Bereinigung des Schweizer BIP um die. Auswirkungen grosser internationaler. Konjunkturtendenzen

Ähnliche Dokumente
Bruttoinlandprodukt im 2. Quartal: Schweizer Industrie auf der Überholspur

Bruttoinlandprodukt im 3. Quartal: Wachstum abrupt unterbrochen

Bruttoinlandprodukt im 4. Quartal 2018: Rückkehr zu moderatem Wachstum

Aufhebung Mindestkurs: Härtetest für die Schweizer Wirtschaft

Anhang zur Medienmitteilung vom 30. September Umstellung der vierteljährlichen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen auf das ESVG 2010

Finanzstatistik: Hoher Überschuss der öffentlichen Haushalte im Jahr 2006; weiterhin positive Erwartungen für die Jahre

Anhang zur Medienmitteilung vom 30. September Umstellung der vierteljährlichen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen auf das ESVG 2010

Spezialthema: Umstellung der vierteljährlichen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen auf das ESVG 2010

Amt der Oö. Landesregierung Direktion Präsidium Information der Abt. Statistik. Regionales BIP 2011 nach Bundesländern 1/2013

Konjunkturanalyse und -prognose 2011 für das Fürstentum Liechtenstein

Konjunkturtendenzen. Herbst 2017

STATISTISCHES JAHRBUCH DER STADT ZÜRICH 2017

Amt der Oö. Landesregierung Direktion Präsidium Information der Abt. Statistik. Regionales BIP 2014 nach Bundesländern 1/2013

Konjunkturtendenzen Herbst 2009

Das neue vierteljährliche Produktionskonto der Schweiz

STATISTISCHES JAHRBUCH DER STADT ZÜRICH 2016

Konjunkturtendenzen. Winter 2018/2019

Banken und Versicherungen in der Schweiz. Analyse der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Finanzsektors 2017

Wirtschaftslage und Aussichten

Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen (VGR)

STATISTISCHES JAHRBUCH DER STADT ZÜRICH 2014

Bruttoinlandprodukt, Bruttonationaleinkommen und verfügbares Bruttoeinkommen nach Einkommensansatz

VGR-Revision 2014: Was bedeuten die höheren Investitionen für die ökonomische Analyse?

Amt der Oö. Landesregierung Direktion Präsidium Information der Abt. Statistik. Regionales BIP 2013 nach Bundesländern 1/2013

Ordentliche Einnahmen 2018

WIENER ARBEITSMARKTBERICHT. Juli 2015

Gesamtrechnung der Sozialversicherungen 2015

Die Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft im Frühjahr 2006

Intermediate Macroeconomics: Übungsveranstaltung

Wachstumsraten des BIP Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %, auf Grundlage saisonbereinigter Daten. ER19 EU28 Vereinigte Staaten 2012Q1 2013Q2

Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft

Ergebnisse zum Bruttoinlandsprodukt und zur Bruttowertschöpfung für die Stadt Trier und die rheinland-pfälzischen Vergleichsräume 2006

Interpretation der Wachstumsbeiträge von Lagerveränderungen

Negativzinsen und Frankenschock: Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft?

Österreichs Wirtschaft wächst auch 2018 mit über 3% 4

Konjunkturtendenzen. Frühjahr 2019

SECO, Ressort Konjunktur Bern, Technische Notiz

ZVEI-Benchmarking Die deutsche Elektroindustrie im europäischen Vergleich. August 2016 MARKT. Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie

Konjunkturentwicklung im Lichte der Handelsblatt- Frühindikatoren

Geldmengenentwicklung im Euro-Währungsgebiet: September 2016

Österreichs Wirtschaft wächst 2018 um knapp 3% 8

Konjunktur-Radar Hotellerie

Konjunkturentwicklung im stationären Einzelhandel IV. Quartal 2013

Nachfolgend ist die Entwicklung des Staatshaushaltes anhand der wichtigsten Kennzahlen grafisch. Selbstfinanzierungsgrad

Brexit die konjunkturellen Folgen

55. Jahresversammlung. München, 22. Juni 2004 CES. Center for Economic Studies

Makroökonomische Fluktuationen

Die Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft im Herbst 2006

Konjunkturtendenzen Aufgabenset Lösungshinweise

Internationales und monetäres Umfeld

Wirtschaftliche Bedeutung des Sports in der Schweiz Zusammenfassung. Studie im Auftrag des Bundesamtes für Sport BASPO!

Geldmengenentwicklung im Euro-Währungsgebiet: Mai 2016

DER ÖKONOMISCHE FUSSABDRUCK DER ELEKTRIZITÄTSWIRTSCHAFT

Benchmarking der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der MEM-Branchen im internationalen Vergleich

KOFL Konjunkturbericht 2004

Brexit die konjunkturellen Folgen

Prognosen für den Schweizer Tourismus

STAT/09/ April Sparquote der privaten Haushalte stieg in beiden Gebieten. Sparquote der privaten Haushalte (saisonbereinigt,%)

Wettbewerbsfähigkeit durch Lohnzurückhaltung?

Entwicklung in der Weltwirtschaft und deutsche Konjunktur

DEUTSCHE WIRTSCHAFT. 3. Quartal Statistisches Bundesamt. Bruttoinlandsprodukt Preisbereinigt, verkettet 6,0 4,0 -2,0 -4,0 -6,0 -8,0 2,0

Deutsche Wirtschaft. 3. Vierteljahr Statistisches Bundesamt. Bruttoinlandsprodukt Preisbereinigt,verkettet Veränderungzum Vorjahresquartal % 4

Richtig oder falsch?(mit Begründungen) Teil macro

Ausgaben nach Aufgabengebieten 2017

BESCHÄFTIGUNGS- UND ARBEITSMARKTENTWICKLUNG IN DER STEIERMARK 2006 UND 2007 HERBSTPROGNOSE IM RAHMEN VON WIBIS STEIERMARK

Geldmengenentwicklung im Euro-Währungsgebiet: April 2016

Inhalt. Fragen der Woche

Konjunkturprognosen- Handwerk oder Hokuspokus?

De-Industrialisierung: Die Schweiz als Sonderfall?

Der ökonomische Nutzen der ARD. Dr. Dennis A. Ostwald Dr. Marcus Cramer Claudia Lemke Köln, 19. September 2017

Österreich: Wirtschaft nimmt Schwung ins erste Halbjahr 2018 mit 4

Methoden und Ergebnisse

6. Das klassische Komponentenmodell. 6. Das klassische Komponentenmodell. 6. Das klassische Komponentenmodell. 6. Das klassische Komponentenmodell

Entwicklung des produzierenden Gewerbes mit Vorausschätzungen für 2008 und 2009

Medienmitteilung. KOF Konjunkturprognose Herbst 2018: Schweizer Konjunktur im Höhenflug. Zürich, 3. Oktober 2018, 10:00 Uhr

Gesamtwirtschaftliche Entwicklung Oberösterreichs im Vergleich

Detaillierte Ergebnisse

Das Bruttoinlandsprodukt und seine Verwendungsaggregate

Wirtschaftspolitische Informationen zur Druckindustrie *

Vorstellung. Gemeindefinanzbericht Sachsen 2008/2009. Im Auftrag des Sächsischen Städte- und Gemeindetages. Prof. Dr. Thomas Lenk

Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen

Prognosen für den Schweizer Tourismus

Wachstum und Außenwirtschaft. 1 Einführung. 1.1 Wachstum als wirtschaftspolitisches Ziel. 1.2 Stilisierte Fakten des Wachstumsprozesses

Konjunkturprogramm: Auswirkungen eines Bauinvestitionsprogramms in der Höhe von 5 Mrd. Franken. 20. Januar 2009

Branchenmonitor Chemie / Pharma. Oktober 2015

Österreich: Konjunkturhöhepunkt scheint überschritten 6

Chemiekonjunktur und wirtschaftliche Auswirkungen der Energiepolitik VCI-Hauptgeschäftsführer Dr. Utz Tillmann, Presseabend 2014, Frankfurt

Zeitreihenanalyse Saisonbereinigung

Preisbereinigtes Bruttoinlandsprodukt in Sachsen-Anhalt im Jahr 2018 um 0,9 % gestiegen

Schlagworte Kreditnachfrage im 1. Quartal 2018

Branchenmonitor Chemie / Pharma. April 2015

Der Sozialstaat auf dem Weg in die Postwachstumsgesellschaft

Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen

Geldmengenentwicklung im Euro-Währungsgebiet: Februar 2017

Hintergrundwissen zur Konjunktur

Umsatzerlöse ,0 % Operatives Ergebnis (EBIT) ,8 % Marge (in % der Umsatzerlöse) 1 14,2 % 9,8 %

Finanzkrise, Rohwaren- und Frankenhausse: Wohin steuert die Schweizer Wirtschaft, ihre Branchen und Regionen?

Ergebnisse der Revision 2014 in den Regionalrechnungen

Transkript:

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF Staatssekretariat für Wirtschaft SECO Direktion für Wirtschaftspolitik Konjunktur Bereinigung des Schweizer BIP um die Sommer 2017 Auswirkungen grosser internationaler Konjunkturtendenzen Sportveranstaltungen SECO, Ressort Konjunktur 31. Mai 2018 Ausgangslage Mehrere bedeutende internationale Sportverbände haben ihren Sitz in der Schweiz, unter anderem der Weltfussballverband FIFA, der europäische Fussballverband UEFA sowie das Internationale Olympische Komitee IOC. Gemäss geltenden internationalen Standards, namentlich dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) 2010, fliesst die Wertschöpfung von in der Schweiz domizilierten Unternehmen, Institutionen und Verbänden in das Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz ein. Im Falle der internationalen Sportverbände hängen deren Umsätze und Vorleistungen unter anderem mit der Organisation und Vermarktung grosser Sportereignisse zusammen. Aus Sicht der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung sind solche Einkünfte aus immateriellen Gütern (Lizenzen, Rechte, Patente) kein Spezialfall und spielen in vielen Branchen eine wichtige Rolle, wie z.b. die Einnahmen aus Lizenzen und Patenten in der Pharmabranche. Dementsprechend sind Lizenzerträge, die aus der Vermarktung von grossen internationalen Sportveranstaltungen erzielt werden, nicht anders zu behandeln als andere Lizenz- und Patenteinnahmen. Aus Sicht der Konjunkturanalyse können die durch grosse Sportveranstaltungen verursachten Schwankungen hingegen erschwerend wirken. Grund dafür ist nicht die Tatsache, dass die damit verbundene Wertschöpfung ins BIP einfliesst, sondern, dass diese Grossveranstaltungen nicht jährlich durchgeführt werden. Olympische Sommer- und Winterspiele sowie Fussballwelt- und -europameisterschaften finden alle vier Jahre statt. Dieser Mehrjahresrhythmus überträgt sich auf die Wertschöpfung der Unterhaltungsbranche 1 und damit auch auf das BIP. In Jahren mit grossen Sportveranstaltungen wird das BIP-Wachstum positiv beeinflusst (z.b. 2014, als Olympische Winterspiele und Fussballweltmeisterschaften stattfanden, oder 2016, als Olympische Sommerspiele und Fussballeuropameisterschaften stattfanden). Demgegenüber sinkt es in den Folgejahren, weil die mit den Grossveranstaltungen verbundene Wertschöpfung wegfällt (siehe Abbildung 1). Dieser Mehrjahreszyklus kann die Analyse, Modellierung und Prognose der Konjunkturentwicklung erschweren. 1 NOGA 90-96, Kunst, Unterhaltung, Erholung und sonstige Dienstleistungen. 1

Abbildung 1: Bruttoinlandprodukt Real,, Veränderung zum Vorquartal in %, Wachstumsbeiträge in Prozentpunkten 0.8 0.4 0.0-0.4 2018 BIP Rest Unterhaltung Methodische Vorgehensweise zur Sportevent-Bereinigung Um die konjunkturelle Interpretation zu erleichtern, publiziert das SECO neu zusätzliche Zeitreihen, welche um diese Effekte internationaler Sportgrossanlässe bereinigt sind. Die Glättung bzw. Bereinigung von regelmässigen und vorhersehbaren Schwankungen ist international eine Standardvorgehensweise zur Vereinfachung der Konjunkturanalyse. Dies gilt beispielsweise für Saisonmuster, welche die Konjunkturentwicklung im Jahresverlauf überlagern können, oder für sogenannte Kalendereffekte (Auswirkung des Zeitpunkts von Ostern, der Anzahl Arbeitstage oder des Schaltjahrs). Im Gegensatz zur Saisonbereinigung wird bei der Kalenderbereinigung auch für Zyklen bereinigt, die länger als ein Jahr dauern. Im Rahmen der Kalenderbereinigung wird beispielsweise der geschätzte Effekt eines Schaltjahrs über den 4-Jahreszyklus verteilt. Wenn also die Wertschöpfung im Februar eines Schaltjahrs zum Beispiel um 100 Millionen steigt, dann wird diese Zusatzwertschöpfung mittels Kalenderbereinigung auf jeweils 25 Millionen im Februar jeden Jahres verteilt. Die mit den internationalen Sportgrossanlässen verbundene Wertschöpfung kann im weiteren Sinne als eine Art Kalendereffekt interpretiert werden, da die Wertschöpfung immer in Jahren mit gerader Jahreszahl steigt und in solchen mit ungerader Jahreszahl fällt. Ähnlich wie bei Saison- und Kalendereffekten wiederholen sich diese Schwankungen in einem regelmässigen und bekannten Rhythmus. Zur Bereinigung bietet sich daher eine Vorgehensweise analog zur Kalenderbereinigung an. Da sowohl die Olympischen Sommer- und Winterspiele wie auch die Fussballwelt- und -europameisterschaften alle vier Jahre stattfinden, drängt sich die gleiche Bereinigungsmethode wie beim alle vier Jahre auftretenden Schaltjahr auf. Die «Sportevent-Bereinigung» erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt wird die geschätzte zusätzliche Wertschöpfung, die durch die Sportanlässe verursacht wird, für jedes Quartal auf den 4-Jahreszyklus verteilt. Dabei handelt es sich um eine reine zeitliche Verschiebung der Wertschöpfung. Summiert man die Wertschöpfung über den entsprechenden Zeitraum von 4 Jahren, sind die Sportevent-bereinigten Daten identisch zu den unbereinigten Daten. Da die resultierende Reihe ein Saisonmuster aufweist, wird in einem zweiten Schritt eine standardmässige Saisonbereinigung durchgeführt. Weil sich die Saisonalität über die Zeit verändern kann, entsprechen die Jahreswerte der saisonbereinigten Zahlen nicht exakt denjenigen der unbereinigten Zahlen. Infolgedessen unterscheiden sich die saison- und Sportevent-bereinigten Zahlen leicht von den unbereinigten Daten, auch wenn sie über einen Vierjahreszeitraum summiert werden. 2

Auswirkungen der Sportevent-Bereinigung Die Sportevent-Bereinigung hat einen massiven Einfluss auf die Zahlen zur nominalen Wertschöpfung in der Unterhaltungsbranche (Abbildung 2). Allerdings macht dieser Sektor nur einen kleinen Anteil des BIP aus. Betrachtet man das nominale BIP-Niveau, ist daher kaum ein Unterschied zwischen den saisonbereinigten sowie den saison- und Sportevent-bereinigten Zeitreihen auszumachen (Abbildung 3). Die Differenz der Wachstumsraten ist demgegenüber nicht vernachlässigbar (Abbildungen 4 und 5). In einzelnen Quartalen fällt die Wachstumsrate wesentlich anders aus, wenn die Effekte von internationalen Sportgrossanlässen geglättet werden. Dies zeigt die Wichtigkeit der Sportevent- Bereinigung für die konjunkturelle Interpretation einzelner BIP-Wachstumsraten. Die Bedeutung der grossen Sportanlässe ist jedoch zu gering, um das konjunkturelle Gesamtbild massgeblich zu verändern. Wie in Abbildung 5 ersichtlich, ist beispielsweise die konjunkturelle Delle im Verlauf von 2016 auch in den Sportevent-bereinigten Zahlen deutlich sichtbar. Durch die Bereinigung resultiert lediglich eine geringfügige zeitliche Verschiebung: Die Wachstumsraten des Sportevent-bereinigten BIP gehen 2016 rascher zurück, weil die stützende Wirkung von Fussballeuropameisterschaft und Olympia geglättet wird, und ziehen dafür Anfang 2017 etwas deutlicher an, da das Wegfallen der zusätzlichen Wertschöpfung der Sportgrossanlässe ebenfalls geglättet wird. Auskünfte: Ronald Indergand, SECO, Leiter des Ressorts Konjunktur, Direktion für Wirtschaftspolitik, Tel.: +41 58 460 55 58 Andreas Bachmann, SECO, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Ressort Konjunktur, Direktion für Wirtschaftspolitik, Tel.: +41 58 469 50 28 3

Abbildung 2: Unterhaltungsbranche Nominale Bruttowertschöpfung, in Mrd. CHF 14.5 14.0 13.5 13.0 Abbildung 3: Bruttoinlandprodukt Nominal, in Mrd. CHF 670 660 650 640 4

Abbildung 4: Bruttoinlandprodukt Real, Veränderungsraten zum Vorjahr in % 2.5 2.0 1.5 Abbildung 5: Bruttoinlandprodukt Real, Veränderungsraten zum Vorquartal in % 0.8 0.4 0.0-0.4 2018 5