Dr. Karin Tondorf Logib-D ein Weg zur Entgeltgleichheit? Wie man Lohnunterschiede im Unternehmen misst Veranstaltung der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, Bremen am 15. März 2010
Überblick Was ist Logib-D? Kritikpunkte an Logib-D Welche Instrumente brauchen wir stattdessen?
Logib-D: Das Verfahren I Koalitionsvertrag der Regierungsparteien: Wir wollen das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit für Frauen und Männer umsetzen und damit die Entgeltungleichheit überwinden Logib-D steht für Lohngleichheit im Betrieb Deutschland (BMFSFJ) Mit Logib-D können interessierte Unternehmen schnell und anonym die Entgeltstruktur unter Geschlechtergesichtspunkten analysieren. (Homepage www.logib-d.de)
Logib-D Logib-D: Das Verfahren II ist ein ökonometrisch-statistisches Verfahren, beruht auf der Humankapitaltheorie (ökonomische Prüflogik) geht von der Annahme aus, dass Entgeltgleichheit erreicht ist, wenn gleicher Lohn für gleiches individuelles Humankapital von Frauen und Männern gezahlt wird geht zurück auf Logib, einem Lohnmessverfahren des Bundes der Schweiz
Logib-D: Das Verfahren II Logib D berechnet: Welcher Teil der betrieblichen Entgeltdifferenz ist objektiv gerechtfertigt? Wie hoch ist der unerklärte Rest, der auf den Einfluss des Merkmals Geschlecht auf die Lohnhöhe verweist?
Kritikpunkt 1: Logib-D prüft nicht die Entgeltgleichheit Entgeltgleichheit bedeutet nach deutschem und europäischem Recht: Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit Prüfgegenstand: Entgelt Frauen/Männer Prüfgegenstand: Arbeit Frauen/Männer
Kritikpunkt 1: Logib-D prüft nicht die Entgeltgleichheit Ökonomische Prüflogik von Logib-D: Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit gleiches Humankapital Prüfgegenstand: Entgelt Frauen/Männer Prüfgegenstände: Ausbildung, Dienstalter, Erwerbserfahrung Frauen/Männer
Kritikpunkt 1: Logib-D prüft nicht die Entgeltgleichheit Mit Logib-D kann nicht geprüft werden, ob gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit gezahlt wird, da die konkrete Arbeit von Frauen und Männer nicht Prüfgegenstand ist. Zwar prüft Logib-D zusätzlich, ob Männer und Frauen eine Stelle innehaben, die ihrem Humankapital entspricht. Hierzu werden vier Anforderungsniveaus und fünf Ebenen der beruflichen Stellung erfasst. Damit kann jedoch nur die grobe Eingruppierungsstruktur statistisch abgebildet werden. Eine Unterbewertung von Arbeit kann statistisch nicht sichtbar gemacht werden.
Kritikpunkt 2: Logib-D ist gleichstellungsrechtlich problematisch Logib-D rechtfertigt Entgeltunterschiede objektiv mit Variablen, die selbst Diskriminierungspotential enthalten: Persönliche Ausbildungsjahre können Frauen benachteiligen, die Ausbildungschancen in geringerem Maße nutzen konnten oder genutzt haben. (u.a. EuGH Danfoss ) Potentielle Erwerbsjahre können altersdiskriminierend wirken. (AGG) Dienstjahre im Sinne von Sitzzulagen sind rechtlich nicht zulässig. Es darf Berufserfahrung entlohnt werden, die dazu führt, dass die Arbeit besser ausgeführt werden kann. (EuGH Cadman )
Kritikpunkt 2: Logib-D ist gleichstellungsrechtlich problematisch Eine rechtlich fundierte Prüfmethode kommt zu anderen Ergebnissen als Logib-D. Beispiel 1: Frauen und Männer verrichten die gleiche Arbeit. Die Ausbildungsjahre sind gleich. Die Männer haben mehr Dienstjahre und längere Erwerbserfahrung. Sie erhalten im Durchschnitt 300 Euro mtl. mehr. Logib-D: Höhere Entlohnung der Männer könnte wegen höherem Dienstalter und längerer Erwerbserfahrung gerechtfertigt sein. Aus rechtlicher Sicht: Es liegt ein Verdacht auf unmittelbare Diskriminierung der Frauen vor, denn Männer erhalten für gleiche Arbeit ein höheres Entgelt.
Kritikpunkt 2: Logib-D ist gleichstellungsrechtlich problematisch Beispiel 2: Frauen üben betreuende, Männer technische Tätigkeiten aus. Sie verfügen über die gleiche Ausstattung mit Humankapital und erhalten gleiches Bruttoarbeitsentgelt. Logib-D: Lohngleichheit ist eingehalten.? Aus rechtlicher Sicht: Ist die Tätigkeit der Frau unterbewertet? Dies ist statistisch nicht prüfbar. Wird im Tarifvertrag die soziale Kompetenz bewertet?
Kritikpunkt 2: Logib-D ist gleichstellungsrechtlich problematisch Beispiel 3: In einem Bereich arbeiten weibliche Sekretariatskräfte (überwiegend älter) und männliche Sachbearbeiter (überwiegend jünger). Beide Gruppen haben eine dreijährige Berufsausbildung. Die Frauen haben mehr Dienstjahre und Erwerbserfahrung. Die Männer erhalten durchschnittlich 400 Euro mtl. mehr. Logib-D: Die Frauen könnten unterbezahlt sein, da ihr Humankapital nicht angemessen bezahlt wird. Aus rechtlicher Sicht: Kein Hinweis auf Entgeltdiskriminierung, da Frau und Mann weder gleiche noch gleichwertige Tätigkeiten verrichten.
Kritik an Logib-D Logib-D zeigt Lohngleichheit eingehalten auch dann an, wenn Frauen beim Entgelt diskriminiert sein könnten. Umgekehrt zeigt Logib-D Lohnungleichheit auch dann an, wenn Entgeltgleichheit gewährleistet ist. Logib-D wiegt Unternehmen in falscher (Rechts-)Sicherheit. Arbeitsgerichte prüfen nach anderen Maßstäben. Logib-D könnte zeigen, dass es Frauen gibt, die für anspruchsvollere und besser bezahlte Tätigkeiten eingesetzt werden könnten. Es kann also ein geeignetes Instrument zur Förderung von Chancengleichheit bei der Beschäftigung sein.
Fazit: Mit Logib-D lässt sich Entgeltdiskriminierung weder prüfen noch bekämpfen. Die verwendeten Daten dienen der Verdienststrukturerhebung, einer gesamtwirtschaftlichen Statistik. Die Prüfung der Entgeltgleichheit ist ein anderer Zweck, der andere Mittel (Methoden) erfordert.
Welche Instrumente brauchen wir stattdessen? Ein Prüfinstrumentarium, das gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit prüft, etwaige Benachteiligungen transparent und nachvollziehbar aufzeigt, rechtlich aussagekräftige Ergebnisse erzielt, sich für Qualifizierungskampagnen zu Equal Pay eignet, Beratung von Beschäftigten erleichtert, Prüfmethodik bei Entgeltgleichheitsklagen anbietet. Daher wurde jetzt eg-check.de (entgeltgleichheits-check) entwickelt wissenschaftliches Projekt, gefördert von der HBS
eg-check.de (Entgeltgleichheits-Check) Wie ist zu prüfen? Jeder Entgeltbestandteil für sich! Weitere Zulagen, Zuschläge, Sachleistungen. Erschwerniszuschläge Zuschläge für Überstunden, Schicht-, Nachtarbeit Leistungsvergütung Jahressonderzahlungen Stufensteigerungen Grundentgelt Belastungen, Gefahren Dauer, Lage der Arbeitszeit Leistung Anforderungen, soziale Gründe i.d.r. Berufserfahrung Anforderungsbezogenes Grundentgelt Anforderungen der Tätigkeit
eg-check.de (Entgeltgleichheits-Check) Wer soll eg-check.de nutzen können? Arbeitgeber (private und öffentliche) Betriebs- und Personalräte Gleichstellungs- und Frauenbeauftragte Tarifparteien Gewerkschaften, Interessenverbände und Rechtsberatungen Arbeitsrichter/innen Beschäftigte
eg-check.de (Entgeltgleichheits-Check) Welche Prüfinstrumente gibt es? Statistiken betriebliche Entgeltdaten, differenziert nach Geschlecht und weiteren Kriterien Regelungs- Checks Fragen zum Erkennen von (un)mittelbar diskriminierenden Regelungen Paarvergleiche Prüfung auf der individuellen Ebene (Mann/Frau) zu jedem Entgeltbestandteil, einzeln, in Kombination oder insgesamt einsetzbar
Beispiel 1: Statistik Grundentgelt (Auszug) Tätigkeit eg-check.de (Entgeltgleichheits-Check) Gleiches Entgelt für gleiche Arbeit? Arbeit Frauen/Männer Entgelt Frauen/Männer besetzt durch Grundentgelt Grundstufe (nach Tarif) Gezahltes Grundentgelt in /Monat in /Monat m w m w Kaufm. Assistenz 2 5 2.500 2.700 2.500 Leitung Küche - 1 3.750-3.750 Leitung Werkstatt 1-3.900 3.900 - Gleiches Entgelt für gleiche Arbeit?
eg-check.de (Entgeltgleichheits-Check) Beispiel 2: Statistik Grundentgelt (Auszug) Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit? Tätigkeit Arbeit Frauen/Männer Entgelt Frauen/Männer besetzt durch Grundentgelt Grundstufe (nach Tarif) Gezahltes Grundentgelt in /Monat in /Monat m w m w Kaufm. Assistenz 2 5 2.500 2.700 2.500 Leitung Küche - 1 3.750-3.750 Leitung Werkstatt 1-3.900 3.900 - Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit?
eg-check.de (Entgeltgleichheits-Check) Beispiel 3: Paarvergleich zur Feststellung der Gleichwertigkeit von Tätigkeiten (Ergebnisübersicht) Anforderungen/Belastungen Leitung Küche Leitung Werkstatt 1. an Wissen und Können 12 12 2. an psycho-soziale Kompetenzen 5 5 3. an Verantwortung 6 5 4. Physische Anforderungen 3 4 Summe der Punktwerte, ungewichtet 26 26
eg-check.de (Entgeltgleichheits-Check) Beispiel 4: Regelungs-Check zur Leistungsvergütung (Auszug) Fragen 2. Werden bestimmte Beschäftigtengruppen aus dem Geltungsbereich der Regelung ausgeschlossen? Ja nein 9. Gibt es unter den Kriterien solche, die von Beschäftigten mit Familienpflichten schlechter erfüllt werden können bzw. Kriterien, die derart ausgelegt werden können? (z.b. Flexibilität, Fortbildung) Ja nein Erläuterungen Es würde gegen den Grundsatz der Entgeltgleichheit verstoßen, wenn Beschäftigtengruppen überwiegend eines Geschlechts ausgeschlossen würden. Die ausgewählten Leistungskriterien müssen geschlechtsneutral sein. Flexibilität kann bei entsprechender Definition Frauen benachteiligen, die aufgrund von Familienpflichten ihre Arbeit weniger leicht flexibel gestalten können als Männer (EuGH Danfoss )
Weitere Informationen Kritik an Logib-D: Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes http://www.djb.de/kommissionen/k1/st10-3/ Zu eg-check.de: Testversion ab 26.3.2010 im Internet zum Download Pressekonferenz: 18.3.2010 (Hans-Böckler-Stiftung) Wer prüfen will, kann prüfen! Weiterentwicklung auf der Basis praktischer Erfahrungen Artikel in Gleichstellung in der Praxis (GiP) 2/2010
Herzlichen Dank!