Projekt zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus : (Das Projekt begleiteten Frau Brändle und Herr Kreuzer)

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Transkript:

Projekt zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus : (Das Projekt begleiteten Frau Brändle und Herr Kreuzer) Präsentation am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus in Zwiefalten am 27. Januar 2014 Auszüge aus dem Schülervortrag: Wir haben uns in diesem Projekt mit den Rückmeldungen der letztjährigen Gedenk- Ballonaktion beschäftigt und einige ausgewählt, die wir Ihnen in Auszügen vorlesen möchten. Als Nächstes wollen wir Ihnen unsere SE-Erfahrungen vortragen, weil wir bei diesem Projekt Zeit mit Menschen verbracht haben, die während des Nationalsozialismus als lebensunwert gegolten hätten. SE ist ein Pflichtprojekt und bedeutet Soziales Engagement. Dies macht jeder Schüler unserer Schule in der 8. oder 9. Klasse der Münsterschule. Jeder von uns arbeitete in seiner Freizeit 24 Stunden in einer sozialen Einrichtung. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Menschen lebensfroh sind und sich sehr freuen, wenn man sich um sie kümmert und sich Zeit nimmt für sie. Die uns anvertrauten Personen waren sehr offen und erzählten gerne aus ihrem Leben und von ihren persönlichen Erfahrungen. Meine Erfahrungen waren, dass behinderte und alte Menschen genau so sind wie wir und die gleichen Interessen haben. Dazu möchte ich einige Zeilen aus einem Gedicht von Nelly Sachs zitieren, die ich an dieser Stelle sehr passend finde und diese Zeilen fassen unsere Erfahrungen und unsere Empfindungen sehr gut zusammen. Nelly Sachs schrieb: Genau wie ich strebt dieser Mensch nach Glück in seinem Leben. Genau wie ich versucht dieser Mensch in seinem Leben Leid zu vermeiden. Genau wie ich hat dieser Mensch eine tiefe Sehnsucht nach Vollkommenheit. Genau wie ich hat dieser Mensch schon Angst, Trauer, Einsamkeit und Verzweiflung erlebt. Genau wie ich möchte dieser Mensch Liebe geben und empfangen.

Uns ist dazu das Bild eines Puzzles eingefallen, indem jeder Mensch ein wichtiges Teil ist. Behinderte und kranke Menschen gehören genauso dazu. Ohne sie wäre das Puzzle unvollständig. In einer erstrebenswerten Gesellschaft gehört jeder dazu und ist mit anderen verbunden. Mit dem Thema des heutigen Gedenktags haben wir uns intensiv beschäftigt und stellen Ihnen nun auch unsere Idee für einen Beitrag vor: Ein Grab, in das wir alles Unrecht, den Nationalsozialismus und die Menschenverachtung hineinlegen, begraben wollen. An einem Grab wird aber eigentlich um Vermisstes getrauert und es ist auch ein Ort der Erinnerung deshalb haben wir uns überlegt, das Bild von fließendem Wasser zu nehmen: Wasser reinigt und kann gleichzeitig schlechte Dinge versenken und wegschwemmen. Durch den Anbringungsort der Gedenktafel sind wir auf den Bach Aach, hier in der Nähe, gestoßen, der uns helfen soll, Begriffe, die wir loswerden wollen, bildhaft zu versenken. Dies werden wir nachher vor Ort durchführen.

Wir haben gemeinsam Begriffe und Wörter aus einer Dokumentation über Grafeneck gesammelt, die typisch sind für diese Zeit und die wir stellvertretend für viele weitere Begriffe loswerden wollen. Diese Begriffe sollen aber nicht in Vergessenheit geraten, denn diese Zeit soll nicht wiederkehren. Wir möchten sie stattdessen symbolisch für das Leben in unserer Zukunft loswerden. Unser erstes Wort ist lebensunwert - wir wollen dieses Wort versenken, weil es falsch war, behinderte Menschen als Last zu sehen und diese nicht nur von der Gesellschaft auszuschließen, sondern ihnen sogar das Leben abzusprechen und zu nehmen. Unser zweiter Begriff ist Massenmord - ihn wollen wir versenken, weil Millionen Menschen zu Opfern geworden sind und so viele Deutsche sich schuldig gemacht haben, als Täter. Unser nächster Begriff ist Rassenhygiene - Das Wort Hygiene hört sich eigentlich gut an, Sauberkeit ist doch etwas Positives. Was sich aber wirklich dahinter versteckt, ist die Begründung für die Vernichtung von sogenannten minderwertigen Menschen. Unser vierter Begriff ist abstoßen - ihn wollen wir versenken, weil man diese Weltanschauung und Rassenlehre mit Gewalt durchsetzte und so viele Menschen von der Gesellschaft abgestoßen wurden, mit Gewalt ausgegrenzt worden sind. Und nun unser letzter Begriff, er heißt Rechtsextremismus. - Ihn wollen wir versenken, weil wir dieses Gedankengut von damals bei uns nicht mehr haben wollen, denn heute wollen wir unsere Probleme gemeinsam, friedlich und solidarisch, also mitmenschlich lösen.

Im Gegensatz zu den Worten die wir wegschwemmen wollen, haben wir auch Begriffe ausgewählt, die zu Taten führen sollen, damit wir alle eine funktionierende und gesunde Zukunft erleben können. Aus einer Fülle von Begriffen haben wir vier für den heutigen Tag ausgewählt: Unser erster Begriff heißt Toleranz. Toleranz ist, wenn jemand so akzeptiert wird, wie er ist. Beispiel: Oft werden Menschen, die ein Handicap haben, von unserer Gesellschaft diskriminiert und ausgegrenzt. - Mein Cousin zum Beispiel ist vor Kurzem aus einem anderen Land hergezogen. Sein Handicap ist die Sprache; er beherrscht sie noch nicht und wird deswegen im Bus schikaniert. Ein zweiter wichtiger Begriff soll oben bleiben: Recht auf Leben. Das Recht auf Leben bedeutet, dass jeder Mensch ein Recht hat auf dieser Erde zu leben. Auch wenn er anders aussieht, sich anders bewegt oder anders spricht, oder wenn er nicht so arbeiten kann, wie ein anderer. Ein Beispiel: Wir haben den Begriff ausgesucht, weil wir wollen, dass so etwas wie im Dritten Reich nie wieder passiert, dass nie wieder Menschen wegen ihres Andersseins umgebracht werden. Ein dritter Begriff ist heute und in Zukunft unverzichtbar: Zivilcourage. Unter Zivilcourage verstehen wir: Sehen, wenn anderen Leid zugefügt wird und den Mut haben, sich für jene Menschen einzusetzen und ihnen zu helfen, auch wenn es mir unangenehm oder peinlich ist. Ein Beispiel: Auch hier in Zwiefalten werden Patienten/Kranke aus dem ZfP immer wieder respektlos angesprochen oder ausgelacht, weil sie anders sind oder sich anders verhalten, die aber ihr Leben trotz Handicap meistern. Wir wollen ihnen respektvoll begegnen und diese Botschaft an unserer Schule weitergeben. Unser letzter Begriff ist Meinungsfreiheit. Jeder darf seine Meinung frei äußern. Sei es in einem Artikel in der Zeitung oder beim gemeinsamen Essen mit der Familie. Jeder soll seine Meinung sagen und sie auch vertreten dürfen, allerdings ohne den anderen zu beleidigen. Wir wollen mit diesem Begriff jeden ermutigen, seine Meinung frei zu sagen. Wir wollen verhindern, dass so etwas wie im Dritten Reich wieder passiert, darum fordern wir alle auf,

ihre Meinung frei zu äußern. Wir sind auch der festen Überzeugung, dass wenn alle Menschen, die gegen Hitler und dessen Regierung waren, ihre Meinung gesagt hätten und zum Protestieren auf die Straße gegangen wären, also ihre Meinung vertreten hätten, wäre alles nicht so weit gekommen. Damit diese Begriffe von uns und Ihnen in die Tat umgesetzt werden, haben wir sie für jeden zur Erinnerung als Aufkleber gestaltet und drucken lassen. Das Motiv zeigt viele verschiedene Hände. Sie symbolisieren die Aufforderung zum Handeln. Begriffe allein verwandeln die Welt noch nicht. - Jeder ist aufgerufen, die Begriffe zu tun. Sie können ihn selbst an eine geeignete Stelle bei sich zuhause ankleben oder ihn weitergeben / verschicken, so dass noch mehr Menschen daran erinnert werden, dass wir in Zukunft eine mitmenschlichere Gesellschaft brauchen. P.S. Den Rücksendern einer gefundenen Ballonkarte schicken wir auch einen Aufkleber als Dankeschön, dass sie sich gemeldet haben.