PD Dr. Degener Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene WS 2004/05. Übungsstunde vom

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Transkript:

PD Dr. Degener 25. 10. 2004 Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene WS 2004/05 Übungsstunde vom 25.10. 2004 Tipps zu den Besprechungsfällen 3 und 4 Besprechungsfall 3: Zu den bisherigen Ergebnissen sei auf die Hinweise zur Übungsstunde vom 18. 10. 04 hingewiesen. 2. Tatkomplex Taxifahrt A. Strafbarkeit des A 263 I StGB 1. Vorspiegeln einer falschen Tatsache Vorspiegeln der Zahlungswilligkeit? a) durch Vorzeigen der prall gefüllten Brieftasche Dem Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, dass A schon in diesem Zeitpunkt den plan gefasst hat, den Fahrpreis nicht zu entrichten. b) durch Behauptung, ein 500 -Schein sei zu Boden gefallen. 2. Irrtum - entsprechende Fehlvorstellung des B 3. Verfügung des B a) Verfügungsverhalten: Unterlassen der Geltendmachung des Restfahrpreises in Höhe von 145. Verfügung ist irrtumsbedingt. b) Verfügungsverhalten, Vermögen betreffend: wirtschaftlicher Wert des Anspruchs (faktische Realisierbarkeit)? Zu bejahen, solange A für B greifbar war. c) Verfügungserfolg: Vermögensminderung? Zu bejahen, da B den Restanspruch in Höhe von 145 mangels Wissen um die Identität des A nicht durchsetzen kann. 1

d) Schaden: Kompensation der Vermögensminderung fehlt. Besitz des 5- - Scheins schließt die mit der Verfügung entstandene Lücke nicht. B. Strafbarkeit des B I. 242 I StGB (bzgl. 5 -Schein) 1. Fremde bewegliche Sache: + keine Übereignung des 5- -Scheins ( 929 S. 1 BGB) 2. 242 I scheitert am Merkmal der Wegnahme, speziell am Erfordernis des Gewahrsamsbruchs. Denn der Gewahrsamswechsel, der mit dem Wegfahren des Taxis eintritt, vollzieht sich nicht ohne den Willen des bisherigen Gewahrsamsinhabers A. II. 242, 22 StGB (bzgl. 500 -Schein) 1. Tatentschluss, der den obj. Merkmalen des 242 und dem Erfordernis der Absicht rechtswidriger Zueignung entspricht. 2. Unmittelbares Ansetzen: mit dem Wegfahren.. RW, Schuld III. 246 I StGB (bzgl. 5- -Schein) Hier Diskussion in der Übungsstunde, ob Vollendung oder Versuch (wie bei 242 I StGB). Meine These lautete, dass die herrschende Definition der Zueignung in 246 (Manifestation des Zueignungswillens) die Unterschiede zwischen der Vollendung und dem Versuch einebnet. Denn die herrschende Definition erfasst (mindestens) den Anwendungsbereich des 22 (Wortlautvergleich!). Die Frage ist, wie weit die Einebnung zwischen Versuch und Vollendung reicht. 1. Richtig ist, dass ein Versuch des 246 möglich sein muss, wenn tatbestandliche Umstände, die anderen Merkmalen als dem der Zueignung unterfallen, objektiv fehlen und dieses Fehlen dem Täter unbekannt ist. Beispiel: Der Täter betätigt seinen Zueignungswillen bzgl. einer Sache, die er irrtümlich für eine fremde Sache hält. Untauglicher Versuch des 246! Deshalb war der Hinweis einer Kommilitonin, dass für 246 (Vollendung) auf den 5- -Schein und nicht auf den 500- -Schein abzustellen sei, richtig. 2. Fraglich erscheint, welche Bedeutung der Einwilligung des B in den dauerhaften Entzug des 5- -Scheins beizumessen ist. 2

a) Tatobjektsproblem? Dass eine Übereignung, welche die Fremdheit der Sache und damit deren Tatobjektseigenschaft ausschlösse, abzulehnen ist (vgl. 929 BGB), wurde festgestellt. b) Zueignungsproblem? Wenn die Einwilligung die Zueignung als solche beträfe, so hätte ich keine Bedenken, dem B, der um das Einverständnis des A nicht wusste, eine Manifestation des Zueignungswillens zu attestieren und von einer vollendeten Zueignung auszugehen (denn B stellte sich vor, eine ihm nicht übereignete, daher für ihn fremde Sache dem Eigentümer gegen dessen Willen auf Dauer zu entziehen; den entsprechenden Willen hat B betätigt= Manifestation des Zueignungswillens). Diese Einschätzung habe ich in der Übungsstunde intuitiv zugrunde gelegt, weil ich entgegen der h.m. - mit Maiwald und Dencker - die Ansicht vertrete, dass Zueignung sich bei 242 in ihrer destruktiven Seite (Enteignung) durch Wegnahme vollzieht und in 246 eine Verdrängung des Eigentümers erfordert, welche der einer Wegnahme entspricht. Diese Zuordnung legt es nahe, bei der Einwilligung in den dauerhaften Entzug der Sache (ebenso wie bei der Einwilligung in den Gewahrsamswechsel in 242) bereits die Zueignung selbst entfallen zu lassen (so etwa Hirsch, JZ 1963, 155). c) Problem der Rechtswidrigkeit der Zueignung? Trennt man hingegen mit der h.m. scharf zwischen dem Wegnahme- und dem Zueignungsvorgang und geht man davon aus, dass das besagte Einverständnis nicht die Zueignung selbst, sondern erst deren Rechtswidrigkeit betrifft, so ist festzustellen: Das neben der Zueignung stehende Merkmal der Rechtswidrigkeit ist, anders als in 242 I, eindeutig objektiv ausgestaltet (Einordnung in 242 umstritten; der Wortlaut spricht für Subjektivierung; Differenz im Vergleich zu 246 sachlich allerdings nicht nachzuvollziehen). D.h.: Handeln in der irrigen Annahme einer rechtswidrigen Zueignung ergibt, da Rechtswidrigkeit außerhalb der Zueignung und ihrer nivellierenden Definitionsformel steht, keine Vollendung sondern, entsprechend den Regeln zur Inkongruenz von objektiver und subjektiver Seite, einen Versuch: 246, 22. 246, 22 treten hinter 242, 22 zurück. Geht man von 246 aus, so tritt ebenfalls hinter 242,22 zurück. 3

C. Strafbarkeit des A gem. 242, 22, 26 StGB Scheitert jedenfalls am Fehlen des Vollendungswillens, denn bei Zugrundelegung des Vorstellungsbildes des A (Einwilligung) ist eine vollendete Wegnahme (Gewahrsamsbruch) nicht möglich. Besprechungsfall 3 Vgl. zu den verschiedenen Fragen, die sich mit dem Thema der ersten Klausur (Abgrenzung Diebstahl/Betrug) verknüpfen, die Übersicht Verfügung als ungeschriebenes Betrugsmerkmal. Zur Lösung des Besprechungsfalles 3: 1. Tatkomplex: Strafbarkeit von T und G Es empfiehlt sich, mit G zu beginnen, da er im Unterschied zum Initiator T die entscheidende Tathandlung (das Wegfahren mit dem Motorrad) verübt hat. A. Strafbarkeit des G I. Diebstahl gem. 242 I StGB 1. G müsste das Motorrad, eine im Eigentum des O stehende und damit für G fremde bewegliche Sache weggenommen haben. a) Definition der Wegnahme. Definition des Gewahrsams. Vgl. die vorangehenden Bsprfälle. Problem hier. Bruch fremden Gewahrsams. Definition: Herbeiführen eines Gewahrsamswechsels ohne den Willen des bisherigen Gewahrsamsinhabers. aa) Zu einem Gewahrsamswechsel ist es spätestens mit dem Wegfahren des Motorrades durch G gekommen. Wer hier den Zeitpunkt des Wechsels problematisiert (evtl. schon mit der Entgegennahme des Motorradschlüssels), lässt das Gespür für die praktische Bedeutsamkeit einer dogmatischen Kontroverse vermissen. bb) Fraglich erscheint, ob der Gewahrsamswechsel auf einem Gewahrsamsbruch beruht. Bedenken bestehen deshalb weil O dem G den Schlüssel im Wissen um die Zugriffsmöglichkeit des G ausgehändigt hat. Anders: Handelt es sich um eine Vermögensverfügung, die der Annahme einer Wegnahme entgegen steht? (1) Einigkeit besteht darüber, dass für Beantwortung der aufgeworfenen Frage das aus der Abgrenzung zwischen 253, 255 u. 249 bekannte Bild des Gebens oder Nehmens der Sache nicht weiter führt. Die Verfügung fordert ein 4

Mindestmaß an personaler Beteiligung (d.h. schlicht gesprochen: Wissen und Wollen des Opfers. Mindestvoraussetzung: Das Opfer muss das Bewusstsein haben, Gewahrsam zu übertragen. Es muss sich also einen Sachverhalt vorstellen, bei dem es den Gewahrsam an der Sache verliert. Zentrale Frage also: (2) Führt der Sachverhalt, den sich O vorstellt, nämlich die Übergabe des Motorradschlüssels an G zur Durchführung eines Checks in der im Hinterhof des Hauses gelegenen Werkstatt, zu einer Übertragung des Gewahrsams am Motorrad. Im Ergebnis bei Zugrundelegung der überwiegenden Ansicht zu verneinen. Es handelt sich um eine vorübergehende Aushändigung, die an der grundsätzlichen Herrschaftszuordnung nichts ändern soll. Beachte: Maßgeblich für dieses Ergebnis sind nicht Kriterien wie die physische Sachherrschaft oder der psychische Sachherrschaftswille, sondern das sozial-normative Moment des Gewahrsamsbegriffs: Die Verkehrsanschauung weist demjenigen, der eine Sache nur zur Kontrolle übergibt und sich dabei in der Nähe des Geschehens aufhält, nach wie vor die Sachherrschaft zu. Erg.: Der Sachverhalt, den sich der O vorstellt, ergibt keinen Gewahrsamswechsel. Damit fehlt es am Verfügungsbewusstsein des O, folglich an einem Einverständnis mit dem Gewahrsamswechsel. Es liegt ein Bruch fremden Gewahrsams vor. Der objektive Tatbestand der Wegnahme einer fremden Sache ist erfüllt 2. Vorsatz und die Absicht rechtwidriger Zueignung sind hier unproblematisch. 3. RW, Schuld: + Erg.: Strafbarkeit des G wegen Diebstahls gem. 242 I StGB. II. Betrug gem. 263 I StGB 1. Vorspiegeln einer Tatsache: Vorspiegeln, den Motorradschlüssel nur zum Zwecke des Checks zu benötigen. 2. Irrrum: Entsprechende Fehlvorstellung des O 3. Verfügung: vom Standpunkt der herrschenden Exklusivitätsthese ohne weiteres zu verneinen. Es fehlt am Bewusstsein, dem G Gewahrsam zu verschaffen. (vgl. den Exkurs nach B.) Erg.: Strafbarkeit des G gem. 263 abzulehnen. 5

B. Strafbarkeit des T - 242 I, 25 II StGB Mittäterschaftliches Agieren: Bewusstes und gewolltes Zusammenwirken von G und T. Dies gilt sowohl bei subjektiven Täterschaftskriterien als auch bei Zugrundelegung der Tatherrschaftslehre. Das Tatinteresse des T ergibt sich allein schon aus der geplanten Teilung des Verkaufserlöses. Die Tatherrschaft folgt aus den wesentlichen Gestaltungsanteilen des T bei der Planung, Vorbereitung und (unumstritten) aus der maßgeblichen Rolle des T beim entscheidenden Täuschungsmanöver gegenüber O. C. Exkurs I. Die Gegner der herrschenden Exklusivitätsthese (Wegnahme und Verfügung schließen sich gegenseitig aus) würden hier sowohl einen Betrug als auch einen Diebstahl annehmen. Begründung: G hat mit der Veranlassung der Herausgabe des Motorradschlüssels bereits eine konkrete Vermögensgefährdung herbeigeführt (Gefährdung liegt in der Übergabe des Motorradschlüssels an den rückgabeunwilligen G). Diese, in einer Gewahrsamslockerung liegende konkrete Vermögensgefährdung bedeutet bei wirtschaftlicher Sichtweise eine Vermögensminderung (Verfügungserfolg). Daran schließt sich der Diebstahl des G an, mit dem er den Gewahrsam gegen den Willen des O aufhebt. II. Die Vertreter der herrschenden Meinung lehnen diese Ansicht mit dem fragwürdigen Hinweis auf das Erfordernis der Unmittelbarkeit der Verfügungswirkung (siehe Übersicht zur Verfügung ) ab. Dieses angebliche Betrugskriterium besagt: Von einer Verfügung lasse sich nur dann reden, wenn das Opferverhalten unmittelbar zum Gewahrsamsverlust führe. Es genüge nicht, wenn es dazu (wie in den Trickdiebstahlsfällen) noch eines zusätzlichen Täterverhaltens bedürfe. III. Die Ansicht I. wird sogar in thematisch einschlägigen Examensklausuren regelmäßig ignoriert (sogar in den offiziellen Lösungsskizzen). Eine Behandlung in der Klausur dürfte daher sehr positiv registriert werden. 2. Tatkomplex: Strafbarkeit des X I. 253 I StGB 1. Drohung mit einem empfindlichen Übel a) Empfindliches Übel? Erlaubtes Übel= Übel isd 253? 6

b) Dohung: Inaussichtstellen in der Weise, dass Täter den Eintritt des Übels als von seinem Willen abhängig darstellt. 2. Handlung, Duldung oder Unterlassung als Erpressungserfolg: a) Aushändigung des Motorrades b) Forderung der herrschenden Literaturansicht: Handlung, Duldung etc. müssen sich als Verfügung darstellen. Kontroverse ist hier praktisch belanglos. Denn das Verhalten des T stellt sich nach allen vertretenen Ansätzen (1. äußeres Erscheinungsbild des Gebens. 2. innere Willensrichtung des Opfers: Schlüsselrolle bei Gewahrsamswechsel) als Verfügung dar. c) Verhalten des O muss Vermögen betreffen (bei Zugrundelegung der herrschenden Literaturansicht: Vermögensverfügung). Frage: Ist der Besitz am Motorrad, der dem T verloren geht, zum Vermögen des T zu zählen? aa) Jur. Vermögensbegriff: Zum Vermögen gehören nur Positionen, die zu einem Recht erstarkt sind: Deliktisch erworbener Besitz wie hier: - bb) Ökonomischer Vermögensbegriff: Fragt nicht nach rechtlicher Anerkennung, sondern nach wirtschaftlichem Wert, der sich nach tatsächlichem Nutzen, Realisierbarkeit etc, bemisst. So gesehen ist der Besitz an einem Motorrad ein Vermögenswert, solange eine Nutzungsgelegenheit, etwa eine realistische Verkaufschance besteht. cc) Jur.-ökonomische Vermittlungslehre: Mehrere Varianten. Ausgangspunkt: Fragen nach wirtschaftlichem Wert. Dann Ausfilterung nach Kriterien der Billigung der Rechtsordnung oder (großzügiger) des Fehlen einer Missbilligung seitens der Rechtsordnung. Nicht alle Ansätze der Lehre versagen dem deliktisch erlangten Besitz den Strafrechtsschutz (z.t. mit Hinweis auf 858 BGB für Vermögenswert plädiert). Erg. der h.m.: Vermögenswert des Besitzes des T zu bejahen. d) Verfügungserfolg mit Besitzverlust eingetreten. 3. Schaden: + keine Kompensation des Besitzverlusts. 4. Vorsatz bzgl. 1. 3.: + 7

5. Absicht rechtswidriger Bereicherung: + Stoffgleichheit von Verfügungserfolg (Vermögensminderung für T) und angestrebtem Vermögensvorteil für X zu bejahen. 6. Rechtswidrigkeit: 253 II: Verwerflichkeit der Mittel-Zweck-Relation: Sowohl das eingesetzte Mittel als auch das angestrebte Ziel sind rechtswidrig. 7. Schuld: + II. 240:+ Tritt aus Gründen der Spezialität hinter 253 zurück. III. 259 I StGB 1. Taugliches Tatobjekt: Durch rechtswidrige Vortat erlangte Sache: Diebstahl des T 2. Sich verschaffen? a) Setzt nach überwiegender Ansicht (Begründung: Anlehnung des Merkmals an das Merkmal des Ankaufens, Gesetz lesen!) ein einverständliches Zusammenwirken zwischen Vortäter und Hehler voraus. b) Fraglich, ob ein solches Zusammenwirken bei deliktischem Verhalten des Abschlusstäters ausgeschlossen ist. aa) sicherlich bei Gewahrsamsbruch: 242, 249 StGB (vgl. Besprechungsfall 2) bb) streitig bei Veranlassung zu Verfügungsverhalten ( 263, 253). Die wohl überwiegende Ansicht verneint auch bei diesen Konstellationen ein einverständliches Zusammenwirken. Vgl. zum Meinungsstand: Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT-2, Rn 858. Folgt man der herrschenden Ansicht, so wäre 259 für X abzulehnen. 8