3.5 Operationsvorbereitung des Patienten



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Transkript:

3.5 Operationsvorbereitung des Patienten 95 3.5 Operationsvorbereitung des Patienten Im diesem Kapitel soll auf die Haarentfernung, die Reinigung und Desinfektion der Haut und die Abdeckung des Patienten bzw. des Operationsareals näher eingegangen werden. Diese vorbereitenden Maßnahmen werden getroffen, um im Operationsfeld höchstmögliche Keimreduzierung zu erreichen. Die Maßnahmen zur Reinigung und Desinfektion sind nach den Vorgaben der Berufsgenossenschaften BGR 206 (1999) in einem Hygieneplan festzuhalten. Bei geplanten Operationen sollen Infektionen, die nicht die eigentliche Ursache für die Operation darstellen, vorher behandelt und geheilt werden, da Patienten mit Infektionen häufiger Wundinfektionen erleiden (KOLLER und MITTERMAYER 1999). Um die Keimverbreitung in den Operationsraum zu reduzieren, sollten Verbände vor Einschleusung des Patienten in den Operationssaal entfernt werden (HANSIS und JAKSCHIK 2001). 3.5.1 Haarentfernung WOLF (1997) und RÜDEN et al. (2000) empfehlen, aus hygienischer Sicht nach Möglichkeit auf eine präoperative Haarentfernung zu verzichten. Jede Rasur mit einem konventionellen Rasiermesser setzt zwangsläufig kleine Hautläsionen, so dass eine Besiedlung der Haut mit potenziell pathogenen Keimen gefördert wird, wodurch das Risiko einer postoperativen Infektion im Wundgebiet steigt. Ist jedoch aus operationstechnischen Gründen eine Haarentfernung erwünscht, dann sollte dies bei einer Rasur erst am Operationstag geschehen (SEROPIAN et al. 1971; HAMILTON et al. 1977; KAPPSTEIN 1993; WOLF 1997; RÜDEN et al. 2000). Die Rasur sollte unmittelbar präoperativ erfolgen (ADAM und DASCHNER 1993; ASPÖCK 1999; RKI 2000b; RÜDEN et al. 2000; AWMF 2004d), da das Infektionsrisiko umso geringer ist, je kürzer der Zeitabstand zwischen der Rasur und dem Eingriff ist (BENZ et al. 1998). BENZ et al. (1998) empfehlen, die Rasur nicht früher als zwei Stunden vor der Operation durchzuführen. KRAMER et al. (2001c) zufolge sollte die Rasur maximal eine Stunde vor dem Eingriff erfolgen. Bei einer Rasur zu einem früheren Zeitpunkt ist ein Anstieg postoperativer Wundinfektionen auf das bis zu siebenfache durch Kolonisation der Mikroläsionen und Keimtransport in das Gewebe bei der späteren Schnittführung zu befürchten. Bei der Haarentfernung werden vorzugsweise die Haare mit einer elektrischen Haarschneidemaschine ( Clipper ) bis auf wenige Millimeter gekürzt, so dass sie in den meisten Fällen vom Operateur nicht als störend empfunden werden (DASCHNER 1991; WOLF 1997; BENZ et al. 1998; RÜDEN et al. 2000). Die Scherköpfe der Haarschneidemaschine sollen auswechselbar sein und nach jedem Patienten gereinigt und desinfiziert (z. B. mit 60- bzw. 70 %igem Alkohol für 10 Minuten) oder autoklaviert werden (WOLF 1997; BENZ et al. 1998).

3.5 Operationsvorbereitung des Patienten 96 Die Haarentfernung mittels chemischer Substanzen (Haarentfernungscreme) gilt als die hautschonendste (BENZ et al. 1998). Diese Methode ist recht zeitaufwendig und führt häufig zu keinem befriedigenden Ergebnis. In einigen Fällen kommt es zu einer allergischen Reaktion und ein geplanter Eingriff muss dann auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden (WOLF 1997; KRAMER et al. 2001c). Nach der Haarentfernung empfiehlt sich eine sofortige Hautreinigung und bei erhöhter Infektionsgefährdung die antiseptische Abdeckung des Areals bis zur Durchführung der präoperativen Hautantiseptik (KRAMER et al. 2001c). Auch in der veterinärmedizinischen Literatur ist die Methode der Haarentfernung zur Operationsvorbereitung umstritten. Wenn eine Haarentfernung vorgenommen wird, sollte dies außerhalb des Operationsraumes stattfinden, da hierbei mit einer großen Verschmutzung der Umgebung zu rechnen ist (HOFMANN 1983; BRÜSE 1998; MATIS 1999; BRÜSE 2001b; ILL 2002b). Zum Entfernen der Haare wird bevorzugt eine elektrische Schermaschine mit einem 1/10 mm Scherkopf verwendet. Damit werden die Haare so dicht an der Haut abgeschnitten, dass keine Rasur erforderlich ist. Zur optimalen Haarentfernung wird die Schermaschine gegen die Haarwuchsrichtung geführt. Die während der Schur abgeschnittenen Haare werden, wie in Abbildung 13 gezeigt, vorteilhafterweise mit einem Staubsauger entfernt. Der Scherkopf der Schermaschine ist nach jedem Patienten zu reinigen (HOFMANN 1983; TRACY 1994; MATIS 1999; BRÜSE 2001b). Abbildung 13: Führung der Schermaschine und Entfernung der abgeschnittenen Haare mit einem Staubsauger (BRÜSE 2001b) GRÜNBAUM und SCHIMKE (1997) empfehlen zur Operationsvorbereitung eine Rasur im Operationsbereich bei sparsamer Seifen- und Wasseranwendung. HOFMANN (1983) und MATIS (1999) raten nur dann zur Rasur, wenn eine Schur nicht ausreichen sollte. Das Gebiet wird mit einer Seifenlösung befeuchtet und das Haar mit einer Rasierklinge von Hand

3.5 Operationsvorbereitung des Patienten 97 entfernt. Das Haar kann dicht über der Haut entfernt werden, wenn man gegen den Strich rasiert. Die benutzten Klingen müssen einwandfrei sein, weil es sonst zu Verletzungen der Haut kommen kann. Dagegen rät BRÜSE (1998) von einer Rasur wegen Mikroverletzungen der Epidermis ab, die sich später durch Infektion und Desinfektionsmittelreiz lokal entzünden kann. Brennen und Juckreiz veranlassen die Patienten dann, das Operationsgebiet zu belecken, so dass Infektion und Nahtdehiszenz die Folge sein können. Das Operationsfeld muss großzügig nach allen Seiten um die vorgesehene Inzisionslinie geschoren bzw. rasiert werden, so dass auch für eventuell notwendige Verlängerungen des Schnittes genügend Freiraum bleibt (MATIS 1999; BRÜSE 2001b; FOSSUM 2002b). Die Verwendung einer Enthaarungscreme wird nur für solche Körperstellen angeraten, an denen die Haare durch eine Rasur oder Schur nicht adäquat entfernt werden können (FOSSUM 2002b). 3.5.2 Präoperative Hautreinigung In der Humanmedizin empfiehlt WOLF (1997) am Vorabend ein Reinigungsbad oder Dusche des Patienten mit einer hautschonenden Seife. Die Verwendung von Seife mit antimikrobiellen Wirkstoffen (z. B. Polyvinylpyrrolidon-Jod, Chlorhexidin) wird von DASCHNER (1991), WOLF (1997), ASPÖCK (1999) und KRAMER et al. (2001c) für nicht erforderlich gehalten, da die Hautflora zwar stärker als bei der Verwendung herkömmlicher Seife reduziert wird, diese verstärkte Reduktion jedoch keinen Einfluß auf die postoperative Wundinfektionsrate hat. BENZ et al. (1998) sowie RÜDEN et al. (2000) treten dagegen für eine Ganzkörperreinigung mit antimikrobieller Seife ein. Kurz vor der Operation wird das eigentliche Operationsgebiet einschließlich der Umgebung gründlich gereinigt. Dies sollte laut der Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des Robert Koch-Institutes (RKI 2000b) außerhalb des Operationsraumes erfolgen. ADAM und DASCHNER (1993) empfehlen hierzu die Verwendung von Polyvinylpyrrolidon-Jod-Seife. In der Veterinärmedizin wird gleichfalls empfohlen, die Reinigung des Operationsfeldes außerhalb des Operationsraumes durchzuführen, da mit Verunreinigungen der Umgebung zu rechnen ist (MATIS 1999; BRÜSE 2001b). HOFMANN (1983) rät dazu, vorab Ektoparasiten zu beseitigen, um eine Kontamination des Operationsfeldes zu vermeiden. Dazu sollen die Tiere mit einem Insektizid abgesprüht werden. Zur Reinigung empfiehlt er gleichmäßig aufgetragene und verteilte Jodlösung. Danach wird mit warmem Wasser gründlich gespült. GRÜNBAUM und SCHIMKE (1997) empfehlen eine Reinigung der Haut im Operationsbereich mit Ether, Alkohol oder Waschbenzin. BRÜSE (2001b) bevorzugt für die Reinigung und

3.5 Operationsvorbereitung des Patienten 98 Entfettung der Haut einen in Waschbenzin getränkten Tupfer, gefolgt von einer Benetzung der Haut mit einem propanolhaltigen Desinfektionsmittel. 3.5.3 Präoperative Hautdesinfektion Für die präoperative Hautantiseptik werden in der Humanmedizin hauptsächlich Alkohol und Polyvinylpyrrolidon-Jod in wässriger Form verwendet. Zur Auswahl geeigneter Präparate sei auf die Liste der nach den Richtlinien für die Prüfung chemischer Desinfektionsmittel geprüften und von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) als wirksam befundenen Desinfektionsmittel verwiesen. Bei längeren Eingriffen erscheinen Antiseptika mit lang anhaltender Wirksamkeit wünschenswert. Dabei wird von der Überlegung ausgegangen, dass im Verlauf einer Operation eine Rekontamination (Rekolonisation) der Haut durch Mikroorganismen aus tieferen Hautschichten, z. B. aus Haarbälgen, erfolgt und diese Keime vom Bereich des Wundrandes in das Operationsgebiet bzw. in das Gewebe oder in Körperhöhlen verschleppt werden können. Studien, die dies belegen, existieren jedoch nicht (HEEG und CHRISTIANSEN 1993). Nach ASPÖCK (1999) sollte das Präparat zur Hautdesinfektion gefärbt sein, um das desinfizierte Hautareal zu markieren, und es sollte im Gegensatz zu Händedesinfektionsmitteln keine rückfettenden Substanzen enthalten, um bei der Verwendung von Klebefolien deren Klebefähigkeit nicht zu beeinträchtigen. Geeignet sind Wirkstoffe auf alkoholischer Basis, eventuell mit Zusatz von Substanzen mit wirkungsverstärkendem oder die Wirkungsdauer verlängerndem Effekt wie Jod, Chlorhexidin, Hexetidin oder quaternären Ammoniumverbindungen. Solche Präparate müssen frei von Bakteriensporen sein. Alkohole lassen sich am besten mittels Filtration durch bakteriendichte Filter von den häufig in ihnen enthaltenen Bakteriensporen befreien (ASPÖCK 1999). Die Desinfektion der Haut im Operationsgebiet erfolgt im Operationsraum (RKI 2000b). Sie sollte vom ärztlichen Personal nach der chirurgischen Händedesinfektion und vor dem Anlegen des sterilen Kittels und der sterilen Handschuhe vorgenommen werden, um die Gefahr einer Kontamination der sterilen Operationsbekleidung auszuschließen (WOLF 1997; BENZ et al. 1998). Die Hautdesinfektion erfolgt von der Mitte zum Rand des zu desinfizierenden Feldes. Das Gebiet sollte so groß sein, dass der Schnitt eventuell noch vergrößert oder an anderer Stelle gesetzt werden kann und auch die Durchtrittsstelle für einen Drain mit berücksichtigt wird (GASTMEIER et al. 1998; RÜDEN et al. 2000). Der mit der Kornzange oder Klemme gefasste und mit Desinfektionsmittel getränkte sterile Tupfer wird im Bereich der geplanten Operationsstelle angesetzt. Der Tupfer soll dabei, wie in der Abbildung 14 dargestellt, in Form einer Spirale konzentrisch von innen nach außen geführt werden und, am äußersten Punkt angelangt, verworfen werden. Der Vorgang muss mehrfach, jedesmal mit einem frischen Tupfer, wiederholt werden (ADAM und DASCHNER 1993; BENZ et

3.5 Operationsvorbereitung des Patienten 99 al. 1998; ASPÖCK 1999). Die Technik der präoperativen Hautdesinfektion sollte immer auch die mechanische Komponente der Bakterieneliminierung enthalten. Ein bloßes Auftragen des Desinfektionsmittels und Einhaltung der Einwirkzeit genügt nicht (DASCHNER 1989; WOLF 1997; ASPÖCK 1999). Abbildung 14: Führung des Tupfers bei der Hautdesinfektion (TRACY 1994) Eine vergleichbare, ausreichende Keimreduktion der Hautflora ist mit Alkohol nach drei Minuten, mit Polyvinylpyrrolidon-Jod nach fünf Minuten zu erwarten (DASCHNER 1989; ASPÖCK 1999). ADAM und DASCHNER (1993) sowie WOLF (1997) empfehlen für die präoperative Hautdesinfektion generell eine Einwirkzeit des Desinfektionsmittels von mindestens drei Minuten einzuhalten. KRAMER et al. (2001b) weisen darauf hin, dass traditionell präoperativ eine dreimalige Applikation des Antiseptikums für die Dauer von insgesamt fünf Minuten empfohlen wird. Für die jeweiligen Präparate sind die Angaben in den Listen der DGHM bzw. die Herstellerangaben zu beachten. Während der gesamten Einwirkzeit muss die zu desinfizierende Fläche satt benetzt und feucht gehalten werden (GUNDERMANN et al. 1985; SHIRAHATTI 1993). Nach Ablauf der Einwirkzeit ist überschüssiges Desinfektionsmittel zu entfernen. Es muss darauf geachtet werden, dass der Patient nicht in einer Flüssigkeitsansammlung des Desinfektionsmittels zu liegen kommt, da dies zu Hautnekrosen führen kann (ADAM und DASCHNER 1993; WOLF 1997; BENZ et al. 1998; ASPÖCK 1999; RKI 2000b). In talgdrüsenreichen Hautarealen ist die Reduktion der residenten Hautflora deutlich erschwert, so dass in einem solchen Gebiet längere Einwirkzeiten gemäß den Herstellerangaben erforderlich sind (RKI 2000b). Die empfohlene Technik der präoperativen Hautdesinfektion in der Veterinärmedizin entspricht der Vorgehensweise in der Humanmedizin. Betont wird eine Wahrung möglichst steriler Verhältnisse durch die Verwendung steriler Klemmen und steriler Tupfer. Das Desinfektionsmittel wird mit kreisenden Bewegungen auf die geschorene Hautpartie aufgetragen (HOFMANN 1983; TRACY 1994; GRÜNBAUM und SCHIMKE 1997; BRÜSE 1998; MATIS 1999; BRÜSE 2001b; FOSSUM 2002b).

3.5 Operationsvorbereitung des Patienten 100 HOFMANN (1983) tritt für ein abwechselnde, mindestens dreimalige Benutzung einer Seifenund Desinfektionslösung ein. BRÜSE (2001b) und MATIS (1999) nennen auch die Möglichkeit einer Sprühdesinfektion. Die empfohlene Einwirkzeit beträgt bei GRÜNBAUM und SCHIMKE (1997) mindestens zwei Minuten und bei FOSSUM (2002b) und BRÜSE (2001b) fünf Minuten. Polyvinylpyrrolidon-Jod und Alkohol sind wie in der Humanmedizin die am häufigsten angewandten Mittel zur präoperativen Hautdesinfektion. Hinsichtlich geeigneter Präparate wird auf die Listen der DGHM verwiesen (ARNDT 1983). 3.5.4 Abdeckung des Operationsfeldes Nach erfolgter Hautdesinfektion wird die Umgebung des Operationsgebietes mit sterilen Tüchern abgedeckt (RKI 2000b). Damit soll verhindert werden, dass der Operateur Kontakt mit unsterilen Körperteilen hat und ein Keimtransfer von unsterilen Bereichen zum Operationsbereich stattfindet. Die abdeckende Person sollte sterile Bereichskleidung tragen. Vor der Abdeckung des Operationsfeldes muss das Desinfektionsmittel auf der Haut vollständig abgetrocknet sein (KRAMER et al. 2001c). Zur Abdeckung des Patienten unter Aussparung des Operationsfeldes werden entweder konventionelle Tücher aus Baumwolle, waschbare Tücher aus Kunstfaser oder Einwegabdecktücher verwendet. Manchmal findet sich auch eine sogenannte Mischabdeckung mit einer unteren Lage aus Einwegtüchern und Baumwolltüchern darüber (KAPPSTEIN 1997b). Nach der Auffassung von KRAMER et al. (2001c) muss das Abdeckmaterial steril, strapazierfähig, saugfähig, flüssigkeits- und keimundurchlässig sein, darf keine schädlichen Inhaltsstoffe (z. B. Schwermetalle oder zytotoxische Verbindungen) abgeben und nicht allergen sein. Die Flusenbildung und die Abgabe von Partikeln sollen so gering wie möglich sein. Sofern die Bedingungen erfüllt werden, ist es gleichgültig, ob Einweg- oder Mehrwegabdeckungen verwendet werden. Materialien aus Baumwolle sind nach Ansicht von KRAMER et al. (2001c) wegen der Flusenbildung und fehlenden Barrierefunktion aufgrund möglicher Durchfeuchtung überholt. Dagegen kritisiert KAPPSTEIN (1997b) eine generelle Ablehnung von Abdeckungen aus Baumwolle. In klinischen Studien konnte nicht gezeigt werden, dass Einwegabdeckmaterialien oder waschbare Kunstfasertücher im Vergleich zu Baumwolltüchern mit geringeren Infektionsraten assoziiert sind (GARIBALDI 1986; KAPPSTEIN 1997b). WOLF (1997) gibt keinem der Abdeckmaterialien den Vorzug. Das RKI (2000b) empfiehlt lediglich bei Operationen, bei denen ein Durchfeuchten nicht auszuschließen ist, flüssigkeitsundurchlässige Abdeckungen zu verwenden. In jüngerer Zeit werden als Abdeckmaterialien so genannte Klebe- bzw. Inzisionsfolien angeboten. Die Verwendung dieser Klebefolien zur Abdeckung des Operationsfeldes ist nicht nachteilig, bietet aber auch keine hygienischen Vorteile und wird daher als überflüssig und

3.5 Operationsvorbereitung des Patienten 101 gleichzeitig teuer beschrieben (LILLY et al. 1970; JACKSON et al. 1971; DASCHNER 1989; KOLLER und MITTERMAYER 1999; RKI 2000b; AWMF 2004c). In der veterinärmedizinischen Literatur werden ähnliche Fragestellungen zu den Abdeckmaterialien erörtert. Der Patient soll vom Chirurgen in steriler Kleidung abgedeckt werden (HOFMANN 1983). Die Abdeckung soll nach den Empfehlungen von BRÜSE (2001b) das ganze Tier und die Tischplatte umfassen. Sie soll dabei mindestens 30 cm über die Tischkante herunterhängen, damit während der Operation eine Berührung des Tisches und Kontamination der Operationskleidung vermieden wird (BRÜSE 2001b). Einmal mit der Haut in Kontakt gekommene Tücher sollten nicht mehr verschoben werden (BRÜSE 1998; MATIS 1999). Zur Abdeckung des Operationsfeldes können fenestrierte Tücher bzw. Folien dienen oder vier einzelne Tücher können um das Operationsfeld herum angeordnet und befestigt werden. Es werden wasserabweisend imprägnierte Baumwolltücher, wasserdichte Papiertücher, Plastikfolien und klebende Inzisionsfolien empfohlen (HOFMANN 1983; BRÜSE et al. 1988; TRACY 1994; BRÜSE 1998). Als geeignet bezeichnet BRÜSE (1998) auch in Plastik eingeschweißte Abfallbeutel, die maschinell hergestellt und verpackt werden. Sie gelten als steril, sollten jedoch durch Stichproben auf möglichen Keimgehalt hin überprüft werden. Imprägnierte Baumwolltücher müssen nach mehrmaligem Waschen erneut imprägniert werden. Nichtimprägniert sollen sie nur in Verbindung mit einer Plastikfolie eingesetzt werden. Die wasserdichten Papiertücher bestehen aus einer plastikbeschichteten Papierlage und haben sich ausgezeichnet bewährt, sind aber teuer. Klebende Inzisionsfolien sind ebenfalls teuer, werden aber für Eingriffe mit hohen Sterilitätsanforderungen empfohlen (GRÜNBAUM und SCHIMKE 1997; BRÜSE 1998). Adhäsiv-Spray für die Klebefolien soll nicht direkt auf die Haut gesprüht werden, da dies zu Hautreizungen führen kann (BRÜSE 2001b). HOFMANN (1983) und BRÜSE (1998) sprechen sich gegen eine Verwendung von Baumwolltüchern aus. Bei einem mit Spülflüssigkeit und Blut durchfeuchteten Tuch können Bakterien durch Kapillarsog vom Haarkleid ins Operationsgebiet eingesaugt werden (BRÜSE 1998). Werden Textiltücher verwendet, sollte zum Schutz vor Feuchtigkeit zusätzlich mit Plastikfolien abgedeckt werden (MATIS 1999). 3.5.5 Diskussion Sowohl in der humanmedizinischen als auch in der veterinärmedizinischen Literatur wird für eine Haarentfernung die Verwendung elektrischer Haarschneidemaschinen empfohlen. Eine Rasur mit einer Klinge vermittelt nur den subjektiven Eindruck, dass das Operationsfeld sauberer sei. Dabei besteht die Gefahr von Mikroläsionen der Epidermis mit nachfolgender Kolonisation. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rasur für den folgenden chirurgischen Eingriff

3.5 Operationsvorbereitung des Patienten 102 aus operationstechnischen Gründen erforderlich ist. Das Operationsfeld muss großzügig nach allen Seiten um die vorgesehene Inzisionsstelle geschoren werden. Eine Reinigung des gesamten Patienten vor einer Operation ist in einer Kleintierpraxis nicht durchführbar. Auch die Forderung von HOFMANN (1983), vorab Ektoparasiten zu beseitigen, wird in der Praxis nur schwer umzusetzen sein. Bei der Verwendung eines Insektizids können von dem Zeitpunkt der Anwendung bis zum Tod aller Ektoparasiten mehrere Stunden vergehen. Die von BRÜSE (2001b) geforderte Benetzung der Haut mit einem propanolhaltigen Desinfektionsmittel im Anschluß an die Hautreinigung erscheint im Hinblick auf die folgende präoperative Hautdesinfektion überflüssig. Bei der präoperativen Hautdesinfektion tritt HOFMANN (1983) für eine abwechselnde, mindestens dreimalige Benutzung einer Seifen- und Desinfektionslösung ein. Bei einer solchen Vorgehensweise muss beachtet werden, dass die Wirksamkeit des Desinfektionsmittels durch die Seifenanwendung beeinträchtigt werden kann (Seifenfehler). Da auch die Gesamtdauer der Hautdesinfektion durch die Einhaltung der Einwirkzeit hiermit verlängert wird, ist von dieser Methode abzuraten. MATIS (1999) und BRÜSE (2001b) nennen auch die Möglichkeit einer Sprühdesinfektion. Diese Methode entbehrt der mechanischen Komponente der Bakterieneliminierung, die laut DASCHNER (1989), WOLF (1997) und ASPÖCK (1999) einen festen Bestandteil der Hautdesinfektion darstellt. Daher ist zu empfehlen, das Desinfektionsmittel mit einem Tupfer auf der Haut aufzutragen bzw. zu verteilen. Die empfohlene Einwirkzeit des Hautdesinfektionsmittels beträgt zwischen zwei Minuten (GRÜNBAUM und SCHIMKE 1997) und fünf Minuten (BRÜSE 2001b; KRAMER et al. 2001b). Differenzen in den Angaben sind zum Teil auf die Verwendung unterschiedlicher Präparate zur präoperativen Hautantiseptik zurückzuführen. So geben ASPÖCK (1999) und DASCHNER (1989) bei der Verwendung von Polyvinylpyrrolidon-Jod längere Einwirkzeiten an als bei der Verwendung von alkoholischen Präparaten. In den Listen der DGHM sind die jeweiligen Präparate mit den geprüften, zur Desinfektion einzuhaltenden Einwirkzeiten aufgeführt. Die Forderung von BRÜSE (2001b), die sterile Abdeckung mindestens 30 cm über die Tischkante reichen zu lassen, muss differenziert betrachtet werden. Durch die Abdeckung des gesamten Tisches mit sterilen Materialien wird bei einer Berührung eine Kontamination der Operationskleidung vermieden. Dies führt bei kleineren Patienten zu einem erheblichen Arbeits- und Kostenaufwand. Bei einer Operation kleinerer Patienten ist je nach Operationsart die Abdeckung des gesamten Tieres sicherlich ausreichend. Klebende Inzisionsfolien werden in der veterinärmedizinischen Literatur empfohlen (GRÜNBAUM und SCHIMKE 1997; BRÜSE 1998), während im humanmedizinischen Schrifttum keine hygienischen Vorteile gesehen werden (DASCHNER 1989; KOLLER und MITTERMAYER 1999; RKI 2000b). Auch in der Veterinärmedizin konnten hygienische Vorteile dieser Klebefolien bisher nicht bewiesen werden. Die einzig erkennbaren Vorzüge bestehen darin,

3.5 Operationsvorbereitung des Patienten 103 dass diese Folien bis zum ersten Schnitt das Operationsfeld vollkommen abdecken, da der Hautschnitt durch die Folie erfolgt, und dass sie nicht verrutschen und so z. B. Haare aus dem unsterilen Umfeld sicherer fernhalten. BRÜSE (2001b) weist darauf hin, dass Adhäsiv-Sprays für die Klebefolien nicht direkt auf die Haut gesprüht werden dürfen, da dies zu Hautreizungen führen kann. Dies würde aber der korrekten Anwendung der Klebefolien widersprechen. Das RKI (2000b) empfiehlt bei Operationen, bei denen ein Durchfeuchten nicht auszuschließen ist, flüssigkeitsundurchlässige Abdeckungen zu verwenden. Da in unmittelbarer Nähe zur Inzisionslinie immer die Gefahr einer Durchfeuchtung der Umgebung durch Blut oder anderen Flüssigkeiten besteht, sollte das Operationsfeld mit flüssigkeitsundurchlässigen Plastikfolien abgedeckt werden. Sterile Baumwolltücher können in der Peripherie zur Abdeckung des Patienten bzw. des Tisches dienen.