Stand: 22.09.05 Standortbestimmung der Selbstverwaltung der Fleischerei-Berufsgenossenschaft 1. Das Selbstverständnis der Fleischerei-Berufsgenossenschaft 1.1 Die Existenz der FBG ist Ausdruck branchenspezifischer und finanzieller Verantwortung Die Fleischerei-Berufsgenossenschaft wurde 1896 als selbständige Berufsgenossenschaft gegründet. Mit Beharrlichkeit und Selbstbewusstsein hat seinerzeit das Fleischerhandwerk unter Betonung der Eigenständigkeit des Gewerbes und mit dem Willen, ihre Unfallversicherung uneingeschränkt in eigener personeller und finanzieller Verantwortung zu führen, die Ausgliederung aus der damaligen Nahrungsmittel-Industrie-Berufsgenossenschaft durchgesetzt. Die damaligen Ziele und das Selbstverständnis der Branche sind weiterhin aktuell. Die Selbstverwaltung sieht die Branchenkenntnis und Branchennähe nach wie vor als unverzichtbare Voraussetzungen für eine zielgerichtete und erfolgreiche Prävention an. 1.2 Die gesetzliche Unfallversicherung hat sich bewährt Der Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung, Versicherte gegen die Risiken des Arbeitslebens sozial abzusichern durch eine Haftpflichtversicherung der Unternehmer, gilt auch im 21. Jahrhundert unverändert fort. Die gesetzliche Unfallversicherung hat sich bewährt. Sie hat die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten gefördert und betriebsinterne Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten minimiert. Sie ist trotz politischer und struktureller Veränderungen finanziell gesund geblieben mit Beiträgen, die für die Wirtschaft insgesamt tragbar sind. Die Unternehmerpflichtversicherung der Fleischerei-Berufsgenossenschaft gewährleistet, dass kein Unternehmer bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit durch das soziale Netz fällt oder um die Absicherung seiner Familie fürchten muss. 1.3 Die paritätische Selbstverwaltung gewährleistet branchennähe und Kundenorientierung Die von den Sozialpartnern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragene paritätische Selbstverwaltung der Fleischerei-Berufsgenossenschaft zeichnet sich durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit untereinander sowie mit der Geschäftsführung aus. Mit ihrer Branchenkenntnis und -verbundenheit garantiert sie eine auf die Erfordernisse der Fleischbranche abgestimmte kunden- und kostengerechte Bewältigung der Anforderungen. Sie gibt die strategische Richtung für die Entwicklung der Fleischerei- Berufsgenossenschaft vor und stellt damit die Weichen für eine interessengerechte Wahrnehmung der Bedürfnisse der Branche.
2 1.4 Die Finanzierung der gewerblichen Unfallversicherung ermöglicht eine branchenspezifische Gestaltung des Beitrages und des Solidarausgleiches 1.5 Die FBG setzt sich offen mit konstruktiver Kritik und Reformbestrebungen auseinander Die Selbstverwaltung der Fleischerei-Berufsgenossenschaft bekennt sich zu dem Prinzip der branchenfinanzierten gewerblichen Unfallversicherung. Grundlage der soliden Finanzsituation der Fleischerei-Berufsgenossenschaft ist ihre eigene Beitragshoheit. Diese findet ihren Ausdruck in einem branchenbezogenen Gefahrtarif sowie einer vorausschauenden Finanzplanung. Die Fleischerei-Berufsgenossenschaft bietet mit ihren Nachlass-, Prämien- und Rabattverfahren unter Aufrechterhaltung des Solidarprinzips jedem Mitglied die Möglichkeit, auf seinen Beitrag durch Erfolge in der Prävention selbst Einfluss zu nehmen. Ebenso wie andere soziale Sicherungssysteme sind auch die Berufsgenossenschaften auf verschiedenen Ebenen der Kritik ausgesetzt und müssen sich Reformbestrebungen stellen. Schlagworte sind hier: Vereinbarkeit mit europäischen Entwicklungen, Monopolstellung von Berufsgenossenschaften, Privatisierung, Neustrukturierung der Berufsgenossenschaften, Reform des dualen Arbeitsschutzsystems, Deregulierung bglicher Vorschriften, Einschränkungen im Leistungskatalog. Die Fleischerei- Berufsgenossenschaft stellt sich diesen Veränderungsbestrebungen und setzt sich zur Optimierung und langfristigen Sicherung des Systems konstruktiv mit ihnen auseinander. Die Gestaltung des Veränderungsprozesses durch die Selbstverwaltung ist eine wesentliche Voraussetzung für die soziale Ausgewogenheit und Praxisnähe der Ergebnisse sowie deren Akzeptanz in den Betrieben. 2. Die Leistungen der Fleischerei-Berufsgenossenschaft 2.1 Die Verknüpfung von Prävention und Rehabilitation vermeidet Schadensfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen Wesentlicher Erfolgsfaktor der gesetzlichen Unfallversicherung ist die einzigartige Verknüpfung der Leistungspflicht bei Arbeitsunfall, Wegeunfall und Berufskrankheit mit der gesetzlichen Befugnis, Präventionsmöglichkeiten für den künftigen Schutz der Beschäftigten zu entwickeln. Die aus den eingetretenen Schadensfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen gewonnenen Erkenntnisse können zu Vermeidung weiterer Gefährdungen eingesetzt werden. Hierdurch gewährleisten die Berufsgenossenschaften nicht nur die soziale Absicherung bei einem Schaden, sondern können auch aktiv darauf hinwirken, dass menschliches Leid gar nicht erst entsteht, dass Versicherte nicht um ihre Existenz bangen müssen, dass Familien nicht durch den Unfall eines Ernährers vor der Zerstörung stehen und dass unfallbedingte betriebliche Kosten vermieden werden.
3 2.2 Die Erbringung der Mit allen geeigneten Mitteln ermöglicht eine auf die Belange der Kunden ausgerichtete optimale Betreuung 2.3 Die Steuerung des gesamten Rehabilitationsprozesses dient den Versicherten und senkt die Kosten 2.4 Moderne Präventionsarbeit setzt auf Überzeugung statt Bevormundung oder Sanktionen Das Prinzip mit allen geeigneten Mitteln Prävention und Rehabilitation zu betreiben, ermöglicht im Rahmen einer zielgerichteten und wirtschaftlichen Anwendung, die Folgen eines Arbeitsoder Wegeunfalls bzw. einer Berufskrankheit für den Betroffenen so gering wie möglich zu halten und dadurch langfristig teure Renten- oder Rehabilitationsleistungen zu vermeiden. Das Beschreiten neuer, innovativer Wege im Bereich der Prävention, welches sich bei der Fleischerei-Berufsgenossenschaft konkret etwa durch die Errichtung eines eigenen Aus- und Fortbildungszentrums für Arbeits- und Gesundheitsschutz oder im Rahmen des Unternehmermodells bewährt hat, wäre ohne diesen Grundsatz nicht zu verwirklichen. Die schnelle und erfolgreiche Integration von Verletzten und Erkrankten zurück in das Erwerbsleben und in die Gesellschaft ist sozialer Anspruch der Fleischerei-Berufsgenossenschaft. Hierzu greift sie von Beginn an steuernd in den Rehabilitationsprozess ein, um in Abstimmung mit dem Verletzten oder Erkrankten, dem Arbeitgeber sowie den sonstigen Rehabilitationsträgern und - beteiligten eine reibungslose Integration zu gewährleisten. Durch die medizinischen Rehabilitation sowie der Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder am Leben in der Gemeinschaft, nimmt die Fleischerei-Berufsgenossenschaft eine soziale Schutzfunktion wahr und erfüllt gleichzeitig die Schadensersatzpflicht des Unternehmers gegenüber dem Verletzten und Erkrankten. Die Präventionsdienstleistungen der Fleischerei-Berufsgenossenschaft dienen der Vermeidung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Sie schützen die Versicherten vor körperlichen Schäden und menschlichem Leid sowie die Betriebe vor ausfallbedingten Kosten. Moderne Prävention setzt auf die Schaffung eines Bewusstseins für sicherheits- und gesundheitsgerechtes Verhalten. Prävention knüpft daher zuerst an die Kenntnisse und Bereitschaft der in den Betrieben arbeitenden Menschen - Unternehmer und Mitarbeiter - an, selbst Verantwortung für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu übernehmen, indem diese Gesichtspunkte in die betriebliche Qualitätssicherung einbezogen werden. Das setzt Information und Motivation der Betreffenden voraus. Hierzu trägt die Fleischerei-Berufsgenossenschaft mit ihrem qualifizierten Schulungsangebot in ihrem Aus- und Fortbildungszentrum für Arbeits- und Gesundheitsschutz - FBG Reinhardsbrunn - sowie einer branchenspezifischen Beratung von Unternehmern und Mitarbeitern vor Ort bei.
4 Die mit dem sog. Unternehmermodell der Fleischerei-Berufsgenossenschaft verbundenen, nicht hoch genug einzuschätzenden Erfolge in der Prävention gilt es zu sichern. Die Unfallverhütungsvorschrift zur sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Betreuung von Unternehmen, wie sie von der Fleischerei-Berufsgenossenschaft in der Kombination im Unternehmermodell entwickelt wurde, hat nunmehr ihren Niederschlag in allen Branchen gefunden. Diese Form der Betreuung ist auch für Betriebe mit mehr als 50 Vollarbeitern durch praxisgerechte Lösungen voranzutreiben. 3. Maßnahmen zur langfristigen Sicherung der Fleischerei- Berufsgenossenschaft 3.1 Kunden-, Kostenund Qualitätsorientierung ist der Maßstab für die der FBG 3.2 Prävention sichert die langfristige Finanzierbarkeit Im täglichen Handeln Partner der Betriebe und Versicherten zu sein, bedeutet für die Fleischerei-Berufsgenossenschaft, alle Aktivitäten darauf auszurichten, die berechtigten Ansprüche ihrer Kunden einzelfallbezogen und unbürokratisch zu erfüllen. Dieses Verständnis, Dienstleister zu sein, bestimmt das Handeln der Mitarbeiter gegenüber Mitgliedern und Versicherten. Dabei steht im Vordergrund, die Unternehmen und die in ihnen arbeitenden Personen umfassend und schnell zu betreuen und zu beraten sowie Aufgaben gestaltend anstelle verwaltend wahrzunehmen. Unternehmensgrundsätze und andere Führungsinstrumente stellen diesen Anspruch in der täglichen Arbeit sicher. Betriebswirtschaftliche Systeme wie die Kosten- und Leistungsrechnung, eine Strategie-bezogene Budgetierung, eine Benchmarking-Kooperation mit anderen Berufsgenossenschaften sowie der Einsatz von Informationstechnologie gewährleisten, dass die der Fleischerei-Berufsgenossenschaft weiterhin kostenorientiert erbracht werden. Um ihre hohen Qualitätsansprüche sicherzustellen, hat die Fleischerei-Berufsgenossenschaft für ihre Aus- und Fortbildung ein Qualitätsmanagementsystem erarbeitet. Im Rehabilitationsund Mitgliederbereich wird die Qualitätssicherung über Checklisten und computergestützte Routinen (Workflow) gewährleistet. Regelmäßige Kundenbefragungen sowie Rückkoppelungen aus der Selbstverwaltung sorgen dafür, dass Fehlentwicklungen frühzeitig aufgezeigt werden. Der deutliche Rückgang von Arbeits-, Wegeunfällen und Berufskrankheiten belegt den Erfolg konsequenter Prävention. Während die relative Unfallhäufigkeit im Jahre 1991 noch bei 186 bezogen auf 1.000 Vollarbeiter lag, ist sie bis 2004 auf 82 zurückgegangen. Hierdurch konnten Kosten für Heilbehandlung, Berufshilfe und Renten in erheblichem Umfang vermieden werden. Angesichts der Tatsache, dass 70 Prozent der Ausgaben der Fleischerei-Berufsgenossenschaft in diesen Bereichen anfallen, kommt auch in Zukunft der Vermeidung von Unfällen und Berufskrankheiten eine wesentliche Bedeutung für die Finanzierbarkeit der Leistungen zu.
5 Mit dem von der Selbstverwaltung im Jahre 2004 verabschiedeten branchenspezifischen Präventionskonzept, mit dessen Hilfe bis zum Jahre 2010 eine Reduzierung der Unfallhäufigkeit auf einen Wert von 60 Unfällen pro 1.000 Vollarbeiter erfolgen soll, hat die Fleischerei-Berufsgenossenschaft hierzu die Weichen gestellt. 3.3 Eine vorausschauende Finanzplanung schafft die Voraussetzung für eine gerechte Verteilung der Lasten auf die Generationen 3.4 Durch Kooperationen bleiben die eigenen Stärken erhalten und werden hochwertige gewährleistet Der Beitragsfuß als maßgeblicher Multiplikator zur Ermittlung des Beitrages liegt mit aktuell 2,50 unter dem Niveau des Jahres 1992. Ein Erfolg, der angesichts einer Steigerung der rückvergüteten Beiträge von 3 Prozent des Umlagesolls im Jahre 1995 auf 9,4 Prozent (7,1 Mio. Euro) im Jahre 2004, erheblichen Rentensteigerungen sowie einer Kostenexplosion im Gesundheitswesen beachtlich ist. Die Selbstverwaltung verfolgt mit einer vorausschauenden Finanzplanung das Ziel, auch zukünftigen Generationen von Unternehmern die Vorteile einer branchenfinanzierten Unfallversicherung zu erhalten. Zu diesem Zweck wurden in der Vergangenheit Betriebs- und Rücklagemittel angesammelt, ein Pensionsfond aufgelegt und eine vorausschauende Personalplanung betrieben. Hierdurch sollen bei einer rückläufigen Versicherten- und Lohnsummenentwicklung auch weiterhin bezahlbare Beiträge im Umlageverfahren gewährleistet werden. Organisationsstrukturen sind kein Selbstzweck. Entscheidend sind die Belange der Mitgliedsunternehmen und der Versicherten. Diese haben Interesse an sachgerechten, effektiven und kostengünstigen. Ein zentraler und schlanker Aufbau, eine optimale überschaubare und beeinflussbare Verwaltungsgröße, eine gesunde mittelständische Struktur genießen hierbei den Vorzug vor Groß-Organisationen. Größe wird bei der Fleischerei-Berufsgenossenschaft durch Kooperation mit starken Partnern ersetzt. Gemeinsame Softwareentwicklung und -nutzung, Inanspruchnahme von Dienstleistern für Massenversand, Zwangsvollstreckung oder Beihilfeabrechnung sind Beispiele erfolgreicher, kostenorientierter Kooperationen. Mit der Gründung des Berufsgenossenschaftlichen Dienstleistungszentrums Mainz-Lerchenberg zusammen mit der Lederindustrie-, Papiermacher- und Zucker-Berufsgenossenschaft wird dieser Weg konsequent fortgesetzt. Hierbei verfolgen die beteiligten Berufsgenossenschaften das Ziel, unter Aufrechterhaltung ihrer Branchenkompetenz Kosten weiter zu reduzieren. Um ihren Mitgliedern und Versicherten auch zukünftig umfassende anbieten zu können, sucht die Fleischerei-Berufsgenossenschaft verstärkt die Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Krankenkassen. Gemeinsame Projekte in Form von Rücken- und Hygieneschulungen oder eines betrieblichen Eingliederungsmanagements zum langfristigen Erhalt der Arbeitsplätze für leistungsgeminderte Arbeitnehmer sind erste Schritte in diese Richtung.
6 3.5 Qualifizierte erfordern qualifiziertes Personal Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind der wichtigste Erfolgsfaktor der Fleischerei-Berufsgenossenschaft. Ihre Leistungen und ihr Engagement bestimmen die Qualität der und die Zufriedenheit der Kunden. Deshalb kommt der Investition in die Ausbildung des Personals sowie dessen Motivation eine entscheidende strategische Bedeutung zu. Mit ihrem Personalentwicklungs- und Beurteilungssystem sorgt die Fleischerei- Berufsgenossenschaft schon seit Jahren für eine zielgerichtete Führung und Weiterbildung ihres Personal. Zur Beteiligung der Beschäftigten an der Weiterentwicklung von Organisation und nutzt die Fleischerei-Berufsgenossenschaft betriebswirtschaftliche Instrumente wie Qualitätszirkel, Ideenmanagement und Mitarbeiterbefragung. 4. Erklärung von Vorstand und Vertreterversammlung Die seit mehr als 100 Jahre bestehende Selbständigkeit der Fleischerei-Berufsgenossenschaft hat sich bewährt. Die Erfolge in der Prävention und Rehabilitation belegen die Vorteile einer branchenspezifischen Ausrichtung. Die Mitglieder der Selbstverwaltung setzen sich daher auch in Zukunft für einen Erhalt der Selbständigkeit ihrer Berufsgenossenschaft ein. Die Fleischerei-Berufsgenossenschaft versteht sich als moderner Dienstleister für die deutsche Fleischwirtschaft und ihre Beschäftigten. Ihre Leistungen in Prävention und Rehabilitation erbringt sie mit allen geeigneten Mitteln unter der Zielsetzung einer optimalen Kunden- und Kostenorientierung und deren ständiger Weiterentwicklung zum Wohl ihrer Versicherten und Betriebe. Die Fleischerei-Berufsgenossenschaft weiß sich in der Verantwortung für die 20.000 Betriebe und 300.000 Versicherten der deutschen Fleischwirtschaft. Ihre branchenspezifische Kompetenz und Leistungen sind auch vor dem Hintergrund politischer Entwicklungen in Deutschland und Europa Beispiel erfolgreich praktizierter Demokratie und Kundennähe. Reinhardsbrunn, Oktober 2005