Das Image der nichtrostenden Stähle mit Attributen wie edel, sauber und beständig positiv besetzt deutet an, dass deren hervorstechende Eigenschaft die Korrosionbeständigkeit ist. Zudem verfügen nichtrostende Stähle über hohe Festigkeit, Zähigkeit und Härte. Durch gezielte Behandlung lassen sich sehr gute und besondere Oberflächenqualitäten mit optischen Effekten und Spiegelungen erzielen. Nichtrostende austenitische Stähle sind mittel bis schwierig zu bearbeiten. Die Anwendungsgebiete der nichtrostenden Stähle sind überaus vielfältig. Es gibt kaum Bereiche des täglichen Lebens oder der Industrie, in denen uns diese Stähle nicht begegnen. Haushalt, Automobilbau, Architektur und Bauwesen, Umwelttechnik, Meerestechnik, chemische Industrie, Medizinaltechnik und Transportwesen sind nur einige der vielen Einsatzgebiete. Chemische Formel: Italienische Bezeichnung: Französische Bezeichnung: Englische Bezeichnung: Kohlenstoff, Chrom, Nickel, Molybdän acciaio inossidabile acier inoxydable stainless steel Hintergrund Ökonomie: Besonders die Legierungselemente Nickel und Chrom treiben die Kosten für nichtrostende Stähle in die Höhe. MATERIAL ARCHIV - www.materialarchiv.ch 1 / 5
Soziologie: Die Erfindung eines Verfahrens zur Herstellung edler Stähle zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschleunigte die Entwicklung von Bauteilen und Produkten für Bereiche, in denen Werkstoffe mit nichtrostenden Eigenschaften benötigt wurden. Zum ersten Mal konnten so wiederverwendbare und sterilisierbare Instrumente für den medizinischen Bereich aus Eisenwerkstoffen hergestellt werden. Ökologie: Der Einsatz nichtrostender Stähle verlängert das Leben eines Bauteils deutlich, d. h. aufwendige Reparatur- oder Austauschmassnahmen werden vermieden und entsprechend Ressourcen geschont. Stahl ist nahezu ohne Qualitätsverlust unbegrenzt rezyklierbar, indem der Schrott wieder eingeschmolzen wird. Demgegenüber ist der Metallgewinnungsprozess im Hochofen ökologisch bedenklich. Es entstehen dabei durch Staub und Abgase starke Umweltbelastungen, sie lassen sich aber durch aufwendige Abgasreinigungsanlagen auf ein für die Umwelt erträgliches Mass senken. Recycling: Stahl wird nach dem Gebrauch sortenrein gesammelt, eingeschmolzen und zu neuem Werkstoff verarbeitet. Herstellung Gewinnung: Edelstahl wird aus Roheisen hergestellt. Roheisen selbst wird im Hochofen aus Eisenerz gewonnen. Fertigung: Die metallischen Ausgangsstoffe werden in Öfen eingeschmolzen. Dazu dienen unterschiedliche Ofentypen; meist wird der Lichtbogenofen verwendet. Eigenschaften Europäische Normen (EN): DIN EN 10088 Erscheinung Farbe: Haptik: Grautöne glatt, hart, kalt, trocken Mechanische Eigenschaften Bruchdehnung [εb]: 30.00 bis 45.00 % Dichte [ρ]: 7 900.00 bis 8 100.00 kg/m 3 Dimensionsstabilität: sehr gut MATERIAL ARCHIV - www.materialarchiv.ch 2 / 5
Elastizitätsmodul: Streckspannung/Elastizitätsgrenze [ft]: Vickershärte geglüht: Zugfestigkeit [ft]: 81 000.00 bis 210 000.00 N/mm 2 195.00 bis 200.00 N/mm 2 120.00 bis 450.00 HV 500.00 bis 950.00 N/mm 2 Thermische Eigenschaften Längenausdehnungskoeffizient E-6: 16.50 bis 17.00 10-6 1/K Spezifische Wärme [c]: 0.450 bis 0.500 KJ/KG*K Schmelzwärme [q]: 275.00 bis 300.00 KJ/KG Schmelzpunkt/-bereich [T_SM]: 1 400.00 bis 1 550.00 C Wärmeleitfähigkeit/-zahl [λ]: 12.00 bis 15.00 W/mK Quellen der Kennwerte Moeller, E. (2008). Handbuch Konstruktionswerkstoffe. München: Carl Hanser Verlag. Bearbeitung Lieferformen: Edelstähle kommen vorwiegend als Flach- und Profilerzeugnisse sowie als Bleche in den Handel. Lieferbare Materialqualitäten: DIN EN 10088, z. B. 1.4462, 1.4301, 1.4401 Formen und Generieren: umformen (biege-, druck-, zug- und zugdruckumformen) Die Verarbeitung von nichtrostenden Stählen ist aufgrund der hohen Festigkeitswerte schwierig. Der Werkstoff kann gewalzt und zu dünnwandigem Blech geformt werden. Fügen und Verbinden: kleben, nieten, pressverbinden, schrauben, schweissen Besonders wichtig sind Verbindungstechniken wie Kleben, Hart- und Weichlöten sowie mechanische Fügeverfahren (z. B. Durchsetzfügen, Stanznieten). Am häufigsten werden nichtrostende Stahlprodukte durch Schweissen verbunden. Nichtrostende Stähle mit Kohlenstoffanteilen über 0,2% sind schwierig zu schweissen. Oberflächenbearbeitung: bürsten, gravieren, laserbeschriften, polieren, sandstrahlen, schleifen Optische Effekte lassen sich durch polierte, fein geschliffene, grob bearbeitete MATERIAL ARCHIV - www.materialarchiv.ch 3 / 5
oder gebürstete Oberflächen erzielen. Es ist ebenfalls möglich, gemusterte Oberflächenstrukturen mit besonderen Walzen und anderen Werkzeugen zu erzeugen. Oberflächenbehandlung: Trennen und Subtrahieren: bedrucken, beflocken, folieren, folienbeschichten, lackieren, polieren bohren, drehen, feilen, fräsen, lasern, sägen, stanzen, wasserstrahlschneiden Nichtrostende Stähle können spanabhebend bearbeitet werden. Die Wärmebehandlung von nichtrostenden Stählen ist zur Einstellung definierter Lieferzustände unerlässlich. Eigenschaften wie Korrosionsbeständigkeit, Verformbarkeit und Schweissverhalten werden durch entsprechende Wärmebehandlungen optimiert. Anwendung Anwendungsgebiete: Chemische Industrie, Nahrungsmittelindustrie, Apparate- und Behälterbau, Umwelttechnik, Rauchgasentschwefelung, Wasseraufbereitung, Meerestechnik, Bauwesen Anwendungsbeispiele: Rohrleitungen, Haushaltgeräte, Behälter Besonderheiten: Für Anlagen- und Apparatebau, Bauwesen und Fahrzeugbau wie auch andere Bereiche der modernen Technik ist das Zusammenfügen von Produkten aus nichtrostenden Stählen eine wichtige Voraussetzung. Sammlungen Muster in folgenden Sammlungen: ETH Zürich Baubibliothek, Gewerbemuseum Winterthur, HKB Bern Fellerstrasse, Sitterwerk St. Gallen Standort in der Sammlung ETH Zürich Baubibliothek: ME-FE-SN Eisenmetalle > Nichtrostende Stähle Gewerbemuseum Winterthur: Metall > Schublade 25 HKB Bern Fellerstrasse: KuR Quellennachweis Verwendete Quellen: Böhler Special Steel Manual (2006). Eigenverlag. Fachkunde Metall (2007). 55. Auflage. Haan-Gruiten: Verlag Europa-Lehrmittel. MATERIAL ARCHIV - www.materialarchiv.ch 4 / 5
Hasse, St. (2008). Giesserei-Lexikon. 19. Auflage. Berlin: Schiele & Schön. Kalweit, A., Paul, C., Peters, S., & Wallbaum, R. (Hrsg.) (2006). Handbuch für Technisches Produktdesign. Berlin/Heidelberg, Deutschland: Springer. Merkel, M., & Thomas, K.-H. (2008). Taschenbuch der Werkstoffe. 7. Auflage. München: Fachbuchverlag Leipzig im Carl Hanser Verlag. Moeller, E. (2008). Handbuch Konstruktionswerkstoffe. München: Carl Hanser Verlag. Stahlfibel (2009). Düsseldorf: Verlag Stahleisen. Expertin / Experte: Rudolf Vetsch Material-Archiv-Signatur: MET_EIS_STA_EDE_CBS_NRS_2 Text verfasst von: ZHdK, JB, 2011 Stand: 12.01.2018 (Online-Schaltung: 13.11.2013) Permalink: materialarchiv.ch/detail/1206 MATERIAL ARCHIV - www.materialarchiv.ch 5 / 5