Monod-Kinetik. Peter Bützer



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Transkript:

Monod-Kinetik Peter Bützer Inhalt 1 Einleitung... 1 1.1 Modell... 1 1.2 Modellannahmen... 2 1. Gleichung... 2 1.4 Drei Fälle... 2 Simulation, Systemdynamik... 2.1 Simulationsdiagramm (Typ 1)... 2.2 Dokumentation (Gleichungen, Parameter)... 2. Zeitdiagramm... 4 2.4 Interpretation... 4 Vergleich mit Messdaten... 5.1 Experimentelle Daten... 5.2 Vergleich der experimentellen Daten mit der Simulation... 6. Interpretation... 6 1 Einleitung Die substratabhängige Wachstumsgeschwindigkeit von vorwiegend einzelligen Mikroorganismen wurde empirisch vom französischen Nobelpreisträger Jaques Lucien Monod (1910-1976) 1 1949 mathematisch beschrieben, und ist auch heute noch Grundlage vieler Modelle. 1.1 Modell Das Modell dargestellt als chemisches Reaktionsgleichungs-System: M + S MS μ [M]: Konzentration der Mikroorganismen (mol/l) [: Substratkonzentration (mol/l) [M: Von den Mikroorganismen aufgenommenes Substrat, als Konzentration: (mol/l)) Km: Dissoziationskonstante (mol/l) μ: Wachstumsgeschwindigkeit (mol/l/s) : Gleichgewicht : Irreversible Reaktion 1 Jacques Lucien Monod ein französischer Biochemiker. Berühmt wurde er vor allem durch sein Buch: Zufall und Notwendigkeit. Philosophische Fragen der modernen Biologie, München, Piper, 1971

Peter Bützer 2 1.2 Modellannahmen [ M ] [ 1. Gleichgewicht: Km [ M 2. Geschwindigkeit: μ = k [M; Je mehr Substrat an den Mikroorganismen gebunden ist, desto rascher wachsen sie.. Maximale Geschwindigkeit: μ = k [M tot ]; alle vorhandenen Mikroorganismen wachsen gleichzeitig. 4. Massenbilanz: [M tot ] = [M] + [M Aus diesen 4 Gleichungen erhält man durch geeignete Umformung die Gleichung von Monod 2 : [ M ] [ Mtot ] [ M k k k [ [ M ] [ k Km k k Km Km [ ( Km [ ) [ [ [ [ ( ) [ 1. Gleichung [ Km [ ; Monod Kinetik : Wachstumsgeschwindigkeit der Mikroorganismen : Maximale Wachstumsgeschwindigkeit der Mikroorganismen [: Substratkonzentration Km: Monod-Konstante, sie verhält sich umgekehrt proportional zur Affinität des Organismus zum Substrat Das μ ersetzen wir durch v, weil sich das griechische Zeichen im Simulationsprogramm nicht darstellen lässt. v dc dt v [ Km [ v: Wachstumsgeschwindigkeit zum Zeitpunkt t v : imale Wachstumsgeschwindigkeit 2 Kummert R., Stumm W., Gewässer als Ökosysteme, Verlag der Fachvereine Zürich, 1989,257

Peter Bützer Km : Monod-Konstante entspricht der Substratkonzentration bei halbimaler Wachstumsgeschwindigkeit (entspricht Ks bei der Michaelis-Menten-Gleichung) [: Substratkonzentration Mit dieser kleinen Änderung ist die Monod-Gleichung zur Michaelis-Menten Gleichung für Enzyme analog. 1.4 Drei Fälle Man kann drei Fälle unterscheiden: 1. [ << Km: v v [/Km = k [; Die Wachstumsgeschwindigkeit ist ungefähr proportional der Substratkonzentration 2. [ Km: Die Gleichung kann nicht vereinfacht werden. [ >> Km: v v ; Die Wachstumsgeschwindigkeit ist immer imal (wie beim Alkoholabbau beim Menschen über 0.02 Promille) 2 Simulation, Systemdynamik 2.1 Simulationsdiagramm (Typ 1) 4 Ks Substrat RG Geschwindigkeit Produkt Geschwindigkeit Abbildung 1: Simulationsdiagramm der Monod-Kinetik 2.2 Dokumentation (Gleichungen, Parameter) (01) FINAL TIME = 1000 Units: Second The final time for the simulation. (02) Geschwindigkeit= Geschwindigkeit*Produkt/(Ks+Produkt) Units: mmol/second [0,?] (0) INITIAL TIME = 0 Units: Second The initial time for the simulation. (04) Ks= 100 Units: mmol [0,?] (05) Geschwindigkeit= 11.5 Units: mmol/second [0,?] Software: Programm Vensim PLE, Ventana Systems, Inc. 4 Bützer Peter, Roth Markus, Die Zeit im Griff, Systemdynamik in Chemie und Biochemie, verlag pestalozzianum, Zürich 2006, S. 7ff

Peter Bützer 4 (06) Produkt= INTEG (RG, 0) Units: mmol [0,?] (07) RG= 1 Units: mmol/second [0,?] (08) SAVEPER = TIME STEP Units: Second [0,?] The frequency with which output is stored. (09) Substrat= INTEG (-RG, 1000) Units: mmol [0,?] (10) TIME STEP = 1 Units: Second [0,?] The time step for the simulation. 2. Zeitdiagramm 4 Wachstum 2 1 0 0 200 400 600 800 1000 Substrat v : Current mg/(l*hour) Abbildung 2: Zeitdiagramm des Wachstumsverlaufs 2.4 Interpretation Die Simulation ist ausserordentlich einfach! Die Gleichung ist eine allgemeine Beschreibung für den Substratabbau in einem System, in dem nur Populationsdichte und Substratkonzentration die Abbaukinetik bestimmen. Sie zeigt die lineare Abhängigkeit des Substratabbaues von der Populationsdichte der Mikroorganismen und die nichtlineare Abhängigkeit des Substratabbaues von der Substratkonzentration. Erster Teil der Kurve: [ << Km: v v [/Km = k [; Die Wachstumsgeschwindigkeit ist ungefähr proportional der Substratkonzentration Gekrümmter Teil der Kurve: [ Km: Die Gleichung kann nicht vereinfacht werden Letzter Teil der Kurve: [ >> Km: v v ; Die Wachstumsgeschwindigkeit ist immer imal.

v (1/Std) Peter Bützer 5 Vergleich mit Messdaten.1 Experimentelle Daten Die Wachstumsgeschwindigkeit von aeroben Mikroorganismen mit kommunalem Klärschlamm wurde bei 2±2 C und verschiedenen Klärschlammkonzentrationen gemessen 5. Abbildung : Klärschlamm, das Substrat für die Mikroorganismen 0.5 0.45 0.4 0.5 0. 0.25 0.2 0.15 0.1 0.05 0 0 200 400 600 800 1000 [ (mg/l) Abbildung 4: Abhängigkeit der Wachstumsgeschwindigkeit von Mikroorganismen in Klärschlamm von der Substratkonzentration 5 Peil K.M., Gaudy A.F., JR., Kinetic Constants for Aerobic Growth of Microbial Populations Selected with Various Single Compounds and with Municipal Wastes as Substrates, Applied Microbiology, Vol 21, No.2, Feb. 1971, p. 25-256

v (1/Std) Peter Bützer 6.2 Vergleich der experimentellen Daten mit der Simulation.5 2.5 2 1.5 1 log(v) 1/Std Simulation 0.5 0 0 200 400 600 800 1000 S (mg/l) Abbildung 5: Vergleich von Messungen und Simulation. Interpretation Die einfache Simulation kann das substratabhängige, aerobe Wachstum einer Vielzahl verschiedener Mikroorganismen in Klärschlamm, mit einem Gemisch von unterschiedlichsten Substraten von Klärschlamm sehr gut beschreiben.