Nonprofit-Organisationen im Social Web



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Transkript:

BdP-Nachwuchsförderpreis 2012: Abstract der Masterarbeit von Miriam Droller 1 ABSTRACT Nonprofit-Organisationen im Social Web Eine inhaltsanalytische Untersuchung der Dialogkommunikation von deutschen und US-amerikanischen Organisationen im partizipativen Internet Die vorliegende Masterarbeit analysiert in einer international vergleichenden Untersuchung, ob und wie Nonprofit-Organisationen (NPOs) das Social Web zur dialogischen Kommunikation mit ihren externen Stakeholdern nutzen und welche Faktoren die Umsetzung der Dialogkommunikation befördern bzw. behindern. Damit wird einerseits ein aktuelles und praktisch hoch relevantes Thema des Kommunikationsmanagements insgesamt beleuchtet, zugleich aber auch ein bedeutsamer Bereich des Berufsfelds jenseits der häufig analysierten Kommunikation von (Groß-)Unternehmen in den Mittelpunkt gerückt. Mit Hilfe einer quantitativen Online-Inhaltsanalyse der Kommunikation auf Social-Media- Plattformen von insgesamt 100 NPOs wurde die Social-Web-Dialogkommunikation von Organisationen zum ersten Mal umfassend wissenschaftlich analysiert. Bisher existieren lediglich einzelne Studien, die die Existenz bzw. Verfügbarkeit von Social Media, nicht jedoch die tatsächlich stattfindenden Dialoge im Social Web untersuchen. Oft wird Dialogkommunikation unterstellt, ohne dass diese empirisch nachgewiesen wird. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde darüber hinaus analysiert, welche unabhängigen Variablen die Dialoge beeinflussen, um daraus Implikationen für die Praxis herzuleiten. Da USamerikanische Organisationen generell als Social-Media-Vorreiter gelten, wurde zudem der Social-Media-Einsatz deutscher und US-amerikanischer NPOs miteinander verglichen. Zur Verdichtung der empirischen Ergebnisse wurde ein Social-Web-Dialog-Index (SWDI) entwickelt, der als Benchmark (Ranking) dient. Die empirische Studie hat ergeben, dass prinzipiell dialogorientierte Social-Web-Plattformen von NPOs in den meisten Fällen keineswegs dialogisch genutzt werden. Sofern Dialoge zustande kommen, handelt es sich in der Regel um eine einseitige Kommentierung durch Nutzer. Organisationen, die einen Social- Web-Dialog mit ihren Stakeholdern anstreben, sollten vor allem zusätzliches, qualifiziertes Personal einstellen, in den Aufbau ihrer Online-Community investieren und einen vorwiegend argumentativen Kommunikationsstil wählen. Praktische Herausforderung & Erkenntnisinteresse Unter dem Schlagwort Social Web sind in den vergangenen Jahren zahlreiche partizipative Online-Anwendungen wie Pilze aus dem Boden geschossen. Während Blogs, Podcasts, Videoportale, Social-Networking-Dienste etc. anfangs meist als kurzfristiger Hype aufgefasst wurden, ist heute davon auszugehen, dass der grundlegende Wandel der öffentlichen Kommunikation und Meinungsbildung durch das Social Web irreversibel ist (vgl. u. a. Döbler 2008: 119 f.; Pleil 2009: 57 f.). Dieser Wandel beeinflusst zwangsläufig auch sämtliche Organisationen und ihre professionellen Kommunikatoren, die als öffentliche Akteure in einem ständigen Austauschverhältnis mit ihren Stakeholdern stehen (vgl. Welker/Zerfaß 2008: 12). Neben einigen Risiken bietet das Social Web der Organisationskommunikation auch diverse Chancen. Eine dieser Chancen ist die neuartige Möglichkeit der Dialogkommunikation und damit eines direkten Beziehungsmanagements mit relevanten Bezugsgruppen. Der Einsatz von Social Media wird in Praxis und Wissenschaft sogar häufig mit Dialogkommunikation gleichgesetzt. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass Social-Web- Anwendungen lediglich ein Dialogpotenzial bergen, die Realisierung dialogischer Kommunikationsprozesse hingegen entscheidend vom tatsächlichen Gebrauch durch die Organisationen und ihre Stakeholder abhängt (vgl. Neuberger/Pleil 2006: 10; Boelter/Hütt 2012: 395). Für NPOs spielt das Beziehungsmanagement eine besondere Rolle: Die diversen Beziehungen zu (potentiellen) Freiwilligen, Spendern, Mitarbeitern etc. bilden das Kapital von NPOs (Bornholdt et al. 2006: 22), aus dem sie ihre Ressourcen in Form von Ehrenämtern, Spenden, Know-how usw. ziehen. In Zeiten sinkender Aufmerksamkeit bei gleichzeitig steigender Konkurrenz um Spender und Ehrenamtliche könnte sich der

BdP-Nachwuchsförderpreis 2012: Abstract der Masterarbeit von Miriam Droller 2 dialogische Beziehungsaufbau im Social Web als strategischer Erfolgsfaktor für NPOs herauskristallisieren. Vor diesem Hintergrund lag das Erkenntnisinteresse der eingereichten Masterarbeit darin zu analysieren, inwieweit NPOs das Dialogpotenzial des Social Web ausschöpfen und damit das partizipative Internet zum dialogischen Beziehungsmanagement mit ihren externen Stakeholdern einsetzen. Im Fokus der Arbeit stand eine Status-quo-Analyse der Dialogkommunikation zwischen NPOs und ihren Bezugsgruppen über organisationseigene und externe Social-Web-Angebote. Außerdem wurden unabhängige Variablen identifiziert, die die dialogische Kommunikation zwischen NPOs und ihren Stakeholdern im Social Web beeinflussen. Da US-amerikanische Onliner und Organisationen im Allgemeinen als Pioniere der Social-Web-Kommunikation gelten, wurde zudem der Social-Media-Einsatz von NPOs in Deutschland und den USA miteinander verglichen. Methodik Für die empirische Untersuchung der Masterarbeit wurde der einflussreiche theoretische Bezugsrahmen zur Dialogkommunikation im Internet nach Kent und Taylor (1998; 2002) adaptiert und erweitert. Damit konnte ein Beitrag zur Weiterentwicklung der angewandten PR-Forschung geleistet werden, der auch international anschlussfähig ist. Ausgehend von dem modifizierten Bezugsrahmen der US-amerikanischen PR-Wissenschaftler wurde eine umfangreiche quantitative Online-Inhaltsanalyse konzipiert: In einem Zeitraum von drei Monaten wurde die Social-Web-Kommunikation von insgesamt 100 deutschen und USamerikanischen NPOs aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit untersucht. 1 Anders als in bisherigen Studien wurde dabei ein umfassendes Forschungsdesign gewählt, das sowohl Social Software auf den Organisations-Websites (RSS-Feeds, Tagclouds, Wikis, Podcasts, Vodcasts, Blogs, Social Plugins) als auch externe Social-Web-Präsenzen der NPOs (exemplarisch YouTube, Facebook, Twitter) in die Untersuchung einbezog. Die Befunde wurden mit verschiedenen Verfahren der deskriptiven und induktiven Statistik ausgewertet und zu einem aus der Theorie abgeleiteten Social-Web-Dialog-Index (SWDI) aggregiert, der als Benchmark (Ranking) für die Dialogkommunikation von NPOs im Social Web dient. Zentrale Ergebnisse Insgesamt betrachtet hat die empirische Untersuchung ergeben, dass NPOs das Social Web vielmehr als neuen Verlautbarungskanal, denn als Dialogplattform nutzen. Es konnte nachgewiesen werden, dass der Einsatz dialogorientierter Social Software nicht zwangsläufig zu Dialogkommunikation zwischen Organisationen und ihren Stakeholdern führt. Organisationseigene Social Software Die Mehrheit der analysierten NPOs setzt auf ihren Websites lediglich einzelne Social- Media-Anwendungen (z. B. Blogs) ein. Das Dialogpotenzial dieser organisationseigenen Social Software wird kaum ausgeschöpft: Pod- und Vodcasts werden nur sehr selten dialogorientiert ausgerichtet beispielsweise wird nur vereinzelt eine Bewertungs- oder Kommentarfunktion angeboten. Daher verwundert es nicht, dass über diese Anwendungen so gut wie keine dialogische Kommunikation zwischen den Organisationen und ihren Stakeholdern realisiert wird. Die auf den Organisations-Websites eingesetzten Blogs sind hingegen wesentlich dialogorientierter ausgerichtet, doch auch hier werden nur sehr begrenzt Dialoge realisiert. 1 Da weder in Deutschland noch in den USA ein vollständiges zentrales Register sämtlicher NPOs existiert, schied sowohl eine Vollerhebung der Grundgesamtheit als auch die Ziehung einer Zufallsstichprobe aus. Deshalb wurde als alternatives Verfahren eine bewusste Auswahl der Untersuchungsgruppe durchgeführt. In die Untersuchung wurden jeweils die 50 NPOs mit den höchsten jährlichen Gesamteinnahmen der beiden NPO- Dachverbände Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen e. V. (VENRO) sowie InterAction aufgenommen.

BdP-Nachwuchsförderpreis 2012: Abstract der Masterarbeit von Miriam Droller 3 Externe Social-Web-Präsenzen Externe Social-Web-Dienste (z. B. Facebook-Profile, YouTube- oder Twitter-Kanäle) werden von den NPOs häufiger eingesetzt als organisationseigene Social Software. Dabei sind die meisten Organisationen auf mehreren externen Social-Web-Plattformen präsent. Das Dialogpotenzial der eingesetzten externen Social-Web-Dienste wird von den NPOs besser ausgeschöpft als das der Anwendungen auf den Organisations-Websites. Am häufigsten wird Dialog über Facebook realisiert. Dies könnte zum einem am Kanal selbst liegen, der prinzipiell dialogorientierter ausgerichtet ist als YouTube und Twitter, zum anderen spielt auch das Nutzerverhalten eine Rolle: Über Facebook äußern Nutzer wesentlich häufiger Feedback. Überraschend ist jedoch, dass obwohl die Facebook-Präsenzen der NPOs stark dialogorientierte Strukturen aufweisen, die von den meisten Nutzern auch in Anspruch genommen werden, trotzdem nur knapp die Hälfte der NPOs auf Nutzerfeedback zu Facebook-Posts reagiert. Dabei werden nur relativ selten intensivere Dialoge zwischen den Organisationen und ihren Stakeholdern aufgebaut wenn überhaupt reagieren die NPOs meist mit lediglich einem Antwortkommentar. Vernetzung organisationseigener und externer Social Software Die mangelhafte Vernetzung der eingesetzten Social Software untereinander sowie die häufig fehlende Verlinkung externer Social-Web-Präsenzen auf der Organisations- Website sind Indizien für einen derzeit überwiegend isolierten, experimentellen Einsatz von Social Software. Links zur Organisations-Website finden sich hingegen in nahezu sämtlichen eingesetzten externen Anwendungen, was die Vermutung nahelegt, dass die klassische Website auch im Social-Software-Zeitalter einen höheren Stellenwert für NPOs einnimmt als ihre Präsenz auf externen Social-Web-Plattformen. Ländervergleich Deutschland/USA US-amerikanische NPOs nutzen mehr organisationseigene und externe Social-Web- Anwendungen als deutsche Organisationen. US-amerikanische Organisationen richten ihre eingesetzte Social Software vor allem auf ihren Websites wesentlich dialogorientierter aus. Social-Web-Beiträge US-amerikanischer NPOs werden signifikant häufiger durch Nutzer bewertet und kommentiert als Beiträge deutscher NPOs. Während US-amerikanische Organisationen damit öfter dialogische Kommunikationsprozesse mit einem Rollenwechsel aufweisen, realisieren sie jedoch mit Ausnahme von Twitter kaum häufiger als deutsche NPOs intensivere Dialoge über ihre Social-Media-Angebote (vgl. Abb. 1). Überraschenderweise konnte zudem festgestellt werden, dass die wenigen deutschen Organisationen, die auf Nutzerfeedback im Social Web reagieren, dies häufiger tun als ihre US-amerikanischen Kollegen. Allerdings antworten US-amerikanische Organisationen tendenziell schneller auf Nutzerfeedback. Die zuständigen deutschen Mitarbeiter scheinen über geringer ausgeprägte Social-Web- Kompetenzen zu verfügen als ihre US-amerikanischen Kollegen (siehe dazu den Einsatz privater Facebook-Profile, fehlende Vernetzung der Anwendungen etc.).

BdP-Nachwuchsförderpreis 2012: Abstract der Masterarbeit von Miriam Droller 4 Abb. 1: Intensivere Dialoge über Social Software deutscher und US-amerikanischer NPOs 2 Facebook-Kommentare 4 58% Antwort-Tweets an Nutzer 8% 54% Antwort-Tweets an Organisationen Blogkommentare 14% 18% 24% 36% YouTube-Videokommentare Facebook-Diskussionen-App YouTube-Kanalkommentare Podcastkommentare Vodcastkommentare 8% 2% 2% 4% Anteil der deutschen NPOs, die Dialoge mit mehr als einem Rollenwechsel realisieren Anteil der US-amerikanischen NPOs, die Dialoge mit mehr als einem Rollenwechsel realisieren N = 100 NPOs (davon 50 deutsche und 50 US-amerikanische NPOs) Implikationen für die Praxis Je mehr Vollzeitmitarbeiter in den Bereichen Online-Kommunikation und speziell Social- Web-Kommunikation tätig sind, desto stärker ist die dialogische Kommunikation der NPOs über Social Media ausgeprägt. Dieser Befund erscheint plausibel, da der Aufbau von Stakeholder-Dialogen im Social Web Zeit und damit zusätzliche personelle Ressourcen erfordert. Organisationen, die einen intensiven Social-Web-Dialog mit ihren Stakeholdern anstreben, sollten demnach in zusätzliches, qualifiziertes Personal für ihre Social-Web-Kommunikation investieren. Die jährlichen Gesamteinnahmen einer Organisation korrelieren positiv mit dem Maß an dialogischer Kommunikation der NPOs im Social Web. Dies könnte damit zusammenhängen, dass größere NPOs mehr finanzielle Mittel für die Social-Web-Kommunikation aufwenden als Organisationen mit eingeschränkteren Budgets. Denkbar wäre jedoch auch, dass der Dialog im Social Web für größere NPOs aus strategischen Gründen eine wichtigere Rolle spielt als für kleinere Organisationen. Hauptsächlich spendenfinanzierte Organisationen schöpfen das Dialogpotenzial des Social Web besser aus als vorwiegend öffentlich finanzierte NPOs. Ein Grund dafür könnte der steigende finanzielle Druck sein, den vor allem spendenfinanzierte Organisationen immer mehr zu spüren bekommen. Das Social Web stellt für sie unter Umständen einen neuen, effektiven Weg des Fundraisings dar. 2 Lesebeispiel: 58 Prozent der US-amerikanischen NPOs realisieren über Facebook-Kommentare Dialoge mit mehr als einem Rollenwechsel. Das heißt, auf Nutzerkommentare zu einem Post (ein Rollenwechsel), reagiert die Organisation mit mindestens einem Antwortkommentar (mind. zwei Rollenwechsel).

BdP-Nachwuchsförderpreis 2012: Abstract der Masterarbeit von Miriam Droller 5 Die Community-Größe scheint Einfluss auf die Dialogkommunikation von NPOs im Social Web zu haben. Offensichtlich ist die dialogische Kommunikation innerhalb größerer Communities dynamischer bzw. stärker ausgeprägt als bei kleinen Communities. Um einen intensiven dialogischen Austausch mit Stakeholdern in Gang zu bringen, ist es daher für NPOs ratsam, zunächst in den Aufbau ihrer Community zu investieren, indem beispielsweise die Social-Web-Präsenzen über andere Kanäle beworben und Anreize zur Mitgliedschaft einer Community geschaffen werden. Organisationsbeiträge im Social Web, die einen argumentativen Kommunikationsstil aufweisen, werden häufiger durch Nutzer kommentiert als Beiträge mit einem persuasiven oder informativen Kommunikationsstil (vgl. Abb. 2). NPOs, die eine dialogische Kommunikation im Social Web anstreben, sollten daher vor allem einen argumentativen Kommunikationsstil wählen und folglich Aufforderungen zur Argumentation bzw. zum Meinungsaustausch formulieren. Abb. 2: Durchschnittliche Anzahl der Nutzerkommentare je nach Kommunikationsstil des Social-Web-Beitrags Facebook-Posts 1,51 4,38 16,49 Blogbeiträge mit Kommentarmöglichkeit 0,29 0,49 4,14 Mittelwert der Nutzerkommentare bei einem informativen Kommunikationsstil Mittelwert der Nutzerkommentare bei einem persuasiven Kommunikationsstil Mittelwert der Nutzerkommentare bei einem argumentativen Kommunikationsstil Facebook-Posts: N = 1.151; Blogbeiträge mit Kommentarmöglichkeit: N = 538 Wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn und praktischer Mehrwert Die vorliegende Masterarbeit stellt einen explorativen Schritt dar, das Thema dialogischer Beziehungsaufbau von NPOs im Social Web systematisch abzubilden. Der PR-Wissenschaft wird ein international anschlussfähiges Erhebungsinstrument an die Hand gegeben, mit dem die Dialogkommunikation von Organisationen über organisationseigene und externe Social Software systematisch erfasst werden kann. Das entwickelte Kategoriensystem kann dazu genutzt werden, bestehende Social-Web-Angebote in sämtlichen Branchen zu analysieren und hinsichtlich der Stimulierung von Dialogen zu optimieren. Darüber hinaus leisten die Untersuchungsergebnisse einen Beitrag zur aktuellen Social-Web-Debatte, da empirisch nachgewiesen werden konnte, dass der Einsatz von dialogorientierter Social Software nicht zwangsläufig zu dialogischer Kommunikation zwischen Organisationen und ihren Stakeholdern führt. Schließlich verdeutlicht das große Interesse der analysierten NPOs an den Studienergebnissen die hohe Aktualität des Themas sowie die praktische Relevanz der Befunde. 3 Insbesondere der entwickelte Social-Web-Dialog-Index (SWDI) kann diesen Organisationen als Orientierungshilfe und Vergleichsmaßstab zu ihren Wettbewerbern dienen. Anhand der identifizierten unabhängigen Einflussfaktoren auf die Social-Web- Dialogkommunikation können die NPOs ferner ihre dialogische Kommunikation über Social Software optimieren und damit zukünftig wertvolle Stakeholder-Beziehungen aufbauen und pflegen. 3 Die 100 analysierten NPOs wurden im Rahmen der empirischen Untersuchung per E-Mail kontaktiert, um die Voll- und Teilzeitmitarbeiterzahlen im Bereich Online-Kommunikation bzw. speziell in der Social-Web- Kommunikation zu erfragen. Die Mehrheit der antwortenden Organisationen äußerte in diesem Zusammenhang großes Interesse an den Studienergebnissen und bat um die Zusendung einer Zusammenfassung der wichtigsten Befunde.

BdP-Nachwuchsförderpreis 2012: Abstract der Masterarbeit von Miriam Droller 6 Literatur Boelter, Dietrich; Hütt, Hans (2012): Dialogkommunikation und Partizipation: Wandel einer kommunikativen Praxis. In: Ansgar Zerfaß und Thomas Pleil (Hg.): Handbuch Online-PR. Strategische Kommunikation im Internet und Social Web. Konstanz: UVK-Verlagsgesellschaft, S. 395 407. Bornholdt, Martin; Noll, Christian; Ruck, Mario F. (2006): Zur Weiterentwicklung des Sozialmarketings. Warum Marketing im Nonprofit-Bereich als das Management von Stakeholdern verstanden werden sollte. In: Mario F. Ruck, Christian Noll und Martin Bornholdt (Hg.): Sozialmarketing als Stakeholder-Management. Grundlagen und Perspektiven für ein beziehungsorientiertes Management von Nonprofit-Organisationen. Bern, Stuttgart, Wien: Haupt Verlag, S. 21 37. Döbler, Thomas (2008): Zum Einsatz von Social Software in Unternehmen. In: Christian Stegbauer und Michael Jäckel (Hg.): Social Software. Formen der Kooperation in computerbasierten Netzwerken. Wiesbaden: VS, Verl. für Sozialwiss., S. 119 136. Kent, Michael L.; Taylor, Maureen (1998): Building dialogic relationships through the World Wide Web. In: Public Relations Review 24 (3), S. 321 334. Kent, Michael L.; Taylor, Maureen (2002): Toward a dialogic theory of public relations. In: Public Relations Review 28 (1), S. 21 37. Neuberger, Christoph; Pleil, Thomas (2006): Online-Public Relations: Forschungsbilanz nach einem Jahrzehnt. Online verfügbar unter http://www.thomas-pleil.de/downloads/neuberger_pleil- Online-PR.pdf, zuletzt geprüft am 25.04.2012. Pleil, Thomas (2009): Public Relations: Grundlagen und aktuelle Entwicklungen. Studienbrief zum Masterstudiengang eeducation der FernUniversität Hagen. Welker, Martin; Zerfaß, Ansgar (2008): Einleitung: Social Web in Journalismus, Politik und Wirtschaft. In: Ansgar Zerfaß, Martin Welker und Jan Schmidt (Hg.): Kommunikation, Partizipation und Wirkungen im Social Web. Band 2: Strategien und Anwendungen: Perspektiven für Wirtschaft, Politik und Publizistik. Köln: Halem, S. 12 18.