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Themen Aus gegebenem Anlass kurzes Mitgliedertraining zu Medikamenten Änderungen durch die Gesundheitsreform AMNOG ab 2011: -bei den Medikamenten -in der Apotheke
Retardtabletten NICHT teilen Die verlangsamte Abgabe des Wirkstoffes wird in den meisten Fällen durch den Tablettenüberzug verursacht. Ist der Überzug beschädigt, wird die komplette Dosierung sofort abgegeben. z.b.: Levodopa retard, Requip modutabs Merke: Bevor Tabletten geteilt werden immer erst einen Experten befragen, ob dies möglich ist!
Vor, während oder nach dem Essen? Wichtig: es wird eigentlich nur unterschieden zwischen ohne oder mit dem Essen. Kurz vor dem Essen, während dem Essen oder kurz danach ist fast gleich. Nüchtern heißt prinzipiell bis zu 30 Minuten vor dem Essen oder mehr als 2 Stunden danach.
Einnahmezeitpunkt von Levodopa=Madopar Einnahme unbedingt nüchtern, also bis zu 30 Minuten vor dem Essen oder DEUTLICH danach (1-2 Stunden später). Kleinigkeiten, Süßigkeiten sind unproblematisch. Besonders bei proteinhaltigem Essen (Milchprodukte, Fleisch, Bohnen) sollte der Abstand eingehalten werden.
Verkehrstauglichkeit Die Fahrtauglichkeit muss von uns selbst aus überprüft werden. Schon die Erkrankung selbst ist immer mit einer Fahrbeeinträchtigung verbunden. Machen Sie sich bewusst, dass man dazu neigt, die eigene Fahrleistung zu überschätzen. Beobachten Sie Ihr Fahrverhalten genau: Kommt es vor, dass Sie die Fahrbahnbegrenzungen überfahren bzw. nach rechts oder links von der Fahrbahn abkommen? Nehmen Sie Kritik ernst. Gibt es Tageszeiten, zu denen Sie besonders gut oder schlecht fahren? Achten Sie sehr genau darauf, ob Sie tagsüber müde sind oder plötzlich einschlafen. Versuchen Sie, nur ausgeschlafen zu fahren oder sich vor der Fahrt noch einmal hinzulegen. Legen Sie sofort eine Pause ein, wenn Sie beim Fahren müde werden, auch wenn es nur noch ein paar Minuten bis zum Ziel sind! Fragen Sie uns bei neuen Medikamenten, ob diese zu Tagesmüdigkeit und plötzlichem Einschlafen führen können. Machen Sie eine Probefahrt mit einem Fahrlehrer und nehmen Sie ggf. ein paar Fahrstunden. Mittlerweile gibt es einige Fahrschulen, die sich auf die Probleme älterer Fahrer und Patienten spezialisiert haben. Lassen Sie sich von Verkehrsmedizinern oder bei medizinisch-psychologischen Untersuchungsstellen beraten.
Änderungen durch die Gesundheitsreform Der Patient kann das Medikament seiner Wahl erhalten, muss es dann allerdings komplett in der Apotheke bezahlen, erhält dann von der Krankenkasse einen Teil des Geldes zurück. So kann er dann vermeiden, dass die Krankenkasse ihm den Hersteller des Medikamentes vorschreibt.
Änderungen durch die Gesundheitsreform Bislang ist es so, dass die Krankenkasse uns bei jedem Präparat den Hersteller vorschreiben darf (Rabattverträge). Das führt dazu, dass der Patient stets wechselnde Packungen und Tabletten erhält, was im Einzelfall natürlich sehr ärgerlich ist und bei einigen Medikamenten -wie Levodopa- auch spürbar sein kann. Das System der Rabattverträge bleibt 2011 unverändert bestehen.
Wo liegt der Unterschied? Nach ca. 7 Jahren verliert ein neues Medikament seinen Patentschutz. Dann darf es jeder Hersteller produzieren. Die Nachahmer müssen sich an die Vorgabe halten, dass ihr kopiertes Medikament dem Original entsprechen muss. Laut Vorschrift muss es so beschaffen sein, dass die Arzneistoffaufnahme im Bereich von 80-125% des Originals liegt.
Hatten Sie ein Original? Das Medikament, dass Sie bislang bekamen und das Sie für das Original halten, ist in den meisten Fällen ein anderes Generikum gewesen. Austausch heißt also: Kopie gegen andere Kopie Ist das NEUE Generikum also besser oder schlechter als das alte oder das Original?
Was kann die Apotheke für Sie tun? Unbedingt die Medikamente in der Apotheke speichern lassen. Oft gibt es mehrere Rabattarzneimittel von verschiedenen Herstellern, daher den Apotheker bitten zu prüfen, ob das bisher erhaltene Medikament nicht doch abgegeben werden kann. Anhand des Rezeptes kann der Apotheker nicht sehen, welche Firma Sie zuletzt erhalten hatten!!!
Änderungen durch die Gesundheitsreform Bis 2010 waren zahlreiche Medikamente von der Zuzahlung befreit. Warum? Es gibt Preislinien, bis zu deren Grenze die Krankenkassen ein Medikament bezahlen. Sollte ein Medikament teurer sein, muss die Mehrkosten der Patient bezahlen. Ist es >30% billiger, als diese Linie, dann entfällt hingegen die Zuzahlung. Oder: Die Krankenkasse verzichtete freiwillig auf die Zuzahlung, jetzt aber nicht mehr.
Beispiel einer Preisgruppe 23,90 14,45
Preisgruppen Im diesem Beispiel zahlt jeden Preis über 23,90 der Patient, im Extremfall also biszu 135,69 zusätzlich zu der normalen Zuzahlung von 10% (min. 5, max.10 ). Unter 23,90 zahlt man nur die Zuzahlung, also 5 Bei allen Medikamenten unter 14,45 zahlt man hingegen gar nichts!
Änderungen durch die Gesundheitsreform Ab 2011 haben sich diese Preislinien dramatisch verschoben, so dass nun: 1. mehr Aufzahlungen stattfinden 2. weniger Zuzahlungsbefreiungen vorkommen. Außerdem: Weniger Krankenkassen verzichten auf die Zuzahlungen
Für wen gelten die Preise? Nicht für die Krankenkassen... Das das billigste Medikament in diesem Beispiel kann das teuerste für die Krankenkassen sein, denn die Krankenkassen haben separate Preisverträge. Was die Krankenkasse wirklich bezahlt ist unbekannt.
Änderungen durch die Gesundheitsreform Die Beiträge zur Krankenversicherung steigen von 14,9% auf 15,5% (8,2% Versicherter:7,3% Arbeitgeber) Zusatzbeiträge können vom Versicherten verlangt werden, bis zu 2% vom Einkommen. Die Bemessungsgrenze sinkt leicht: 3712,50 Positiv dabei zunächst: Es kommt mehr Geld ins Gesundheitssystem, Das Gesundheitssystem wird etwas unabhängiger von den Lohnentwicklungen. Nachteil: es wird teurer.
Was also zahlt die Krankenkasse? Medikament kostet z.b.: 100-16 Steuern, Staat -14 Herstellerzwangsrabatt -10 Patientenzuzahlung - 2,05 Apothekenzwangsrabatt -,85 Cent Großhandelsrabatt? Rabattvertragszahlung Hersteller->KK ------- <57 zahlt die Krankenkasse In 2010 wurde weniger für Medikamente ausgegeben als in 2009
Weitere Änderungen ab 2011 Die Industrie muss jetzt auch bei patentgeschützten Neupräparaten die Preise mit den Krankenkassen verhandeln. Neue Medikamente müssen nach den üblichen Zulassungskriterien noch eine weitere Hürde nehmen, nämlich eine Kosten-Nutzenbewertung. Dies bedeutet möglicherweise eine weitere Verzögerung bei der Markteinführung neuer Medikamente.
Was ändert sich in der Apotheke? Die Apotheke muss jetzt nicht nur ein Rabattarzneimittel abgeben, sondern sich zusätzlich auch über die Tablettenanzahl hinwegsetzen. N1 Packungen (kurze Therapiedauer) dürfen jetzt 16-24 Tabletten statt zuvor 20 enthalten, N2 Packungen 45-55 und N3 Packungen 95-100.
Wie geht ein Apotheker vor? Rezept über Antibiotikum N1(Packung enthält 14 Stück). 1. Datum prüfen, Gültigkeit 30 Tage. 2. 14 Stück ist die falsche N-Größe (16-24 Stück), Rezept muss beim Arzt geändert werden. 3. Krankenkasse eintippen, Firma laut Rabattvertrag wählen. 4. Prüfen, ob es noch Packungen mit anderer Menge im Rabattvertrag gibt. 5. 7% aller Patienten müssen Importarzneimittel. Fehler bei diesen Punkten führen dazu, dass die Apotheke das Medikament komplett selbst zahlen muss.
Jede Reform bedeutet, dass es knapper wird... Die Politik will mit bestehenden Finanzmitteln den Fortschritt für immer mehr ältere Patienten bezahlen, was natürlich nicht geht. Entweder die Leistung wird gekürzt oder die Vergütung reduziert-oder beides. In 2011 wurde z.b. das Apothekergehalt um 25% gekürzt-bei deutlich mehr Verwaltungsarbeit, Lagerhaltung und Risiko. Folge: die Motivation der Apotheken sinkt, es sind immer öfter Medikamente nicht vorrätig.
Für Rückfragen Olaf Rose Apotheker, PharmD elefantenapotheke@tonline.de Tel.: 02551-5435