Die Umsetzung der planungsrechtlichen Mehrwertabgabe im Kanton Aargau

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Transkript:

Die Umsetzung der planungsrechtlichen Mehrwertabgabe im Kanton Aargau lic. iur. Felix Weber, Rechtsanwalt Seite 1

Planungsrechtliche Mehrwertabgabe Um was geht es? Neue Nutzungsplanung Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13.11.2017 Seite 2

Gesetzliche Grundlagen Bundesrechtliche Vorgaben Art. 5 Abs. 1 Raumplanungsgesetz [RPG] 1979 «Das kantonale Recht regelt einen angemessenen Ausgleich für erhebliche Vor- und Nachteile, die durch Planungen nach diesem Gesetz entstehen.» Seit 1. Mai 2014: Art. 5 Abs. 1 bis Abs. 1 sexies RPG Volksabstimmung vom 3. März 2013 (Ja: 62,9 % und 25 Stände) Kantone müssen bei Einzonungen zwingend Planungsvorteile von mind. 20 % des Mehrwertes abschöpfen! Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 3

Gesetzliche Grundlagen Bundesrechtliche Vorgaben Übergangsrecht (Art. 38a Abs. 4 und 5 RPG) Kantone haben 5 Jahre Zeit, die Abschöpfung planerischer Mehrwerte einzuführen 1. Mai 2019 Nach 1. Mai 2019: Verbot der Ausscheidung neuer Bauzonen Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 4

Warum eine Mehrwertabgabe auf Planungsgewinnen? RPG-Revision 2014: Grundsatz, dass Bauzonen dem voraussichtlichen Bedarf für 15 Jahre entsprechen müssen. Zu grosse Bauzonen müssen redimensioniert werden vor allem in peripher gelegenen Gebieten: Rückzonungen erforderlich Mehrwertabgabe als logisches Gegenstück zu Entschädigungen, die bei Rückzonungen zu bezahlen sind Zusätzlich: Bereitstellen von Mitteln zur Finanzierung von Massnahmen zur besseren Nutzung von Bauland (z.b. für Landumlegungen) Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 5

Gesetzliche Grundlagen Kantonale Umsetzung im Aargau Inkrafttreten 1. Mai 2017: 1. Revision des Gesetzes über Raumentwicklung und Bauwesen (Baugesetz, BauG) Einfügung eines neuen Abschnittes «Ausgleich von Planungsvorteilen» 28a ff. BauG (insgesamt acht neue Paragraphen) 2. Verordnung über die Mehrwertabgabe (MWAV) Regelt die Details, z.b. Bagatellgrenze bei einem Mehrwertbetrag von CHF 5 000.00 oder die Verwendung der Erträge. Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 6

Abgabetatbestände 1. Einzonung Als Einzonung gilt jede Planungsmassnahme, die neu und dauerhaft Land von einer Nichtbauzone in eine Bauzone nach Art. 15 RPG überführt. Einzonung Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 7

Abgabetatbestände 2. Umzonung Die Umzonung innerhalb der Bauzone ist in zwei Fällen der Einzonung gleichgestellt: a. Wenn das Grundstück vor der Umzonung in einer Zone liegt, in der der das Bauen verboten ist (z.b. Freihaltezone) b. Wenn das Grundstück vor der Umzonung nur für öffentliche Zwecke zugelassen ist (z.b. Zone für öffentliche Bauten und Anlagen) 3. Nicht die Aufzonung! Die Aufzonung ist kein Abgabetatbestand. z.bsp. W2 W3 Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 8

Höhe der Abgabe Abgabesätze 1. Mindestabgabesatz: 20 % des Mehrwerts Abgabe von 20 % des Mehrwerts: Entspricht der Minimallösung des RPG 2. Aber: Kompetenz der Gemeinden Die Gemeinden können den Abgabesatz auf höchstens 30 % des Mehrwertes erhöhen Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 9

Höhe der Abgabe Berechnung der Mehrwertabgabe Differenzermittlungsmethode Verkehrswert des Landes nach Genehmigung des Nutzungsplans abzüglich Verkehrswert des Grundstücks vor der Planung = Mehrwert Wert neu (WG3): 1 000 m2 x CHF 760.00/m2 = CHF 760 000.00./. Wert alt (LW-Land): 1 000 m2 x CHF 10.00/m2 = CHF 10 000.00 Mehrwert CHF 750 000.00 In einer Gemeinde mit einem Abgabesatz von 30 % resultiert somit eine Mehrwertabgabe von CHF 225 000.00. Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 10

Bezug der Abgabe Fälligkeit der Abgabe Grundsatz: Fälligkeit bei Realisierung des Mehrwerts 1. Bei Veräusserung des Grundstücks 2. Bei Erteilung Baubewilligung Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 11

Bezug der Abgabe Anteil des Kantons Dem Kanton steht für Einzonungen und ihnen gleichgestellte Umzonungen die Hälfte des kantonalen Mindestsatzes zu Aktuell somit 10 % (1/2 von 20 %) Bei Mehrwertabgabesatz von 30 % 10 % oder 1/3 (CHF 75 000.00) 20 % oder 2/3 (CHF 150 000.00) Gemeinde X Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 12

Verwendung des Kantonsanteils Zweckbindung nach kantonalem Recht Kantonsanteil an Mehrwertabgaben Beitragsgesuche der Gemeinden Kantonale Spezialfinanzierung. Gemeinde A Gemeinde B Gemeinde C Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 13

Verfahren Auflageverfahren: Orientierung des Grundeigentümers über prov. Schätzung des Kantonalen Steueramtes Festsetzungsverfügung Einspracheentscheid Genehmigung der Nutzungsplanung Einsprache bei Gemeinderat Beschwerdeverfahren (Spezialverwaltungsgericht, Verwaltungsgericht, Bundesgericht) Rechtskraft Festsetzungsverfügung Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 14

Sicherung der Abgabe Gesetzliches Grundpfandrecht zu Gunsten der Gemeinde Fotoquelle: www.toptarif.de Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 15

Verteilung und Verwendung der Erträge Auf Seiten der Gemeinde Zweckbindung nach Massgabe von Art. 5 Abs. 1ter RPG Enteignungsentschädigungen Finanzierung von Infrastrukturvorhaben (Plätze, Quartiertreff etc.) Frei- und Grünflächen Massnahmen zur besseren Nutzung von Bauland (z.b. Landumlegungen) Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 16

Planungsrechtliche Mehrwertabgabe Anwendungsbeispiel Areal «Erlenmatt», Basel Fotoquelle: www.planungsamt.bs.ch Schärer Rechtsanwälte Aarau, 30. Januar 2014 Seite 17

Mehrwertabgabe und Grundstückgewinnsteuer Frage der Koordination zwischen Mehrwertabgabe und Grundstückgewinnsteuer? Zwei Aspekte: 1. Bezahlte (Mehrwert-)Abgabe als Teil der Anlagekosten 2. Abschöpfung der planungsbedingten Mehrwerte gemäss RPG auch mittels Anpassung der kantonalen Steuergesetze denkbar (z.b. Anpassung Grundstückgewinnsteuer) in der Praxis wegen der vielen Vorgaben des RPG aber zu kompliziert, daher in bisher allen Kantonen: separate Abgabe mit Regelung in kantonalen Bau- und Planungsgesetzen Schärer Rechtsanwälte Aarau, 30. Januar 2014 Seite 18

Mehrwertabgabe und Landwirtschaft Ersatzbeschaffungsprivileg zu Gunsten von Landwirten Primäre Profiteure von Einzonungen: Landwirte Reduktion der Abgabe, bei Verwendung des Gewinns innert angemessener Frist zu Beschaffung einer landwirtschaftlichen Ersatzbaute Schärer Rechtsanwälte Aarau, 30. Januar 2014 Seite 19

Fragen Schärer Rechtsanwälte Aarau, 13. November 2017 Seite 20