Probleme bei der Regulierung des Glücksspiels durch die Länder Prof. Dr. Tilman Becker Forschungsstelle Glückspiel Universität Hohenheim 1 von 16
15 Jahre Regulierung durch die Länder Vom Lotteriestaatsvertrag zum Glücksspieländerungsstaatsvertrag -> Einbeziehung der unterschiedlichen Glücksspielformen -> Probleme mit dem Vollzug nehmen immer mehr zu 2 von 16
15 Jahre Regulierung durch die Länder Sonderweg Schleswig-Holsteins 2012-2013: Lizenzen für Online-Sportwetten und Online- Casinospiele gelten für sieben Jahre fort -> Europäischer Gerichtshof: unterschiedliches Regime in einem Gliedstaat nur dann mit dem Kohärenzgebot vereinbar, wenn dieses zeitlich und räumlich eng begrenzt ist -> Europäischer Gerichtshof: die Anwendung dieser liberalen Regelung zeitlich auf weniger als 14 Monate und räumlich auf ein Bundesland begrenzt 3 von 16
15 Jahre Regulierung durch die Länder 2. Glücksspieländerungsstaatsvertrag -> kommt nicht zustande, weil Schleswig-Holstein nicht bereit ist, diesem zuzustimmen -> eine ländereinheitliche Regelung für alle Bundesländer erfordert eine Einstimmigkeit -> ein einziges Bundesland kann eine ländereinheitliche Regelung verhindern -> der Regierungswechsel in einem einzigen Bundesland kann die gesamte Glücksspielgesetzgebung in Deutschland in Frage stellen 4 von 16
Auswirkungen des Sonderwegs von Schleswig-Holsteins Anbieter von (in anderen Bundesländern) illegalen Online-Sportwetten und Online- Casinospielen schalten bundesweit Werbung -> für Verbraucher (in anderen Bundesländern) ist Werbung (sogar in den öffentlich-rechtlichen) Medien ein Hinweis auf ein legales Angebot -> Vollzug gegen (in anderen Bundesländern) illegales Glücksspielangebot nicht möglich (Geoblocking, Zahlungsströme) 5 von 16
Rechtliche Probleme Bayerischer Verfassungsgerichtshof: Ministerpräsidentenkonferenz und Glücksspielkollegium sind intraföderale Organisationseinheiten, für deren landesrechtsfreies gemeinsames Tätigwerden kein einzelnes Bundesland rechtlich einzustehen hat. Rechtsetzungsbefugnisse dürfen sollen Stellen nicht übertragen werden. Hessischer Verwaltungsgerichtshof: die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehene Entscheidungs- und Zuständigkeitsverteilung widerspricht der bundestaatlichen Ordnung des Grundgesetzes. Die Schaffung einer dritten Ebene ist bundestaatlich unzulässig. 6 von 16
Reaktion der Länder auf technische Entwicklungen Wie reagieren die Länder auf neuere technische Entwicklungen? Glücksspielstaatsvertrag -> das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten Glücksspieländerungsstaatsvertrag -> Experimentierklausel 7 von 16
Reaktion der Länder auf technische Entwicklungen Binäre Optionen Zusammenwachsen von Gaming und Gambling (E-sports, Loot-Boxen.) -> Eine einheitliche Regelung erfordert die Zustimmung aller Länder -> eine Reaktion sollte zeitnah erfolgen 8 von 16
15 Jahre Regulierung durch die Länder -> Internet macht nicht an den Grenzen eines Bundeslandes halt -> Ein einzelnes Bundesland kann erfolgreich eine Einigung verhindern -> Eine Reaktion auf neuere technische Entwicklungen kaum möglich -> Verfassungsrechtlich: Länder versuchen Bund zu spielen, ohne Bund zu sein 9 von 16
Stationär und Online -> Unterschiede in der Regulierung des stationären Angebots in den einzelnen Bundesländern sind eher zu verkraften, als Unterschiede in der Regulierung des Internetangebots -> Für die Lizenzvergabe, Kontrolle, Überwachung der Online-Anbieter ist ein einheitliches Vorgehen unabdingbar 10 von 16
Eine Glücksspielaufsichtsbehörde Ist die Regulierung des Glücksspiels eine Daueraufgabe? -> Ausstattung mit den notwendigen Ressourcen -> Ansammeln von Expertise -> erst Behörde schaffen und dann Lizenzen erteilen (Holland: 2012 Glücksspielaufsichtsbehörde geschaffen, Lizenzerteilung für Internet 2018, Deutschland: Lizenzerteilung vorgesehen 2012, Glücksspielaufsichtsbehörde?) -> erst funktionierende Aufsicht schaffen, dann über Öffnung Internet nachdenken 11 von 16
Aufgaben einer Behörde Überwachung und Kontrolle der Anbieter im Internet (in Echtzeit) (Steuer, Jugend- und Spielerschutz) Kontrolle der Werbung (Jugend- und Spielerschutz) Steuererhebung und kontrolle in Zusammenarbeit mit Steuerbehörden (schwarze Lotterien, Online-Casinospiele) Verantwortlichkeit für Geldwäscheprävention (Identifizierung und Authentifizierung) Zusammenarbeit mit Finanzdienstleistern (und BaFin) (Zahlungsströme, Innovationen) Zusammenarbeit mit Medien (Werbung) Zusammenarbeit mit Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) (Loot-Boxen, Gaming) Zusammenarbeit mit PTB (Technik, Automatenspiel) Zusammenarbeit mit Glücksspielkommissionen in anderen Ländern (Austausch schwarzer Listen). 12 von 16
Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit -> Internet macht nicht an den Grenzen eines Bundeslandes halt -> Auch bei dem stationären Angebot unterschiedliche Vorgaben: Mindestabstandsregel, Verbot der Mehrfachkonzessionen, Auflösung Konkurrenzsituation 13 von 16
Anstehende Aufgaben Änderungen in dem Rennwett- und Lotteriegesetz Überprüfung der baurechtlichen Vorgaben Rechtliche Einordnung von Innovationen Eckdaten für ein ländereinheitliches Verfahren im stationären Bereich vorgeben (Sportwettgeschäfte) Spielverordnung und Online-Casinospiele 14 von 16
Eine Glücksspielbehörde Anstalt öffentlichen Rechts der Länder -> Weiterentwicklung des ländereinheitlichen Verfahrens wäre mit vielen Problemen behaftet Anstalt öffentlichen Rechts des Bundes (nach dem Vorbild der BaFin) oder Bundesoberbehörde -> würde den politischen Entscheidungsprozess erleichtern und den Vollzug ganz erheblich verbessern 15 von 16
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