LEGAL. Neue Pflichten für Anteilseigner und Gesellschaften im Zuge der Umsetzung der GAFI-Empfehlungen. Therese Amstutz. kpmg.ch

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Transkript:

LEGAL Neue Pflichten für Anteilseigner und Gesellschaften im Zuge der Umsetzung der GAFI-Empfehlungen Therese Amstutz kpmg.ch

Neue Pflichten für Anteilseigner und Gesellschaften im Zuge der Umsetzung der GAFI-Empfehlungen 7. April 2015 Therese Amstutz Zusammenfassung Im Zuge der Umsetzung der 2012 revidierten Empfehlungen der Groupe d action financière (GAFI), einer internationalen Organisation zur Bekämpfung der Geldwäscherei, der Terrorismusfinanzierung und der Finanzierung von Massenvernichtungswaffen, wird auch die Transparenz im Gesellschaftsrecht verbessert. Die Neuerungen könnten bereits Mitte 2015 in Kraft treten. Betroffen sind zunächst Transaktionen mit nicht kotierten Aktien. Der Erwerb von Inhaberaktien muss inskünftig der Gesellschaft gemeldet werden. Ebenfalls zu melden sind die wirtschaftlich berechtigten natürlichen Personen eines Erwerbers von Inhaber- oder Namenaktien, sofern mit dem Erwerb der Schwellenwert von 25% des Aktienkapitals oder der Stimmen erreicht oder überschritten wird. Die Gesellschaften ihrerseits müssen über die ihnen gemeldeten Inhaberaktionäre und wirtschaftlich Berechtigten ein Verzeichnis führen. Das Verzeichnis, wie übrigens auch das Aktienbuch bei Namenaktien, muss so geführt werden, dass in der Schweiz jederzeit, auch durch einen in der Schweiz wohnhaften Gesellschaftsvertreter, darauf zugegriffen werden kann. Als Meldestelle für den Erwerb von Inhaberaktien und die wirtschaftlich Berechtigten an Inhaberaktien als auch für die diesbezügliche Verzeichnisführung kann ein Finanzintermediär bezeichnet werden. Wenn und solange der Aktienerwerber die verlangten Meldungen nicht erstattet, ruhen die Mitgliedschafts- und Vermögensrechte aus den betreffenden Aktien. Die Vermögensrechte verwirken sogar, sollte der Erwerber seiner Meldepflicht auch innert Monatsfrist nach dem Erwerb nicht nachkommen. Wird die Meldung später nachgeholt, kann der Erwerber nur noch die ab diesem Zeitpunkt entstehenden Vermögensrechte geltend machen. Die genannten Neuerungen für nicht kotierte Namenaktien gelten sinngemäss auch für alle Inhaber von GmbH-Stammanteilen und GmbH. Genossenschaften schliesslich sind neu verpflichtet, über sämtliche Genossenschafter ein Verzeichnis zu führen. Beim Inkrafttreten des neuen Rechts müssen die Inhaberaktionäre ihre in diesem Zeitpunkt gehaltene Beteiligung innert sechs Monaten melden, ansonsten verwirken die Vermögensrechte, die mit diesen Aktien verbunden sind. Anteilsinhaber bzw. Leitungsorgane der betroffenen Gesellschaften sollten rasch die nötigen Vorbereitungsmassnahmen treffen, damit sie nach Inkrafttreten des neuen Rechts den Transparenz- Pflichten unverzüglich nachkommen können. Andernfalls drohen die Suspension oder gar der Verlust von Anteilsinhaber-Ansprüchen bzw. eine Haftung der Leitungsorgane. 1

1. Ausgangslage Am 12. Dezember 2014 haben die eidgenössischen Räte das Bundesgesetz zur Umsetzung der 2012 revidierten Empfehlungen der Groupe d action financière (GAFI) verabschiedet (GAFI-Gesetz). 1 Die GAFI 2 ist eine 1989 gegründete internationale Organisation zur Bekämpfung der Geldwäscherei, der Terrorismusfinanzierung und der Finanzierung von Massenvernichtungswaffen mit 36 Mitgliedern, darunter die Schweiz. 3 Die 2012 revidierten Empfehlungen der GAFI äussern sich insbesondere dazu, wie Aktiengesellschaften das Vorhandensein von Informationen über die Aktionäre, namentlich der Inhaberaktionäre, und den Zugang der zuständigen Behörden zu diesen Informationen gewährleisten. Sodann sollen laut den GAFI-Empfehlungen die wirtschaftlich Berechtigten an den Aktien bei einer Beteiligung ab einem bestimmten Schwellenwert erfasst werden. 4 Neben den Empfehlungen der GAFI werden mit dem neuen Erlass auch Anliegen des sogenannten Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes (Global Forum) umgesetzt. Bei diesem handelt es sich um eine multinationale Struktur mit 125 Mitgliedern, darunter die Schweiz, welche sich der Transparenz und dem Informationsaustausch für Steuerzwecke widmet. 5 Das Global Forum verlangt von seinen Mitgliedern namentlich, dass die zuständigen nationalen Behörden Zugang zu den Informationen erhalten, welche die Feststellung der rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentümer von juristischen Personen erlauben. 6 Ein wichtiger Regelungspunkt des GAFI-Gesetzes ist deshalb die Verbesserung der Transparenz von juristischen Personen durch Massnahmen, die nicht kotierte Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien und die Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten an nicht kotierten juristischen Personen betreffen. 7 Die Umsetzung der Massnahmen gemäss GAFI-Gesetz erfolgt nicht in diesem selbst, sondern über die Änderung der jeweils einschlägigen Erlasse, im Fall der Verbesserung der Transparenz bei juristischen Personen über Änderungen im Obligationenrecht, konkret im Gesellschaftsrecht. 8 Nachfolgend sollen diese Änderungen näher erläutert werden. Die weiteren Regelungspunkte und Umsetzungsmassnahmen des GAFI-Gesetzes 9 bilden nicht Gegenstand dieses Beitrags. 1 BBl 2014 9689 ff. 2 Auch bekannt unter der englischen Bezeichnung Financial Action Task Force (FATF). 3 Botschaft, BBl 2014 611; Glanzmann/Spoerlé, S. 7. 4 Botschaft, BBl 2014 614 f. Die massgebliche Empfehlung 24 der GAFI mit dem Titel «Transparency and beneficial ownership of legal persons» lautet wie folgt: «Countries should take measures to prevent the misuse of legal persons for money laundering or terrorist financing. Countries should ensure that there is adequate, accurate and timely information on the beneficial ownership and control of legal persons that can be obtained or accessed in a timely fashion by competent authorities. In particular, countries that have legal persons that are able to issue bearer shares or bearer share warrants, or which allow nominee shareholders or nominee directors, should take effective measures to ensure that they are not misused for money laundering or terrorist financing. ( )». (The FATF Recommendations, S. 22). 5 Vgl. Website des Global Forum unter http://www.oecd.org/tax/transparency/abouttheglobalforum.htm, zuletzt besucht am 30. März 2015; Glanzmann/Spoerlé, S. 7. 6 Botschaft, BBl 2014 615; Glanzmann/Spoerlé, S. 8. 7 Botschaft, BBl 2014 607. 8 GAFI-Gesetz, Ziff. I.2, BBl 2014 9690 bis 9694. 9 Die weiteren Regelungspunkte und Umsetzungsmassnahmen sind die Folgenden: (1) die Konkretisierung der Pflichten der Finanzintermediäre bei der Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten, (2) die Ausweitung des Begriffs der politisch exponierten Personen (PEP), (3) die Qualifizierung von schweren Steuerdelikten als Vortaten zur Geldwäscherei, (4) die Pflicht für Händler, bei Bargeldzahlungen über CHF 100,000 entweder einen Finanzintermediär beizuziehen oder Sorgfaltspflichten zu beachten, (5) die Stärkung der Wirksamkeit des Meldesystems bei Verdacht auf Geldwäscherei, (6) die Verbesserung der Umsetzung des GAFI-Standards über die gezielten Finanzsanktionen im Zusammenhang mit Terrorismus und Terrorismusfinanzierung und (7) Handelsregister-Eintragungspflicht für kirchliche und Familien- Stiftungen. Entsprechend werden neben dem OR auch das ZGB, das SchKG, das StGB, das Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht, das Kollektivanlagengesetz, das Geldwäschereigesetz und das Bucheffektengesetz geändert (BBl 2014 9689 ff.). 2

2. Neue Meldepflichten des Aktionärs 2.1 Meldung bei Erwerb von Inhaberaktien Erwerber von Inhaberaktien von Gesellschaften, deren Aktien nicht börsenkotiert sind, müssen der Gesellschaft den Erwerb samt ihren Identifikationsdaten (Vor- und Nachname bzw. Firma und Adresse) innert Monatsfrist melden (Art. 697i Abs. 1 E-OR). 10 Gleichzeitig hat der Erwerber den Besitz an den erworbenen Aktien nachzuweisen und sich zu identifizieren. Der Besitznachweis kann beispielsweise durch Vorlage des Originals oder einer Kopie der erworbenen Aktien erbracht werden. 11 Die Identifikation ist anhand eines amtlichen Ausweises mit Fotografie 12 (natürliche Personen) bzw. durch einen Handelsregisterauszug (juristische Personen) vorzunehmen (Art. 697i Abs. 2 lit. a und b E-OR). Im Fall von ausländischen juristischen Personen verlangt das Gesetz einen aktuellen beglaubigten Handelsregisterauszug oder eine gleichwertige Urkunde (Art. 697i Abs. 2 lit. c E-OR). 13 Für diese Meldepflicht gibt es keine Schwellenwerte; somit ist der Erwerb auch nur einer einzigen Inhaber aktie meldepflichtig. 14 Der Aktionär muss der Gesellschaft überdies jede Änderung seines Vor- oder Nachnamens oder seiner Firma sowie seiner Adresse melden (Art. 697i Abs. 3 E-OR). Das Gesetz macht jedoch keine Angaben dazu, innert welcher Frist dies zu erfolgen hat. Die Meldepflicht ist auf den Erwerb von Inhaberaktien beschränkt. Sie gilt jedoch aufgrund der Verweisungsnorm von Art. 656a Abs. 2 OR auch für den Erwerb von Inhaberpartizipationsscheinen. 15 Gemäss Wortlaut von Art. 697i Abs. 1 E-OR betrifft die Meldepflicht nur Gesellschaften, «deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind». Es stellt sich die Frage, was gilt, wenn eine Gesellschaft mehrere Kategorien von Beteiligungsrechten hat (z.b. Namen- und Inhaberaktien und evt. noch Partizipationsscheine), aber nicht alle dieser Titel-Kategorien kotiert sind. Äusserungen in der Botschaft könnten so verstanden werden, dass die Ausnahme von der Meldepflicht nur greifen soll, wenn alle Aktien der Gesellschaft oder doch zumindest die betreffenden Inhaberaktien kotiert sind. 16 In diesen Fällen, so die Botschaft, werde die Transparenz durch die börsen- und gesellschaftsrechtliche Offenlegung gemäss Art. 20 BEHG und Art. 663c E-OR sichergestellt. Nach den beiden Bestimmungen sind Beteiligungen ab einem Schwellenwert von 3% (Art. 20 BEHG) bzw. mehr als 5% (Art. 663c OR) der Stimmrechte an Gesellschaften, bei denen mindestens eine Kategorie eines Beteiligungspapiers kotiert ist, offenzulegen, unabhängig davon, ob die Titel, welche diese Beteiligung vermitteln, selbst kotiert sind oder nicht 17. Somit sollte die Ausnahme von der Meldepflicht gemäss Art. 697i E-OR auch dann gelten, wenn mindestens eine von mehreren Kategorien von Beteiligungspapieren der Gesellschaft kotiert ist, wobei es sich bei dieser kotierten Titel-Kategorie nicht zwingend um diejenige der erworbenen Inhaber aktien handeln muss. 18 Ausgenommen von der Meldepflicht werden diejenigen nicht börsenkotierten Inhaberaktien, welche als Bucheffekten im Sinne des Bucheffektengesetzes (BEG) ausgestaltet sind (Art. 697i Abs. 4 E-OR). Das kann nur bei Titeln der Fall sein, welche bei einer Verwahrungsstelle in der Schweiz zur Sammelverwahrung oder als Globalurkunde(n) hinterlegt oder im Hauptregister einer solchen Verwahrungsstelle (z.b. demjenigen der SIX SIS AG) als Wertrechte eingetragen worden sind (Art. 6 BEG). 10 In der Lehre wird die Auffassung vertreten, dass zusätzlich auch die Anzahl erworbener Inhaberaktien gemeldet werden müssten (Glanzmann/Spoerlé, S. 11). 11 Botschaft, BBl 2014 658. 12 Der Ausweis ist im Original oder als Kopie vorzulegen (Art. 697i Abs. 2 lit. a E-OR). 13 Als mögliche gleichwertige Urkunden nennt die Botschaft ein beglaubigtes Gesellschafsregister, Gründungsurkunden oder Statuten (Botschaft, BBl 2014 658). 14 Glanzmann/Spoerlé, S. 9; Kunz, Rz 25. 15 Glanzmann/Spoerlé, S. 9. 16 Vgl. Botschaft, BBl 2014 658 und 659: «Eine Meldepflicht besteht dann nicht, wenn die Aktien der Gesellschaft börsenkotiert sind. Bei börsenkotierten Inhaberaktien wird die Transparenz dadurch gewährleistet, dass bestimmte Aktionärsbeteiligungen (ab 3 Prozent der Stimmrechte) offenzulegen sind (Art. 663c OR sowie Art. 20 BEHG).» und «Diese Meldepflicht besteht nicht, wenn alle Aktien der Gesellschaft an der Börse gehandelt werden.». 17 Vgl. Weber, N 52 zu Art. 20 BEHG; von Ballmoos, S. 347; Watter/Maizar, N 12 und 15 zu Art. 663c OR. 18 Vgl. auch Glanzmann/Spoerlé, S. 10. 3

2.2 Meldung der wirtschaftlich berechtigten Personen Wer allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Aktien einer Gesellschaft, deren Aktien nicht kotiert sind, erwirbt und dadurch den Grenzwert von 25% des Aktienkapitals oder der Stimmen erreicht oder überschreitet, muss der Gesellschaft innert Monatsfrist Namen und Adresse der natürlichen Person melden, für die er letztendlich handelt, d.h. der wirtschaftlich berechtigten Person an diesen Aktien (Art. 697j Abs. 1 E-OR). Ausgenommen von der Pflicht zur Meldung der wirtschaftlich Berechtigten sind - mit derselben Begründung wie bei der Meldepflicht des Erwerbs von Inhaberaktien 19 wiederum Aktien von Gesellschaften mit börsenkotierten Aktien bzw. nach der hier vertretenen Auffassung mit mindestens einer Kategorie börsenkotierter Beteiligungspapiere und als Bucheffekten ausgestalteten Aktien (Art. 697j Abs. 1 und 3 E-OR). Wie bei der Pflicht zur Meldung des Erwerbs von Inhaberaktien hat der Aktionär auch jede Änderung des Meldesachverhalts (in diesem Fall Name und Adresse des wirtschaftlich Berechtigten) zu melden (Art. 697j Abs. 2 E-OR). Im Gegensatz zur Erwerbsmeldepflicht gilt die Pflicht zur Meldung der wirtschaftlich Berechtigten sowohl für Inhaber- als auch für Namenaktien von Gesellschaften ohne börsenkotierte Beteiligungspapiere. Aufgrund der Verweisungsnorm von Art. 656a Abs. 1 OR sind zudem die Meldungen auch beim Erwerb von Partizipationsscheinen zu machen. 20 Bei der wirtschaftlich berechtigten Person kann es sich laut Botschaft um den erwerbenden Aktionär selbst oder um einen Dritten handeln. 21 Da es jedoch immer eine natürliche Person sein muss, ist ein erwerbender Aktionär in der Form einer juristischen Person nie zugleich auch der wirtschaftlich Berechtigte. 22 Die Definition der wirtschaftlich berechtigten Person als natürliche Person, für welche der Erwerber letztendlich handelt, könnte so verstanden werden, dass sämtliche natürliche Personen zu melden wären, welche direkt Anteile an einer erwerbenden juristischen Person halten oder im Falle einer indirekten Beteiligung am Ende der Kontrollkette stehen, unabhängig von der Höhe dieser direkten oder indirekten Beteiligung. 23 Eine derart weite Begriffsumschreibung wird jedoch weder durch die einschlägigen GAFI-Empfehlungen verlangt noch entspricht sie dem Konzept des wirtschaftlich Berechtigten gemäss Geldwäschereigesetz. 24 Vielmehr wird dort der wirtschaftlich Berechtigte als natürliche Person definiert, welche eine juristische Person letztendlich durch eine qualifizierte direkte oder indirekte Beteiligung kontrolliert. 25 19 Botschaft, BBl 2014 659. Sowohl die börsenrechtliche als auch gesellschaftsrechtliche Pflicht zur Offenlegung von Beteiligungen umfasst die an den betreffenden Aktien wirtschaftlich Berechtigten (Art. 9 Abs. 3 und Art. 21 Abs. 3 BEHV-FINMA; Watter/Maizar, N 30 zu Art. 663c E-OR). 20 Sowohl der Ständerat als auch der Nationalrat haben einen Minderheitsantrag abgelehnt, welcher die Partizipationsscheine von der Meldepflicht gemäss Art. 697j E-OR hätte ausnehmen wollen (AB 2014 N 1968 und 1970; AB 2014 S 734). 21 Botschaft, BBl 2014 569. 22 Immerhin soll es laut Botschaft Situationen geben, in denen kein wirtschaftlich Berechtigter existiert. Als Beispiel wird eine gemeinnützige Organisation genannt. In einem solchen Fall müsse der Erwerber dies der Gesellschaft ebenfalls melden (Botschaft, BBl 2014 569). 23 Glanzmann/Spoerlé, S. 12; Botschaft, BBl 2014 659. 24 Glanzmann/Spoerlé, S. 12. 25 Im Vorentwurf vom 27. Februar 2013 verwies Art. 697j VE-OR für den Begriff der wirtschaftlich berechtigten Person noch explizit auf die Definition im ebenfalls revidierten Geldwäschereigesetz. Art. 2a Abs. 3 E-GwG lautet wie folgt: «Als wirtschaftlich berechtigte Personen einer operativ tätigen juristischen Person gelten die natürlichen Personen, welche die juristische Person letztendlich dadurch kontrollieren, dass sie direkt oder indirekt, allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten, mit mindestens 25 Prozent des Kapitals oder des Stimmenanteils an dieser beteiligt sind oder sie auf andere Weise kontrollieren. Können diese nicht festgestellt werden, so ist die Identität des obersten Mitglieds des leitenden Organs festzustellen.» In den FATF Recommendations, S. 110, wird der Begriff wie folgt definiert: «Beneficial owner refers to the natural person(s) who ultimately owns or controls a customer and/or the natural person on whose behalf a transaction is being conducted. It also includes those persons who exercise ultimate effective control over a legal person or arrangement.» 4

Die von Art. 697j Abs. 1 E-OR verwendete weite Definition des wirtschaftlich Berechtigten könnte namentlich bei Publikumsgesellschaften (d.h. Gesellschaften mit breit gestreutem Aktionariat), welche direkt oder über eine Tochtergesellschaft eine Beteiligung im Sinne dieser Bestimmung erwerben, zu Problemen führen. Sie müssten der Gesellschaft, deren Beteiligung erworben wurde, sämtliche natürlichen Personen melden, welche an der Publikumsgesellschaft direkt oder bei indirekter Beteiligung am Ende der Kontrollkette beteiligt sind. Dies, obwohl die Aktionäre der Publikumsgesellschaft in der Regel keiner gesellschaftsrechtlichen Meldepflicht unterliegen, da die Aktien entweder börsenkotiert oder doch zumindest als Bucheffekten ausgestaltet sein dürften. 26 Für viele Publikumsgesellschaften könnte es deshalb schwierig, wenn nicht gar unmöglich werden, die gemäss Art. 697j Abs. 1 E-OR als wirtschaftlich Berechtigte geltenden natürlichen Personen vollständig zu eruieren, um diese zu melden. 27 Die Angaben zu den wirtschaftlich berechtigten natürlichen Personen nach Art. 697j E-OR bilden laut Botschaft die «Hauptinformationsquelle im Hinblick auf die Feststellung der an der juristischen Person wirtschaftlich berechtigten Person im Sinne von Art. 2a Absatz 3 E-GwG». 28 Diese Bestimmung stipuliert, dass als wirtschaftlich berechtigte Personen einer operativ tätigen juristischen Person die natürlichen Personen gelten, welche die juristische Person letztendlich dadurch kontrollieren, dass sie direkt oder indirekt, allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten, mit mindestens 25% des Kapitals oder des Stimmenanteils an dieser beteiligt sind oder sie auf andere Weise kontrollieren; die Identität des obersten Mitglieds des leitenden Organs der operativ tätigen juristischen Person festzustellen ist, falls die wirtschaftlich berechtigten natürlichen Personen im obgenannten Sinne nicht festgestellt werden können. Im Weiteren hält Art. 4 Abs. 1 E-GwG fest, dass der Finanzintermediär auf die Feststellung der wirtschaftlich berechtigten natürlichen Personen verzichten könne, wenn die Vertragspartei eine börsenkotierte Gesellschaft oder eine von dieser mehrheitlich kontrollierte Tochtergesellschaft sei. Es sollte daher m.e. für Publikumsgesellschaften, deren Aktionäre wegen der in Art. 697f E-OR vorgesehenen Ausnahmen selbst nicht meldepflichtig sind, zulässig sein, die an ihr wirtschaftlich berechtigten natürlichen Personen in Anlehnung an die revidierten Regelungen des GwG zur Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Personen zu melden. 29 Das heisst, dass Gesellschaften mit börsenkotierten Beteiligungspapieren und die von diesen mehrheitlich kontrollierten Tochtergesellschaften in Anlehnung an Art. 4 Abs. 1 E-GwG auf eine Meldung der wirtschaftlich Berechtigten verzichten könnten, und Gesellschaften mit zwar nicht börsenkotierten, aber als Bucheffekten ausgestalteten Beteiligungspapieren die Meldung in Anlehnung an Art. 2a Abs. 3 E-GwG erstatten, mithin bei Unmöglichkeit der Fest stellung der wirtschaftlich berechtigten natürlichen Personen, die Identität des obersten Mitgliedes ihres leitenden Organs melden könnten. Ohne solche Erleichterungen bei der Eruierung der wirtschaftlich berechtigten Personen in Anlehnung an das GwG wäre m.e. die Meldepflicht gemäss Art. 697f E-OR für Publikumsgesellschaften in der Praxis kaum erfüllbar. 26 Vgl. auch Glanzmann/Spoerlé, S. 12, welches als paradox bezeichnen, dass nach Art. 697j E-OR die Meldepflicht bezüglich der Konzernuntergesellschaft u.u. weiter geht als diejenige bezüglich der Konzernobergesellschaft. 27 Vgl. auch Kunz, Rz 33. 28 Botschaft, BBl 2014 659. 29 Vgl. auch Glanzmann/Spoerlé, S. 12. 5

2.3 Alternative Meldung an einen Finanzintermediär Um die bei Inhaberaktien typische Anonymität gegenüber der Gesellschaft zu wahren oder auch aus Kosten- oder anderen Gründen 30, kann die Generalversammlung vorsehen, dass die Erwerbsmeldungen gemäss Art. 697i E-OR und die Meldungen der wirtschaftlich Berechtigten gemäss Art. 697j E-OR, soweit diese Inhaberaktien betreffen, statt an die Gesellschaft an einen vom Verwaltungsrat zu bezeichnenden Finanzintermediär erfolgen können (Art. 697k E-OR). Der Finanzintermediär muss die Gesellschaft jederzeit darüber informieren, bei welchen Inhaber aktien die vorgeschriebenen Meldungen erstattet und der Besitz nachgewiesen wurden (Art. 697k Abs. 3 E-OR). Geht es darum, die Anonymität gegenüber der Gesellschaft zu wahren, können sich diese Informationen auf bestimmte Aktien-Nummern beschränken, ohne Nennung des Aktionärs bzw. des wirtschaftlich Berechtigten. 31 30 Botschaft, BBl 2014 660. 31 Botschaft, BBl 2014 661. 6

3. Neue Transparenzpflichten der Gesellschaft 3.1 Verzeichnis über Inhaberaktionäre und wirtschaftlich Berechtigte sowie neue Vorschriften zum Aktienbuch Die Gesellschaften müssen über die ihnen gemeldeten Inhaberaktionäre und wirtschaftlich Berechtigten ein Verzeichnis führen. In diesem sind neben den gemeldeten Daten (Name bzw. Firma und Adresse) auch das Geburtsdatum (bei natürlichen Personen) und die Staatsangehörigkeit der Inhaberaktionäre festzuhalten (Art. 697l Abs. 1 und 2 E-OR). Letztere Daten sollte die Gesellschaft aus den bei der Erwerbsmeldung einzuverlangenden Identifikationsdokumenten ersehen können. 32 Falls die Gesellschaft für die Meldungen einen Finanzintermediär bestellt hat, ist allerdings dieser für die Führung des Verzeichnisses zuständig (Art. 697l Abs. 4 E-OR). 33 Die Gesellschaft muss das Verzeichnis - und neu auch das Aktienbuch - im Weiteren so führen, dass sie in der Schweiz jederzeit darauf zugreifen kann (Art. 686 Abs. 1 und Art. 697l Abs. 5 E-OR). Mindestens eine zur Vertretung der Gesellschaft berechtigte Person mit Wohnsitz in der Schweiz muss Zugang zum Aktienbuch und zum Verzeichnis haben, sofern letzteres nicht von einem Finanzintermediär geführt wird (Art. 718 Abs. 4 E-OR). 3.2 Aufbewahrung von Belegen zu Verzeichnis und Aktenbuch Alle Belege, welche den Einträgen im Aktienbuch und im Verzeichnis zugrunde liegen, muss die Gesellschaft nach der Streichung des Eigentümers oder Nutzniessers aus dem Aktienbuch bzw. nach der Streichung der Person aus dem Verzeichnis noch während zehn Jahren aufbewahren (Art. 686 Abs. 2 und Art. 697l Abs. 3 E-OR). Falls die Gesellschaft für die Meldungen einen Finanzintermediär bestellt hat, ist dieser für die Aufbewahrung der diesbezüglichen Belege zuständig (Art. 697l Abs. 4 E-OR). Im Falle der Liquidation der Gesellschaft ist neben den Geschäftsbüchern auch das Aktienbuch bzw. das Verzeichnis samt den diesem zugrunde liegenden Belegen noch während zehn Jahren nach der Löschung aufzubewahren (Art. 747 E-OR). 32 Botschaft BBl 2014 662. 33 Wenn die Gesellschaft sowohl Inhaber- als auch Namenaktien hat und für die Meldung der Erwerbe von Inhaberaktien sowie von wirtschaftlich Berechtigten an Inhaberaktien nach Art. 697k E-OR ein Finanzintermediär bezeichnet worden ist, stellt sich die Frage, ob dieser nach Art. 697l Abs. 4 E-OR das Verzeichnis auch betreffend diejenigen Personen führen kann, welche der Gesellschaft als wirtschaftlich Berechtigte an den Namenaktien gemeldet wurden. Zur diesbezüglichen Problematik vgl. Glanzmann/Spoerlé, S. 14 f. 7

4. Folgen bei Pflichtverletzung 4.1 Nichteinhaltung der Meldepflichten der Anteilsinhaber 4.1.1 Suspendierung der Mitgliedschafts- und Vermögensrechte Solange der Aktionär seinen Meldepflichten nicht nachkommt, sei dies (a) beim Erwerb von Inhaberaktien bezüglich seiner Identität und seinem Aktienbesitz (Art. 697i und Art. 697k E-OR) oder (b) beim Erreichen oder Überschreiten des Schwellenwerts von 25% des Kapitals oder der Stimmen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Inhaber- oder Namenaktien bezüglich der Identität der an diesen Aktien wirtschaftlich Berechtigten (Art. 697 und Art. 697k E-OR), ruhen die mit diesen Aktien verbundenen Mitgliedschaftsrechte (Art. 697m Abs. 1 E-OR); und kann der Aktionär die mit diesen Aktien verbundenen Vermögensrechte nicht geltend machen (Art. 697m Abs. 2 E-OR). Die Meldepflicht ist, wie gesehen, jeweils innert Monatsfrist seit dem Aktienerwerb zu erfüllen. Sie entsteht jedoch bereits mit dem Erwerb (Verfügungsgeschäft) 34. Somit ruhen die Mitgliedschafts- und Vermögensrechte auch schon ab diesem Zeitpunkt, wenn und solange die Meldung nicht erfolgt ist. Bei den von einer Suspendierung erfassten Mitgliedschaftsrechten handelt es sich laut Botschaft primär um das Stimmrecht. 35 In der Lehre wird argumentiert, dass daneben auch die übrigen Mitwirkungsrechte sowie die Informations- und Kontrollrechte gemäss Art. 689 bis Art. 697g OR betroffen seien. 36 Dazu gehören u.a. das Recht auf Teilnahme an der Generalversammlung, das Auskunftsrecht an der Generalversammlung, das Recht auf Bekanntgabe des Geschäfts- und Revisionsberichts sowie das Recht auf Einleitung einer Sonderprüfung. Da jedoch diese Rechte in der Regel 37 jedem Aktionär unabhängig vom Umfang seiner Beteiligung zustehen und die Suspendierung nur die vom nicht gemeldeten Erwerb betroffenen Aktien beschlägt (Art. 697m Abs. 1 E-OR), könnte der Aktionär die Rechte auch weiterhin ausüben, sofern er vor dem Erwerb bereits Aktionär war. Bei den von einer Suspendierung erfassten Vermögensrechten handelt es sich laut Botschaft primär um das Recht auf Dividendenausschüttung. 38 Ebenfalls zu dieser Rechtskategorie gehören das Recht auf Bauzinsen, der Anspruch auf einen Anteil am Liquidationsüberschuss sowie zum Teil das Bezugsund das Vorwegzeichnungsrecht. 39 4.1.2 Verwirkung der Vermögensrechte Kommt der Aktionär seinen Meldepflichten auch innert der hierfür angesetzten Monatsfrist nicht nach, verwirkt er die Vermögensrechte. Falls er später seine Meldepflichten nachholt, kann er nur noch die ab diesem Zeitpunkt entstehenden Vermögensrechte geltend machen (Art. 697m Abs. 3 E-OR). 34 Botschaft, BBl 2014 667; Glanzmann/Spoerlé, S. 9 und 17, weisen zudem zu Recht darauf hin, dass für die Geltendmachung der Mitwirkungs- und Vermögensrechte nicht die Erfüllung der Meldepflicht sondern die Erstattung der Meldung massgebend sei. Vgl. auch Botschaft, BBl 2014 665, wo bezüglich des analog zu Art. 697j Abs. 1 E-OR formulierten Art. 790a Abs. 1 E-OR trotz der zur Meldung eingeräumten Monatsfrist festgehalten wird, dass die Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten «unverzüglich» zu melden seien. 35 Botschaft, BBl 2014 662. 36 Glanzmann/Spoerlé, S. 16. 37 Das Gesuch an den Richter zur Einsetzung eines Sonderprüfers nach Ablehnung eines entsprechenden Antrags durch die Generalversammlung setzt eine Beteiligung von mindestens 10% des Aktienkapitals oder Aktien im Nennwert von CHF 2 Mio. voraus (Art. 697b Abs. 1 OR). 38 Botschaft, BBl 2014 662. 39 Glanzmann/Spoerlé, S. 17. 8

4.1.3 Pflichten des Verwaltungsrats bei Verletzung von Meldepflichten Der Verwaltungsrat muss gegebenenfalls unter Mitwirkung des bezeichneten Finanzintermediärs 40 sicherstellen, dass keine Aktionäre unter Verletzung der Meldepflichten ihre Rechte ausüben, namentlich für die betreffenden Aktien an der Generalversammlung stimmen oder Dividenden beziehen (Art. 697m Abs. 4 E-OR). Verletzt der Verwaltungsrat diese Pflicht, könnte dadurch eine Verantwortlichkeit nach Art. 754 OR begründet werden. Zudem wären Generalversammlungsbeschlüsse u.u. wegen der Teilnahme Unberechtigter gemäss Art. 691 OR anfechtbar. 41 4.1.4 Sanktionierung auch bei Verletzung der Meldepflicht im Falle von Änderungen? Unklar ist, ob die genannten Folgen einer Meldepflichtverletzung auch eintreten, wenn der Aktionär seiner Meldepflicht bezüglich der Änderungen bei seinem Namen bzw. seiner Firma und seiner Adresse bzw. dem Namen und der Adresse der wirtschaftlich Berechtigten gemäss Art. 697i Abs. 3 und Art. 697j Abs. 2 E-OR nicht nachkommt, zumal das Gesetz keine Angaben dazu macht, innert welcher Frist diese Pflicht zu erfüllen ist. Dass sich sowohl das Gesetz als auch die Botschaft mit Bezug auf die Sanktionen auf alle hier zur Diskussion stehenden Meldepflichten des Aktionärs beziehen 42, spricht eher für eine Anwendung der Sanktionen in diesen Fällen. 4.1.5 Keine strafrechtlichen Sanktionen Die im Entwurf des Bundesrats noch enthaltenen strafrechtlichen Sanktionen bei Verletzung der Melde pflicht wurden in der parlamentarischen Beratung ersatzlos gestrichen. 43 4.2 Nichteinhaltung der neuen Transparenz-Pflichten der Gesellschaft Bei Nichteinhalten der neuen Transparenz-Pflichten, namentlich der Pflicht zur Führung des Verzeichnisses zu den Inhaberaktien und den wirtschaftlich Berechtigten, sieht das neue Recht für die Gesellschaften keine Sanktionen vor. Die im Entwurf noch enthaltenen strafrechtlichen Sanktionen bei «Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Pflichten zur Führung von Verzeichnissen» 44 wurden im Verlaufe der parlamentarischen Beratungen ersatzlos gestrichen. 45 40 Botschaft, BBl 2014 663. 41 Glanzmann/Spoerlé, S. 18. 42 Art. 697m Abs. 1 E-OR spricht von «seinen Meldepflichten», die Botschaft von der «Meldepflicht nach den Artikeln 697i, 697j und 697k E-OR». 43 Entwurf, BBl 2014 712; AB 2014 S 172 f. 44 Entwurf, BBl 2014 712. 45 AB 2014 S 172 f. 9

5. Erleichterte Umwandlung von Inhaber- in Namenaktien Nach bisherigem Recht setzte die Umwandlung von Inhaber- in Namenaktien eine entsprechende Statutenklausel voraus (Art. 627 Ziff. 7 OR). Zudem unterlag der Umwandlungsbeschluss dem dispositiven Quorum der absoluten Mehrheit der vertretenen Aktienstimmen. Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Empfehlungen der GAFI zur Transparenz bei den Gesellschaften soll die Umwandlung von Inhaber- in Namenaktien erleichtert werden. Das Erfordernis einer Statutenklausel, welche diese Umwandlung erlaubt, wird daher gestrichen. 46 Im Weiteren gilt inskünftig für den Umwandlungsbeschluss der Generalversammlung zwingend das erleichterte Quorum der Mehrheit der abgegebenen Stimmen (Art. 704a E-OR). 46 BBl 2014 9690. 10