Bekleidung und Umwelt



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WWF Deutschland Reinhardtstraße 14 10117 Berlin Tel.: 0 30/30 87 42-0 Direkt: -12 Fax: 0 30/30 87 42 50 ehlers@wwf.de berlin@wwf.de www.wwf.de Hintergrundinformation Berlin, Juli 2010 Bekleidung und Umwelt Kleidung gehört zu den Grundbedürfnissen der Menschen. Sie dient dem Schutz vor Kälte Wind und Regen und ist zugleich Ausdruck der Persönlichkeit. Im europäischen Raum begann der Mensch vermutlich in der Altsteinzeit damit, sich in Tierfelle zu hüllen. In der Mittelsteinzeit entwickelte sich so etwas wie eine Mode. Mit der Erfindung von Stoffen aus Wolle und Leinen nahm die Vielfalt der Kleidungsstücke zu. Später wurde über die Tracht die soziale Stellung angezeigt. Dies diente dazu, die gesellschaftliche Hierarchie kenntlich zu machen und einen übermäßigen Kleiderkonsum zu vermeiden. In der der französischen Revolution fielen die Kleiderordnungen und jeder konnte sich an der Mode beteiligen. Ab dem 20. Jahrhundert wurde die Mode immer schnelllebiger, in den 1950er Jahren begann der saisonale Modewechsel, inzwischen wechseln Trends noch häufiger. [1] Weltfaserproduktion Früher wurde Textilien vor allem aus Wolle hergestellt. Heute sind Chemiefasern die am häufigsten zum Einsatz kommenden Fasern, gefolgt von Baumwolle. Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Anteile der verschiedenen Faserarten von 1900 bis 2008. Im selben Zeitraum vervielfachte sich Produktion und Verbrauch an Fasern um fast das achtzehnfache von vier Mio. Tonnen auf 70 Mio. Tonnen. [4] Auch wenn der Anteil von Baumwolle an der Weltfaserproduktion in den letzten hundert Jahren stetig abgenommen hat, haben sich die absoluten Baumwollproduktionsmengen fast verachtzehnfacht (1900: 3,2 Mio. t; 2008: 23,3 Mio. t). [4] Baumwolle Im Jahr 2009/10 war China mit knapp einem Drittel der Weltproduktion der größte Baumwollproduzent, gefolgt von Indien (23%), den USA (12%) und Pakistan (10%). Gleichzeitig gehört China mit 41 Prozent zu den größten Verbrauchsländern von Baumwolle, gefolgt von Indien (17%), Pakistan (10%) und der Türkei (5%). [5] Chemiefasern Chemiefasern zur Textilproduktion werden nach Herkunft der Polymere in Fasern aus cellulosischen und synthetischen Polymeren unterschieden: Die bekannteste cellulosische Chemiefaser ist Viskose, die aus der in Holz enthaltenen Cellulose gewonnen wird. Zu den synthetischen Chemiefasern zählen Polyamid, Polyacryl und Polyester, die durch chemische Umwandlung aus Erdöl gewonnen werden. Die Produktion von Chemiefasern begann um 1900 mit der Herstellung von Viskose (Weltproduktion 1.000 t). In den 1930er Jahren kamen weitere industriell hergestellte Fasern hinzu, die Produktionsmengen stiegen weltweit bis 2008 auf 44,6 Mio. Tonnen, davon 3,2 Mio. Tonnen cellulosische Fasern und 41,4 Mio. Tonnen synthetische Fasern. [2]

WWF Deutschland Reinhardtstraße 14 10117 Berlin Tel.: 0 30/30 87 42-0 Direkt: -12 Fax: 0 30/30 87 42 50 ehlers@wwf.de berlin@wwf.de www.wwf.de Abbildung 1: Weltfaserproduktion Entwicklung der Produktionsmengen und der Anteile der Faserarten von 1900 bis 2006 [2] (eigene Darstellung) In deutschen Kleiderschränken Jede und jeder Deutsche verbraucht pro Jahr durchschnittlich rund 11 Kilogramm Bekleidungstextilien. Hierfür werden rund 430 ausgegeben. Das entspricht etwa fünf Prozent der monatlichen Konsumausgaben. Anfang der 1960er Jahre entfielen noch zwölf Prozent der Konsumausgaben auf Bekleidung und Schuhe. [ 6, 7,8,9] Im Jahr 2009 importierte Deutschland Bekleidung im Wert von 21.414 Mio.. Die wertmäßig meiste Bekleidung wird aus China nach Deutschland importiert (22%), gefolgt von der Türkei (16%), Bangladesch und Rumänien (je 5%). Aus dem Reich der Mitte werden insbesondere Baumwollhosen, T-Shirts und Unterhemden bezogen. [10, 11] Umweltauswirkungen Umweltauswirkungen entstehen entlang des gesamten Lebenswegs eines Textils: von der Gewinnung der Rohstoffe und der Herstellung der Fasern über die Textilproduktion, den Gebrauch bis hin zur Entsorgung. Insgesamt werden durch Bekleidung in Deutschland mehr als drei Prozent der Umweltauswirkungen durch privaten Konsum verursacht. [12] Wasserverbrauch Insbesondere der Anbau von Baumwolle ist sehr wasserintensiv: Die Produktion eines Kilogramms Baumwollfasern verschlingt 22.000-25.000 Liter Wasser. [13, 14] Durch die nach Deutschland zumeist in Form von Bekleidungsstücken importierte Baumwolle

werden so pro Jahr 5.464 Mio. m³ Wasser in der Welt verbraucht: in Indien (988 Mio. m³), der Türkei (760 Mio. m³), Pakistan (365 Mio. m³), Usbekistan (356 Mio. m³), Bangladesch (348 Mio. m³) und in China (262 Mio. m³) (vgl. Abbildung 3). [15] Pro Kopf entspricht das einem Wasserverbrauch von rund 180 Litern pro Tag nur für Baumwolltextilien. Zum Vergleich: pro Kopf und Tag lag der Wasserverbrauch 2007 in Deutschland bei 122 Litern. [16] Abbildung 3: Weltkarte des deutschen Wasserfußabdrucks für die Produktion von Baumwolle [15] Problematisch daran ist insbesondere, dass dieses Wasser auch in Regionen verbraucht wird, in denen Wasser durchaus knapp ist (vgl. Abbildung 3). So hat die intensive Bewässerung um den Aralsee für den Baumwollanbau seit 1950/60 dazu geführt, dass der einst der viertgrößte See der Welt heute erheblich geschrumpft ist. Zudem ist sein Salzgehalt massiv gestiegen. Die Gegend um den See ist eine unfruchtbare Salzwüste geworden. [17, 18] Der Wasserbedarf für die Herstellung von Chemiefasern ist wesentlich geringer: der Wasserverbrauch für die Produktion eines Kilogramms Polyesterfasern wird mit 17 Litern Wasser angegeben, für die Herstellung eines Kilogramms Viskosefasern mit 350 Litern. [13, 14] Weiterer Ressourcenverbrauch Für die Produktion von synthetischen Chemiefasern wird Erdöl benötigt. Laut Aussage der Industrievereinigung Chemiefaser werden derzeit 0,8 Prozent des geförderten Erdöls zur Produktion synthetischer Chemiefasern eingesetzt. [14] Hinzu kommen fossile Energieträger, die während der Faserproduktion zur Erzeugung der benötigten Energie eingesetzt werden. Ein Vergleich des Energiebedarfs zur Produktion von Polyesterfasern und Baumwollfasern zeigt, dass

für die Baumwollfaserproduktion 40 Prozent weniger Energie aufgewandt werden muss. [13] Zur Produktion von Naturfasern und cellulosischen Chemiefasern wird hingegen Fläche benötigt [14]: 0,8 ha für eine Tonne cellulosische Chemiefasern, 1,3 ha für eine Tonne Baumwolle und 67 ha für eine Tonne Wolle. Weltweit summierte sich die zur Faserproduktion benötigte Fläche 2006 auf rund 1.300.000 Quadratkilometer. Wesentlich beim Flächenverbrauch ist neben der reinen Hektarzahl insbesondere jedoch die Art der Flächenbewirtschaftung. Im konventionellen Baumwollanbau werden große Mengen Pestizide und Düngemittel eingesetzt. Hinzu kommt der hohe Wasserbedarf. Treibhausgasemissionen Treibhausgasemissionen entstehen in der Textilproduktion insbesondere durch die Verbrennung fossiler Energieträger, insbesondere für Transporte und Energieerzeugung, aber auch durch den Einsatz von Chemikalien (Düngemittel, Pestizide, Farbstoffe und weitere Textilhilfsmittel). Ein Vergleich des Product Carbon Footprints von drei Bekleidungstextilien zeigt [19]: Entlang des Lebenswegs einer roten Polyacryl-Kinderjacke entstehen 55 kg Treibhausgase 1 pro kg Produkt, bei einem weißen Baumwoll-Long-Shirt 48 kg Treibhausgase pro kg Produkt und bei einer fuchsiafarbenen Baumwoll-Kapuzenjacke 30 kg Treibhausgase pro kg Produkt. Der Vergleich der Lebenswegabschnitte zeigt: Die Acrylfaserproduktion verursacht rund viermal so hohe Treibhausgasemissionen wie die Baumwollfaserproduktion (21,4 kg CO2e/kg im Vergleich zu 5,1 5,7 kg CO2e/kg). Während der Verarbeitung entstehen zwischen 8,3 und 13,5 kg CO2e/kg. In der Gebrauchsphase werden zwischen 11,3 und 14,9 kg CO2e/kg emittiert. Die Transporte inklusive der Distribution der Produkte liegen zwischen 2,6 und 4,8 kg CO2e/kg. Dies entspricht sieben bis zehn Prozent der Treibhausgasemissionen entlang des Lebenswegs des Textils. Toxische Substanzen In der Textilproduktion kommen auf verschiedenen Lebenswegstufen toxische Substanzen zum Einsatz: in der Faserproduktion, insbesondere durch den Einsatz von Pestiziden, im Herstellungsprozess (z.b. Farbstoffe, Bleichmittel, Schlichten, Ausrüstungschemikalien, Konservierungsmittel) und auch in der Gebrauchsphase ( Reinigung). Laut der schwedischen Chemikalienbehörde Kemikalieinspektionen wurde zur Produktion eines Baumwoll-T-Shirts das doppelte bis vierfache des T-Shirt-Gewichts an Chemikalien eingesetzt, darunter Pestizide, Tenside, Komplexbildner, Formaldehyd, Farbstoffe und Pigmente. Bei einem Viskosepullover sieht die Bilanz noch schlechter aus: zur Produktion wird das fünf bis siebenfache des Produktgewichts an Chemikalien eingesetzt, darunter Natriumhypochlorid, Tenside, Formaldehyd, Sulfide, Schwefelsäure, Natriumdithionit, Komplexbildner und Farbstoffe. [20] Pestizideinsatz im Baumwollanbau 1 Treibhausgasemissionen angegeben in CO2- Äquivalenten (CO2e) Im konventionellen Baumwollanbau werden rund zehn Prozent der weltweit eingesetzten Pestizide eingesetzt, bei Insektiziden entfallen sogar 25

Prozent auf den Baumwollanbau. Die am häufigsten eingesetzten Pestizide sind Malathion, Aldicarb und Parathion alle seitens des Pestizid-Aktions-Netzwerks (PAN) als hochgefährlich eingestuft. [21, 22] Die negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Baumwollarbeiter/innen und die Umwelt durch den Einsatz von Pestiziden sind bekannt: Die gesundheitlichen Auswirkungen reichen von chronischen Schädigungen unterschiedlicher Art (Pestizide können Krebs auslösen, das Erbgut schädigen, reproduktions- oder neurotoxisch wirken, hormonell wirksam sein, etc.) bis zu akuten Vergiftungen nach Angaben von PAN vergiften sich jährlich rund 3 Mio. Menschen weltweit mit Pestiziden; [22] darüber hinaus belasten Pestizide Böden und Gewässer und neben den Zielorganismen können auch andere Organismen in Mitleidenschaft gezogen werden durch akute Vergiftungen oder chronische Schädigungen. Der kontrolliert ökologische Baumwollanbau bietet hier viele ökologische Vorteile und Vorteile für die Gesundheit der Arbeiter/innen: nicht nur der Einsatz von Pestiziden und künstlichen Düngemitteln ist verboten, gentechnisch veränderte Pflanzen kommen ebenfalls nicht zum Einsatz. Und vielfach sind auch die sozialen Bedingungen im ökologischen Anbau für die Arbeiter/innen besser. [23] Gentechnik Rund 43 Prozent der weltweiten Baumwollproduktionsfläche wurden 2007 mit gentechnisch veränderten Baumwollpflanzen bebaut (15 Mio. ha). Die Hauptanbauländer gentechnisch veränderter Baumwolle sind die USA, China und Indien. [23] Angepflanzt wird Baumwolle, der ein Gen des Bakteriums Bacillus thuringiensis eingepflanzt wurde, das die Baumwollpflanze veranlasst, ein Toxin zu produzieren, das den Baumwollkapselbohrer schädigt, sog. Bt-Baumwolle; Pestizid-resistente Sorten und Sorten, denen sowohl das Bt-Gen als auch eine Pestizidresistenz eingebaut wurde. Der avisierte Nutzen (höhere Erträge, geringere Kosten durch weniger Pestizideinsatz) ist fraglich: Beim Baumwollkapselbohrer konnten inzwischen Resistenzen nachgewiesen werden, so dass das von der Baumwollpflanze produzierte Bt-Toxin keine Wirkung gegen diesen Schädling mehr hat und auch bei Pestizid-resistenten Sorten steigt der Pestizideinsatz nach und nach aufgrund von Resistenzbildungen bei den Schädlingen immer weiter an. [23, 24] Dem vermeintlichen Nutzen stehen zudem negative soziale Auswirkungen und ökologische Risiken gegenüber: Das patentierte Saatgut ist in der Regel wesentlich teurer als konventionelles, zudem darf das Saatgut nicht selbst erzeugt werden (oder nur gegen Gebühren). Dies kann insbesondere in ärmeren Ländern fatale Abhängigkeiten hervorrufen; Der Anbau in Monokulturen führt zu einem Verlust der Biodiversität, es besteht die Gefahr von Auskreuzungen, Resistenzbildungen können negative Auswirkungen auf Wildpopulationen haben. Ökosysteme Negative Auswirkungen auf Ökosysteme hat unser Textilverbrauch insbesondere durch den Anbau von Baumwolle in Monokulturen, die zu einem Verlust an Biodiversität führen. Auch der mit dem Monokulturanbau einhergehende

Pestizideinsatz, führt aufgrund von Einträgen toxischer Substanzen in Böden und Gewässer zu Schäden in Ökosystemen. Doch auch wenn für die Produktion synthetischer Fasern laut Angaben der Industrievereinigung Chemiefaser derzeit nur knapp ein Prozent des weltweit geförderten Rohöls eingesetzt wird [14], sind die Risiken die mit der Rohölförderung und dem Transport von Erdöl verknüpft sind erheblich.. Konsumverhalten Nicht zuletzt entscheiden die Konsumenten über die Umweltauswirkungen von Kleidung. Ein wesentlicher Faktor durch den die ist die Menge der konsumierten Textilien: weniger und dafür langlebigere Textilien tragen dazu bei, die Umweltauswirkungen wesentlich zu verringern. Auch der Kauf von Bekleidung aus ökologisch produzierten Naturfasern, z.b. aus Baumwolle aus kontrolliert biologischem Anbau, verringert die Umweltbelastungen spürbar. Art und Dauer der Nutzung des Textils sowie die Energieeffizienz der eingesetzten Haushaltsgeräte spielen ebenfalls eine Rolle. häufiges Waschen bei hohen Temperaturen verschlechtert die Bilanz ebenso wie der Einsatz von Wäschetrockner. Hingegen sinken die Umweltauswirkungen durch effiziente Geräte: [19] Durch den Einsatz einer hoch energieeffiziente Waschmaschine und eines ebensolchen Wäschetrockners können die Treibhausgasemissionen in der Gebrauchsphase im Vergleich zum Durchschnitt um rund 30 Prozent gesenkt werden. Durch die Reduktion der Waschtemperatur von 60 C auf 30 C können die Treibhausgasemissionen in um 65 Prozent gesenkt werden, bei einer Reduktion der Waschtemperatur auf 40 C um 44 Prozent. Wird hingegen bei jedem Waschgang ein durchschnittlicher Wäschetrockner eingesetzt und im Anschluss das Bekleidungsstück gebügelt, steigen die Emissionen der Gebrauchsphase um mehr als das Dreifache. Verbraucherinformationen Für Textilien gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Umweltzeichen, die den Verbrauchern Informationen über Textilien geben. Dabei gibt es Label, die sich auf den Schadstoffgehalt der Textilien beziehen und weiter gehende Umweltzeichen, welche auch die Umweltauswirkungen bei der Produktion von Textilien bewerten. Einen Überblick und eine Einschätzung der verschiedenen Zeichen bietet die Internetseite www.label-online.de (Kategorie Bekleidung &Schuhe wählen). Grundsätzlich sind aus Sicht des WWF die Umweltzeichen zu bevorzugen, bei denen die gesamte Produktkette mit geprüft und bewertet wird. Weitere Informationen: Jörn Ehlers, Pressestelle WWF Deutschland, Tel.: 0 30/30 87 42-12, ehlers@wwf.de Autorin: Dr. Ulrike Eberle, Corsus Corporate Sustainability Literatur [1] Eberle, U.; Reichart, I.: Textilrecycling, Hans-Böckler- Stiftung, Düsseldorf, 1996 [2] Wiedemann, P.M.; Karger, C.; de Man, R.; Völkle, E.; Braunschädel-Hilger, J.; Claus, F.: Stoff- und Informationsströme in der Produktlinie Bekleidung; Arbeitsgemeinschaft Textil, 1992; S. 5 [3] Wiedemann, P.M.; Karger, C.; de Man, R.; Völkle, E.; Braunschädel-Hilger, J.; Claus, F.: Stoff- und Informationsströme in der Produktlinie Bekleidung; Arbeitsgemeinschaft Textil, 1992; S. 71 [4] Comité International de la Rayonne et des Fibres Synthétiques (CIRFS): World production of cotton, wool & man-made fibres; www.cirfs.org; Stand 28. Mai 2010 [5] United States Department of Agriculture, Foreign Agricultural Service: Table 01 Cotton World Supply, Use, and Trade; www.fas.usda.gov/psdonline/psdhome.aspx

[6] Berechnet nach Fachverband textil-recycling: Die Sammlung von Alttextilien, o.j.; www.fachverband-textilrecycling.de [7] Berechnet nach Statistisches Bundesamt: Zahl der Woche Nr. 029 vom 28.7.2009 [8] Berechnet nach Statistisches Bundesamt: Pressemitteilung Nr. 476 vom 10.11.2005 [9] Statistisches Bundesamt: Erzeugung und Verbrauch von Nahrungsmitteln; Kap. 3: Konsumausgaben privater Haushalte für Nahrungsmittel, 2006, S. 31 [10]www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/ destatis/internet/de/content/statistiken/ Aussenhandel/Handelswaren/Tabellen/Content75/EinfuhrAus fuhrgueterabteilungen,templateid=renderprint.psml; Stand vom 28. Mai 2010 [11] Statistisches Bundesamt: Pressemitteilung Nr. 406 vom 27.09.2005 [12] Quack, D.; Rüdenauer, I.: Stoffstromanalyse relevanter Produktgruppen. Energie- und Stoffströme der privaten Haushalte in Deutschland im Jahr 2005. Freiburg, 2007 [13] Kalliala, E.M.; Nousiainen, P.: Life Cycle Assessment. Environmental profile of cotton and polyester fabrics. Autex Research Journal Vol. 1, No. 1, 1999 [14] Industrievereinigung Chemiefaser, Chemiefasern und Ökologie: Ressourcen; www.ivc-ev.de; Stand 28. Mai 2010 [15] WWF: Der Wasser-Fußabdruck Deutschlands. Frankfurt, 2009 [16] Statistisches Bundesamt: Pressemitteilung Nr. 277 vom 2.10.2009 [17] http://na.unep.net/digital_atlas2/webatlas.php? id=11 [18] http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/ 0,1518,427867,00.html [19] Systain: Carbon Footprint of selected textiles. Results. Long-Shirt Boysen s white, Sweat-Jacket Cotton made in Africa fuchsia, Acrylic Children Jacket red. Joint Research Project. FKZ 3707 95 304, Hamburg 2009 [20] Olsson, E.; Posner, S.; Roos, S.; Wilson, K.: Kartläggning av kemikalieanvändning i kläder, Swerea IVF, Uppdragsrapport, 09/52 [21] www.pan-germany.net/baumwolle/de/hintergrund.html; Stand 26. Mai 2010 [22] Perschau, A./Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN): Konventioneller oder ökologischer Baumwollanbau eine Abwägung. Vortrag auf dem NABU-Workshop Baumwollanbau Transgen, Transfair, oder konventionell? am 9. Februar 2009 in Berlin [23] Sprenger U.: Transgener Baumwollanbau Folgen für die Biodiversität. Vortrag auf dem NABU-Workshop Baumwollanbau Transgen, Transfair, oder konventionell? am 9. Februar 2009 in Berlin [24] ECO-News Deutschland: Gefahren von Gentech- Pflanzen bestätigt. Baumwollschädling entwickelt Resistenzen gegen Pflanzenschutzmittel; 12. Februar 2008