Entwicklung von Sauerkirschbäumen während der ersten beiden Vegetationsperioden nach der Pflanzung im direkten Nachbau nach Pr. avium H. Schwärzel Zusammenfassung und Empfehlung Die Analysen der Stammquerschnittsflächen nach der 2. Vegetationsperiode und der jährlichen Zuwachsleistung an Stammquerschnitt zeigen eine starke Unterlagenwirkung, eine hohe Variabilität in der Reaktion auf das Kulturverfahren und erste Hinweise auf die obstbauliche Unverträglichkeit der Sorte Ungarische Traubige auf Kombinationen mit Pr. mahaleb bzw. Pr. maxma14. Eine Kombination der positiven Effekte von Resistenz gegenüber der Vorkultur Pr. avium und der Wachstumsstimulierung durch das Kulturverfahren liegt bei den Kombinationen mit Pr. colt vor. Die Gehölze erreichten in diesen Unterlagenkombinationen ca. die 3 fache vegetative Leistung gegenüber dem Mittelwert der anderen Kombinationen. Ob diese Stimulierung, die nicht zu Lasten der Winterfrosthärte der Gehölze ging, sich in einer Steigerung der Erträge widerspiegeln wird, werden die Erträge in den nächsten beiden Jahren zeigen. Bei den anderen Unterlagen zeigen sich Wechselwirkungen von Standalter und Einfluss des Kulturregimes. Die folge bei der Bewertung der Zuwachsleistung der Gehölze verschiebt sich. Die Wuchsleistung der Gehölze gleicht sich unabhängig von den verwendeten Unterlagen an. Die Kombinationen mit Pr. avium alkavo und die von Achat mit den Unterlagen Pr. mahaleb und Pr. maxma14 belegen, dass es grundsätzlich möglich ist, einen Anbau von Kirschen nach Pr. avium vorzunehmen. Aus parallelen Versuchsanstellungen mit Süßkirschsorten gilt diese Aussage auch für die Unterlagen GiSelA5 und PiKU1. Die Basis stellt ein Kulturverfahren, welches für den Kulturheidelbeeranbau auf Ackerland entwickelte wurde, der -Müncheberger Damm-, dar. Die Steuerung der mikrobiellen Prozesse im Boden und die Hemmung der Entwicklung unerwünschter Mikrobengesellschaften erfolgt über die Milieugestaltung. Die künftige Bestandsführung bei der Kirsche sollte daher über den Rahmen der Düngung und Bewässerung hinaus gehen und Fragen der Gestaltung der Wurzelräume, der Klimatisierung dieser und der Mykorrhizierung der Wurzeln in den Vordergrund stellen. Versuchshintergrund und -frage Das Problem des artgleichen Nachbaus von Obstgehölzen, der Bodenmüdigkeit, ist von existenzieller Bedeutung für alle Bereiche von der Baumschulwirtschaft bis hin zum Erwerbsanbau von Obst. Als Ursache für die Wachstumsstörungen wird ein Komplex von bodenchemischen und mikrobiellen Einflussfaktoren angesehen. Die Möglichkeiten der Unternehmen, mit Hilfe chemischer Bodenentseuchung die Wirkungen des Nachbaus zu beseitigen, sind aufgrund des Gesundheits- und Naturschutzes nicht zu rechtfertigen. Die einmalige chemische Belastung der Böden würde einer jährlichen Applikationsmenge von ca. 30 kg Gefahrstoffen je ha über eine Bestandsdauer von 15 Jahren entsprechen. Das Verfahren der Kontrollierten Integrierten Produktion untersagt die chemische Bodenentseuchung und ist auf den 1
Flächentausch mit landwirtschaftlichen Kulturen oder auf die Entwicklung nichtchemischer Bekämpfungsstrategien angewiesen. Aus obstbaulicher Sicht ist zu klären, ob es Resistenzmechanismen verschiedener Unterlagen gegenüber der mikrobiellen Vorprägung der Standorte gibt und in wieweit diese durch Kulturmaßnahmen beeinflusst werden können. Material Pflanzung direkt im Nachbau Alter der Gehölze Pflanzsystem Unterlagen Sorten Herbst 2007 1 jährig (4,50 x 2,50) m² 4 2 12 Gehölze je Kombination Vor der Pflanzung im November 2007 wurden in einer bestehenden Anlage, auf der Unterlage Prunus avium (Pr. avium), die vorhandenen 12 jährigen Bäume ca. 5 cm oberhalb der Erdoberfläche abgesägt, die Stubben im Boden belassen und in die Stubbenzwischenräume der Reihen Pflanzlöcher (0,45 m x 1,20 m Tiefe) gebohrt. Die Bäume wurden mit Erde aus den Arbeitsgassen gesetzt und mit einem Baumstreifenmulch versehen. Ergebnisse Einen ersten Überblick über die Entwicklung der mittleren vegetativen und generativen Leistung der Gehölze innerhalb der Kombinationen geben Abb.1. und Tabn. 1 bis 4. Die Differenzierung des Ausgangsmaterials mit vier Ähnlichkeitsgruppen reduziert sich aufgrund unterschiedlicher Zuwachsleistungen der Gehölze auf zwei. Stark abweichende Reaktionen zeigen die Kombinationen mit Pr. colt. Die Entwicklung der Kombinationen mit Pr. colt kann nur bedingt mit der Stärke der Gehölze zum Zeitpunkt der Pflanzung erklärt werden. Bereits in der ersten Vegetationsperiode nach der Pflanzung sind die Kombinationen mit Pr. colt denen auf den anderen Unterlagen statistisch überlegen. Die mittlere Zuwachsleistung nach der zweiten Vegetationsperiode liegt bei ca. 300 % gegenüber dem Mittelwert der anderen Kombinationen. Der Einfluss der Unterlage Pr. colt ist in diesem Stadium stärker als der der Sorten. Die Unterschiede zwischen den Sorten auf der Unterlage Pr. colt beziehen sich auf die Blütenknospendifferenzierung in der ersten Vegetationsperiode und der nachfolgenden Ertragsbildung in der zweiten. Die Kombinationen mit der Sorte Ungarische Traubige sind denen von Achat in der Ertragsbildung überlegen und erreichen das Ertragsniveau der anderen Unterlagenkombinationen. Bereits in der zweiten Vegetationsperiode deutet sich an, dass die Sorte Ungarische Traubige zu einer obstbaulichen Unverträglichkeit mit Pr. mahaleb, der Steinweichsel, und der aus ihr hervorgegangenen Pr. maxma14 neigt. Die Gehölze zeigen eine verminderte Triebleistung, einen vorzeitigen Triebabschluss und eine Sorten untypische Laubverfärbung. Ob Wechselwirkungen zu dem Kulturverfahren, bestehen, muss durch weitere Untersuchungen geprüft werden. Bei der Sorte Achat treten Veränderungen dieser Art nicht auf. Eine Ursache für das unterschiedliche Kombinationsverhalten der Sorten kann in der unterschiedlichen genetischen Struktur der Sorten liegen. Die Grundlage für die gute Entwicklung aller Gehölze bildet ein Kulturverfahren, welches auf dem des -Müncheberger Dammes- bei der Kulturheidelbeere aufbaut. 2
Über die Milieugestaltung werden die mikrobiellen Prozesse im Boden steuert und unerwünschte Mikrobengesellschaften in ihrer Entwicklung hemmt. Die Anpassung des ph-wertes in dem Substrat und die Düngung ermöglichen die erfolgreiche Kultur der Gehölzunterlagen. Werden die Kombinationen mit Pr. colt separat betrachtet, so ist mit zunehmendem Standalter eine Harmonisierung der Bestandsentwicklung zu verzeichnen. Bei der statistischen Analyse tritt nur noch eine Ähnlichkeitsgruppe gegenüber drei zum Zeitpunkt der Pflanzung auf. Die Gehölze zeigen Wechselwirkungen von Standalter und Einfluss des Kulturregimes. Die folge bei der Bewertung der Zuwachsleistung der Gehölze verschiebt sich. Am deutlichsten treten die individuellen Reaktionen bei den Kombinationen mit Pr. avium Sämling (alkavo). auf. Nach der Ernte 2009 starb je Sorte ein Gehölz der Kombination mit alkavo ab. Eine winterfrostbedingte Vorschädigung (ca. -25 C im Januar 2009) kann bei diesen Einzelgehölzen nicht ausgeschlossen werden. Die Sämlingsunterlage Pr. avium verursacht auch die größte Variabilität innerhalb der Versuchsglieder (luxerierende Einzelgehölze, mit Zuwachsleistungen ähnlich den Kombinationen mit der Unterlage Pr. colt). Die Homogenität in dieser Charge der Pr. avium Sämling alkavo ist ungenügend. Ob die verwendete Pr. avium alkavo sortenrein ist, oder unterschiedliche Herkünfte verwendet wurden, könnte nur durch genetische Untersuchungen geklärt werden. Die Kombinationen mit Pr. avium Sämling beider Sorten und die von Achat mit den Unterlagen Pr. mahaleb und Pr. maxma14 belegen, dass es grundsätzlich möglich ist, einen Nachbau von Kirschen nach Pr. avium vorzunehmen. Aus parallelen Versuchsanstellungen mit Süßkirschsorten gilt diese Aussage besonders für Kombinationen mit den Klon-Unterlagen GiSelA5 und PiKU1. 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 U Traubige/ colt Achat / colt Gesamtmittelwert U Traubige/ alkavo Achat / maxma 14 Achat / alkavo Stammzuwachs in der 2. Vegetationsperiode mm² 2009 Stammzuwachs in der 1. Vegetationaperiode mm² 2008 Stammquerschnittsfläche zur Pflanzung in mm², Herbst 2007 mittlerer Ertrag g/ Baum 2009 Achat / mahaleb U Traubige/ mahaleb U Traubige/ maxma14 4500,0 4000,0 3500,0 3000,0 2500,0 2000,0 1500,0 1000,0 500,0 0,0 Abb. 1: Mittlere Erträge im Jahr 2009 und Stammquerschnittsflächen von Sauerkirschbäumen, zum Zeitpunkt der Pflanzung sowie nach der ersten und zweiten Vegetationsperiode 3
Tab. 1: Mittlere Stammquerschnittsflächen mm² von Sauerkirschbäumen, 2. Vegetationsperiode nach der Pflanzung, student-newman-keuls test, significance level,050 Stammquerschnittsfläche in mm², 1 2 1 U. Traubige/ maxma14 1168,17 4 U. Traubige/ mahaleb 1243,00 6 Achat/ mahaleb 1389,50 3 Achat/ alkavo 1452,58 5 Achat/ maxma14 1508,08 2 U.Traubige/ alkavo 1618,67 8 Achat/ colt 4197,25 7 U.Traubige/ colt 4250,75 signifikance,186,781 Tab. 2: Mittlere Stammquerschnittsflächen mm² von Sauerkirschbäumen bei der Pflanzung als 1 jährige Veredlung, Herbst 2007, student-newman- Keuls test, significance level,050 Stammquerschnittsfläche in mm², 1 2 3 4 1 U. Traubige/ maxma 14 186,24 2 U. Traubige/ alkavo 203,69 3 Achat/ alkavo 280,82 4 U. Traubige/ mahaleb 284,95 5 Achat/ maxma14 285,95 6 Achat/ mahaleb 314,68 314,68 7 U.Traubige/ colt 346,06 8 Achat/ colt 405,83 signifikance,393,348,126 1,000 Tab. 3: Mittlere Zuwachsleistungen an Stammquerschnittsfläche mm² von Sauerkirschbäumen, 1. Vegetationsperiode nach der Pflanzung, 2008, student-newman-keuls test, significance level,050 Zuwachs Stammquerschnittsfläche in mm², 1 2 3 6 Achat/ mahaleb 202,66 4 U. Traubige/ mahaleb 224,51 3 Achat/ alkavo 246,79 2 U. Traubige/ alkavo 270,12 1 U. Traubige/ maxma 14 353,80 353,80 5 Achat/ maxma14 479,22 8 Achat/ colt 1020,88 7 U.Traubige/ colt 1045,06 signifikance,178,067,722 4
Tab. 4: Mittlere Zuwachsleistungen an Stammquerschnittsfläche mm² von Sauerkirschbäumen, 2. Vegetationsperiode nach der Pflanzung, 2009, student-newman-keuls test, significance level,050 Zuwachs Stammquerschnittsfläche in mm², 1 2 3 1 U. Traubige/ maxma 14 628,15 4 U. Traubige/ mahaleb 733,63 733,63 5 Achat/ maxma14 742,77 742,77 6 Achat/ mahaleb 872,18 872,18 3 Achat/ alkavo 925,07 925,07 2 U. Traubige/ alkavo 1144,91 8 Achat/ colt 2770,56 7 U.Traubige/ colt 2859,64 signifikance,311,067,565 Lit.: H. SCHWÄRZEL, P. SCHUBERT, 2003 Empfehlungen für eine Substratkultur bei Kulturheidelbeeren unter besonderer Berücksichtigung unkonventioneller Standorte, Rheinische Monatsschrift, 1, 2003 5