Durchführung der Wohnungseigentumsversammlung Praktische Herausforderungen insbesondere bei großen Wohnanlagen 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 1
Wohnungseigentümerversammlung bei großen Wohnanlagen Besonderheiten Jede Versammlung hat Eventcharakter für die Eigentümer und den Verwalter Eigentümer kennen sich meist nicht untereinander Verwalter kennen die Eigentümer nicht persönlich Die Tagesordnung und dadurch die Versammlung ist oft sehr lang Die Themen beinhalten häufig komplexe Sachverhalte Der Austausch unter den Eigentümern ist schwierig viele Teilnehmer bedeuten viele Redebeiträge Führung der Versammlung erfordert über einen langen Zeitraum eine hohe Konzentration der Versammlungsleitung 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 2
Wer ist einzuladen? Grundsatz: Einzuladen sind der grundbuchliche Eigentümer und sonstige Stimmberechtigte, z.b. Zwangsverwalter Insolvenzverwalter Nachlassverwalter Gesetzlicher Vertreter bei Minderjährigen Betreuer 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 3
Herstellung einer geordneten Datenlage bei Erstverwaltung durch Einsicht in die Kaufverträge bei Übernahme von Bestandsobjekten: Daten der Vorverwaltung, Sichtung der Unterlagen Abfrage der Stammdaten bei den Eigentümern 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 4
Aktualisierung der Daten bei - Adressänderungen - Eigentümerwechsel Mitteilung durch Veräußerer oder Erwerber Erhebung der Eigentumsverhältnisse durch Nachfrage 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 5
Nur bei Objekten mit einer Vereinbarung in der GO zur Veräußerungsbeschränkung erhält der Verwalter Kenntnis vom Eigentumswechsel durch Aufforderung zur Verwalterzustimmung notwendige Daten werden automatisch übermittelt. Von der Zustimmung des Verwalters häufig ausgenommen: Praxistipp: Kein Gebrauch von 12 Abs. 4 WEG(Aufhebung der Veräußerungsbeschränkung) machen Veräußerung innerhalb von Verwandtschaftsverhältnissen und an Miteigentümer 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 6
Prüfung der Einladungsfrist zur Sicherstellung des rechtzeitigen Versands der Einladungsunterlagen gesetzlich 2 Wochen prüfen, ob abweichende Vereinbarung oder verwaltervertragliche Regelung besteht Beispiel: Versammlungstag Montag, spätester Zugang beim Eigentümer am vergangenen Samstag vor 2 Wochen Bei Versendung der Einladung Postweg einkalkulieren! 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 7
Organisation der Versammlung Versammlungsraum aussuchen und buchen, das Gebot der Nichtöffentlichkeit muss im Versammlungsraum gewährleistet sein. Technik organisieren bzw. buchen, Lautsprecheranlage, Beamer, Laptop, Präsentation vorbereiten Praxistipp Versammlungsräume sollten hell, geräumig, mit guter Akustik ausgestattet und komfortabel sein. Der Versammlungsraum sollte nur einen kontrollierten Zugang haben. 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 8
Erstellung einer Anwesenheitsliste 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 9
Planung der Versammlung mit Checklisten 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 10
Erstellung eines Ablaufplans 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 11
Programmierung einer Abstimmungstabelle Berücksichtigung der Stimmrechte Kopfprinzip = jeder Sondereigentümer hat eine Stimme Objektprinzip = jedes Sondereigentum hat eine Stimme Wertprinzip = Stimmrecht gemäß der Höhe des jeweiligen Miteigentumsanteils, alternativ nach Bruchteilen oder Größe Berücksichtigung abweichender Stimmrechtsregelungen bei speziellen Beschlussgegenständen: Beschlüsse gem. 16 Abs. 4 oder 22 Abs. 2 oder bei Vorgaben gemäß der Gemeinschaftsordnung 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 12
Beispiel Abstimmungstabelle 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 13
Vorbereitung von Stimmzetteln und Stimmkarten Farbige Stimmkarten zur Unterscheidung bei Untergemeinschaften Beispiele für Stimmzettel zur schriftlichen Abstimmung (perforiert zum Abreißen) 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 14
II. Ablauf einer Wohnungseigentümerversammlung Einlasskontrollen Zur Sicherstellung, dass alle teilnehmende Personen namentlich erfasst werden, sollte der Versammlungsraum nur einen Zugang haben. Der Nachweis der Teilnahme erfolgt durch Unterschrift auf einer Anwesenheitsliste durch den Eigentümer oder Vertreter des Eigentümers. Der Eigentümer oder Vertreter muss von Person bekannt sein oder sich ausweisen. 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 15
II. Ablauf einer Wohnungseigentümerversammlung Wer ist teilnahmeberechtigt? Grundsatz: Jeder Eigentümer kann sich vertreten lassen und kann sein Stimmrecht durch andere ausüben lassen. Bei Personenmehrheiten müssen die Erschienenen von den Nichterschienenen bevollmächtigt werden - gilt auch bei Ehegatten - Dauervollmachten berücksichtigen! Praxistipp Bei Übernahme der Verwaltung alle Personengruppen, die gemeinsam eine Wohnung besitzen zur gegenseitigen Vollmachtserteilung auffordern, bzw. die Handhabung klären. Dauervollmachten bei jeder Versammlung mitführen. Hinweis: Gemeinschaftsordnungen beinhalten bei Personengruppen häufiger Vereinbarungen zur gegenseitigen Bevollmächtigung. Diese vereinfachen das Prozedere erheblich. 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 16
II. Ablauf einer Wohnungseigentümerversammlung Beschränkung der Vertretung auf bestimmte Personenkreise durch Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung möglich. Zur Erteilung einer Vollmacht besteht kein Formzwang: 167 Abs. 1 BGB: (1) Die Erteilung der Vollmacht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll. 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 17
II. Ablauf einer Wohnungseigentümerversammlung Anforderung an die Form der Vollmacht per Vereinbarung: eher selten: Textform gem. 126b BGB möglich: E-Mail, Telefax, Telegramm etc. häufiger: Schriftform (= schriftlich) 126 Abs. (1) BGB: Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariellbeglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Astrid Schultheis, Brühl 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 18
II. Ablauf einer Wohnungseigentümerversammlung Gem. 127 Abs. (2) BGB reicht aber auch bei Schriftformerfordernis eine Vollmacht in Form einer E-Mail, Telefax, Telegramm, Kopie. 127 Abs. (2) BGB: Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung und bei einem Vertrag der Briefwechsel. Wird eine solche Form gewählt, so kann nachträglich eine dem 126 entsprechende Beurkundung verlangt werden. Bejaht man in der Praxis die Anwendbarkeit, dann muss der Text so zugehen, dass er dauerhaft aufbewahrt werden oder der Empfänger einen Ausdruck anfertigen kann. Eine (Original)Unterschrift ist nicht erforderlich. Jeder Beteiligte = auch Eigentümer kann aber Nachholung der Schriftform verlangen, dies dient aber nur Beweiszwecken, die Erklärung ist von an Anfang an wirksam. Anders bei einer Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung, die die Beglaubigung einer Vollmacht fordert. 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 19
II. Ablauf einer Wohnungseigentümerversammlung Jeder Versammlungsteilnehmer, auch Vertreter, hat das Recht, den Bestand einer Vollmacht zu prüfen. Alle Vollmachten, auch Dauervollmachten, müssen bei der Versammlung vorliegen. Vollmachten können jederzeit widerrufen werden. Dies ist auch durch Ausstellung einer neuen Vollmacht möglich. Praxistipp Mit der Einladung ein Vollmachtsformular versenden, welches Hinweise auf die Vertretungsmöglichkeiten und deren Form, den Ersatz von Dauervollmachten und die Gültigkeit sowie die Möglichkeiten der Erteilung einer Untervollmacht (Weitergabe) enthält. 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 20
II. Ablauf einer Wohnungseigentümerversammlung Feststellung der Beschlussfähigkeit Beschlussfähigkeit besteht, wenn mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile anwesend oder vertreten sind. Abweichende Vereinbarungen in Gemeinschaftsordnungen sind möglich. Bei Großwohnanlagen dauert die manuelle Feststellung der Beschlussfähigkeit zu lange. Mit Einsatz von programmierten Abstimmungstabellen wird die Dateneingabe beschleunigt und Daten für Stimmrechtswechsel z.b. zwischen Wertprinzip und Kopfprinzip werden vorab eingepflegt, so stehen sie während der Versammlung zur Verfügung. Neben dem Abstimmungsergebnis wird mit der Abstimmungstabelle automatisch die Beschlussfähigkeit ermittelt. 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 21
Beispiel Abstimmungstabelle 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 22
II. Ablauf einer Wohnungseigentümerversammlung Abstimmungsunterlagen Beim Einlass erhält jeder zugelassene Versammlungsteilnehmer eine Stimmkarte und/ oder Stimmzettel für schriftliche Abstimmungen. Mehrheitseigentümer oder Vollmachtsnehmer mit einer hohen Anzahl von Vollmachten werden mit gesonderten Stimmkarten/ Stimmzetteln ausgestattet. Für diese Teilnehmer werden die Stimmanteile im Abstimmungsprogramm miteinander verknüpft. Praxistipp Eigentümer mit Vollmachten bitten die Vollmachten im Vorfeld bekannt zu geben, so dass diese schon im Abstimmungsprogram m hinterlegt werden können. 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 23
II. Ablauf einer Wohnungseigentümerversammlung Ermittlung der Stimmergebnisse im Laufe der Versammlung und bei Änderungen der Teilnehmer Grundsatz: Vor jeder Abstimmung muss das Fortbestehen der Beschlussfähigkeit geprüft werden. Die Form der Abstimmung über einen Beschlussantrag ist ungeregelt und steht damit im Ermessen des Versammlungsleiters. Grundsätzlich erfolgt die Aufnahme aller Ja-, Nein- und Enthaltungs- Stimmen. In Versammlungen von Großwohnanlagen stellt dies eine besondere Herausforderung dar und benötigt viel Zeit. (z.b. durch Einsammeln und Auswerten von Stimmzetteln). Vorteil von Stimmzetteln: schriftliche Abstimmung, Übertragungsfehler nachprüfbar, anonym. 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 24
II. Ablauf einer Wohnungseigentümerversammlung Abstimmungen mit der sog. Subtraktionsmethode (zulässig nach BGH, 19.09.2002 - V ZB 37/02) führen zur Beschleunigung. Der Versammlungsleiter kann bereits nach der Abstimmung über zwei von drei - auf Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung gerichteten - Abstimmungsfragen die Zahl der noch nicht abgegebenen Stimmen als Ergebnis der dritten Abstimmungsfrage werten. 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 25
II. Ablauf einer Wohnungseigentümerversammlung In Verbindung mit Stimmkarten lässt sich während einer Abstimmung eindeutig das Abstimmungsverhalten jedes Eigentümers aufnehmen und dokumentieren. Die Wohnungsnummer wird notiert, im Programm verarbeitet und die Stimme dem Eigentümer zugeordnet, verknüpfte Vollmachten werden automatisch zugerechnet. Die Verkündung des Beschlussergebnisses kann dadurch schnell mit Angabe der ermittelten Stimmanteile erfolgen. 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 26
II. Ablauf einer Wohnungseigentümerversammlung Ermittlung der Stimmergebnisse bei weisungsgebunden Vollmachten Grundsätzlich betreffen Weisungen des Vollmachtgebers nur dessen Innenverhältnis zum Vollmachtnehmers. Es ist umstritten, ob der Verwalter ihm bekannte Weisungen berücksichtigen muss. In der Praxis werden Vollmachten mit Weisungen während der Versammlung besonders geführt. Der Wille des Vollmachtsgebers wird in der Abstimmung berücksichtigt. 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 27
II. Ablauf einer Wohnungseigentümerversammlung Auslasskontrollen Änderung der Präsenz während der Versammlung sind zu dokumentieren, eine Auslasskontrolle ist unerlässlich. Bei Verwendung eines Programms wird die Veränderung der Präsenz bei Austragung einer Person berücksichtigt und das Praxistipp Bei Verwendung von Stimmkarten kann durch deren Weitergabe während der Eigentümerversammlung die Beschlussfähigkeit leichter erhalten werden. Unterschreiten der Beschlussfähigkeit automatisch angezeigt. 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 28
II. Ablauf einer Wohnungseigentümerversammlung Versammlungsunterbrechungen sind einfach möglich, wenn der Aufenthalt der Versammlungsteilnehmer während der Unterbrechung innerhalb eines geschlossenen Raumes möglich ist und die Schleuse für die Registrierung nicht durchschritten werden muss, um z.b. zur Toilette zu gehen oder zur Raucherecke zu gelangen. stellen eine logistische Herausforderung dar, wenn Teilnehmer den Versammlungsraum verlassen und nicht zurück kehren. Die Anwesenheitsliste ist dann nicht mehr zutreffend. Ggfs. müssen Maßnahmen zur erneuten Feststellung der Beschlussfähigkeit ergriffen werden. 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 29
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 41. Fachgespräch in Fischen, 29. Oktober 2015 Astrid Schultheis, Brühl 30
Beispiel Abstimmungstabelle 02.11.2015 Astrid Schultheis ö.b.u.v. Sachverständige für Wohnungseigentum, Brühl 22
Beispiel Abstimmungstabelle 02.11.2015 Astrid Schultheis ö.b.u.v. Sachverständige für Wohnungseigentum, Brühl 22
Beispiel Abstimmungstabelle 02.11.2015 Astrid Schultheis ö.b.u.v. Sachverständige für Wohnungseigentum, Brühl 22
Beispiel Abstimmungstabelle 02.11.2015 Astrid Schultheis ö.b.u.v. Sachverständige für Wohnungseigentum, Brühl 22
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