Ergebnisse einer aktuellen Unternehmensbefragung
Herausgeber Industrie- und Handelskammer Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim Neuer Graben 38 49074 Osnabrück Internet: www.osnabrueck.ihk24.de Ihr Ansprechpartner Juliane Hünefeld-Linkermann Tel. +49 541 353-255 E-Mail: huenefeld-linkermann@osnabrueck.ihk.de Titelbild Julia Amelung Daten Erhebungen des DIHK Osnabrück, Dezember 2012 Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher und schriftlicher Genehmigung der IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim
1. Einleitung Die Energiewende (Energiekonzept 2010 der Bundesregierung und Beschluss des Bundestages zum beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie 2011) stellt eine erhebliche Herausforderung für die deutsche Wirtschaft dar. Die Netzstabilität und die jederzeitige Verfügbarkeit von Strom sind Wettbewerbsvorteile Deutschlands und damit auch der Wirtschaftsregion Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim. Der Umbau der Energieversorgung in Deutschland geschieht nicht von selbst. Investitionen in die Netze, die die Versorgungssicherheit garantieren sollen, in die Stromerzeugung und in die Energieeffizienz sind erforderlich. Der Umbau des gesamten Energiesystems findet in den Regionen und in den Unternehmen statt. Hier zeigt sich, welche kalkulierten oder unerwarteten Risiken eine Nachjustierung des Projektes erfordern. Der DIHK wird daher einmal jährlich Unternehmen und IHK-Experten nach den erzielten Fortschritten, Defiziten und Einschätzungen befragen. Das Energiewende-Barometer beruht auf einem Fragenkatalog zu Energiepreisen, Energieeinsatz und Versorgung, zu Maßnahmen, mit denen Unternehmen auf die Energiewende reagieren und zu den Forderungen der Wirtschaft an die Politik. An der Umfrage, die bundesweit im Oktober 2012 und in der Wirtschaftsregion Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim im November 2012 lief, haben sich insgesamt 2307 Unternehmen, regional 92 Unternehmen beteiligt. Das Energiewende-Barometer ist im Volltext abrufbar unter www.osnabrueck.ihk24.de (Dok.-Nr. 125546). Die Studie Auswirkungen der Energiewende in der Wirtschaftsregion Osnabrück Emsland Grafschaft Bentheim, die die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbh (GWS) im Auftrag der IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim und der regionalen Sparkassen erstellt hat, ist im Volltext abrufbar unter www.osnabrueck.ihk24.de (Dok.-Nr. 124663). Die wirtschaftliche Wertschöpfung ist die Grundlage für den Wohlstand in Deutschland. Nur wenn Unternehmen zu konkurrenzfähigen Preisen auf dem nationalen und globalen Markt bestehen können, werden sie am Wirtschaftsstandort Deutschland weiter produzieren und ihre Dienstleistungen anbieten können. Eine sichere Energieversorgung zu wirtschaftlichen Preisen ist dafür Grundvoraussetzung. Auswirkungen der Energiewende auf die Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens Quelle: Energiewende-Barometer DIHK Die Energiewende wirkt sich auf vielfältige Weise auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen aus: Steigende Stromkosten und zunehmende Risiken bei der Versorgungssicherheit belasten Unternehmen. Die Ausrichtung der Energiepolitik auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz eröffnet aber auch die Chance, neue Geschäftsfelder zu entwickeln. Nach Einschätzung der regionalen Unternehmen gleichen sich die Risiken und Chancen der Energiewende bislang nicht aus. Für über ein Drittel wirkt sich die 1
Energiewende sehr negativ (4,8 Prozent, bundesweit 7,6 Prozent) oder negativ (32,2 Prozent, bundesweit 25,9 Prozent) auf die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens aus. Dem stehen 7,3 Prozent (bundesweit 13,9 Prozent) mit einer positiven Bewertung gegenüber. Etwas weniger als die Hälfte der regionalen Unternehmen (48,7 Prozent, bundesweit 46,4 Prozent) bewerten die Auswirkungen der Energiewende auf ihr Unternehmen als neutral. Die Betroffenheit der Industrie in der Wirtschaftsregion Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim gilt für steigende Energie- und insbesondere Strompreise unabhängig davon, ob die Preissteigerungen politikinduziert oder marktgetrieben sind. Die energieintensive Industrie hat sich den internationalen Preissteigerungen der letzten zehn Jahre durch technologischen Fortschritt, Innovationen und Investitionen angepasst. Ihre Wettbewerbsposition wird dann geschwächt, wenn die Strompreise in Deutschland durch staatliche Abgaben im Vergleich zu den internationalen Mitbewerbern schneller steigen. Energieintensive Unternehmen sind zwar derzeit weitgehend von den politikgetriebenen Kosten der Energiewende ausgenommen und müssen bei der aktuellen Gesetzeslage kaum steigende Belastungen durch die Energiewende befürchten. Voraussetzung für größere Investitionen in den Standort ist allerdings, dass die Unternehmen sicher sein können, dass die geltenden Ausnahmeregelungen Bestand haben. 2. Anstieg der Energiepreise begrenzen Energiepreise sind Gegenstand politischer Regulierung. Beim Strompreis für einen durchschnittlichen Normalvertragskunden von 2011 entfällt mit ca. 14,6 ct/kwh nur etwas mehr als die Hälfte des Betrages auf die Strombeschaffung, den Vertrieb, die Netznutzung und die Abrechnung. Der Rest entfällt auf umweltbezogene Abgaben (3,4 ct/kwh für die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz sowie die Stromsteuer mit 2,05 ct/kwh) und die Mehrwertsteuer sowie die KWK. 2
Strompreiszusammensetzung für einen Normalvertragskunden, Durchschnitt über zwei Halbjahre in 2011 (Quelle: Bundesnetzagentur 2012, Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbh) Die Energiepreisentwicklung ist für die deutsche Industrie besonders relevant, da Deutschland in der Europäischen Union, aber auch im Vergleich mit seinen internationalen Wettbewerbern im oberen Preissegment angesiedelt ist. Zudem ist die Energieintensität der deutschen Wirtschaft hoch. Immerhin 40 Prozent der Unternehmen regional und bundesweit haben gemessen am Umsatz Energiekosten von 4 Prozent und mehr. Preissteigerungen um wenige Prozent können daher für viele Unternehmen schnell Kostensteigerungen im fünfstelligen Bereich und mehr verursachen. Wie hat sich die Bedeutung folgender Aspekte in den letzten zwölf Monaten entwickelt? Quelle: Energiewende-Barometer DIHK Deutlich über die Hälfte (54,6 Prozent) der regionalen Unternehmen (bundesweit 56 Prozent) misst den Energiepreisen heute eine größere Bedeutung zu als in der Vergangenheit - und das trotz erheblicher Anstrengungen im Bereich der Energieeffizienz. Insbesondere die hohen Strompreise sind eine Belastung für die Wirtschaft: Für 48,7 Prozent der regionalen Betriebe (bundesweit 43,5 Prozent) haben sie in den vergangenen zwölf Monaten an Bedeutung gewonnen. Überdurchschnittlich ist die Industrie mit 55 Prozent (regional und bundesweit) betroffen. Die regionalen Unternehmen setzen vermehrt auf einen strategischen Energiebezug. Über 50 Prozent der Unternehmen regional und bundesweit haben bereits ihren Energielieferanten oder Energieversorger gewechselt, sind dabei einen solchen Wechsel vorzunehmen oder planen dies. Die Unternehmen nehmen die Chance wahr, durch einen Wechsel bessere Konditionen aushandeln zu können. Über 60 Prozent 3
Prozent (bundesweit 58 Prozent) der Unternehmen setzen auf langfristige Lieferverträge, haben solche abgeschlossen bzw. bereiten diesen Schritt vor. Welche Maßnahmen ergreift Ihr Unternehmen angesichts der Veränderungen in der Energiewirtschaft und -politik? Quelle: Energiewende-Barometer DIHK, 2012 3. Versorgungssicherheit gewährleisten Die Netzstabilität und die jederzeitige Verfügbarkeit von Strom sind Wettbewerbsvoraussetzungen Deutschlands und damit auch der Wirtschaftsregion Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim. Trotz der Abschaltung der acht Kernkraftwerke im März 2011 ist es im vergangenen Winter nicht zu einem Zusammenbruch gekommen. Ob Spannungsschwankungen und kleinere Stromausfälle seit der Energiewende zugenommen haben ist fraglich. Ungeplante Ausfälle über drei Minuten, die die Bundesnetzagentur erfasst, liegen mit ungefähr 15 Minuten pro angeschlossenem Endverbraucher etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Für kürzere Ausfälle existiert keine amtliche Statistik. Angesichts der Herausforderungen der Energiewende an die Netze sind die Unternehmen geteilter Meinung über die Qualität der öffentlichen Versorgung: Knapp 17 Prozent der Unternehmen (bundesweit 21 Prozent) sagen, dass die Bedeutung von Störungen der Stromversorgung zugenommen hat. Um die Versorgungssicherheit zu erhalten und zu verbessern, fordern die Unternehmen die Politik auf, den Netzausbau zu unterstützen. Das ist die mit Abstand meistgenannte Maßnahme für eine erfolgreiche 4
Energiewende. 78,2 Prozent der regionalen Unternehmen befürworten, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Wie hat sich die Bedeutung folgender Aspekte in den letzten zwölf Monaten entwickelt? Quelle: Energiewende-Barometer DIHK, 2012 Der Ausbau der Übertragungsnetze zählt zu den wichtigsten Grundvoraussetzungen für das Gelingen der Energiewende. Gleichzeitig erfordert der Netzausbau besondere Anstrengungen in Form von Investitionen, hohem Planungsbedarf und Kooperationsbereitschaft der Akteure. Von den insgesamt 20 Stromtrassen, die gemäß Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) als vordringlich eingestuft werden, verlaufen vier auf dem Gebiet der Wirtschaftsregion Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim. Die eine Trasse führt vom Norden des Emslandes in das Gebiet Niederrhein und auch über das Gebiet des Landkreises Grafschaft Bentheim ( Diele-Niederrhein ). Die andere Trasse mit dem Namen Ganderkesee- Wehrendorf erreicht von Norden kommend das Gebiet des Landkreises Osnabrück bei Bohmte und endet in Wehrendorf (Bad Essen). Von dort ist eine weitere Trasse ( Wehrendorf-Gütersloh ) Richtung Süden geplant, deren Weg sich mit einer anderen Trasse von Westen kreuzt. Dieser geplante Netzabschnitt ( Lüstringen-Westerkappeln ) liegt überwiegend auf dem Gebiet der Stadt Osnabrück. Alle vier erwähnten Stromtrassen überqueren die Grenze zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus wurden von den Netzbetreibern im Entwurf des Netzentwicklungsplans 2012 weitere Trassen in der Wirtschaftsregion Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim vorgeschlagen, die in Gleichstromtechnik ausgeführt werden sollen. Als Ergebnis der öffentlichen Konsultation von Mai bis Juli 2012 sind in den ersten Entwurf des Netzentwicklungsplans bereits Änderungen eingearbeitet worden. 5
Die Bundesnetzagentur hat am 28. November 2012 einen Beschlussvorschlag vorgelegt, der von den Vorstellungen der Netzbetreiber nochmals in Teilen abweicht. Im Ergebnis bleibt es danach bei zwei neuen Trassen durch das Emsland, einmal relativ kurzfristig in Wechselstromtechnik und einmal langfristig in Gleichstromtechnik, sowie drei Trassen durch das Osnabrücker Land in Wechselstromtechnik. Vordringliche Stromtrassen in der Wirtschaftsregion gemäß EnLAG (Quelle: Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbh, Bundesnetzagentur 2012, Geodaten: BKG 2012) 4. Energieeffizienz steigern Kleinere und mittlere Unternehmen mit vergleichsweise hohen Stromkosten werden von jeder Erhöhung der Netzkosten oder der EEG-Umlage in vollem Umfang getroffen. Handlungsmöglichkeiten bestehen daher lediglich im Bereich der betrieblichen Energieeffizienz. Das prozentuale Einsparpotenzial am gesamten Endenergieverbrauch der Industrie wird bis zum Jahr 2020 auf 15 Prozent geschätzt. Die entsprechenden Informations- und Beratungsangebote zur betrieblichen Energieeffizienz wurden auf Bundes- und Landesebene bereits ausgeweitet. Konkrete Förderungen gibt es beispielsweise bei dem Förderprogramm Energieberatung Mittelstand, das die IHK als Regionalpartner begleitet, und im KfW- Energieeffizienzprogramm. Ungeachtet der politischen Diskussionen stehen Energieeffizienzsteigerungen und -einsparungen für die regionalen Unternehmen ganz oben auf der Agenda. Analog zur gestiegenen Wichtigkeit der Energiepreise für die Unternehmen hat sich die Bedeutung der Einsparung von Energie entwickelt: Für über zwei Drittel der Unternehmen (74,3 Prozent) ist sie gestiegen. Bundesweit sind 62 Prozent der Unternehmen dieser Meinung. Unternehmen machen sich Gedanken darüber, ihren Verbrauch zu senken, um steigende Preise zumindest teilweise kompensieren zu können. 6
Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz Quelle: Energiewende-Barometer DIHK, 2012 Dabei greifen Unternehmen auf verschiedene Maßnahmen zurück, die sie teilweise auch parallel durchführen. Die regional mit 78,5 Prozent (bundesweit 76 Prozent) häufigste Maßnahme ist die Information bzw. Qualifizierung von Mitarbeitern. 40 Prozent der regionalen Unternehmen (bundesweit 38 Prozent) setzen auf Energie- oder Umweltmanagementsysteme. Diese Zahl dürfte künftig weiter steigen, da solche Systeme Eingang in die europäische und nationale Gesetzgebung finden. So sieht z. B. die EU-Energieeffizienz-Richtlinie eine Vorstufe eines Energiemanagementsystems für große Unternehmen künftig verpflichtend vor. Um ab 2013 den Spitzenausgleich bei der Energiesteuer zu erhalten, müssen die betroffenen Betriebe verpflichtend ein Energie- oder Umweltmanagementsystem einführen. Auch der Austausch mit anderen Akteuren ist vielen Unternehmen wichtig: Bereits 23 Prozent der regionalen Unternehmen und 18 Prozent der Unternehmen bundesweit nehmen an speziellen Netzwerken für Energieeffizienz teil. 7
Energieeffizienz: Unterstützung der IHK Die IHK hat verschiedene Beratungsangebote im Bereich der Energieeffizienz. So beteiligt sich die IHK seit 2009 an der bundesweiten Partnerschaft für Klimaschutz, Energieeffizienz und Innovation der IHK- Organisation mit der Bundesregierung und informiert intensiv über Themen der betrieblichen Energieeffizienz. Im Rahmen des Förderprogramms Energieberatung Mittelstand der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), durch das Energieberatungen in kleinen und mittleren Betrieben bezuschusst werden, fungiert die IHK als Regionalpartner. Die Antragsverfahren werden aktiv begleitet. Insgesamt konnte so schon ein erhebliches Einsparpotenzial in den Unternehmen der Region ermittelt werden. Diese erfolgreiche Arbeit wird die IHK 2013 im Rahmen der jüngst beschlossenen Mittelstandsinitiative Energiewende von Bundeswirtschaftsministerium, Bundesumweltministerium, IHK-Organisation und Zentralverband des Deutschen Handwerks fortsetzen. Die IHK bietet mit dem Netzwerk Energie zudem eine Plattform zum Informations- und Erfahrungsaustausch, einen direkten Kontakt zu kompetenten Partnern und damit die Möglichkeit zur Vernetzung in der Region. 5. Ausblick: Chancen der Energiewende Den Kosten der Energiewende stehen auch Chancen gegenüber. Die im Auftrag der IHK und der regionalen Sparkassen erstellte Studie Auswirkungen der Energiewende in der Wirtschaftsregion Osnabrück - Emsland Grafschaft Bentheim kommt zu dem Ergebnis, dass die Wirtschaftsregion aufgrund erheblicher Vorleistungen im Bereich der Energieeffizienz gut aufgestellt ist für die Veränderungen in der Energieversorgung. Potenziale für erneuerbare Energien und effiziente energieintensive Unternehmen lassen vermuten, dass in einigen Bereichen positive Effekte zu erwarten sind. Durch die Wind- und Biomassepotenziale wie auch durch den Wandel der konventionellen Stromerzeugung in Deutschland wird in der Wirtschaftsregion Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim voraussichtlich erheblich in die Energieversorgung investiert werden. Bereits heute zeigt sich dies durch neue Unternehmen und Geschäftsmöglichkeiten. 8