2. Session 1. Vortrag ENDOKRINOLOGIE DER GEBÄRFÄHIGEN FRAU a.o. Univ.-Prof. Dr. med. Hans Helmut PUSCH Ambulatorium für Andrologie und Reproduktionsmedizin Schmiedgasse 40/I, 8010 Graz Tel.: 0316 / 83 46 83 e-mail: andrology-clinic@netway.at 51
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Die fertilen Jahre der Frau umfassen einen Zeitraum von ca. 38 Jahren. Die Pubertät setzt im Schnitt mit 13 Jahren ein, mit der Menopause im 51. Lebensjahr erlischt die Fertilität. Dazwischen wird das Leben der Frau vom biologischen Rhythmus der zyklischen Monatsblutungen dominiert. Menstruation: Um die Menstruation ranken sich seit Urzeiten zahllose Mythen und Irrlehren. Erst unserer Zeit blieb es vorgehalten, den weiblichen Zyklus zu verstehen. Menstruierende Frauen wurden in vielen Gesellschaften vom religiösen Leben und vom Alltagsleben ausgeschlossen, tabuisiert und isoliert. Papst Gregor der Große hat im Jahre 735 in einem für die damaligen Zeit beispiellos mutigem Edikt die Anwesenheit von menstruierenden Frauen beim katholischen Gottesdienst erlaubt. Von den hochinteressanten sozio-historischen Fakten zur Menstruation abgesehen, steht für uns heute der Wirtschaftsfaktor Monatshygiene im Vordergrund. 500 Millionen Euro wurden im Jahre 2000 in Deutschland von Binden, Tampons und Einlagen ausgegeben, Artikel die stets verbessert werden und mittlerweile hochinnovative Produkte darstellen. Fortpflanzung: Die Fortpflanzung ist der Sinn hinter dem Menstruationsgeschehen und dafür ist der Natur jedes Mittel recht. Eine Strategie ist das Arbeiten mit großen Überschüssen. Ein neugeborenes Mädchen kommt mit einer Grundausstattung von 1 Million Eizellen zur Welt, davon erreichen ca. 500 das Stadium des Tertiärfollikels. Daraus resultieren derzeit im Schnitt 2 Kinder pro Paar. Beim Mann ist die Natur noch verschwenderischer: 40 60 Millionen Samenfäden sind in einem ml Ejakulat vorhanden........ Fruchtbarkeit: Bei der Gattung Homo sapiens sapiens ist die Schwangerschaftsrate von maximal 25% pro Zyklus denkbar schlecht. Als Ausweg blieb der Evolution nur die Erhöhung der Anzahl der Zyklen pro Jahr, mit dem Resultat, daß Menschenfrauen mit 12 und mehr Zyklen in einem Jahr konfrontiert sind. Dies ist ein in der Säugetierbiologie einmaliges Phänomen, über das jedoch kaum jemand nachdenkt. Regelmäßige Zyklen signalisieren hormonelle Gesundheit. Aber was ist regelhaft an der Regel? Sehr wenig. Der Toleranzbereich der Gynäkologen reicht von 24-34 Tagen für den Zyklus. Erst Abweichungen davon werden als abnorm betrachtet. Der sogenannte Normzyklus von 28 Tagen trifft für den Großteil der Frauen nicht zu. Hormone, etwas Neues? Neu ist nur der Name Hormon für die Botenstoffe, die unser Leben regulieren. Er wird seid dem Jahre 1905 im wissenschaftlichen Sprachgebrauch verwendet. Hormone regeln allerdings seid 1,2 Milliarden Jahren die biologischen Aktivitäten mehrzelliger Lebewesen und ermöglichen ihnen zu funktionieren, sich fortzupflanzen und an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Bei Säugetieren läuft der Regelprozeß über ein Hierachiesystem in drei Ebenen ab, kontrolliert durch Rückkopplungsmechanismen. Im Wesentlichen sind dies die Ebenen Hypothalamus / Hypophyse große Hormondrüsen Zielorgane. 53
Störungen der Regelblutung: Zunächst gilt es zwischen organisch- anatomisch bedingten Ursachen und den sogenannten funktionellen Störungen zu unterscheiden. Praktisch wichtig für die beratende Tätigkeit des Apothekers ist es, zwischen Blutungsstörungen während Ovulationshemmereinnahme, Störungen ohne Anwendung von Kontrazeptiva und Blutungsanomalien unter Hormonersatztherapie zu unterscheiden. Blutungsstörungen können verschiedene Muster aufweisen: Azyklische Blutungen, Dauerblutungen, Zwischenblutungen und Zusatzblutungen werden ebenso unterschieden wie Regeltempostörungen und Regeltypusstörungen. Die postpubertäre und prämenopausale Lebensphase sind besonders anfällig für Zyklusstörungen. Hier ist die Follikelpersistenz, also der fehlerhaft ablaufende Eisprung, als Hauptursache zu nennen. Die sogenannte Ovulationsblutung in der Zyklusmitte ist harmloser Natur und bedarf keiner Therapie. Prämenstruelle Vorblutungen und das prämenstruelle Syndrom ( PMS ) therapiert man mit Gestagenen von 16. 25. Zyklustag. Fertilität ist altersabhängig: Der Vorrat an Eizellen altert mit der Frau, es gibt keine Regeneration und keinen Ersatz. Eine gesunde 25jährige Frau ( mit einem fertilen Partner ) braucht im Schnitt 5 Zyklen um schwanger zu werden. Eine 35jährige braucht zur Erzielung einer Schwangerschaft bereits 11 Zyklen. Eine der aktuellsten Ursachen für die steigende Anzahl ungewollt kinderloser Paare ist, daß der Kinderwunsch heute relativ spät in die Lebensplanung einbezogen wird. 50% der Ursachen liegen bei der Frau, 40% beim Mann, in 10% sind beide Partner betroffen. Es macht daher durchaus Sinn, den Mann von Anfang an in die Abklärung der Ursachen der ungewollten Kinderlosigkeit einzubeziehen. Praktisch geht man so vor, wie in Tabelle I aufgelistet ist. 54
Tabelle I: Sterilitätsabklärung: Am Anfang steht das Beratungsgespräch. Frau: Mann: - Gynäkologische Basisuntersuchung - Andrologische Basisuntersuchung - Hormonuntersuchung (SD) - Spermiogramm - Ultraschall - Hormonuntersuchung (SD) - Postcoitaltest - Therapie - Eileiterdiagnostik - Spermaoptimierung Die Möglichkeiten der Therapie sind durch moderne reproduktionsmedizinische Verfahren in den letzten 2 Jahrzehnten erheblich erweitert worden. Tabelle II: Moderne Verfahren der Reproduktionsmedizin: Ovulationsinduktion: Androgene - Clomiphen Padutin - Clomiphen + HCG Clomiphen, Tamoxifen - Gonadotropine Spermaaufbereitung Insemination: Punktion von Hoden oder Nebenhoden - homolog zur Gewinnung von Spermatozoen - heterolog In vitro Fertilisation ICSI Reproduktionsmedizin unterliegt in Österreich den Bestimmungen des Fortpflanzungshilfegesetzes. Verboten sind die Praeimplantationsdiagnostik (PID), die Eizellspende, die Leihmutterschaft, sowie der Handel mit Spermatozoen, Eizellen und Embryonen. Erlaubt sind die in vitro Fertilisierung ( ivf), ICSI, sowie homologe und heterologe Inseminationen. Weltweit wurden bisher mehr als 1,5 Millionen Kinder dank moderner reproduktionsmedizinischer Technik gezeugt und geboren. 55
Endokrinologie der Frau im fertilen Alter: Zyklus,Fertilität,Sterilität Univ. Prof. Dr.med. Hans H. Pusch Ambulatorium für Andrologie und Reproduktionsmedizin Graz Unser Thema: Die fertilen Jahre der Frau: Menarche : 13. L.J. Menopause : 51. L.J. Dazwischen: 38 Jahre Menstruation 56
Die Menstruation ist das zentrale Ereignis während der fruchtbaren Jahre der Frau: Die einsetzende Regelblutung signalisiert: Mißerfolg - Keine Schwangerschaft. Aber auch hormonelle Gesundheit. Die Sozialgeschichte der Menstruation ist hochinteressant: Monatshygiene als Wirtschaftsfaktor: Deutschland 2000: 500 Mill. Umsatz Umfrage : 70 % würden gerne auf die Periode verzichten. Die wiss. Forschung arbeitet intensiv an der Abschaffung der Menses Bis dahin ständige Verbesserungen an Tampons, Einlagen und Binden 57
Fortpflanzung dient der Erhaltung der Artdafür ist der Natur jedes Mittel recht. Neugeborenes Mädchen: 1 Mill. Eizellen als Grundausstattung. Verbrauch : Ca. 500 Oozyten Resultat : 2 Kinder Männer :40 60 Mill. Spermatozoen / ml... Das schlechte Ergebnis pro Einzelzyklus ( 25%!) zwang die Evolution zur Erhöhung der Anzahl der Zyklen /Jahr beim Menschen. Dies ist nahezu einmalig in der Säugetierwelt - dennoch denkt kaum jemand darüber nach. 58
Was ist regelhaft an der Regel? Sehr wenig. Der 28 tägige Normzyklus trifft für viele Frauen nicht zu. Gynäkologischer Toleranzbereich: 24-34 Tage. Um das Regelwerk biologischer Abläufe zu verstehen, muss man sich vergegenwärtigen, dass die Natur seit mehr als 1,2 Mrd. Jahren Botenstoffe dafür einsetzt. Seit dem Jahre 1905 nennt der Mensch diese Hormone. 59
Hormone sind Informationsträger,die es dem Körper ermöglichen: Effektiv zu arbeiten Sich fortzupflanzen Sich anzupassen ( Umweltveränderungen) Dies läuft über ein Hierarchie- System in 3 Ebenen mit Kontrolle durch Rückkopplung Hypothalamus Hypophyse Große Hormondrüsen Zielorgane 60
Zurück zur gestörten Regelblutung: Ursachen: Organisch, lokal, Funktionell Praktisch wichtig: B. mit Kontrazeptiva B. ohne Kontrazeptiva B. unter Hormonersatz Azyklische Blutung Dauerblutung Metrorrhagie Zusatzblutungen Regeltempostörungen Regeltypusstörungen 61
Follikelpersistenz ist die häufigste Ursache für azyklische- und Dauerblutungen postpubertär und prämenopausal. Die Ovulationsblutung in der Mitte des Zyklus ist ohne krankhafte Bedeutung. Prämenstruelle Blutungen und das prämenstruelle Syndrom therapiert man mit Gestagenen vom 16. 25. Zyklustag Die Fertilität der Frau ist altersabhängig. Der Eizell-Vorrat altert mit, es gibt keine Neubildung oder Ersatz. 25 jährige gesunde Frau : 5 Zyklen 35 jährige gesunde Frau: 11 Zyklen (!) bis zum Eintritt der gewünschten. Gravidität. Unerfüllter Kinderwunsch ist ein Paarproblem. 40 % der Ursachen beim Mann, 50 % bei der Frau, 10 % bei beiden Partnern. Diese Zahlen unterstreichen die Notwendigkeit, den Mann von Anfang an in die Abklärung der Ursachen einzubeziehen. 62
Sterilitätsabklärung praktisches Vorgehen: Am Anfang steht das Beratungsgespräch. Frau: Mann: Gyn.Basisuntersuch. Hormonunters. (SD) Ultraschall Postcoitaltest Eileiterdiagnostik Androlog.Basisunters. Spermiogramm Hormonunters (SD) Therapie Spermaoptimierung Weitere moderne Verfahren der Reproduktionsmedizin: Ovulationsinduktion: Clomiphen Clomiphen HCG Gonadotropine Insemination: homolog heterolog In vitro Fertilisation ICSI Androgene Padutin Clomiphen,Tamoxifen Spermaaufbereitung Punktion von Hoden oder Nebenhoden zur Spermagewinnung 63
Reproduktionsmedizin unterliegt in Österreich gesetzlichen Regelungen. Verboten sind : Präimplantationsdiagnostik (PID) Eizellspende Leihmutterschaft Handel mit Embryonen Erlaubt sind: Homologe und heterologe Inseminationen, ivf, ICSI. Reproduktionsmedizinische Institute werden staatlich kontrolliert, ihre Aktivitäten und Erfolgsquoten müssen jährlich gemeldet werden. Hochtechnologie ist teuer und stellt für das Paar eine nicht zu unterschätzende Stress-Situation dar. Daher: Zuerst konventionelle Methoden ausschöpfen.. Österreich 2001 : 3000 Paare nahmen ivf in Anspruch. Durchschnittliche Erfolgsquote ( Lebendgeburt) 25 % 64
USA-Land der unbegrenzten (Un)- Möglichkeiten: Freie Marktwirtschaft bei Kinderwunsch. Jahr 2000: Ca 100.000 Paare im ivf Verfahren, 35000 Kinder, 1% der Lebendgeburten. Eine Eizelle kostet $ 9.000 zum Sozialtarif ohne Auswahlmöglichkeit und bis zu $ 50.000 von Studentinnen an Eliteuniversitäten. Eizellkonservierung : $ 8000 incl. Aufbereitung und 5 Jahre Lagerung. In den USA liegen dzt. 400.000 überzählige Embryonen in den Kryotanks... 65