Authentische Kundmachung im Internet - Erfahrungen im ersten Jahr 2002



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Transkript:

Authentische Kundmachung im Internet - Erfahrungen im ersten Jahr 2002 Josef Souhrada 1 Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger 1030 Wien, Postfach 600 josef.souhrada@hvb.sozvers.at Schlagworte Kundmachung, amtliche Verlautbarung, Veröffentlichung, Promulgation, Rechtsvorschriften, Gesetz, Verordnung, Satzung, Rechtsverbindlichkeit, verbindliche Publikation, authentischer Text, Original, Zugang zum Recht, e- Recht, e-sv, Sozialversicherungsrecht Abstract: Seit Jänner 2002 werden Rechtsvorschriften der Sozialversicherung nicht mehr auf Papier, sondern im Internet kundgemacht. Der Beitrag schildert die Erfahrungen des ersten Jahres dieser Kundmachungsform. Seit seiner Einführung erschienen unter www.avsv.at über 200 Kundmachungen. Die Erfahrungen mit der Verlautbarung von Rechtsvorschriften im Internet sind positiv. Diskussionsstoff boten in den letzten Monaten hauptsächlich folgende Themen, die hier samt den dazu vertretenen Standpunkten behandelt seien: 1. Wo ist das Original? Diese Frage nach dem Urtext wurde am Häufigsten gestellt: Juristen sind gewöhnt, Rechtsvorschriften anzufassen weil sie sich auf Papier befinden: dem Gesetzblatt. Sie haben gelernt, dass einzig die authentische Fassung 2 jenen Text bietet, der verlässliche Grundlage rechtlichen Handelns sein kann und dass es für jede Vervielfältigung ein Original geben 1 Der Jubilar, dem dieser Band gewidmet ist, war einer derjenigen, deren Arbeiten das Interesse des Verfassers am Thema weckten: Lachmayer behandelte legistische Spezialfragen schon vor Jahrzehnten zb in Lang/Bock, Wiener Beiträge zur elektronischen Erschließung der Information im Recht, Wien 1973, Verleger: IBM Österreich, unter dem Beitrag Normentheorie und Legislatorik 59; vgl auch Lachmayer/Reisinger, Legistische Analyse der Struktur von Gesetzen, Wien 1976, Manz. 2 Im Unterschied zu bearbeiteten Gesetzestextausgaben welcher Herkunft immer. Authentisch - griech im Wortlaut verbürgt, echt. Original - lat ursprünglich, echt, urschriftlich.

2 Josef Souhrada muss, aus welchem sich diese ableitet. Normen sind Willensäußerungen des normsetzenden Organs (Gesetzgebers), sie sind wie jeder Wille in ihrem Zustandekommen nicht von einer bestimmten Materie abhängig. Weil aber Normen zwecks Zugang und Nachvollziehbarkeit exakt dokumentiert werden müssen, führt die Praxis oft zur Verwechslung von Inhalt und äußerer Form (Dokumentation auf Papier usw). Inhalt und Bestand einer Norm sind jedoch nicht von dem Material oder der Schrift 3 abhängig, durch welche sie dokumentiert oder transportiert we rden. 1.1. Was ist das Original? Dass ein Gesetzesbeschluss verbindende Kraft erhält, also zum Gesetz wird, wird durch Herausgabe und Versendung der entsprechenden Nummer des Gesetzblattes bewirkt 4 und damit durch einen (im Vergleich zu den sonst an der Gesetzgebung beteiligten höchsten Autoritäten der Republik) profan anmutenden Akt. Die Herausgabe und Versendung entsteht durch das Zusammenwirken von hierarchisch niedrig eingestuften MitarbeiterInnen bei Satz, (Fahnen-)Korrekturlesung, Druckfreigabe und Versendung. Und kaum jemand wird dem letzten Glied dieser Kette, nämlich den FahrerInnen der LKW, welche die gedruckten, sortierten und kuvertierten/eingeschleiften (Bundes-)Gesetzblätter zum Postamt der (Staats- usw) Druckerei bringen, eine juristische Abhandlung widmen. Zu Recht weil diese Vorgänge tragen nichts zum Begriff Gesetz oder Norm bei. Sie betreffen nur das Material, auf dem der Wille des rechtsetzenden Organs transportiert wird heute Papier, früher Stein, Ziegel, Papyrus, Leder, Holz, Pergament, in Zukunft Magnetplatte, CD-ROM oder sonstige Speichermedien: schlichte Datenträger 5. 3 Schon gar nicht von der Rechtschreibung und auch nicht von der Sprache, siehe die Normen der EU. 4 Art 49 Abs 1 zweiter Satz B-VG, schon vorher seit 1811 auch 2 ABGB. Siehe die Wortwahl des Art 42 Abs 2 B-VG. Dass es in Art 49 Abs 1 B-VG lautet Bundesgesetze sind kundzumachen, ist Lanner als Herausgeber des KODEX Verfassungsrecht 18 zu Recht eine präzisierende Fussnote wert. Kundgemacht werden Gesetzesbeschlüsse, nicht Gesetze. 5 Vgl Kundmachungen im Rundfunk: Eine Norm gelangt dort zum Adressaten über elektromagnetische Schwingungen und (ab dem Lautsprecher) simple Luft. Dem entsprechend schlecht wäre es um die Dokumentation der auf diese Art kundgemachten Normen bestellt, wären nicht Magnetbänder, Computerspeicher usw als Datenträger verfügbar. Rechtsgrundlagen für Kundmachungen im Rundfunk: 44 Abs 5 StVO, 21a Abs 1 ZivDG, 14 PreisG, 56 WehrG, 2 Abs 4 EnLenkG, 2 Abs 2 TierSG,

Authentische Kundmachung im Internet - Erfahrungen im ersten Jahr 2002 3 1.1.1. Inhalt und Datenträger Der Gesetzesbeschluss im Nationalrat enthält den Willen des Gesetzgebers (den Inhalt einer Norm), er bestimmt nicht, wie dieser Wille dokumentiert wird. Es ist nicht eingehend determiniert, wie der Datenträger für ein Bundesgesetz gestaltet zu sein hat 6. Es ist nicht vorgesehen, dass zb die Druckerei des BGBl ein Papier zu wählen hätte, welches lange haltbar wäre, obwohl gerade diese Anforderung für die Zugänglichkeit der Normen wesentlich ist 7. Dass Gesichtspunkte des Themas Datenträger Papier nicht normiert sind, ist keine Versäumnis des (Verfassungs-)Gesetzgebers, sondern hat Sinn: Inhalt und Verbindlichkeit einer Norm (Gesetz, Verordnung, Satzung, Krankenordnung) hängen nicht davon ab, auf welchem Datenträger sie dokumentiert sind. Dass der Datenträger in den letzten Jahrhunderten Papier war und daher die Formulierungen im BGBlG davon ausgehen, hat nur technische Gründe. In der Praxis wird oft der Datenträger gemeint, wenn ein Norminhalt gesucht wird 8, obwohl Juristen gewohnt sein müssten, daran zu denken, dass das Papier zwar für Beweiszwecke wichtig ist, es aber eher selten vorkommt, dass ein Datenträger selbst Rechtswirkungen auslöst 9. 8 Abs 3 OzonG, 6 VersSichG, 65 GasWG, 57 ElWOG, 1 Abs 10 MilBefG ua. 6 Einschlägige Formulierungen würden wohl weitgehend als dummer Scherz empfunden - man stelle sich etwa vor: Der NR hat beschlossen, 34 des xy-gesetzes lautet auf holzfrei erzeugtem und chlorfrei gebleichten weißem Papier mit mindestens x % Recyclinganteil der Stärke 60 g/m² im Format 210 x 297 mm zweiseitig glatt gestrichen und gratlos geschnitten in doppelseitigem einspaltigem Druck im Satzspiegel a mal b und der Schrift xyz, Schriftschnitt, Schriftgröße, Einzug, Schrittweite, Durchschuss usw (und das gezwungener Maßen oft getrennt für Überschriften, Aufzählungen usw). 7 Die Papiere des RGBl und der StGBl 1918 bzw 1945 neigen auf Grund ihrer chemischen Eigenschaften (Produktion aus Holzschliff usw) zum Bräunen und Zerfallen (vgl die Bemühungen der Österreichischen Nationalbibliothek unter dem Titel Buchpatenschaft zur Rettung älterer Bände, die unter Papierauflösung in Folge chemischer Prozesse leiden: www.onb.ac.at/about/nb/buchpat_fr.htm). 8... wo habe ich denn das Bundesgesetzblatt hin gelegt, Zeigen Sie mir das im BGBl usw. 9 Art 81 WG (Wechselprotest: ein mit dem Wechsel zu verbindendes Blatt ) und andere Regeln, nach denen das Recht aus dem Papier dem Recht am Papier folgt (Inhaberpapiere des Wertpapierrechts etc, Papiergeld). Gerade das ist bei Gesetzblättern nicht der Fall: Ein Gesetz gilt auch für die, die kein BGBl zur Verfügung haben, geschweige denn, dass man Eigentümer/Besitzer/Inhaber des Stückes Papier zu sein hätte, auf dem das Gesetz abgedruckt ist. Das BGBl ist kein Wertpapier, sondern

4 Josef Souhrada Werden Normen wie im vorliegenden System nicht mehr auf Papier, sondern in einem elektronischen Verfahren kundgemacht, ändert sich der Datenträger, auf dem der Wille des rechtsetzenden Organs transportiert wird, sonst nichts. Es gibt nach wie vor einen Aktenvorgang auf Papier 10, in welchem der vom zuständigen Gremium beschlossene Normtext mit den Originalunterschriften der hiezu berechtigten Funktionsträger 11 dokumentiert wird. Wie beim BGBl wird dieser Vorgang zwar gut aufbewahrt, aber nicht allgemein öffentlich zugänglich gehalten 12. Es werden wie beim BGBl Ausfertigungen davon hergestellt und diese zugänglich gemacht: Beim BGBl durch x-fachen Druck und Versendung, bei Internetkundmachungen durch Erstellen der abfragbaren pdf-dateien 13. Das Original der Kundmachung ist wie bis her das tatsächlich unterschriebene Dokument im Verlautbarungsakt 14. Dieses Dokument bietet den Willen des gesetzgebenden Organs in der für die Kundmachung vorgesehenen Form und daher auch den authentischen Text. Dass dieser Text in verschiedenen Stadien des Ge setzgebungsverfahrens auf verschiedenen Datenträgern dokumentiert wird, liegt in der Natur der Sache, ändert aber am Norminhalt nichts. Im Gegenteil: Es würde den Willen des normsetzenden Organs beeinträchtigen 15, würde im Rahmen der Dokumentation dieses Willens daran inhaltlich etwas geändert. In welcher drucktechnischen Form auf welchem Datenträger der Wille eines norm- eben nur Träger gedruckter Information. Nicht zuletzt deswegen fehlen ihm sämtliche Sicherheitsmerkmale, wie sie Wertpapiere (Wechsel, Aktien, Geldscheine usw) selbstverständlich besitzen. 10 Dass auch dieser Vorgang in naher Zukunft auf ein papierloses (nicht: datenträgerloses!) Verfahren umgestellt werden könnte, ist ein anderes Thema: siehe den Bereich elektronischer Akt ELAK, Work-flow, erecht usw. 11 Beim Versicherungsträger: Obmann und leitender Angestellter, beim Hauptverband: zwei Geschäftsführer. Vgl 453 Abs 1 Z 2 ASVG; 6 MS 1994 SozSi 1995, 33; 23 Abs 5 Satzung HV 1998 SozSi Nr 151/2001, 897 (alle unter www.sozdok.at). 12 Er steht im verfassungsrechtlichen Prüfverfahren zur Verfügung. Auch nach dem Auskunftspflichtrecht wird der Inhalt dieses Dokuments zugänglich sein, Gründe für eine Amtsverschwiegenheit gerade in diesem Bereich sind schwer aufzufinden. 13 Dass ein einziger Wille x-fach ausgefertigt werden kann und jede Ausfertigung rechtlich relevant ist, ist dem Juristen aus der gleichzeitigen Zustellung von Entscheidungsausfertigungen, aus dem Wechselrecht usw vertraut. 14 Kein vorher erstelltes Dokument trägt diese Unterschriften. Vorherige Dokumente können zwar den authentischen Text enthalten, aber schon deswegen nicht Original der Kundmachung sein, vgl zur Rolle von Unterschriften im BGBl VfGH 1. 10. 1999, B 851/99, B 852/99, B 853/99 (MinRoG, BGBl. I Nr. 36 und 38/1999, zit nach Thienel, FN 21). 15 Und die darauf beruhende Kundmachung gesetz-/verfassungswidrig werden lassen.

Authentische Kundmachung im Internet - Erfahrungen im ersten Jahr 2002 5 setzenden Organs transportiert wird, ist für dessen Inhalt jedoch irrelevant. Der authentische Text einer Norm ( Wille des Gesetzgebers ) kann damit in verschiedenen Formen 16 auf verschiedenen Datenträgern enthalten sein. Original für die Kundmachung kann aber nur das Dokument im Verlautbarungsakt sein. Authentischer Text einer Norm und dessen Kundmachungsoriginal sind nicht das Selbe. Die authentische, echte, im Wortlaut verbürgte Fassung, wenn von Rechtsvorschriften, zb von Gesetzen des Bundes und der Länder, der Verordnung einer Behörde oder der Satzung usw eines Sozialversicherungsträgers die Rede ist, befindet sich somit auf jedem Datenträger, der den Willen des normsetzenden Organs exakt wiedergibt. Der im Internet zugängliche Text ist jene (letzte) Stufe des Kundmachungsablaufes, mit welcher der authentische Text dem Normadressaten zugänglich wird. Technische Basis der Kundmachung ist das Dokument mit den Originalunterschriften im Verlautbarungsakt. Die Echtheit des Textes kann bei Bedarf aus den Verlautbarungsunterlagen und Dateien ebenso abgeleitet (bewiesen, geprüft) werden wie die Echtheit ( Authentizität ) eines Textes im Bundesgesetzblatt oder einem anderen Verlautbarungsorgan. 2. Datensicherheit Daten des Kundmachungssystems werden wie Pensionsversicherungsdaten aufbewahrt, ihre Haltbarkeit ist damit nach heutigem Ermessen zumindest für die nächsten 120 Jahre gesichert 17. Wenn neue Datenspeicherungstechniken eingeführt werden, ist dafür gesorgt, dass die nach der alten Technik gespeicherten Texte automatisch umgeschrieben werden. Erfahrungen dafür konnten in der Rechtsdokumentation gewonnen werden: Der Datenbestand der SozDok aus den ca 20 Jahren vor der Einführung von deren Internet-Version stammte aus einer Großrechnerspeicherung, seine Umformatierung für das Internetangebot verlangte zwar die Definition von Umschlüsselungstabellen etc, bot aber technisch wenig Schwierigkeiten. 3. Übergangsverordnung, Internetadresse Der Übergang von Papier- zu Internetkundmachungen wurde nachvollziehbar gestaltet, die Adresse des Kundmachungssystems im Internet 16 Beginnend bei den Aufzeichnungen der Parlamentsstenografen zb bei Abänderungsanträgen in zweiter Lesung. 17 Durchschnittliche Lebenserwartung plus Witwen-/Waisenpensionsbezugsdauer.

6 Josef Souhrada rechtlich definiert. Diese Vorgangsweise sicherte dem Kundmachungssystem bereits behördliche Akzeptanz 18. Es erwies sich als hilfreich, dass (obwohl es vom Gesetz her nicht verpflichtend vorgesehen gewesen wäre) eine einschlägige Verordnung existiert: die Sozialversicherungs-Internetkundmachungsverordnung, welche als letzte Verlautbarung auf Papier kundgemacht wurde 19. 4. Akzeptanz durch Offenlegung Ob ein neues Kundmachungssystem für die tägliche Arbeit tatsächlich verwendet wird (und damit die gewünschten Erleichterungen eintreten), hängt nach den bisherigen Erfahrungen wesentlich davon ab, dass dessen Organisation für den Außenstehenden nachvollziehbar und vertrauenswürdig ist. In diesem Sinn wurde in den Hilfetexten 20 auf umfangreiche Erläuterungen und Hinweise auf weiterführenden Unterlagen großer Wert gelegt, diese Vorgangsweise hat sich bewährt. Eine Reihe von Anfragen konnte einfach durch Verweise auf diese Unterlagen zufriedenstellend beantwortet werden. In den Hilfetexten enthalten sind Verweise auf bisherige einschlägige Veröffentlichungen, Links auf einschlägige Texte (wie zb die Erläuterungen zur Regierungsvorlage), eine Literaturliste mit Hinweisen auf die Entwicklung der Rechtsinformatik bis zur Einführung des Kundmachungssystems, das Abkürzungsverzeichnis, eine Offenlegungen nach dem Muster des ecommerce-regeln, dazu gehört auch die Nennung von Ansprechstellen. 5. Arbeitsunterlagen für verlautbarende Stellen Das Kundmachungssystem enthält weiters jene Unterlagen, welche die verlautbarenden Stellen für die Erstellung von Rechtstexten benötigen: Legistische Richtlinien, Formatvorlagen und Layoutrichtlinien der 18 In einem Vergaberechtsverfahren, bei dem es auf Organisationsrecht ankam. 19 In der Fachzeitschrift Soziale Sicherheit SozSi, Dezemberheft 2001 Nr 198/2001, 989. Verordnungsgrundlage: 31 Abs 9a ASVG (ivm Art 18 Abs 2 B-VG). Text dieser V siehe Allgemeine Hilfe, aber auch www.sozdok.at. 20 Siehe insbesondere die Texte bei Hilfe/Allgemein.

Authentische Kundmachung im Internet - Erfahrungen im ersten Jahr 2002 7 Bundeslegistik sind über Links allgemein erreichbar. Im Intranet der Sozialversicherung stehen darüber hinaus Dokumentvorlagen, Handbuch und jeweils aktuelle Programmversionen zur Verfügung. Grundgedanke dieser Organisation war, nach Ausfällen gleich welcher Art (Brand etc), nach Installation eines marktüblichen PC (mit dem weitverbreitetsten Betriebs- und Textverarbeitungssystem sowie Internetanschluss) durch Laden des Verlautbarungsprogrammes an jedem beliebigen Ort möglichst rasch mit der Arbeit weiterfahren zu können. Aus diesem Grund sind die Installationen des Verlautbarungsprogramms zwar personenbezogen (mit Passwörtern, Signatur etc), aber nicht von einer Installation an konkreten Orten abhängig. 6. Berichtigungen Wie beim BGBl besteht die Möglichkeit, sowohl Druckfehler als auch Verstöße gegen die Innere Einrichtung (Nummerierungen usw) zu berichtigen. Der besseren Übersicht wegen sind für Berichtigungen im Verlautbarungsablauf durch die jeweils verlautbarende Stelle und für Berichtigungen von Verstößen gegen die innere Einrichtung getrennte Berichtigungs-Dokumenttypen geschaffen worden 21. Die Vorgangsweisen sind im System 22 offengelegt. Dort finden sich auch Beispiele für verschiedene Berichtigungssituationen. 7. Verständnis in der EDV-Abteilung EDV-Mitarbeiter, auch jene auf Büro-PC-Arbeitsplätzen, sind gewohnt, alte Dateien (Betriebssysteme etc.) durch neue Releases, Versionen usw so zu ersetzen, dass die alte Version oft überschrieben und damit inexistent wird. Diese Arbeitsweise kann für die Arbeit an einem Kundmachungssystem, in welchem Stammfassungen, frühere Novellen etc bestehen bleiben müssen, obwohl sie nicht mehr anwendbar scheinen, bei der Programmerstellung Schwierigkeiten bereiten. Auftraggeber haben sich darauf einzustellen und bei der Systemerstellung zu verhindern, dass alte (auch: fehlerhafte!) Dateien ohne Weiteres (zb bei einem Wartungslauf) durch neue Versionen ersetzt werden könnten. 21 Im BGBl werden beide Funktionen durch Druckfehlerberichtigungen des BKA wahrgenommen, was bei einer Neugestaltung dieses Bereiches allenfalls zu überlegen wäre. Vgl zum Thema Thienel, Sanierung von Kundmachungsmängeln von Bundesgesetzen ÖJZ 2001, 861. 22 Unter Hilfe/Allgemein/Berichtigungen.

8 Josef Souhrada 8. Haftung Wie bei anderen Kundmachungsverfahren bestehen keine speziellen Haftungsregeln. Inhaltlich ist wie bisher jene Stelle verantwortlich, von der die Verlautbarung ausgeht. Die Verantwortung für die technische Einrichtung des Kundmachungssystems liegt 23 beim Hauptverband. Es wurde ihr durch die Schaffung eines hinsichtlich seiner Sicherheitsvorkehrungen ausgefeilten und eingehend getesteten Systems Rechnung getragen. Das Einrichten eines Internetangebotes, welches durch einfaches Verlinken von Textdateien ohne nennenswerte Sicherheitsvorkehrungen einen zwar billigen, optisch vielleicht auch schöneren, aber sonst unsicheren Zugang zu kundgemachten Normen bewirkt hätte, erschien gegenüber den Normadressaten, die sich auf die kundgemachten Normen verlassen mü s- sen, unverantwortlich und war nie Projektziel. 9. Kritik Das System löste verstärkt Kritik am Inhalt, aber auch an Formulierungen mancher Regeln aus. Aus Projektsicht dokumentiert das die Nutzung des Angebots, aus der Sicht der betroffenen (Legistik-)Abteilungen führte es zu Vorbehalten, weil die Überarbeitung (bessere Formulierung bzw. Vorbereitung der Beschlussfassung) mit Mehrarbeit verbunden war. Weiterer Kritikpunkt war die zunächst sehr einfache Optik des Angebots. An deren Ve rbesserung wird gearbeitet. Schwerwiegendere Kritik erfolgte intern, weil das System die exakte Verwendung von Formatvorlagen der Textverarbeitung verlangt. Das fand nicht in allen Sekretariaten (und damit: bei deren Vorgesetzten) Zustimmung. Der Aufwand für die Schulung der Schreibkräfte war höher als erwartet. Auf Grund der Schullehrpläne darf aber angenommen werden, dass die Arbeit mit Formatierungen und Layoutregeln in einigen Jahren zum allgemeinen Erfahrungsschatz von (Pflicht-)SchulabgängerInnen gehört. Keinesfalls darf die trivial erscheinende Schulung der Sekretariate und Schreibkräfte unterschätzt werden. Sie ist ein Teil erfolgreicher Projektarbeit. Die Akzeptanz in den Sekretariaten beeinflusst die Einstellung der Entscheidungsträger. 23 31 Abs 9a ASVG.