Vernetztes t Wohnen im Quartier

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Transkript:

Vernetztes t Wohnen im Quartier Workshop service4home, 31.05.2011 Aus der Forschung in die Umsetzung Prof. Dr. Rolf G. Heinze Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie, Arbeit und Wirtschaft Ruhr-Universität Bochum (RUB) FKZ: 01FC08008

Perspektiven des Gesundheitsstandorts t d t Haushalt Home-Healthcare Services gelten als die Wachstumsmärkte der Zukunft. Für die Behandlung, Betreuung und Überwachung zu Hause werden aber neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Wohnungs- und Gesundheitswirtschaft benötigt. Befragungen zeigen: Gerade Ältere und gesundheitlich Beeinträchtigte schätzen Wohnformen, Dienstleistungsangebote und Technikeinsatz positiv ein, wenn es ihnen Sicherheit und Selbstständigkeit verspricht. Die Devise ambulant vor stationär in Pflege und Therapie führt dazu, dass die Menschen länger in ihren Wohnungen verbleiben. Die Verkürzung der Liegezeiten im Akut- und Rehakrankenhaus bringt sie schneller, aber nicht unbedingt gesünder in ihre Wohnungen zurück. Das Wachstumspotential t ti der chronischen h Erkrankungen k erfordert nicht nur neue Medikamente, sondern neue integrierte Versorgungsformen und hier bekommt das Wohnen im Alter einen neuen Stellenwert. Der Haushalt entwickelt sich zwar zum dritten Gesundheitsstandort und vernetztes Wohnen (sowohl sozial als auch technisch) wird immer wichtiger ist jedoch in der Praxis bislang unzureichend etabliert. 2

Die Bedeutung des Wohnumfeldes und von Nachbarschaften h Haushaltsstrukturen verändern sich schon seit einigen Jahren; der Trend zur Individualisierung und Singlisierung gerade auch im Alter setzt sich durch. Moderne Familiennetzwerke leben häufig nicht mehr in einem Haus, aber in erreichbarer Nähe voneinander und pflegen intensive Sozialkontakte miteinander. Wichtig sind aber Rückzugsmöglichkeiten. Bei tendenziell abnehmender Leistungsfähigkeit bedingt vor allem durch die steigende Anzahl von Ein-Personen-Haushalten werden die Anforderungen an den Gesundheitsstandort Haushalt steigen. Benötigt werden neben sozialen Unterstützungsnetzwerken im Wohnquartier und bürgerschaftlichem Engagement auch technische Assistenzsysteme ( Ambient Assisted Living /AAL). Das nahe Wohnumfeld gewinnt als Care-Point an Bedeutung; die Potentiale ti gemeinschaftlicher Wohnformen müssen noch intensiver erschlossen werden. Zwischenlösungen (etwa betreutes Wohnen ) werden wichtiger. Besondere Probleme ergeben sich in schrumpfenden Regionen (vor allem ländlich geprägten Räumen). 3

Sektorenübergreifende Versorgungsstrukturen Die Wohnungswirtschaft und die gesundheitlichen Versorgungsstrukturen müssen sich an den demografischen Herausforderungen (mehr chronisch und mehrfach Erkrankte) orientieren und z.t. neu aufstellen. Schon heute verursacht die Gruppe der über 65-Jährigen (ca. 19% der Bevölkerung) fast 50% der gesamten Gesundheitskosten. 75% der Gesundheitskosten werden für chronische Krankheiten ausgegeben. Gerade ältere Menschen (auch über 70-Jährige) wollen möglichst lange zu Hause und in guten Nachbarschaften leben. Gesundheitliche h Versorgung verlagert sich in die häusliche h Umgebung; AAL- Lösungen gewinnen an Bedeutung. Seit gut zehn Jahren sind die technologischen Grundlagen vorhanden, Wohnungen intelligent zu machen. Komfortable technische Assistenzsysteme sind heute in allen Lebensbereichen einsetzbar; von der Überwachung bis hin zur Meldung von Notfällen, aber auch im Rahmen von Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen. ti h 4

Sozioökonomische Dimensionen vernetzten t Wohnens Um in Deutschland Innovationen umzusetzen, muss auch der Nachweis einer erhöhten Wirksamkeit und fiskalischer Einsparungen geführt werden. Qualitative empirische Studien ( Mehrwertanalysen ) liegen vereinzelt für kooperative Wohnformen vor. Da es sich aber um Welfare-Mix-Analysen handelt, ist eine eindeutige fiskalische Bewertung schwierig. Beispiele belegen: Vernetztes Wohnen führt zu Win-Win-Situationen auch in normalen Wohnungsunternehmen: sie haben wirtschaftliche Vorteile und auch Imagegewinn. g Sowohl die Bewohner als auch die sozialen Sicherungssysteme profitieren vom Älterwerden im eigenen Zuhause und der aktiven Gestaltung der Wohnquartiere. Der Mehrwert M h (nach SONG: Netzwerk: Soziales Neu Gestalten, Zukunft Quartier-Lebensräume zum Älterwerden, 2009) zeigt sich in mehreren Dimensionen: Die Netzwerkeinbindung hat präventive Wirkungen, die Lebensqualität steigt in kooperativen Wohnformen bzw. in aktiven Wohnquartieren. Ältere Menschen bleiben länger im kostengünstigeren eigenen Haushalt und gehen (sofern überhaupt erforderlich) erst später in stationäre Versorgungsformen; sozialstaatliche Transferleistungen werden folglich seltener und in geringerem Umfang in Anspruch genommen. Effizienzsteigerungen im Pflegesystem sind umsetzbar. 5

Von der Strategie zur Umsetzung Die Praxisbeispiele zeigen, dass die Potenziale vernetzten Wohnens weiter entwickelt werden, jedoch zumeist im Projektstatus verbleiben. Es mangelt an der Regelumsetzung; viele und hohe Hürden (vor allem die Fragmentierung im deutschen Gesundheits- und Sicherungssystem) stehen deshalb noch im Weg, bevor die Frühwarnsysteme für ein angenehmeres Altwerden (FAZ v. 23. 8. 2010) in der Breite umgesetzt werden können. Neue integrative Konzepte im Wohnquartier sind für die zukünftige Versorgung von zentraler Bedeutung. Die Kooperation zwischen Wohnungs- und Gesundheitswirtschaft wäre eine bahnbrechende soziale Innovation, die beiden Seiten Vorteile bringt. Gefordert sind Best-Practice-Projekte und ein effizientes Schnittstellenmanagement: t t Kommunikationswege müssen funktionieren. Kompetenzen und Verantwortlichkeiten müssen geregelt sein. Geschäftsmodelle müssen gemeinsam erarbeitet t werden. Zentraler Faktor: Wille zur Kooperation. 6

Kontakt Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: Prof. Dr. Rolf G. Heinze Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie, Arbeit und Wirtschaft Universitätsstr. 150 Gebäude GC, Raum 04/508-509 509 Ruhr-Universität Bochum 0234/32-2298122981 Rolf.Heinze@rub.de http://www.rub.de/heinze 7