Zentrale Anforderungen und Ausgestaltungselemente für das Ausschreibungsdesign Fachgespräch der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag» Ausschreibungsmodelle für Erneuerbare Energien «Dr. Felix Chr. Matthes Berlin, 24. September 2014
Hintergründe Ausschreibungen und Auktionen gehören zu den Kernelementen der Energie- bzw. Stromwirtschaft zumindest wenn sie wettbewerblich organisiert ist / sein soll Wenn der Übergang zu einem Stromsystem auf Basis erneuerbarer Energien im Rahmen eines Wettbewerbsmarktes (mit seinen Koordinations- und Finanzierungsfunktionen) vollzogen werden soll / muss, sind wettbewerbliche Preisermittlungsverfahren unausweichlich zu welchem Zeitpunkt? mit welcher Einlauf- und Lernphase? in welcher Kombination / Abfolge mit anderen (notwendigen) Anpassungen / Reformen Pilotverfahren sind (immer) sinnvoll, die aus den Ausschreibungen für PV-Freiflächenanlagen erwartbaren Erkenntnisse sind aber extrem begrenzt (Spezifika von PV / PV-Freiflächenanlagen, Projektpipeline etc.) und werden v.a. wegen der zeitlichen Einordnung nur sehr begrenzt zu Erfahrungen führen, die für die flächendeckende Einführung von Ausschreibungen ab 2017 nutzbar sein können
Grundsatzfragen entscheiden das Design Ausschreibungsrelevante Grundsatzfragen / Grundüberzeugungen im engeren Sinne Steht das Mengenziel im Vordergrund der Ausschreibung (egal, was es kostet )? Steht die Kostenreduktion im Vordergrund der Ausschreibung (egal, ob damit die ausgeschriebene Zielmenge erreicht wird )? Steht die ordnungspolitische Perspektive im Vordergrund (der Staat legt keine Preise fest, egal, was es kostet oder für Ziele bedeutet )? Ausschreibungsrelevante Grundsatzfragen / Grundüberzeugungen im weiteren Sinne breite Beteiligungsmöglichkeiten ( Bürgerenergie, Vermeidung der Finanzmarktregulierung etc.) strukturelle Weiterentwicklung des Finanzierungssystems / Marktdesigns offen halten Übergangs- und Lernprozesse als explizites Ziel (damit kommen große / First-best -Lösungen per Definition nicht in Betracht)
Exkurs: ein aufgeklärter Blick auf Bürgerenergie Bürgerenergie ist eine unscharfe Kategorie (und wird gelegentlich auch als Chiffre für keine Veränderung! genutzt ) Ausschreibungsrelevante Merkmale von Bürgerenergie zu Vorteilen in Ausschreibungsverfahren führen gute Eigenkapitalausstattung niedrigere Verzinsungserwartungen Umsetzungsrisiken geringer (lokale Verankerung) zu Nachteilen in Ausschreibungen führen keine größeren Portfolien (keine Risikodurchmischung, keine Skaleneffekte) Risikoaversion in Bezug auf große Vorleistungsrisiken begrenzte Fähigkeiten zum Management komplexer oder regulierungsintensiver Prozesse und Produkte temporäre Herausforderung: Fehlen bzw. fehlendes Vertrauen in entsprechende Dienstleistungsprodukte
Spannungsfelder und Abwägungsfragen (1) Ausschreibungsmengen (* eigene Präferenzen) restriktive Auslegung vs. Auslegung mit Sicherheitspuffer Vorleistungsintensität vs. administrativer Aufwand vs. Umsetzungsgrade vs. Pönalisierungen Ausschreibung von (vorgeprüften) Projekten vs. Finanzierungsberechtigungen Flexibilität der Erfüllung: keine vs. volle Handelbarkeit vs. Übertragbarkeit innerhalb juristischer oder natürlicher Personen Zeitlicher Rahmen der Erfüllung: zeitpunktgenaue Erfüllung und Pönalisierung vs. gleitende Erfüllung und Pönalisierung Preisfindung und Preisformation: Komplexität vs. Einfachheit vs. Offenheit für andere Regelungen Mehrrunden- vs. Einrundenverfahren: Entdeckung vs. Komplexität Einheitspreis vs. Pay-as bid: Kosten-Offenlegung vs. strategische Gebote vs. Anschlussfähigkeit anderer Elemente
Produkte von Ausschreibungsverfahren (1) Mögliche Produkte von Ausschreibungen: strukturelle Weiterentwicklungen des EEG müssen (zeitnah) möglich bleiben gleitende Marktprämien mit oder ohne Gesamtbegrenzung (zeitlich oder in Bezug auf Mengen) mit oder ohne nachfolgende Indexierung der effektiven Prämienzahlung (Standort-, Referenzertragsmodell etc.) mit oder ohne Technologiedifferenzierung auf Strommengen bezogene Fixprämien mit oder ohne Gesamtbegrenzung (zeitlich oder in Bezug auf Mengen) mit oder ohne nachfolgende Indexierung der effektiven Prämienzahlung (Standort-, Referenzertragsmodell etc.) mit oder Abschöpfungsmechanismen mit oder ohne Technologiedifferenzierung
Produkte von Ausschreibungsverfahren (2) Mögliche Produkte von Ausschreibungen: strukturelle Weiterentwicklungen des EEG müssen (zeitnah) möglich bleiben (Forts.) auf (systemdienliche) Erzeugungskapazität bezogene Fixprämien mit oder ohne nachfolgende Indexierung der effektiven Prämienzahlung (Standort-, Referenzertragsmodell etc.) mit oder Abschöpfungsmechanismen mit oder ohne Technologiedifferenzierung alle entsprechenden Hybridmodelle
Die Lern- und Einführungs-Dimension Einfachheit und Berechenbarkeit der Regelungen sind wichtig Die Pilotausschreibungen sollten aber auch bewusst und mit Ankündigung auch dazu genutzt werden, verschiedenen Optionen zu erproben (Produkte, Ausschreibungsdesign etc.) Vorleistungs-Kosten sollten soweit wie (sinnvoll) möglich begrenzt werden Gezielte und schrittweise Einführungsschritte sind notwendig gerade vor dem Hintergrund der begrenzten Erfahrungen aus den PV-Freiflächenausschreibungen volle Ausnutzung der beihilferechtlich möglichen de-minimis- Regelungen für die entsprechenden Bereiche sollten aber strukturelle Veränderungen der Zahlungsströme als Lernziel definiert werden Schaffung eines Non-competitive-Bid-Segments für Kleinanlagen ist nur bei Preisbildung über Einheitspreise möglich
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit Dr. Felix Chr. Matthes Energy & Climate Division Büro Berlin Schicklerstraße 5-7 D-10179 Berlin f.matthes@oeko.de www.oeko.de twitter.com/felixmatthes