JEDER DRITTE 40-JÄHRIGE HAT KNIEPROBLEME Ist ein Knacken im Knie gefährlich? Drei Übungen, die Ihr Gelenk schützen Das Knie ist ein sehr flexibles Gelenk, es hat vier Drehachsen. Weil es aus vielen Teilen und Bändern besteht, ist es aber auch sehr anfällig für Verletzungen. Am häufigsten sind Schäden am Meniskus Foto: F1online/Getty Images 09.06.2018-10:49 Uhr Täglich beugen wir unsere Knie durchschnittlich weit mehr als 1000 Mal. Nicht nur beim Sprinten oder Skifahren werden sie strapaziert, selbst bei einem Spaziergang lastet das Vielfache des Körpergewichts auf ihnen. Bereits jeder dritte 40-Jährige kennt Knieschmerzen. Kein anderes Gelenk wird täglich so stark belastet wie das Knie: 1
Bei jeder Kniebeuge trägt das größte und komplexeste unserer Gelenke das Sieben- bis Achtfache unseres Gewichts, erläutert Prof. Sven Ostermeier, leitender Orthopäde und Knie-Spezialist der Gelenk-Klinik Gundelfingen. Woher kommen Knieschmerzen? Häufige Ursache sind Knorpelschäden. Die Gelenkknochen sind mit Knorpel überzogen, der Bewegungen abfedert und dafür sorgt, dass die Knochen nicht aneinanderreiben (Arthrose). Durch Verschleiß oder Verletzungen wird der Knorpel dünn und porös. Er kann nicht heilen, weil die Zellen nicht nachwachsen. Sportverletzungen können Menisken und Kreuzbänder schädigen. Auch diese Probleme führen häufig nach einigen Jahren zu Knorpelschäden. Die häufigsten Knieverletzungen betreffen das Kreuzband und den Meniskus Foto: bilderzwerg - Fotolia Warum haben immer mehr junge Menschen Knorpelschäden? Der Knorpel wird im Kindesalter durch Belastung gestärkt aber 2
immer mehr Kinder bewegen sich zu wenig. Wer als Kind nicht regelmäßig Sport treibt, bildet bis zu 25 Prozent weniger Knorpelmasse. Dadurch kann das Gelenk bei Erwachsenen schneller verschleißen. Viele Menschen überlasten ihr Knie plötzlich. Beispiel: viel im Büro sitzen, monatelang keinen Sport treiben, dann aber im Urlaub bergwandern. Der Knorpel ist durch Bewegungsmangel porös geworden, bröckelt bei Belastung. Daher regelmäßig Sport treiben, Überlastung vermeiden. Verharrt ein Gelenk länger in einer starren Position, so wird die Knorpelschicht dauerhaft auf einer Stelle belastet und verliert übermäßig Gelenkflüssigkeit, warnt Prof. Ostermeier. Geschieht das häufiger am Tag, so nimmt das Risiko eines Knorpelschadens rapide zu ganz so, als wenn ein Kleidungsstück immer an der selben Stelle beansprucht wird und sich ein Loch bildet. Wie sollte Knie-Training aussehen? Als besonders kniefreundlich gelten Schwimmen, Wandern und (Wasser-) Gymnastik sowie Radfahren. Fehlbelastungen, wie sie beim Laufen auftreten können, sind hier nahezu ausgeschlossen. Alle Muskeln, die das Knie stabilisieren, werden trainiert, betont der Orthopäde. Außerdem schützt eine gestärkte Muskulatur vor Kniegelenksverletzungen und -erkrankungen. Der Rat des Experten für den Alltag: Am besten möglichst häufig die Arbeits- oder Sitzpositionen ändern, hin und wieder aufstehen oder kurze Strecken gehen. Versuchen Sie am Schreibtisch häufiger die Knie auszustrecken. Das belebt den Stoffwechsel und fördert die Gesundheit des Knies. Vermieden werden sollte: längeres Arbeiten in verharrender Stellung (beispielsweise beim Montieren oder Handwerken) starke Kniebeugungen, z.b. Schneidersitz oder häufiges Hocken Denn: Je größer die Kniebeugung, desto höher die Belastung 3
auf die einzelnen Gelenkstrukturen. Bei tiefer Hockstellung wirkt das fünf- bis sechsfache Körpergewicht auf die Kniescheibe ein. Als problematisch gelten auch Sportarten wie Fußball- und Handballspielen, Squash, Tennis, Rudern oder Skifahren. Bei Drehbewegungen des Knies unter Belastung, typisch fürs Kicken oder Skifahren, sind die den Knorpel schützenden Menisken besonders verletzungsanfällig, so Prof. Ostermeier. Drei Übungen für die Knie 1. Flach auf den Rücken legen und ein Bein anheben. Den Fuß in Richtung Gesäß ziehen. Nach ein paar Sekunden wieder ausstrecken. Das Ganze zwölfmal mit jedem Fuß wiederholen. 2. Auf den Tisch setzen und die Beine frei schwingen lassen. Dadurch verteilt sich die Gelenkschmiere über die gesamte Knorpelfläche des Kniegelenks. Die Knorpelernährung wird deutlich verbessert. 3. Im Stehen: ein Bein steht fest auf dem Boden, das andere Bein pendelt zehnmal aktiv hin und her. Das Ganze abwechselnd dreimal mit jedem Bein wiederholen. Das stehende Bein wird durch diese Ungleichgewichtsübung gekräftigt, Muskulatur und Koordination werden verbessert und die muskuläre Führung des stehenden Knies trainiert. Wie kann ich meine Gelenke entlasten? Flache Schuhe mit weicher Sohle tragen, sie dämpfen Erschütterungen beim Gehen und schonen die Gelenke. Übergewicht vermeiden! Jedes abgenommene Kilo entlastet das Knie bzw. dessen drei Teilgelenke sowie die dazugehörigen Bänder, Gelenkkapseln, Knorpel, Menisken und Oberschenkelmuskeln, sagt Professor Ostermeier. Mein Knie knackt ist das ein Warnsignal? 4
In der Regel ist Knacken nicht schlimm, solange es nicht von Schmerzen begleitet ist oder zu Schwellungen führt. Im Knie sind viele bewegliche Teile, die knacken können. Warnhinweise für einen Knorpelschaden sind knirschende oder sandpapierartige Geräusche, oft begleitet von Schmerzen. Die können durch Reibung von Knochen oder kaputten Knorpelstellen entstehen. Wann sollte ich zum Arzt? Typisch für eine Arthrose ist der kurzzeitige Anlaufschmerz morgens bzw. bei der ersten Bewegung. Charakteristisch ist auch der Belastungsschmerz, etwa beim Treppensteigen. Oft markiert ein deutlich hörbares Knacken den Moment einer Meniskusverletzung. Nach dem Meniskus-Riss wird es häufig schmerzhaft, in die Hocke zu gehen oder das Knie nach hinten abzuwinkeln. Starke und stechende Schmerzen sind immer ein unmissverständliches Warnsignal, das sofort eine ärztliche Untersuchung erforderlich macht. Und auch anschwellende Knie sind ein Alarmzeichen des Körpers, das stets ernst genommen werden sollte, so der Orthopäde. Axel Springer AG. Alle Rechte vorbehalten 5