Substitutionsrecht 2016: Das Gestrüpp wird gelichtet

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Transkript:

Substitutionsrecht 2016: Das Gestrüpp wird gelichtet Die Initiative der DGS und der Diskussionsentwurf des BMG K.Behrendt, K.Isernhagen, H.-G.Meyer-Thompson, R.Ullmann 09.07.2016 btmvv.aenderungsinitiative@gmail.com Anmerkungen zu den Folien F1 - F2 2012 hat die DGS die Initiative zur Änderung des Substitutionsrechts gestartet. Vorausgegangen waren mehrere Prozesse gegen substituierende Ärzte, die für Ordnungswidrigkeiten meist Mitgaben aus der Praxis strafrechtlich verfolgt und verurteilt wurden. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs stützten diese Rechtslage. Prozessbegleitungen und gutachterliche Stellungnahmen konnten daran nichts ändern, so dass wir im DGS-Vorstand beschlossen, eine Initiative zur Änderung der BtMVV zu starten. Diese beiden Kernsätze haben uns dabei geleitet: 20 Jahre nach der gesetzlichen Absicherung der Substitutionsbehandlung hatte sich herausgestellt, dass Wissenschaft und tägliche praktische Erfahrungen sich weiterentwickelt hatten, und dass das Substitutionsrecht dem nicht mehr entsprach. Außerdem waren Anfang der 1990er Jahre Vorschriften in die BtMVV geraten, die das ärztliche Handeln betrafen, weil es damals noch keine Richtlinien der Bundesärztekammer gab. Eine Fehlkonstruktion, die auch nach mehreren Änderungen nur als Gestrüpp (Pollähne/Ullman, Der Strafverteidiger, 2015) bezeichnet werden kann. F3 Intensive Diskussionen im DGS-Vorstand und eine Mitgliederumfrage führten zur Formulierung dieser Vorschläge. Ausdrücklich erhoben wir keine Forderungen, sondern setzten darauf, dass diese Vorschläge überzeugen müssten, zumal die substituierende Ärzteschaft und unsere Patienten auch keine Druckmittel haben, um Forderungen durchzusetzen. Dies sind unsere eineinhalb Dutzend Vorschläge: Das Abstinenzparadigma hat sich überlebt. Die Opioidabhängigkkeit ist eine chronische Erkrankung mit starker Tendenz zum Rückfall. International wird beobachtet, dass ein hoher Anteil von Substitutionspatienten besser über eine lange Zeit behandelt werden sollte. Dementsprechend steigt weltweit das Durchschnittsalter der Kohorten in den Ländern, in denen 1980er und 90er Jahren mit der Substitution begonnen wurde. Ärztliches Handeln gehört nicht in die BtMVV, die die Substanzen kontrollieren soll, sondern in Richtlinien von Ärztekammern und in Leitlinien von Fachgesellschaften. Die psycho-soziale Behandlung sollte nicht verpflichtend sein, eine fehlende PSB darf jedenfalls nicht die Substitutionsbehandlung verhindern. Wie häufig Ärzte ihre Patienten sehen sollten, gehört in die Verantwortung der Ärzte. Beikonsum erschwert die Behandlung und muss als zusätzliche Abhängigkeit oder als Symptom einer psychischen Grund- oder Begleiterkrankung gewertet und

behandelt werden. Patienten allein wegen des Konsums weiterer psycho-aktiver Substanzen von der Behandlung auszuschließen, verbietet sich. Die DGS hat überdies vorgeschlagen, den Substitutionsparagraphen 5 in der BtMVV zu entrümpeln und die Straftatbestände zu überprüfen. F4 Die Mitgabe in Notfällen aus Praxen und Ambulanzen sollte möglich sein. Die Substitution mit injizierbarem Heroin (Diamorphin) sollte wie in der Schweiz ergänzt werden um Herointabletten. Die zulässigen Höchstverschreibungsmengen lagen bis 2015 noch unterhalb der international empfohlenen Dosisobergrenze. Wir waren der Ansicht, dass Buprenorphin keine Sonderstellung einnehmen sollte, auch wenn diese Substanz ein geringeres Gefährdungspotential aufweist als Methadon oder Morphin. Und Kollegen in Flächenländern wiesen darauf hin, dass Hausärzte ohne suchtmedizinische Qualifikation durchaus bereit seien, opioidabhängige Patienten zu behandeln. Aber die bisherige Regelung sieht vor, dass es nur 3 Patienten insgesamt sein dürfen. Das reicht in einigen Regionen nicht aus. F5 Unsere Patienten werden älter, sie leiden an Drogen-Begleitkrankheiten und an Alterskrankheiten. Sie gelten als um mindestens 10 Jahre vorgealtert. Deshalb sollte es möglich sein, Substitutionsmittel in den hier genannten Einrichtungen vergeben zu dürfen, ohne dass bei jeder Einnahme ein Arzt daneben stehen muss. Die Z-Rezepte-Regelung für 2 Tage Mitgaben und die Aushändigung von Rezepten an Patienten mit Sichtbezug und Rezepte, in denen teilweise Sichtbezug, teilweise Mitgaben verordnet sind, gehören überarbeitet. Überhaupt sollte für bestimmte Patientengruppen und für stabil behandelte Patienten die starre Obergrenze von 7 Tagen pro Rezept flexibler werden können. Warum wir Patienten, die im Chiemgau Urlaub machen, nur 7 Mitgaben verordnen dürfen, und Patienten, die jenseits der Grenze zu Österreich im Salzburger Land Urlaub machen, aber für 4 Wochen, das ist nicht zu verstehen. Und es gibt eine Vielzahl von angestellten wie selbständigen Patienten, die aus beruflichen Gründen reisen müssen und für die eine Verordnung von lediglich 7 Tagen eine soziale Integration unnötig erschwert bzw. unmöglich macht. Zuletzt: Die BtMVV verpflichtet Substitutionsärzte, die Medikamentenstände in Apotheken monatlich zu überprüfen, wo Patienten unter Sicht einnehmen. Das ist völlig realitätsfern, da die Patienten in Großstädten wie im ländlichen Bereich teilweise weit entfernt von den Praxen wohnen, deren Apotheken also bis zu 100km weit entfernt liegen. F6 Niemand hatte erwartet, dass es zu einer schnellen Novellierung kommen würde. Erwartet hatten wir aber auch nicht, dass unsere Vorschläge so bereitwillig aufgegriffen wurden: Bereits beim 1.Fachtreffen im BMG wurde eine Tagesordnung präsentiert, die sich mehr oder weniger an den DGS-Vorschlägen ausrichtete. Und auch der weitere Verlauf: die Diskussionen in der AG Sucht der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, die Beschlüsse der GMK selbst, der Auftrag des Bundesrats, die Beschlüsse der Deutschen Ärztetage und schließlich

des Vorstands der BÄK, zeigten, dass es höchste Zeit war, das Substitutionsrecht auf die Füße zu stellen. Am 11.4.2016 präsentierte dann das BMG seinen Diskussionsentwurf. Anfang April hat die AG Sucht und Drogen der BÄK etwa 20 Themenfelder identifiziert, die bei der Novellierung der BÄK-Richtlinien zu berücksichtigen sein werden. Diese wird die AG nun zunächst in mehreren Arbeitssitzungen sichten und hinsichtlich des aktuellen Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft überprüfen und ggf. überarbeiten. Die Ergebnisse der AG-Sitzungen sollen dann in einer nächsten Runde mit den relevanten Fachgesellschaften, zu denen dann auch die DGS gehören wird, diskutiert werden. Dann wird in der BÄK letztlich der Vorstand entscheiden müssen, ob diese Richtlinien gemeinsam getragen werden können. F7 Dieser Entwurf lehnt sich eng an die bereits 2014 formulierten Eckpunkte des BMG zur Reform des Substitutionsrechts. F8 Versuchen Sie nicht, dieses Bild zu lesen. Es soll lediglich veranschaulichen, welche Abschnitte der geltenden Fassung ärztliches Handeln betreffen, also auch aus Sicht des BMG in die Richtlinien der BÄK abgeschichtet werden sollten, wie es im Ministeriumsdeutsch heißt. F9 Wenn dazu noch die nur bürokratische Zusatzarbeit kostende Regelung zu den Substitutionsbescheinigungen bei einem Arztwechsel (in Blau) gestrichen wird, dann sieht das Ganze schon mal einigermaßen abgespeckt aus. F10 Und das sind die verbleibenden Kernelemente einer BtMVV-Substitutionsnovelle. F11 Was aber bleibt übrig, was aus gesetzgeberischer Sicht weiterhin im Paragraphen 5 der BtMVV geregelt werden muss? F12 - F13 Was nun sieht der Diskussionsentwurf des BMG an Änderungen konkret vor? Dass Abstinenz langfristig eine Therapieoption bleiben wird für dafür geeignete Patienten, ist selbstverständlich. Unumstritten auf dem Fachtreffen im April 2016 war, dass die Elemente therapeutischen Handelns aus der BtMVV in die Richtlinien der BÄK überführt werden sollten. Da sich die BtMVV in dieser Hinsicht auf eben diese zu aktualisierenden BÄK-Richtlinien beziehen wird, müssen die Richtlinien letztlich vom Gesundheitsministerium genehmigt werden. F14

Das Injizieren von Diamorphin ist eine potentiell schädliche Form der Applikation die Einnahme von Herointabletten wie in der Schweiz könnte diese Form der Substitutionsbehandlung ergänzen. International ist der Begriff Opioidabhängigkeit gebräuchlich, der BMG- Diskussionsentwurf trägt dem Rechnung. Außerdem ist es bislang strenggenommen nicht erlaubt, Menschen, die durch Opioide wie Tramal und Tilidin abhängig wurden, in eine Substitutionsbehandlung aufzunehmen. Die Konsiliarregelung soll es künftig Ärzten ohne suchtmedizinische Zusatzqualifikation ermöglichen, bis zu 10 Patienten zu behandeln in kollegialer Absprache mit suchtmedizinisch qualifizierten Ärzten. F15 Der Diskussionsentwurf des BMG sieht neben Substitutionsmöglichkeiten in diesen Institutionen auch vor, dass ambulante Pflegedienste Substitutionsmittel im Auftrag des behandelnden Arztes zum unmittelbaren Verbrauch, also unter Sicht einnehmen lassen dürfen. F16 - F17 - F18 Die Ausweitung der Rezeptgültigkeit ist insbesondere von Relevanz für PatientInnen, die aus beruflichen Gründen nicht wöchentlich die Praxis/Ambulanz aufsuchen können. Grob geschätzt erfüllen ca. 10-15 Prozent unserer PatientInnen auch strenge Kriterien für eine stabile Behandlung, die längerfristige Verordnungen erlauben. Im Zuge dieser geänderten Regelung sollen längerfristige Mitgaben zur eigenverantwortlichen Einnahme ebenfalls ermöglicht werden - für dies- und jenseits der Landesgrenzen. Die DGS hat zu diesem Komplex eine ausführliche Stellungnahme erarbeitet (anzufordern unter: btmvv.aenderungsinitiative@gmail.com ) F19 - F20 F21 F22 Das Edikt von Salerno aus dem Jahre 1231 trennte die Aufgabenbereiche von Apothekern und Ärzten. Seitdem haben Ärzte in Deutschland kein Dispensierrecht, und dieses Privileg verteidigen die Apotheker bis auf den heutigen Tag.

In einer weiteren DGS-Umfrage fanden wir heraus, dass die Versorgung von Substitutionspatienten insbesondere in ländlichen Gebieten sehr zu wünschen übrig lässt. Die Kollegen dort sehen sich ein ums andere Mal vor die Entscheidung gestellt, in Notfallsituationen entweder gegen die BtMVV verstoßen zu müssen, wenn sie aus Praxen oder Ambulanzen TH-Dosen mitgeben, oder aber einen Behandlungsfehler zu riskieren. F23 Dass eine Flexibilisierung von Verordnungen und Mitgaben an der Zeit ist, daran besteht kein Zweifel. Die Teilnehmer am 2.Fachtreffen im BMG haben sich ausdrücklich dazu bekannt. In der Praxis kommt es immer wieder zu Situationen, in denen eine unmittelbare Mitgabe zur eigenverantwortlichen Einnahme geboten ist. Voraussetzung ist, dass eine sofortige Versorgung über eine Apotheke nicht möglich ist. Ein paar Beispiele: akute Erkrankung; nicht angekündigte Entlassungen aus Krankenhäusern mit häuslicher Bettruhe und Schonung; akute Pflegebedürftigkeit von Angehörigen; nicht vorhersehbare Kurzreisen aus familiären, beruflichen oder persönlichen Gründen; nicht angekündigte Sonderschichten am Arbeitsplatz u.a.m. Nicht zu akzeptieren ist die Formulierung im BMG-Diskussionsentwurf, weiterhin Rezepte zur Einnahme unter Sicht in der Apotheke nicht direkt den Patienten aushändigen zu dürfen, sondern in der Apotheke abliefern zu müssen. Ebenfalls jenseits der Praxis ist das Verbot von Mischrezepten, auf denen neben der Anordnung von Einnahmen unter Sicht auch Mitgaben, bspw. für Wochenenden und Feiertage verordnet sind. Die aktuellen Richtlinien der BÄK sehen ausdrücklich vor, dass schrittweise die Mitgaben ermöglicht und ausgeweitet werden können bei einem guten Substitutionsverlauf. Entsprechend müssen auch die Verordnungen ausgestellt werden können. Das spart im übrigen auch eine Menge an Rezeptformularen, was bei über 70 Tausend Patienten schon ins Gewicht fällt. Substitutionsärzte in Hamburg haben deshalb die Initiative gestartet, ihre KV, Ärztekammer und Gesundheitsbehörde um Unterstützung für diese Forderungen gegenüber dem BMG gebeten. Die Sicherheit der Verordnungen ist nicht gefährdet, wenn Patienten solche Rezepte ausgehändigt werden, weil das dreiblättrige BtM-Rezept hochgradig fälschungssicher ist und weil die Bundesapothekerkammer in ihrem Richtlinien festgelegt hat, dass die Identität der Überbringer von Substitutionsrezepten zweifelsfrei festgestellt werden muss. Gesetzesnovellen haben die Tendenz, auf den letzten Metern verwässert zu werden, weil entweder eine Ministeriumsspitze doch noch Bedenken entwickelt, oder aber weil starke Lobbyisten Einfluss nehmen. Auch ist nicht gesichert, dass die BÄK- Richtlinien von vornherein praxistauglich sein werden. Deshalb müssen die Fachverbände den weiteren Verlauf sehr aufmerksam begleiten. MTh, 12.05.2016 / 31.05.2016/19.6.2016/05.07.2016/09.07.2016 Kontakt: btmvv.aenderungsinitiative@gmail.com