Aktenzeichen: 17 c 2190/14 Beglaubigte Abschrift EINGEGANGEN 1 9. AU6.. 2015 S C:H't;~rARZ RECHTSANWÄLTE Amtsgericht Nürtingen Im Namen des Volkes Urteil ln dem Rechtsstreit Prozessbevollmächtjgte: Rechtsanwälte Schwarz und Kollegen, Herzog-Georg-Str. 5, 89264 Weißenhom, Gz.: 1593/14 BS21 JB Gegen - Klägerin- -Beklagte- Prozessbevollmächtigte: wegen Forderung hat das Amtsgericht Nürtingen durch die Richterin am Amtsgericht Bizer auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2015 für Recht erkannt:
17 c 2190/14 -Seite 2-1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Nürtingen vom 28.01.2015 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte zur Zahlung von 2.923,16 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 14.11.2014 und zur Zahlung von 281,30 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 14.11.2014 verurteilt wird. 2. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. 3. Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 4. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 11 0 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Beschluss Der Streitwert wird auf 3.055,23 festgesetzt. Tatbestand Die Klägerin fordert von der Beklagten die Bezahlung restlicher Mietwagenkosten als Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall aus abgetretenem Recht. Die Klägerin betreibt eine auf Fahrschulwagen spezialisierte Autovermietung mit Sitz in Vöhringen. Am 12.2.2014 verunfallte in Filderstadt ein Fahrschulfahrzeug der Fahrschule Das Fahrzeug des Unfallverursachars war bei der Beklagten haftpflichtversichert. Zwischen den Parteien ist die Haftung der Beklagten dem Grunde nach unstreitig. Die Fahrschule mietete bei der Klägerin für das beschädigte Fahrzeug Skoda Oktavia für die Zeit vom 12.2.2014 bis 13.3.2014 einen Audi A3 an. Die Fahrschule verfügte insgesamt über drei Fahrschulfahrzeuge und beschäftigte einschließlich des Inhabers drei Fahrlehrer. Die Fahrschule hält kein Fahrschulfahrzeug vor. Mit dem Mietwagen wurden insgesamt 4896 km zurückgelegt. Die Klägerin ließ sich die Ansprüche der Fahrschule gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung, der Beklagten, abtreten. Die Klägerin rechnete mit Rechnung vom 4.3.2014 (Anl. K4, BI. 28) die Anmietung zu einem Gesamtpreis von 6.513,63 netto ab. Die dabei angesetzten Einzelpreise pro Tag bzw. km sind unstreitig angemessen und ortsüblich.
17 c 2190/14 -Seite 3 - Mit ihrer Abrechnung vom 10.04.2014 bezahlte die Beklagte an die Klägerin einen Betrag für die Mietwagenkosten von 3.458,40. Die Klägerin behauptet, die Anmietung des Fahrschulfahrzeugs sei für die gesamte Mietdauer von 29 Tagen erforderlich gewesen. Eine überlange Dauer der Reparaturzeit sei der Geschädigten nicht anzulasten. Das Prognoserisiko habe der Schädiger zu tragen. Nachdem für die Beklagte zum Termin am 28.1.2015 niemand erschienen ist, wurde auf Antrag der Klägerin folgendes Versäumnisurteil erlassen: 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.055,23 nebst Zinsen hieraus i.h.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 14.11.2014 zu bezahlen. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 347,60 nebst Zinsen hieraus i.h.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 14.11.2014 zu bezahlen. Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil vom 28.1.2015 aufrechtzuerhalten. Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Beklagte ist der Meinung, dass eine Anmietzeit von 29 Tagen nicht erforderlich gewesen sei. Nachdem der Privatgutachter eine voraussichtliche Reparaturdauer für das beschädigte Fahrzeug von 8-10 Arbeitstagen angenommen habe, habe die Geschädigte den Mietwagen mit 29 Tagen unangemessen lange in Anspruch genommen und damit gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Sofern die Kapazität des Reparaturbetriebes ausgelastet gewesen sei, hätte die Geschädigte sich vorab darüber informieren müssen. Außerdem sei ein Abzug für Eigenersparnis von mindestens 15 % gerechtfertigt, da bei Fahrschulfahrzeugen eine Abnutzung in besonderen Maße erfolge. Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen sowie auf die Protokolle vom 28.01.2015 (BI.88 d.a.), vom 22.04.2015 (BI. 149 d. A.) und vom 08.07.2015 (BI. 263 d.a.) verwiesen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin (BI.263 ff.).
17 c 2190/14 -Seite 4 - Die Klage ist im Wesentlichen begründet. Entscheidungsgründe I. 1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 S. 1, 398 BGB, 115 WG einen Anspruch in der Hauptforderung auf Zahlung weiterer 2.923,16. a. Die Einstandspflicht der Beklagten für den Schaden der Fahrschule aus dem Verkehrsunfall vom 12.2.2014 ist unstreitig. Die Beklagte hat daher die Kosten zu ersetzen, die zur Schadensregulierung erforderlich sind. Als erforderlich im Sinne von 249 Abs. 2 S. 1 BGB sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Bei der Frage, ob der Geschädigte die Mietaufwendungen in wirtschaftlich vernünftigen Grenzen gehalten hat, sind seine spezielle Situation und insbesondere seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten maßgebend. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze erweisen sich die von der Klägerin der Fahrschule in Rechnung gestellten Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 6.381,56 netto als erforderlich. Die Geschädigte war berechtigt, nach dem Unfall schnellstmöglich ein Ersatzfahrzeug für den beschädigten Fahrschulwagen anzumieten, um ihre Verpflichtungen den Fahrschülern gegenüber zur Durchführung der vertraglich vereinbarten Ausbildung zu erfüllen. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig, nachdem die Beklagte bereits vorgerichtlich einen erheblichen Betrag auf die entstandenen Mietwagenkosten geleistet hat. Auch liegt kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht seitens der Geschädigten vor hinsichtlich der Auswahl des Mietwagenunternehmens. Unstreitig stand der Geschädigten kein ande-
17 C2190/14 -Seite 5 - res Unternehmen mit günstigeren Preisen zur Verfügung. b. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht besteht auch nicht hinsichtlich der Mietdauer von 29 Tagen. Die Geschädigte hat den Mietwagen unmittelbar nach Fertigstellung des Unfallfahrzeuges am 12.3.2014 zurückgegeben. Die lange Mietdauerwurde verursacht durch die lange Reparaturdauer des Unfallfahrzeugs, die mit 16 Arbeitstagen deutlich über der vom Privatgutachter veranschlagten voraussichtlichen Reparaturdauer von 8-10 Arbeitstagen liegt. Ein Mitverschulden der Geschädigten ist diesbezüglich jedoch nicht zu erkennen. Das nicht mehr fahrbereite Unfallfahrzeug wurde zur Reparaturwerkstatt abgeschleppt, bei der die Geschädigte langjährige Kundin ist. Mit der Reparatur wurde unmittelbar nach Eingang des Gutachtens begonnen. Dabei war die Geschädigte grundsätzlich nicht verpflichtet sich bei dem Reparaturbetrieb zu erkundigen, ob die veranschlagte Reparaturdauer eingehalten werden kann, zumal fraglich ist, ob der Geschädigten das Gutachten vor Reparaturbeginn überhaupt zur Kenntnis gelangte. Das Gutachten ist zwar an die Geschädigte adressiert, jedoch wurde dieses nach den Ausführungen der Zeugin von der Werkstatt im Namen der Geschädigten in Auftrag gegeben. Es ist deshalb davon auszugehen, dass das Gutachten auch direkt an die Autowerkstatt ging. Vielmehr darf der Kunde grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Werkstatt sich bemüht, das beschädigte Fahrzeug zeitnah zu reparieren. Die Ursachen für die lange Reparaturdauer sind nach Vernehmung der Zeugin in den Lieferproblernen eines Heckblechs, den Faschingstagen sowie Kapazitätsproblemen der Werkstatt zu finden. Sämtliche Ursachen sind der Geschädigten nicht anzulasten, zumal die Zeugin versicherte, dass die Werkstatt sich grundsätzlich bemühe, Reparaturen in der vom Gutachter geschätzten Reparaturdauer fertig zu stellen. Ausweislich der glaubhaften Aussage der Zeugin waren die Verzögerungen bei der Auftragsannahme zumindest für die Geschädigte nicht erkennbar. Sie musste nicht davon ausgehen, dass die Werkstatt den Schaden nur verzögert reparieren werde. Allein, dass eine Reparatur tatsächlich länger als im Gutachten angegeben dauert, führt nicht zu einer Kürzung der klägerischen Ansprüche (vgl. OLG Frankfurt VersR 1987, 1043). Dies gilt umso mehr, als die Beklagte bei einem eventuellen Verschulden der Werkstatt sich die dadurch entstandenen Schadensersatzansprüche der Geschädigten gegen die Werkstatt ohne weiteres abtreten lassen könnte.
17 c 2190/14 -Seite 6 - Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte nach der glaubhaften Aussage der Zeugin erst am 08.03.2014, also 5 Tage vor Anmietende, Deckungszusage für die Reparatur erteilt hat. Hätte die Geschädigte erst dann den Reparaturauftrag erteilt, hätte sich die Anmietzeit noch deutlich verlängert. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ist nicht zu erkennen. Eventuelle Prognoserisiken gehen grundsätzlich zu Lasten des Schädigers. c. Bei den Mietwagenkosten ist eine Eigenersparnis von 10% zu berücksichtigen. Dieser Prozentsatz ist erforderlich, aber auch ausreichend. Dabei ist bereits berücksichtigt, dass Fahrschulfahrzeuge einer besonderen Abnutzung unterliegen, zumal üblicherweise bei anderen Fahrzeugen eine Eigenersparnis von lediglich 5 % gut vertretbar ist. Die Eigenersparnis ist allerdings auch zu berechnen von den Mietwagenkosten bezüglich der besonderen Fahrschulausstattung. Auch die Fahrschulausstattung unterliegt grundsätzlich der Abnutzung, der das beschädigte Fahrzeug während der Reparaturdauer gerade nicht ausgesetzt ist, so dass die Eigenersparnis auch entsprechend in Höhe von 113,10 (10% v.1131,00 ) zu berücksichtigen ist. d. Bei den Kosten für die Endreinigung des Mietfahrzeugs von 19,00 handelt es sich um Sowiesokosten, die auch bei der Benutzung des eigenen Fahrzeugs durch die Geschädigte angefallen wären. Eine Erstattung durch den Schädiger hat deshalb nicht zu erfolgen. 2. Die Rechtsanwaltskosten errechnen sich als Verzugsschaden gern. 286 mit einer 1,3-Gebühr aus dem zugesprochenen Betrag von 2.923,16 zu 281,30. Der Anspruch auf Zinsen ergibt sich aus denselben Normen als Verzugsschaden.
17 c 2190/14 -Seite 7 - II. Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus 709 ZPO. Rechtsbehelfsbelehrung: Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat. Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem Landgericht Stuttgart Urbanstraße 20 70182 Stuttgart einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung. Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde. Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung. Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem einzulegen. Amtsgericht Nürtingen Neuffener Straße 28 72622 Nürtingen Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliehe Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.
17 c 2190/14 -Seite 8 - Bizer Richterin am Amtsgericht Verkündet am 12.08.2015 Tardiveau, JOSekrin Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Beglaubigt Nürtingen, 17.08.2015