Aus der Klinik für Dermatologie und Allergologie des St. Josef-Hospitals



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Transkript:

Aus der Klinik für Dermatologie und Allergologie des St. Josef-Hospitals - Universitätsklinik - der Ruhr-Universität Bochum Direktor: Prof. Dr. med. P. Altmeyer Evaluation der okklusiven Effekte von Hydrokolloidfolien bei chronischer stationärer Psoriasis vulgaris Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Marcus Happe aus Bochum 2001

2 Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr Referent: Prof. Dr. med. P. Altmeyer Korreferent: Priv. Doz. Dr. med. M. Bacharach-Buhles Tag der mündlichen Prüfung: 19.06.2001

3 Meinen Eltern und meiner Frau gewidmet

4 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung...9 1.1 Fragestellung... 9 1.2 Psoriasis vulgaris... 10 1.2.1 Histologie der Psoriasis... 10 1.2.2 Inzidenz... 11 1.2.3 Disposition und Vererbung... 12 1.2.4 Erkrankungsalter... 13 1.2.5 Klinik... 13 1.2.6 Verlauf... 14 1.2.7 Besondere Phänomene bei der Psoriasis vulgaris... 17 1.2.8 Phänotypisch auslösende Faktoren bei genetischer Prädisposition... 18 1.2.9 Pathogenese der Psoriasis vulgaris... 19 1.3 Therapie der Psoriasis vulgaris... 23 1.3.1 Lokale Antipsoriatika... 24 1.3.2 Phototherapien... 26 1.3.3 Hydrokolloidverbände... 28 1.3.4 Systemische Antipsoriatika... 29 2 Material und Methoden...32 2.1 Untersuchungsmethoden... 32 2.1.1 20 MHz-Ultraschall... 32 2.1.2 Laser Doppler Perfusion Imaging (LDPI)... 36 2.1.3 Kapillarmikroskopie... 39 2.2 Studiendesign... 42 2.3 Patienten... 43 2.3.1 Erstmanifestation der Erkrankung... 43

5 2.3.2 Anzahl und Dauer der durchlebten Krankheitsepisoden... 44 2.3.3 Lokalisation der Psoriasisplaques... 44 2.3.4 Klinische Beurteilung... 45 2.4 Statistik... 46 3 Ergebnisse...47 3.1 Therapieabbrecher... 47 3.2 Nebenwirkungen unter der Therapie mit Hydrokolloiden... 47 3.3 Klinische Beurteilung... 47 3.3.1 Rückgang des Erythems unter Hydrokolloidfolien... 47 3.3.2 Rückgang der Induration unter Hydrokolloidfolien... 49 3.3.3 Rückgang der Schuppung unter Hydrokolloidfolien... 50 3.4 Video-Kapillarmikroskopie... 52 3.4.1 Kapillaroskopisch keine Abnahme der Kapillaranzahl unter Therapie... 52 3.5 20 MHz-Sonographie... 53 3.5.1 Reduktion des Eingangsechos unter Hydrokolloidfolien... 53 3.5.2 Nur tendenzielle Abnahme des echoarmen Bandes unter Hydrokolloidfolien... 55 3.5.3 Keine Abnahme der Dermisdicke unter Hydrokolloidfolien im Vergleich zur gesunden Haut... 56 3.5.4 Zunahme der Echodichte unter Hydrokolloidfolien im Vergleich zur gesunden Haut... 58 3.6 Laser Doppler Perfusion Imaging (LDPI)... 59 3.6.1 Abnahme der Perfusion unter Hydrokolloidfolien... 59 4 Diskussion...62 4.1 Kombinationsmöglichkeiten von Hydrokolloiden mit anderen Antipsoriatika... 62 4.2 Hautdickenmessung... 63 4.2.1 Epidermale Veränderungen bei der Psoriasis vulgaris... 63

6 4.2.2 Methoden zur Dickenmessung der Epidermis... 64 4.2.3 Das sonographisch gemessene Eingangsecho ist nur bedingt tauglich als Maß für die Epidermisdicke... 64 4.2.4 Das sonographisch gemessene echoarme Band ist nicht pathognomonisch für die Psoriasis... 66 4.2.5 Das echoarme Band ist noch nach klinischer Abheilung der Plaques nachweisbar... 67 4.2.6 Keine Veränderung der Dermisdicke unter Hydrokolloiden im Vergleich zur gesunden Haut... 68 4.2.7 Zunahme der Echodichte aufgrund der Abnahme der Akanthose... 68 4.3 Veränderung des Gefäßsystems... 69 4.3.1 Gliederung der kutanen Gefäße... 69 4.3.2 Gefäßsituation im Psoriasisplaque... 69 4.3.3 Angioneogenese versus Kapillardilatation... 70 4.3.4 Keine Abnahme der Kapillaranzahl unter antipsoriatischer Therapie... 71 4.3.5 Laser Doppler Perfusion Imaging zur Messung einer Hyperämie... 73 4.3.6 Abnahme der Perfusion im Psoriasisplaque gemessen mittels LDPI... 75 4.4 Wirkmechanismus der Hydrokolloidfolien... 76 4.4.1 Biologische Vorgänge unter Hydrokolloidverbänden... 76 4.4.2 Wundheilungsphasen unter Hydrokolloidverbänden... 77 4.4.3 Debridement... 78 4.4.4 Granulation... 78 4.4.5 Reepithelisierung... 79 4.4.6 Bakterielle Infektionen unter Hydrokolloidverbänden... 79 4.4.7 Vergleich der Therapiegruppen Hydrokolloidfolie versus Prednicarbat... 80 4.5 Schlussfolgerung... 82

7 5 Zusammenfassung...83 6 Literaturverzeichnis...84 7 Danksagung...109 8 Lebenslauf...110

8 Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen Abbildungen Abb. 1: Zeitpunkt der Erstmanifestation der Psoriasis...44 Abb. 2: Klinische Lokalisation der Psoriasisplaques...45 Abb. 3: Klinische Einteilung nach dem Lowe-Score (Erythem)...48 Abb. 4: Klinische Einteilung nach dem Lowe-Score (Induration)...50 Abb. 5: Klinische Einteilung nach dem Lowe-Score (Schuppung)....51 Abb. 6: Anzahl der auflichtmikroskopisch ermittelten Kapillaren/mm²....53 Abb. 7: Dicke des sonographisch ermittelten Eintrittsechos (EE) in µm....54 Abb. 8: Dicke des sonographisch ermittelten echoarmen Bandes (ELB) in µm....56 Abb. 9: Dicke der sonographisch ermittelten Dermis (D) in µm....57 Abb. 10: Sonographisch ermittelte Echodichte ( )....59 Abb. 11: Perfusion im Psoriasisplaques mittels Laser Doppler Perfusion Imager (LDPI) gemessen...61 Tabellen Tab. 1: Klinische Einteilung nach dem Lowe-Score...45

9 1 EINLEITUNG Seit den siebziger Jahren ist die antipsoriatische Wirkung okklusiver Verbände bekannt 1. Seitdem folgten Wirksamkeitsnachweise von Hydrokolloidverbänden in der Therapie der Psoriasis, sowohl als Monotherapie 2;3 als auch in Kombinationstherapien mit Steroiden 4, Cignolin 5;6 oder Calcipotriol 7. Der Wirkmechanismus der Hydrokolloidverbände bei der Psoriasis konnte bislang nicht gänzlich geklärt werden 8. 1.1 Fragestellung Das Ziel der Studie war die objektive Beurteilung der Therapieeffizienz der lokalen antipsoriatischen Therapie mit Hydrokolloidverbänden im Vergleich zur lokalen Glukokortikosteroidtherapie und zu unbehandelten Kontrollplaques. Mit Hilfe der nicht invasiven Meßmethoden der Kapillarmikroskopie, der 20 MHz-Sonographie (Beurteilung des entzündlichen Infiltrates und der Epidermishyperplasie) und des Laser Doppler Perfusion Imaging (Beurteilung von kutanen Perfusionsänderungen) und der klinischen Beurteilung der Plaques sollte untersucht werden, ob die Okklusionstherapie sowohl auf die Zellinfiltrate als auch auf die Perfusion wirkt. Speziell wurden folgende Fragestellungen untersucht: Klinische Beobachtung: Kann klinisch eine Reduzierung von Erythem, Schuppung oder Induration innerhalb der Psoriasisplaques unter der Therapie mit Hydrokolloidverbänden beobachtet werden? Ist dieser Rückgang unter der Therapie mit Hydrokolloidverbänden bezüglich der drei Parameter (Erythem, Schuppung und Induration) auch im gleichen Maße bei den mit lokalen Kortikosteroiden behandelten Psoriasisplaques zu beobachten? 20 MHz-Sonographie: Ist eine Abnahme der Hyperkeratose der Psoriasisplaques unter der jeweiligen Therapie sonographisch zu evaluieren?

10 Kann eine Reduktion des echoarmen Bandes beobachtet werden? Wie verhält sich die sonographisch ermittelte Echodichte innerhalb der Plaques während der Abheilung? Ist ein Unterschied zwischen den einzelnen Therapieregimes bezüglich dieser sonographisch zu erhebenden Parameter zu beobachten? Kapillaroskopie: Wie hoch ist die Anzahl der ermittelten Kapillarschlingen in den Psoriasisplaques im Vergleich zur gesunden Haut? Kommt es im Laufe der Therapie zu einer Abnahme der Kapillarschlingen? Inwiefern hat die Anzahl der Kapillarschlingen einen Einfluss auf die Stärke des klinisch zu beobachtenden Erythems? Laser Doppler Perfusion Imaging (LDPI): Ist im Laufe der Therapie eine Perfusionsabnahme innerhalb der Psoriasisplaques zu evaluieren, besteht hier ein Zusammenhang zu den beobachteten klinischen Daten? Wirkungsweise der Hydrokolloidverbände: Wirken die okklusiven Hydrokolloidverbände eher antiinflammatorisch oder antiproliferativ? 1.2 Psoriasis vulgaris 1.2.1 Histologie der Psoriasis Die Histologie der Psoriasis vulgaris, vor allen Dingen die Akanthose und Parakeratose wurde zum ersten Mal von Auspitz (1835-1886) beschrieben, er beschrieb auch das sogenannte Auspitz-Phänomen. Die Histologie ergibt sich aus der charakteristischen Kombination epidermaler und dermaler Veränderungen, die isoliert auftretend wenig spezifisch sind. Unter der fokal parakeratotischen Hornschicht imponiert eine Akanthose unterschiedlichen Ausmaßes. Die Akanthose wurde bis dato nur von wenigen Autoren histometrisch vermessen 9. 10-12 Einige Autoren versuchten aus den Dickenmessungen der gesamten Haut mittels Subtraktionsverfahren die Dicke der Epidermis im Psoriasisplaque zu ermitteln 13. Die Reteleisten und damit auch die Papillarkörper sind elongiert, die Papillarkörper zusätzlich apikal kolbig aufgetrieben 14-21.

11 Die intrapapillären Kapillaren imponieren im gleichen Ausmaß wie die Papillarkörper verlängert sind, sie zeigen einen torquierten Verlauf und sind in der Papillenspitze charakteristischerweise stark erweitert. Im hochakuten Psoriasisplaque enthalten diese Kapillarschlingen und die sie umgebende Papille zahlreiche neutrophile Granulozyten; ein Phänomen, das durch den Begriff "squirting papilla = feuernde Papille" treffend charakterisiert wird 18. Als pathognomonisch für die Psoriasis gelten die Munro-Mikroabszesse, intra- und subkorneal gelegene Granulozytenaggregationen. Intra- und subepidermal finden sich nur vereinzelt Granulozyten, hier überwiegt ein mononukleäres Infiltrat. Besonders die frühen Stadien der Psoriasis zeichnen sich durch ein mononukleäres Infiltrat im Epithel aus 15;22. 1.2.2 Inzidenz Die Psoriasis vulgaris ist eine häufig auftretende Hauterkrankung. In den Vereinigten Staaten beträgt die Inzidenz über 1-2 % der Bevölkerung; weltweit kommt es zu einem sehr variierenden Auftreten dieser Erkrankung. In tropischen und subtropischen Klimazonen ist die Psoriasis wesentlich seltener als bei uns. Verschiedene Studien zeigten, dass die Inzidenz der Psoriasis in Südafrika bei 0,97 % liegt 23, in Deutschland bei 1,3 % 24, in Großbritannien bei 1,6 % 25, in Dänemark bei 1,7 % und in Schweden bei 2,3 % liegt 26. Die Erkrankung ist sehr selten in Westafrika 27 und in den nordamerikanischen Staaten 28. Bei den nordamerikanischen Indianern tritt die Psoriasis so gut wie nie auf. Bei der Untersuchung von 26.000 südamerikanischen Indianern konnte kein einziger Fall von Schuppenflechte beobachtet werden 29. Zusammengefasst kann man sagen, dass kaukasische Rassen am häufigsten erkranken, asiatische und afrikanische Rassen weniger häufig, bei Menschen der amerikanischen Urbevölkerung (Eskimos, südamerikanische Indianer) kommt die Psoriasis so gut wie gar nicht vor. Wahrscheinlich ist diese unterschiedliche Morbilitätsneigung genetisch bedingt 30. Das Auftreten der Schuppenflechte ist nicht geschlechtsspezifisch 31.

12 1.2.3 Disposition und Vererbung Die Psoriasis vulgaris ist eine familiär gehäuft auftretende Erkrankung, für die Vererbungsfaktoren und die Manifestation der Erkrankung von wesentlicher Bedeutung sind. Einige Autoren behaupten jedoch, dass es bei der Schuppenflechte keine genetischen Komponenten gibt 32. Hellgren 33 konnte zeigen, dass 6,4 % der Verwandten von Psoriatikern unter einer Schuppenflechte litten. Dies ist mehr als das dreifache der Inzidenz bei der normalen Bevölkerung. Watson et al. analysierten das Auftreten der Psoriasis bei Geschwistern, bei denen kein Elternteil eine Psoriasis phänotypisch aufwies, nur ein Elternteil oder beide Elternteile. Für Kinder von Eltern ohne Psoriasis liegt die Wahrscheinlichkeit an Psoriasis zu erkranken bei 7,5 %; für Kinder, bei denen nur ein Elternteil an der Erkrankung litt, bei 15 %; bei Kindern von Eltern, die beide an Psoriasis litten bei 50 % 34. Diese Studien zeigten, dass die Genetik eine große Rolle für das Auftreten der Erkrankung spielt, ein typischer dominanter oder rezessiver Erbgang konnte jedoch nicht ausgemacht werden 35. Andere Studien zeigten ähnliche Ergebnisse, die Autoren beschrieben eine multifaktorielle und polygenetische Vererbung für die Psoriasis 36. Das Auftreten der Psoriasis wurde bei 117 eineiigen Zwillingen beobachtet. Bei 65 % der Geschwister hatten beide eine Schuppenflechte. Unter 112 zweieiigen Zwillingen trat das Krankheitsbild nur bei 30% bei beiden Geschwistern auf 37. Bei der Vererbung der Psoriasis sind das Alter der Erstmanifestation und die Assoziation mit Molekülen des Histokompatibilitätskomplexes (HLA-Antigene) von besonderer Bedeutung. Patienten mit Psoriasis zeigten ein signifikant vermehrtes Vorkommen der HLA-Antigene HLA-B 13, -B 17, -BW 16 und -CW 6 38-41. Das Histokompatibilitätsantigen HLA-CW 6 zeigte die größte Assoziation zur Psoriasis. Das relative Risiko für Patienten, die das HLA-CW 6-Antigen aufwiesen, ist 9 15 mal erhöht im Vergleich zur normalen Bevölkerung 38. Die HLA-Antigene B 13 und B 17 zeigten einen Zusammenhang mit dem Gen, welches das HLA-Antigen CW 6 exprimierte 42-45. Patienten mit dem HLA-B 17-Antigen zeigten einen früheren Krankheitsbeginn, einen schwereren Krankheitsverlauf, einen größeren Befall der Körperoberfläche und ein schlechteres Ansprechen auf eine Therapie 39. Weiterhin

13 konnte ein Zusammenhang zwischen HLA-Antigenen und der sehr variierenden Morphologie der Psoriasis festgestellt werden. So bestand ein Zusammenhang zwischen der Psoriasis guttata und dem HLA-CW 6 und HLA-B 17-Antigen 46. Obwohl es keine einheitlichen Daten bezüglich eines Zusammenhanges zwischen Streptokokkeninfektionen und HLA-Antigenen gibt, scheint das HLA-B 13-Antigen vor allen Dingen bei den Patienten, welche wiederholte Schübe an Psoriasis guttata- Formen erleiden, aufzufinden zu sein 38;39. Generalisierte, pustulöse Schuppenflechteformen zeigten einen deutlichen Zusammenhang mit dem HLA-B 27-Antigenen 47. Bei der Psoriasis palmaris et plantaris (Typ Königsbeck Barber) zeigte sich kein Zusammenhang zwischen der Erkrankung und den HLA-Antigenen 48. Bei Patienten mit Psoriasis und gleichzeitiger peripherer Arthritis konnte ein Zusammenhang mit HLA-B 27-Antigenen festgestellt werden. Das HLA-B 27 Antigen ist auch häufig positiv bei Spondylitiden (M. Bechterew) und dem Reiter- Syndrom 49;50. Dieses Ungleichgewicht der HLA-Antigene bei Psoriatikern im Vergleich zur normalen Bevölkerung konnte zeigen, dass genetische Faktoren bei der Ätiologie der Psoriasis eine Rolle spielen. 1.2.4 Erkrankungsalter Der Beginn der Erkrankung ist grundsätzlich in jedem Lebensalter möglich, das Erkrankungsalter zeigt jedoch eine bimodale Verteilung mit einer maximalen Erkrankungshäufigkeit für Frauen bei 16 und 60 Jahren, in anderen Studien mit 27 Jahren. Bei Männern trat die Erkrankung mit einer maximalen Erkrankungshäufigkeit bei 22 und 57 Jahren auf, in anderen Studien mit 29 Jahren 24;31. 1.2.5 Klinik Unter der Psoriasis vulgaris versteht man primär eine entzündliche Hauterkrankung von akut exanthematischem oder chronisch stationärem Verlauf. Die

14 Psoriasisläsionen zeigen vier prominente Merkmale: scharf begrenzte Krankheitsherde charakteristische silbrig-glänzende Schuppung glänzendes, homogenes Erythem unterhalb der Schuppung das Auspitz-Phänomen Bei einigen Psoriasisplaques ist ein heller, zirkulär um die Plaques angeordneter Ring zu sehen, welcher als Woronoff-Ring bezeichnet wird. Einige Autoren machen einen endogenen Inhibitor der Prostaglandinsynthese für diesen Ring verantwortlich 51. 1.2.6 Verlauf Die Psoriasis vulgaris ist durch eine außerordentliche Variationsbreite im Verlauf gekennzeichnet. Grundsätzlich lassen sich nachfolgende Verlaufstypen charakterisieren. Sie zeichnen sich durch einen unterschiedlichen endogenen Eruptionsdruck zur psoriatischen Hauterscheinung aus. 1.2.6.1 Chronisch-stationäre Psoriasis vulgaris Dies ist die am häufigsten auftretende Psoriasisform. Sie ist charakterisiert durch stärker infiltrierte, deutlich silbrig-schuppende Herde an sogenannten Prädilektionsstellen : Kapilitium, Ohren, Ellenbogen, Knie, perianal und sakral. Der isomorphe Reizeffekt (Köbner-Phänomen) ist hier meist negativ. Juckreiz kommt selten vor. Der Verlauf ist primär chronisch. Die Herde zeigen keine große Tendenz zur spontanen Rückbildung, vergrößern sich aber auch nur selten spontan. Diese Form sollte einer intensiven lokalen Therapie unterzogen werden. Die Läsionen persistieren meistens über Monate bis Jahre.

15 1.2.6.2 Eruptiv-exanthematische Psoriasis vulgaris Die Psoriasisläsionen sind typischerweise kleiner als bei der chronisch-stationären Psoriasis, sie haben einen Durchmesser von 0,5 1,5 cm und sind meistens lokalisiert am oberen Stamm und den proximalen Extremitäten. Diese Form der Psoriasis tritt häufig im frühen Lebensalter und bei jungen Erwachsenen auf. Meist beginnen hier die klinischen Erscheinungen nach einer stattgehabten Tonsillitis oder einer akuten Infektion (z. B. Streptokokkeninfektionen im oberen Atemtrakt, grippalen Infekten, Masern). In wenigen Wochen kommt es subakut zu einer Aussaat kleiner Herde vom Typ der Psoriasis guttata. Die o.g. typischen Prädilektionsstellen sind nicht betroffen oder nur sehr selten; die Plaques zeigen keine stärkere Infiltration. Das Phänomen des isomorphen Reizeffektes ist häufig positiv. Nicht selten besteht Juckreiz. Die eruptiv-exanthematische Psoriasis zeigt spontane Rückbildungstendenzen, kann allerdings auch in eine chronisch-stationäre Psoriasis vulgaris übergehen. 1.2.6.3 Psoriasis exsudativa Diese Form gilt als stärker exsudativ-entzündliche Variante der Psoriasis vulgaris. Sie beginnt meist als eruptiv-exanthematische Psoriasis. Die Herde können lebhaft gerötet sein und werden von einem breiteren erythematischen Saum umgeben. Die schuppigen Auflagen bestehen häufig nicht aus silbrig-glänzenden Schuppen, sondern aus serös durchtränkten, gelblichen Schuppenkrusten. Eine schwerwiegende Komplikation der Psoriasis exsudativa ist vor allen Dingen die Psoriasis pustulosa generalisata (Typ von Zumbusch). 1.2.6.4 Acrodermatitis continua supurativa (Hallopeau) Hauptlokalisation diese Psoriasisläsionen sind vor allen Dingen die Finger und Zehen mit starker Nagelbeteiligung 52.

16 1.2.6.5 Psoriasis pustulosa palmaris et plantaris (Typ Königsbeck Barber) Die Hauptlokalisation dieses Psoriasistyps findet sich an den Handinnenflächen und/oder Fußsohlen. Es sind überwiegend scharf begrenzte erythemato-squamöse, psoriasiforme Herde mit flachen, sterilen Pusteln. Täglich entstehen neue Pusteln, andere können abtrocknen. Die Erkrankung nimmt meist einen chronischen Verlauf, die Hauterscheinungen können durch sehr schmerzhafte Rhagadenbildung und Eiterungen die Patienten subjektiv sehr belasten, Allgemeinsymptome wie Fieber, Abgeschlagenheit und ausgeprägtes Krankheitsgefühl fehlen jedoch. 1.2.6.6 Psoriasis pustulosa generalisata (Typ von Zumbusch) Sie kann als exsudative Maximalvariante der Psoriasis pustulosa gewertet werden. Die Läsionen stellen sich als disseminierte, entzündliche Erytheme mit vielen Pusteln am ganzen Hautorgan dar. Handinnenflächen und Fußsohlen sind oft stark betroffen. Auch Mundschleimhäute, die oberen Atemwege und Genitalschleimhäute können mitbetroffen sein. Das Allgemeinbefinden ist stets schwer gestört (Fieber, Abgeschlagenheit, Krankheitsgefühl). Die Pusteln sind stets steril und müssen von Pusteln, die durch sekundäre Staphylokokken- oder Candida albicans-infektionen verursacht sein können, abgegrenzt werden. Die Pusteln kommen durch Konfluenz der sonst nur histologisch sichtbaren Munro-Mikroabszesse in der Hornschicht zustande. Außer den Händen und Füßen kann auch das Nagelbett von der pustulösen Psoriasis befallen sein. Das Gesicht bleibt meistens von Psoriasisläsionen verschont 53.

17 1.2.6.7 Psoriatische Erythrodermie Unter der psoriatischen Erythrodermie versteht man die generalisierte Form der Erkrankung, welche sich klinisch am ganzen Körper lokalisiert, inklusive des Gesichts, der Hände, der Füße, der Nägel, des Stammes und der Extremitäten. Sie entwickelt sich als sekundäre Erythrodermie bei 1-2 % der Patienten. Das Erythem steht im Vordergrund, eine Schuppung ist weniger stark vorhanden als bei den anderen Psoriasisformen. Sie entsteht entweder spontan durch laufenden Größenzunahme der Herde bei eruptiv-exanthematischer oder chronisch-stationärer Psoriasis, vielfach auch iatrogen, durch eine zu intensive äußerliche Behandlung oder als isomorpher Reizeffekt nach zu starker künstlicher oder natürlicher UV- Bestrahlung. In einigen Studien wird die psoriatische Erythrodermie auch als generalisierte Köbner-Reaktion bezeichnet 53-57. Auch Vergrößerung der Lymphknoten im Sinne der dermatopathischen Lymphadenopathie kommen vor. Der Juckreiz kann intensiv sein. 1.2.7 Besondere Phänomene bei der Psoriasis vulgaris Folgende Psoriasis-typische Phänomene werden beobachtet: Kerzenphänomen: Werden die weißlichen Schuppen systematisch abgekratzt, so imponieren die abfallenden Blättchen wie Späne einer Kerze. Phänomen des letzten Häutchens: Beim Weiterkratzen wird die unterste Epidermisschicht erreicht, die glatt und rosafarben ist. Phänomen des "blutigen Taus" (Auspitz-Zeichen): Nach Entfernung des letzten Häutchens erscheinen punktförmige Blutungen aus arrodierten Kapillaren in den Papillenspitzen 58. 1.2.7.1 Köbner-Phänomen Unter dem Köbner-Phänomen (Heinrich Köbner 1872) versteht man die

18 experimentelle Auslösbarkeit des isomorphen Reizeffektes. Man versteht darunter die Tatsache, dass bei einem Patienten mit klinisch manifester Psoriasis eine umschriebene, experimentelle Reizung der Haut, z. B. durch Tesafilmabriss der Hornschicht oder Wundsetzung, an der betreffenden Hautstelle zur Induktion psoriatischer Hautveränderungen im irritierten Hautareal führt. Das Köbner- Phänomen stellt sich gewöhnlich nach zehn bis vierzehn Tagen ein. Zur Induktion des Köbner-Phänomens ist die Auslösung einer epidermalen Regeneration erforderlich. Auch ein entsprechend hoher endogener Eruptionsdruck zur psoriatischen Hautreaktion muss bei dem betreffenden Patienten vorhanden sein. Die meisten Studien belegen jedoch, dass nur ca. 25 % der Psoriatiker ein positives Köbner-Phänomen aufweisen 59;60. 1.2.8 Phänotypisch auslösende Faktoren bei genetischer Prädisposition Folgende Faktoren können einen Psoriasisschub oder Verschlimmerung einer bestehenden Erkrankung bei genetischer Prädisposition auslösen: Infektionen 61 Stress 31 Alkohol 62 Anatomische Lokalisation der Psoriasisplaques: Bestimmte anatomische Lokalisationen sind besonders anfällig, eine Psoriasis zu entwickeln und können durch andere Triggerfaktoren noch begünstigt werden (Kopfhaut- Knie-Ellbogen 31 ). Mechanische Belastung scheint für die Psoriasis ein begünstigender Faktor zu sein 63. Körperareale mit inhärentem Anstieg der epidermalen Proliferationsrate sind anfälliger für die Phänotypisierung der Psoriasisplaques 38. Auch Medikamente und Drogen 37, wie Anti-Malaria-Mittel 64, Lithium 65 oder Betablocker 66 können einen Psoriasisschub triggern.

19 1.2.9 Pathogenese der Psoriasis vulgaris Die Pathogenese der Psoriasis ist nicht vollständig geklärt. Die Psoriasis wird durch eine kontrollierte Zellproliferation und Entzündung repräsentiert. Es gibt allerdings bisher noch keine experimentellen Modelle zum Verständnis der Pathogenese. Die klinische Läsion zeigt sich zuerst als stecknadelkopfgroßes, makulo-papulöses Erythem bei Patienten mit sogenannter Präpsoriasis. Mikroskopisch wird die Läsion charakterisiert durch eine Parakeratose, dem fast vollständigen Fehlen des Stratum granulosum, einer Akanthose, und einem entzündlichen Infiltrat der Dermis und Epidermis. Das entzündliche Infiltrat wird vor allen Dingen durch Veränderungen an den Kapillaren der dermalen Papillen hervorgerufen. Bis zum heutigen Zeitpunkt sind chemische oder biochemische Marker zur frühzeitigen Diagnose einer Präpsoriasis nicht gefunden worden. Alle Versuche, Psoriasis-spezifische Allgemeinstörungen im Eiweiß-, Kohlenhydrat- oder Fettstoffwechsel festzustellen oder auch klinische Symptome vegetativer oder innersekretorischer Störung zu erfassen, sind bislang fehlgeschlagen. So liegen die wesentlichen pathologischen Veränderungen in der erkrankten Psoriasisläsion selbst. Van Scott und Ekel 67 beschrieben zuerst die Hyperproliferation in Psoriasisplaques. Sie stellten fest, dass der epidermale Zellzyklus in Psoriasisläsionen um das ca. achtfache erhöht war als in normaler Haut (36 Std. im Gegensatz zu 311 Std. bei normaler Haut). Außerdem konnte ein doppelter Anstieg der epidermalen Zellproliferation und eine fast 100 % Zellzunahme im Stratum germinativum im Vergleich zur normalen Haut beobachtet werden. Aus einem proliferativen Zellklumpen von ca. 35.000 Zellen pro Quadratmillimeter der Hautoberfläche entstehen so täglich ca. 52.000 Zellen pro Quadratmillimeter neu und verursachen somit eine hyperplastische Epidermis. In normaler Haut werden täglich nur ca. 1218 Zellen pro Quadratmillimeter im Bezug auf 26.000 proliferative Zellen pro Quadratmillimeter neu gebildet 68. Andere Studien kamen zu anderen Ergebnissen, so wird in einigen Studien nur von einem doppelten Anstieg der proliferierenden Zellen in den Psoriasisplaques im Vergleich zur gesunden Haut gesprochen 69. Es konnten jedoch auch Abnormalitäten bei Psoriatikern im Bereich der nicht befallenen Haut festgestellt werden. Vor allen Dingen die Keratinozyten zeigten eine

20 Größenzunahme und zunehmende Kohäsion 70. Weiterhin konnte ein Anstieg im Polyaminmetabolismus, vor allen Dingen der Ornithindekarboxylase und des Putreszinlevels um ca. 50% beobachtet werden 71. Veränderungen im Arachidonsäuremetabolismus und eine Erhöhung der Phospholipase A2 wurden beschrieben 70;72. Von Veränderungen verschiedener Zelltypen bei Patienten mit Psoriasis wurde in einigen Studien berichtet: es konnte ein Anstieg der Mastzellen 73, eine ansteigende Proliferation und Synthese von Kollagen durch Fibroblasten 74 und eine Veränderung an Langerhans Zellen 37 evaluiert werden. Einige Autoren schreiben der gestörten Mikrozirkulation den primären Effekt der Psoriasisentstehung zu. An der unbefallenen Haut von psoriatischen Patienten sind an den Kapillaren einige Endothellücken zu finden, die in den psoriatische Läsionen vermehrt auftreten. Weiterhin ist eine Hyperproliferation der Endothelzellen der postkapillären Venolen, hier überwiegend in den torquierten und dilatierten Kapillaren der Psoriasisläsionen, zu beobachten 75;76. Es konnten auch einige immunologische Abnormalitäten bei Psoriatikern festgestellt werden, welche vor allen Dingen die neutrophilen Granulozyten, die Monozyten (Makrophagen) und die Lymphozyten betreffen. Vor allen Dingen die neutrophilen Granulozyten und Makrophagen scheinen bei Psoriatikern aktiviert zu sein. Die Aktivierung der Monozyten scheint unabhängig von der Erkrankung aufzutreten. Einige Studien belegen eine Änderung der Lymphozytenfunktion mit einem Ungleichgewicht zwischen den T-Supressor- und den T-Helfer-Zellen 77. Als Auslösefaktoren einer Psoriasis werden immunologische Reaktionen diskutiert. Baker vertritt die These der epidermalen Initiierung der Psoriasis über eine Interaktion aktivierter Langerhans Zellen mit T-Lymphozyten 78;79. Unterschiedliche Antigene können zu einer Aktivierung der T-Helfer-Zellen führen. Eine Aktivierung Antigen-spezifischer T-Helfer-Zellen führt wiederum zu einer Stimulation zahlreicher Zellarten unter anderem von Keratinozyten. Durch die erhöhte Keratinozytenproliferation wird wiederum mehr ETAF (epidermal T cell activating factor) gebildet, wodurch sich ein Circulus vitiosus bildet 80. Die These der immunologischen intraepidermalen Initiierung fand in den folgenden Jahren weitere

21 Unterstützung 19;80;81. Wiederholt wird eine lokale Lymphozyteninfiltration in die Epidermis bei verändertem Markierungsverhalten der Langerhans Zellen als erste Veränderung beschrieben. Erst im zweiten Schritt kommt es zur Epidermishyperplasie mit veränderter Expression des epidermalen Antigenmusters. Placek et al. 19, sowie Valdimarsson 80 sehen insbesondere T-Helfer-Zellen, Hammar et al. 82 T-Suppressor-Zellen als initiierende Zellen. Die frühe mononukleäre Infiltration wird von zahlreichen Autoren bestätigt 83. Christophers unterschied die einzelnen Entzündungsphasen in eine dermal-entzündliche Frühphase und eine neutrophilenreiche" Dauerphase 84. Vereinzelt wird in den frühesten Stadien von Psoriasisherden auch über eine Infiltration polymorphkerniger Zellen berichtet 85. Noch vor jeglichen epidermalen und vaskulären Veränderungen wurde in dieser Untersuchung eine Aggregation polymorphkerniger Zellen in der Hornschicht beschrieben. Inwieweit hier eher Wundheilungsphänomene nach der gesetzten oberflächlichen Wunde eine Rolle spielten, bleibt fraglich. Andere Studien belegten, dass die exzessive Zellproliferation nicht monokausal verantwortlich gemacht werden kann für das Entstehen einer Psoriasisläsion 86. Primär ist die lokale Entzündung eine wesentliche Komponente für die Entstehung der Psoriasisplaques. Darüberhinaus scheinen verschiedene Mediatoren oder Mediator-Systeme für die zelluläre Proliferation und Entzündung innerhalb der psoriatischen Plaques eine Rolle zu spielen. 1.2.9.1 Stratum-corneum-Antigen-Antikörper-Interaktion Stratum-corneum-Antikörper sind annähernd in der Haut jedes gesunden Menschen vorhanden. In den Psoriasisläsionen werden Stratum-corneum-Antigene von proteolytischen Enzymen der neutrophilen Granulozyten demaskiert. Die Migration von neutrophilen Granulozyten ist sekundär für traumatische oder infektiöse Prozesse verantwortlich. Es folgt eine Vasodilatation, welche Löcher in den Stratum-corneum- Antikörpern in der Epidermis hervorruft. Die Stratum-corneum-Antikörper reagieren

22 mit Stratum-corneum-Antigenen und aktivieren die Komplementkaskade, wodurch eine Entzündung hervorgerufen wird. Diese Reaktion scheint hauptverantwortlich für das weitere Sich-Ausbreiten des Psoriasisplaques zu sein. Für das Entstehen der Psoriasisläsionen scheinen diese Antikörper jedoch nicht verantwortlich zu sein, da sie in den ganz frühen Psoriasisläsionen nicht nachgewiesen werden konnten. Bei der Abheilung der Psoriasisläsion ist auch ein Abnahme der Stratum-corneum- Antikörper nachgewiesen worden 77. 1.2.9.2 Zyklisches AMP und GMP Zyklische Nukleotide sind wichtige Mediatoren für die normale Zellproliferation und Differenzierung. Viele Studien belegen die wichtige Rolle der zyklischen Nukleotide für die Entstehung eines Psoriasisplaques 70. C-AMP ist sowohl verantwortlich für die Stimulation als auch für die Inhibition der Zellproliferation. C-AMP-abhängige Proteinasen (Typ I und II) sind sowohl in normaler als auch in psoriatisch veränderter Haut vorhanden. Dies lässt es zweifelhaft erscheinen, das zyklische Nukleotide für die Veränderungen der Psoriasis primär verantwortlich gemacht werden können: allerdings scheinen sie als Second-Messanger wichtige Funktionen zu übernehmen. Es konnte jedoch festgestellt werden, dass das zyklische GMP in den Psoriasisläsionen erhöht ist und das eine Stimulation von epidermalen Zellen mit Beta-Agonisten einen niedrigen Level von zyklischem AMP in der Epidermis der Psoriasisplaques -im Vergleich zur gesunden Haut- nach sich zog 38. 1.2.9.3 Polyamine Polyamine stellen ein wirkungsvolles Mediatorsystem dar und sind wichtig für die Zellproliferation in allen Systemen, in denen eine Zellerneuerung kritisch ist. Bei Psoriatikern sind sie sowohl in den Psoriasisläsionen, als auch in nicht betroffener Haut nachweisbar. Die Ornithindekarboxylase hemmt die Polyaminbiosynthese. Es konnte eine erhöhte Aktivität in der frühen Phase der Epidermishyperplasie

23 festgestellt werden 71. 1.2.9.4 Protease/Antiproteasesystem Proteasen sind für die Induktion entzündlicher Reaktionen verantwortlich, indem sie die Komplementkaskade aktivieren 87. Zelloberflächenproteine können als aktivierte oder als inaktivierte Komplexe vorliegen 38. Ohne eine lokale Aktivierung oder Inaktivierung würden alle betroffenen Hautstellen die Erkrankung exprimieren. 1.2.9.5 Arachidonsäuremetabolismus Viele außergewöhnliche Manifestationen der Psoriasis können anscheinend durch den Arachidonsäuremetabolismus hervorgerufen werden. Dazu können u.a. die Infiltrationen der Entzündungszellen und die epidermale Hyperplasie gezählt werden 72. Das Leukotrien LTB 4 ist erhöht in psoriatischen Läsionen und übt eine chemotaktische Wirkung auf neutrophile Granulozyten aus. Ein anderes Leukotrien, das LTC 4, scheint u.a. für ein persistierendes Erythem und für die Induration der Psoriasisläsion mitverantwortlich zu sein 88. 1.3 Therapie der Psoriasis vulgaris Es existiert eine Vielzahl therapeutischer Ansätze, eine Ausheilung ist jedoch bis jetzt nicht möglich, denn die häufig diskutierte erbliche Disposition zur psoriatischen Hautreaktion bleibt erhalten. Die Behandlung der Psoriasis richtet sich vor allem nach dem Leidensdruck des Patienten. Oberstes Ziel bleibt die mildeste noch wirksame Therapie anzuwenden, um die Nebenwirkungen möglichst gering zu halten. Man unterscheidet lokal und systemisch wirkende Antipsoriatika. Vor allem durch eine lokale Behandlung wird intendiert, Nebenwirkungen im Vergleich zur systemischen Therapie zu minimieren.

24 1.3.1 Lokale Antipsoriatika 1.3.1.1 Salizylsäure 2-10 %ige Salizylsäure in Vaseline wirkt keratolytisch und ist zur Schuppenlösung bei fast jeder lokalen Therapie sinnvoll, um den eigentlichen Wirkstoff in die psoriatische Läsion vordringen zu lassen 89. 1.3.1.2 Dithranol (Cignolin) Dithranol hemmt die DNS-Synthese, beeinträchtigt die mitochondriale Atmungskette und setzt die Neutrophilen-Chemotaxis herab 90. Als Nebenwirkungen wird eine Reizung und Braunfärbung der Haut und teilweise ein Pseudoleukoderm der Haut 91 beobachtet. 1.3.1.3 Kortikoide Kortikosteroide sollten nur zur Therapie der behaarten Kopfhaut und der palmoplantaren Psoriasis mit zeitlicher Begrenzung eingesetzt werden, um das Risiko unerwünschter Reaktionen herabzusetzen. Zu den unerwünschten Wirkungen nach langer Anwendung zählen Hautatrophie, Striae, Purpura, Teleangiektasien, Hypopigmentierungen, sowie Wirkverluste und lokale Infektionen 92. 1.3.1.4 Teerpräparate Teerpräparate wirken antiproliferativ gegenüber Epidermiszellen und Zellen des

25 entzündlichen Infiltrats und sind gering antientzündlich sowie juckreizstillend. Unter Anwendung dieser Präparategruppe hat sich als negativ das mögliche Entstehen einer Teerakne, eine starke Geruchsbelästigung und Wäscheverfärbung herausgestellt. Ebenso wurde ein kanzerogenes Potential und eine Phototoxizität nachgewiesen 93. 1.3.1.5 Calcipotriol Calcipotriol bindet an Vitamin-D-Rezeptoren der Keratinozyten, Fibroblasten, Langerhans Zellen, Monozyten und T-Lymphozyten. Es inhibiert die Zellteilung und reguliert die Transkription von Interleukin 2, Interleukin 8 und γ-interferon. Bei hochdosierter Langzeitbehandlung ist eine Hyperkalzämie möglich 94. 1.3.1.6 Tazarotene Seit 5 Jahren steht mit Tazarotene ein neues topisches Retinoid zur Verfügung, dass das Spektrum der topischen Antipsoriatika wesentlich ergänzt. Abkömmlinge der Vitamin-A-Säure regulieren die zellulären Differenzierungsprozesse über hormonähnliche Rezeptoren sowohl im Zytoplasma als auch im Zellkern. Hier sind bisher zwei unterschiedliche Wege beschrieben: Aktivierte Retinoidrezeptoren können direkt an der Promotorregion von spezifischen Genen anbinden und so die Gentranskription regulieren. Des weiteren können aktivierte Retinoidrezeptorkomplexe die Transkription von anderen Transkriptionsfaktoren blockieren -wie z.b. das AP-1 (Activator protein-1). AP-1 ist ein onkogenes Protein, welches bei hyperproliferativen und bei entzündlichen Erkrankungen exprimiert wird, und seinerseits die Transkription von vielen Genen reguliert, die mit den Entzüngsreaktionen und der Proliferation assoziiert sind. Aktivierte Retinoidkomplexe können nun ihrerseits sowohl direkt als auch indirekt mit AP-1 interagieren, was eine Down-Regulation dieser AP-1 regulierten Gene zur Folge hat. Tazarotene wirkt dadurch normalisierend auf die pathologisch gesteigerte

26 Keratinozytenproliferation und somit reduzierend auf die Akanthose. Es kommt zum Rückgang des entzündlichen Infiltrats im Epithel sowie subepidermal 95. 1.3.2 Phototherapien 1.3.2.1 Klimatherapie Eine Besserung der Psoriasis wird im Hochgebirge oder am Meer unter Sonnenbestrahlung beobachtet. Baden in Salzwasser wirkt keratolytisch und verstärkt die Sonnenwirkung. 1.3.2.2 Selektive Ultraviolett-Phototherapie (SUP) (310-325 nm) oder Schmalband-UVB Diese Therapie wirkt durch Beeinflussen der Zellteilung durch UV-B der Wellenlänge 313 nm (Bildung von Pyrimidindimeren) mit zusätzlich verstärkender Auswirkung auf ortsständige immunkompetente Zellen. UV-Bestrahlung ist als Teil- oder Ganzkörper-UV-Bestrahlung mit Hilfe von Bestrahlungsgeräten mit entweder Weitbandspektren (vorwiegend UV-B und nur wenig langwelligem UV-A-Anteil, Wellenlängen zwischen 290-325 nm) oder dem Schmalbandspektrum bei 313 nm (ideale Psoriasiswellenlänge), täglich oder zumindest dreimal wöchentlich in Kombination mit antipsoriatischen Externa sinnvoll. Ziel der Bestrahlung ist eine milde Erythemreaktion der Haut. Als akute Nebenwirkungen sind bei Überdosierungung Verbrennungen möglich und ein Licht-Köbner auslösbar. Durch bestimmte Medikamente (Sulfonamide, Sulfonylharnstoffderivate, Phenothiazine, Triprolidin, Diphenhydramin, Chlorothiazid, Bisacodyl, Zyklamat, usw.) können photoallergische oder (Tetrazykline, Phenothiazine, Griseofulvin, Nalidixinsäure, Furokumarine, Teere, Eosin, usw.) phototoxische Reaktionen auftreten.

27 Bei Langzeitanwendung ist eine beschleunigte Hautalterung vor allem durch den UV-A-Anteil zu beobachten, der UV-B-Anteil wird als mögliches Haut- Kokanzerogen vor allem bei vorliegenden Präkanzerosen, Vorbehandlung mit Arsen und Immunsuppressiva angesehen. Trotzdem wird das Risiko bei einer sorgfältig überwachten Phototherapie als gering angegeben 96. 1.3.2.3 Photochemotherapien Das Prinzip beruht auf der Erzeugung einer kontrollierten phototoxischen Reaktion durch äußerliche oder systemische Zufuhr eines photosensibilisierenden Medikamentes und anschließender UV-A-Bestrahlung. Als photosensibilisierende Stoffe dienen Psoralene und Teere. 1.3.2.4 PUVA PUVA (= Psoralen (8-Methoxypsoralen) und anschließende UV-A-Bestrahlung um 360 nm): eine lokale oder systemische Applikation des Psoralens wirkt durch starke Hemmung der Epidermopoese und der Neutrophilen-Chemotaxis sowie Reduktion der epidermalen Langerhans Zellen durch direkten Einfluss auf die DNS (Cross- Links innerhalb eines DNS-Stranges). Die UV-A-Bestrahlung erfolgt zwei Stunden nach Tabletteneinnahme, bzw. eine Stunde nach topischer Anwendung des Sensibilisators. Als akute Nebenwirkungen wird eine Magenunverträglichkeit der 8-Methoxypsoralen-Tabletten beschrieben. Außerdem kann es zu einer überschießenden phototoxischen Reaktionen bei UV-A- Überdosierung, PUVA-Juckreiz, akneiformen Eruptionen, Hypertrichose, subungualen Splitterblutungen, distalen Onycholysen, Exazerbationen einer Tinea corporis und akral lokalisierten Ausbildungen von subepidermal gelegenen Blasen kommen. Nach Langzeitanwendung werden eine PUVA-Lentiginose, schädliche Wirkungen auf das Auge (daher UV-Schutz ganztags: bei systemischer PUVA während des

28 Behandlungszeitraumes UV-Schutzbrille nötig) und eine mutagene Wirkung (geringe Erhöhung der Inzidenz spinozellulärer Karzinome) beobachtet. Langzeitnebenwirkungen sind bisher nicht abzusehen, da es zu Veränderungen an der Zell-DNS (Thymidindimerbildung, Cross-Links" usw.) kommt. Weitere Kokarzinogene wie Arsen, ionisierende Strahlen und Zytostatika wirken sich ungünstig aus. Als Kontraindikationen für eine PUVA-Therapie gelten jugendliches Alter, maligne Tumoren und mögliche kanzerogene Vorbehandlungen 97;98. 1.3.3 Hydrokolloidverbände In den letzten 30 Jahren konnte der positive Effekt feuchter Wundversorgung auf den Heilungsprozess nachgewiesen werden, jedoch ist der Einsatz von konventionellen Gazeverbänden nach wie vor die Regel. Bereits 1700 v. Chr. kamen die Ägypter zu der Erkenntnis, dass eine der wichtigsten Funktionen eines Wundverbandes die Aufnahme des Wundexsudats ist 99. Auch Hippokrates schätzte den Wert der feuchten Wundversorgung; er deckte Wunden mit Schwämmen und reichlich darüber gelegten Blättern ab 100. Magati führte 1616 eine neue Art der Wundversorgung ein. Sie basiert auf einer einfachen Lokalbehandlung mit selteneren Verbandwechseln, um das heilende Gewebe nicht zu verletzen. Im 19. Jahrhundert setzte sich der okklusive Wundverband, der als methodo-maganiano bekannt wurde, durch. Man verwendete ihn, um Wunden vor der Kontamination durch die Umgebung zu schützen. Somit war die Basis für die moderne Wundversorgung geschaffen. Winter führte im Jahre 1962 Untersuchungen an Hausschweinen durch, bei denen er die Heilungsraten ihrer Wunden unter verschieden Bedingungen beurteilte: bei einigen Tieren deckte er die Wunden mit Kunststoffilm ab, bei anderen ließ er die Wunden der Luft ausgesetzt 101. Auf den nicht abgedeckten Wunden entstand Schorf, der die Zellwanderung der Keratinozyten einschränkte.

29 1.3.3.1 Einsatzbereiche der Hydrokolloidverbände Der Einsatzbereich der Hydrokolloidfolienverbände wird vor allen Dingen zur Versorgung des venösen und diabetischen Ulcus cruris 102, dekubitalen Geschwüren 103;104, Brandverletzungen 105, Spalthautentnahmestellen 105 und zur Therapie der Psoriasis vulgaris 106 beschrieben. 1.3.3.2 Nebenwirkung von Plastikokklusionsverbänden Die Anwendung von okklusiven Plastikverbänden über einen verlängerten Zeitraum provozierte häufig Irritationen und Mazerationen der Haut. Außerdem entwickelten 25 % der behandelten Patienten eine Follikulitis und Pusteln 107. Hydrokolloidverbände können auch, wie einige Studien belegen, über einen längeren Zeitraum auf der Haut verbleiben. Telfer et al. berichteten, dass Irritationen der Haut bei Psoriasispatienten nur in ca. 5,8 % der Fälle über einen Zeitraum von 10 Wochen mit Hydrokolloidverbänden beobachtet wurden 108. 1.3.3.3 Zusammensetzung der Hydrokolloidfolie Der Hydrokolloidfolienverband Actiderm besteht überwiegend aus Pectin, Gelatine, Carboxymethylzellulose und Sodiumpolysobutylen. 1.3.4 Systemische Antipsoriatika Systemische Behandlungen sind insgesamt invasiver als topische Therapien und unter Umständen mit einem höheren unerwünschten Wirkungsprofil belastet. Falls durch eine lokale Therapie keine Besserung bzw. Erscheinungsfreiheit mehr erreicht werden kann, sind sie vor allem bei schweren, große Hautflächen bedeckenden Formen der Psoriasis indiziert.

30 1.3.4.1 Kortikoide Aufgrund des Nebenwirkungsprofils sollten Steroide nur bei lebensbedrohlichen Psoriasisverläufen (z.b. Erythrodermie) kurzfristig eingesetzt werden. Die Steroide wirken im weitesten Sinne primär antiinflammatorisch. Als unerwünschte Wirkungen kann es zu einem Cushing-Syndrom, Diabetes mellitus, Osteoporose, psychischen Störungen, Striae und Rubeosis kommen. Vor allem nach Absetzen der steroidalen Medikation werden schwer verlaufenden Rezidive (Rebound-Phänomen) und Übergänge in pustulöse Psoriasisformen beobachtet 109. 1.3.4.2 Retinoide (Derivate der Vitamin-A-Säure) Etretinat/Acitretin normalisiert die überschießende Epidermopoese und hemmt die Neutrophilen-Chemotaxis. Es wirkt jedoch teratogen und zeigt eine negative Beeinflussung des Fett- und Leberstoffwechsels, zudem kann es zu Hypervitaminoseerscheinungen, wie trockener Haut und trockenen Schleimhäuten 110 kommen 111. 1.3.4.3 Methotrexat (Folsäureantagonist) Methotrexat (MTX) hemmt die DNS-Synthese und inhibiert die epidermale Zellteilung, mit zumeist auch günstiger Beeinflussung der psoriatischen Arthropathie. Akut können Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Fieber, Übelkeit und Erbrechen auftreten, chronisch sind eine Pneumonitis, Knochenmarksdepression und eine dosisabhängige, teils irreversible Leberschädigung durch Leberzirrhose beschrieben worden. 112

31 1.3.4.4 Cyclosporin A Das Einsatzgebiet des Pharmakons besteht bisher hauptsächlich in der Transplantationsmedizin zur Inhibierung von Abstoßungsreaktionen. Ein wesentlicher Angriffspunkt im Wirkungsmechanismus des Cyclosporin A sind die Lymphozyten vom Helfertyp (CD4-Zellen). Cyclosporin A inhibiert reversibel die T- Zell-vermittelte Immunantworten. Es wird sowohl ein zellulär-immunologisches Wirkprinzip als auch eine Beeinflussung des Molekülsystems diskutiert, sowie eine Blockade von Chromosomenabschnitten für die Lymphokin-Aminosäuresequenz- Kodierung 113. 1.3.4.5 Fumarsäure Die Mechanismen der Abheilung unter Fumaraten sind noch nicht eindeutig geklärt. Als mögliche Ansatzpunkte werden einerseits immunsuppressive und andererseits immunmodulierende Mechanismen diskutiert. Aber auch ein primärer Angriff auf die Epidermis über eine Hemmung der Mitose- und Proliferationsrate wie bei Methotrexat ist zu diskutieren. Ebenso konnte eine dosisabhängige Reduktion der Inkorporation von 14 C-Thymidine in die DNA menschlicher Lymphozyten nachgewiesen werden 114-117.

32 2 MATERIAL UND METHODEN 2.1 Untersuchungsmethoden Folgende nicht invasive Verfahren wurden zur Dokumentation unterschiedlicher Parameter der Psoriasisplaques eingesetzt: Video-Kapillaroskopie zur Beurteilung der Anzahl der Kapillaren, quantitativer Perfusionszustand 20 MHz-Sonographie zur Beurteilung des entzündlichen Infiltrates und der Epidermishyperplasie zweidimensionaler Laser Doppler Perfusion Imager (LDPI) zur qualitativen Beurteilung von kutanen Perfusionsänderungen Fotografische Dokumentation der Psoriasisplaques 2.1.1 20 MHz-Ultraschall Für die Hautmessungen wurde das DUB 20 E (DUB 20 E, Taberna pro medicum, Lüneburg, Deutschland) eingesetzt. Bei diesem Gerät handelt es sich um einen 20 MHz-Ultraschallscanner zur Erfassung von eindimensionalen A-Scan- sowie zweidimensionalen B-Scan-Darstellungen. Mit einer Schrittmotorsteuerung wird der Linearscanner durch eine Wasservorlaufstrecke geführt. Das DUB 20 E arbeitet mit einer offenen Wasservorlaufstrecke, optional kann diese jedoch mit einer dünnen Folie abgeschlossen werden, um auch Messareale an schwieriger lokalisierten Körperstellen sonographieren zu können (z.b. Nasenrücken, Augeninnenwinkel). Der Transducer sendet und empfängt Echosignale über eine Strecke von 12,8 mm Länge und rechnet sie nach Digitalisierung zu einem Schnittbild um. Die empfangenen Echosignale entsprechen Reflexionen an Grenzflächen von Geweben mit unterschiedlicher Impedanz. Das Schnittbild stellt Gewebe bis zu einer Tiefe von ca. 7 mm (Haut, subkutanes Fettgewebe, Muskelfaszie) dar. Das

33 Auflösungsvermögen dieses Transducer beträgt maximal 80 µm axial und 200 µm lateral. Dabei stellt das Gerät die empfangenen Echos nicht nur als Amplitude, sondern auch als Helligkeitswert (Grauwert) dar. Da das menschliche Auge nicht in der Lage ist, alle vom Gerät darstellbaren Graustufen zu diskriminieren, werden die Grauwerte durch beliebig zugeordnete Farben ersetzt (schwarz = reflexlos über grün, blau, rot, gelb bis weiß = reflexreich). Mittels dieser Farbkodierung mit 256 Farbenstreifen, ist eine bessere Diskriminierung einzelner Strukturen auf dem Bildschirm möglich. Eine region of interest <ROI> oder eine structure of interest <STOI> kann über Vermessungslinien direkt am Bildschirm ausgemessen werden. Das Rechnersystem legt dabei eine mittlere Schallausbreitungsgeschwindigkeit von 1580 m/sec. in der Haut zugrunde. Das Sonogramm wird zwar auf dem Bildschirm maßstabsgetreu, jedoch mit unterschiedlichen Vergrößerungsfaktoren für die Tiefe (ca. 24 x) und die Breite (ca. 8 x) wiedergegeben Es wurde mit einem standardisierten Verstärkungsfaktor von 27 db gearbeitet. Für die Dokumentation der Psoriasisplaques wurde sonographisch die Dicke des Eintrittsechos (EE), des echoarmen Bandes (ELB) und die Koriumdicke in µm bestimmt. Zudem wurde eine Messung der Koriumdichte (inklusive des echoarmen Bandes) durchgeführt. 2.1.1.1 Hochfrequenter Ultraschall in der Dermatologie Ultraschallgeräte mit einer niedrigen Frequenz (3,5-7,5 MHz) werden in anderen Gebieten der Medizin seit längerer Zeit routinemäßig eingesetzt. Erst der hochfrequente Ultraschall mit einer Frequenz über 20 MHz erlaubt die Darstellung der Haut in einem Maßstab, welcher gut mit histologischen Bildern verglichen werden kann. Das höhere Auflösungsvermögen der 20 MHz-Ultraschallgeräte ermöglicht es, im Gegensatz zu den niedrigfrequenten Ultraschallgeräten, eine bessere Darstellung der nur wenige Millimeter dicken Haut 118-121. Die ersten Hautdickenmessungen wurden mittels A-Mode-Ultraschallgeräten

34 durchgeführt 122-125. Die heutigen Ultraschallgeräte arbeiten überwiegend im zweidimensionalen B-Mode-Verfahren, da dieser Modus eine topographische Zuordnung der Echophänomene ermöglicht 118;119;123. Studien konnten belegen, dass mit dieser Technik reproduzierbare Ergebnisse erreicht werden können 126-128. Ausgehend von der Fähigkeit des Ultraschalls zur Dickenmessung von Objekten und Strukturen wurde der Ultraschall zur Bestimmung der Tiefenausdehnung von Brandverletzungen, Kontrollen von Wundheilungsverläufen 123 sowie Hautdickenbestimmungen bei der langfristigen Anwendung lokaler Kortikosteroide eingesetzt 129. Insbesondere bei der Beurteilung bzw. Verlaufsbeobachtung von entzündlichen Hauterkrankungen hat sich die 20 MHz-Sonographie in der Dermatologie etabliert: Die Hautveränderungen bei zirkumskripter Sklerodermie lassen sich in ihrem Verlauf durch die hochauflösende Sonographie besonders sensitiv erfassen. Das verdickte und verdichtete Korium sowie Progression und Regression der Sklerodermieplaques können gut und vor allen Dingen objektiv dokumentiert werden, zudem kann zwischen dem entzündlichen (ödematösen) und dem sklerotischen Stadium differenziert werden 120;130-132. Beim Lichen ruber planus, der Psoriasis vulgaris oder bei chronischen oder akuten Ekzemen kann histologisch u.a. ein dichtes Infiltrat im oberen Korium sowie eine Akanthose gesehen werden 13;133-137. Im Ultraschallbild spiegelt sich dies in einem mehr oder weniger breiten echoarmen Band (ELB = engl. Echo Lucent Band) unterhalb des Eintrittsechos wieder. Hauptsächlich wird die 20 MHz-Sonographie jedoch routinemäßig zur präoperativen Dickenbestimmung von malignen oder semimalignen Hauttumoren eingesetzt 126-128. Nach Verbesserung der Technik sind die Indikationen zur Sonographie kontinuierlich erweitert worden. Sie reichen von der Dokumentation der Induratio penis plastica, der Untersuchung der Testes 138, bis zur Möglichkeit der Infiltratmessung bei Typ IV Reaktionen 139.