KINDESSCHUTZ. Referat am kantonalen Austauschtreffen «Kinder aus suchtbelasteten Familien» Jacqueline Büttner, Vizepräsidentin KESB Mittelland Süd



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Transkript:

KINDESSCHUTZ Referat am kantonalen Austauschtreffen «Kinder aus suchtbelasteten Familien» Jacqueline Büttner, Vizepräsidentin KESB Mittelland Süd

Überblick Zielsetzung dieses Referats Revision des ZGB KESB Die elterliche Sorge Kindeswohl/Kindeswohlgefährdung Ablauf eines Kindesschutzverfahrens (Fallbeispiel) Freiwilliger Kindesschutz Zivilrechtlicher Kindesschutz Fragen

Zielsetzung dieses Referats Die Teilnehmenden können aus diesem Referat Erkenntnisse für ihre Praxis gewinnen, insbesondere in welchen Bereichen die Revision des Erwachsenenschutzrechts Auswirkungen auf das Kindesrecht hat einen Einblick in den Unterschied zwischen freiwilligem und zivilrechtlichem Kindesschutz erhalten erhalten anhand eines Praxisbeispiels Einblick in den Ablauf eines zivilrechtlichen Kindesschutzverfahrens Bekommen Antworten auf dringende Fragen

Revision des ZGB Hauptsächlich Neuerungen im Erwachsenenschutz Punktuelle Auswirkungen im Kindesschutz Unverändertes Instrumentarium Art. 307-313 ZGB (Anpassung der Terminologie) Änderungen im Kindesvermögensrecht: Kindesvermögensinventar nur noch beim Tod eines Elternteils (Art. 318 ZGB)

Neue Behördenstruktur Professionalisierung der Behörde: - Fachbehörde - Spruchkörper von mindestens 3 Mitgliedern - Kindesund Erwachsenenschutzbehörde: KESB Verfahren: Stärkung der Rechtsposition des Kindes: Kind als Rechtssubjekt: Vertretung im Verfahren und verstärkter Rechtsschutz bei Unterbringung in geschlossener Einrichtung oder psychiatrischer Klinik

KESB-Kreise

Organisation KESB (Art. 2-15 KESG) Interdisziplinäre Fachbehörde: mindestens 3 Mitglieder Präsidium durch Juristin/Jurist Übrige Mitglieder: Universitäts- oder Fachhochschulabschluss in Rechts-/Wirtschaftswissenschaft, Sozialarbeit, Pädagogik, Psychologie, Medizin oder vergleichbare Ausbildung Hauptberufliche Tätigkeit, Teilzeit möglich Behördensekretariat: Abklärung und Beratung, Revisorat, Administration 134 Vollzeitstellen / ca. 180 Anstellungen Burgerliche KESB KESB Geschäftsleitung + Ausschuss

Zuständigkeiten der KESB Mehr als 60 gesetzliche Behördenaufgaben im Bereich des Erwachsenenschutzes Gegen 50 gesetzliche Behördenaufgaben im Bereich des Kindesschutzes / Kindesvermögensschutzes / Kindesrechts Neu auch zuständig für die Fürsorgerische Unterbringung (FU) von Erwachsenen Neue Aufgaben im Bereich der neuen Rechtsinstitute (eigene Vorsorge, gesetzliche Vertretung) Aufgaben gemäss Sterilisationsgesetz

Die elterliche Sorge Träger seit 1.7.2014 i.d.r. beide Elternteile Inhalt der es: Art. 301 ZGB, Pflege/Erziehung/Treffen der nötigen Entscheidungen im Allgemeinen Art. 301a ZGB, Aufenthaltsbestimmungsrecht Art. 302 ZGB, Erziehung, Förderung Schutz der körperlichen, geistigen und sittlichen Entfaltung des Kindes

Die elterliche Sorge (Forts.) dem Kind eine angemessene, seinen Fähigkeiten und Neigungen soweit möglich entsprechende allgemeine und berufliche Ausbildung verschaffen sollen in geeigneter Weise mit der Schule und, wo es die Umstände erfordern, mit der Jugendhilfe zusammenarbeiten sollen Art. 303 ZGB, religiöse Erziehung Art. 304 ZGB, gesetzliche Vertretung gegenüber Dritten

Kindeswohl Kindeswohlgefährdung Zentrale Begriffe im Kindesschutz Unbestimmte Rechtsbegriffe, d.h. im Gesetz findet sich keine Definition

Kindeswohl: Arbeitsdefinition Als Kindeswohl zu verstehen ist»die für die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes oder einer jugendlichen Person günstige Relation zwischen seiner Bedürfnislage und seinen Lebensbedingungen«. (Dettenborn, 2002, S. 62) JGK/ KESB Mittelland Süd /J. Büttner

Kindeswohlgefährdung Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, sobald «die ernstliche Möglichkeit* einer Beeinträchtigung des körperlichen, sittlichen, geistigen oder psychischen Wohls des Kindes vorauszusehen ist.» (Hegnauer, 1999, Grundriss N27.14) Konkrete Gefährdung muss noch nicht eingetreten sein * ist stets Ergebnis einer Gesamteinschätzung

Arten von Kindeswohlgefährdungen1 Vernachlässigung Körperliche Gewalt Psychische Gewalt Besuchsrechtskonflikte Sexuelle Gewalt

Ablauf eines Kindesschutzverfahrens Vom Eingang einer Gefährdungsmeldung bis zum Abschluss des Verfahrens - Fallbeispiel

Fallbeispiel Familie X. im Anhang

Melderecht, Art. 443 Abs. 1 ZGB Jede Person kann der Erwachsenenschutzbehörde Meldung erstatten, wenn eine Person hilfsbedürftig erscheint. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über das Berufsgeheimnis. Allgemeines Melderecht, gilt auch im Kindesschutz, vgl. Art. 314 Abs. 1 ZGB kein Verstoss gegen Datenschutz, ggf. aber gegen Vorschriften über das Berufsgeheimnis, Art. 321 StGB Träger eines Berufsgeheimnisses müssen sich von der Geheimhaltungspflicht durch Einwilligung oder vorgesetzte Behörde entbinden lassen

Meldepflicht (Art. 443 Abs. 2 ZGB) Wer in amtlicher Tätigkeit von einer solchen Person erfährt, ist meldepflichtig. Die Kantone können weitere Meldepflichten vorsehen. «in amtlicher Tätigkeit» weit auszulegen Verhältnis zu anderen Schweigepflichten: Geht Amtsgeheimnis, kantonalen Schweigepflichten und Berufsgeheimnis vor

Merkblatt und Formular JGK / Kantonales Jugendamt

Gefährdungsmeldung (GM) Formular Homepage Kantonales Jugendamt oder eigene Darstellung in Berichtsform mit Was ist das Problemverhalten? Wie äussert es sich? Welche Interventionen wurden getätigt durch die Melderin? Elternkooperation? Eltern informieren über GM ausser in besonders schwierigen Situationen (Vermutung physische, sexuelle Gewalt)

Leitfaden Kindesschutz

Leitfaden Kindesschutz Herausgeberin: Stiftung Kinderschutz Schweiz Postfach 6949 3001 Bern www. Kinderschutz.ch Autoren: Andrea Hauri/Marco Zingaro

Was geschieht nach dem Eingang der Meldung mit Familie X.? KESB prüft Zuständigkeit; ggf. Glaubwürdigkeit Eintritt der Rechtshängigkeit Mitwirkung Strafjustiz? Erste Einschätzung hinsichtlich Sofortmassnahmen und Zuteilung an BM weitere (Kurz-) Abklärungen ggf. superprovisorische oder vorsorgliche Massnahmen verfügen (Präsidium) ggf. Anordnung eines Verfahrensbeistands für das Kind

Vorsorgliche Massnahmen gemäss Art. 445 ZGB (i.v.m. Art. 314 ZGB) wenn Gefahr im Verzug ist, muss die Behörde rasch handeln können es ist von zentraler Bedeutung, dass die Massnahmen zum Wohl und zum Schutz hilfebedürftiger Personen rechtzeitig angeordnet werden können sie müssen notwendig und verhältnismässig sein, d.h. die auf dem Spiel stehenden (überwiegenden) Interessen können nicht anders gewahrt werden, der Verzicht auf die vorsorglichen Massnahmen hätte einen nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirkt keine Präjudizierung des Endentscheids

Und bei Familie X.? Eröffnung eines Abklärungsverfahrens/Auftrag an kommunalen Abklärungsdienst JGK / KESB Seeland

Zusammenfassung des Verfahrensablaufs Einstiegsphase Sachverhaltsabklärung (stellt sich im Abklärungsverfahren heraus, dass doch dringliche Massnahmen angezeigt sind, prüft und verfügt die KESB diese auf Antrag) Auswertung der Abklärungsergebnisse (Prüfung des Abklärungsberichts, ev. Einholen zusätzlicher Informationen) Anhörung des Kindes und der Kindeseltern Entscheidberatung und fällung (Besprechung in Kammer, Abschluss o.m. oder Verfügung einer M.)

KESB Entgegennahme Gefährdungsmeldung Eröffnung Verfahren, erste Abklärungen ev. Sofortmassnahmen Erteilung Abklärungsauftrag an Sozialdienst Entscheid und Abschluss Melder Übermittlung Gefährdungsmeldung Abklärung Sachverhalt, Mitwirkung Beteiligte und Dritte Versuch freiwillige Massnahmen Empfehlungen

Freiwilliger Kindesschutz kein staatlicher Eingriff in Elternrechte Schutz und Prävention durch rechtzeitige Inanspruchnahme werden behördliche Massnahmen oft überflüssig (Subsidiarität) z.b. Mütter- und Väterberatung; kommunale Sozialdienste; Erziehungsberatung; Fachstelle für Jugendberatung; Suchtprävention etc.

Empfehlung im Abklärungsbericht Familie X. «Ich empfehle, das Verfahren ohne weitere Massnahmen abzuschliessen. Den Eltern ist es sehr wichtig, ihrem Kind die Unterstützung zu geben, die es für eine gesunde Entwicklung braucht. Die Abklärung hat bewirkt, dass sie sich mit ihrer bisherigen Haltung, ihr Sohn sei noch zu klein, um zu realisieren, was in der Familie passiert, auseinandergesetzt haben. Sie sind bereit, die Erfahrungen und Empfehlungen von Fachleuten einzubeziehen und umzusetzen.» JGK / KESB Seeland

Zivilrechtlicher Kindesschutz

Massnahmen des Kindesschutzes Art. 307 ZGB geeignete Massnahmen (Ermahnung, Weisung, Erziehungsaufsicht) Art. 308 ZGB Beistandschaft (Erziehungsbeistandschaft; besondere Befugnisse; punktuelle Beschränkung der elterlichen Sorge Art. 310 ZGB Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts (Obhutsentzug) Art. 311 und 312 ZGB Entziehung der elterlichen Sorge

Grundsätze Subsidiarität Komplementarität Verhältnismässigkeit Verschuldensunabhängigkeit

Subsidiarität Kindesschutzmassnahmen werden nur dann angeordnet, wenn die Eltern bei gegebener Kindeswohlgefährdung nicht selber für Abhilfe sorgen oder dazu nicht in der Lage sind, Art. 307 Abs. 1 ZGB.

Komplementarität Kindesschutzmassnahmen sollen die Fähigkeiten der Eltern und ihre Verantwortung soweit es erforderlich ist ergänzen, und nicht verdrängen oder ersetzen.

Verhältnismässigkeit so viel wie nötig; so wenig wie möglich die Massnahme muss zweckmässig, erforderlich und zumutbar sein nicht mit Kanonen auf Spatzen, aber auch nicht mit Schrot auf Elefanten Abstufung der gesetzlich vorgesehenen Massnahmen

Verschuldensunabhängigkeit kein Verschulden der Eltern vorausgesetzt einzige Richtschnur ist Schutz und Wohlergehen des Kindes

Art. 307 ZGB, geeignete Massnahmen die Ermahnung soll die Erziehungsverantwortlichen oder das Kind an ihre jeweiligen Pflichten erinnern die Weisung ist eine verbindliche Anordnung zu einem bestimmten Tun, Unterlassen oder Dulden die Erziehungsaufsicht ist eine geeignete Person oder Stelle, der Einblick oder Auskunft zu erteilen ist

Art. 308 ZGB, Beistandschaft Abs. 1, Erziehungsbeistandschaft, «mit Rat und Tat» Abs. 2, besondere Befugnisse, z.b. Regelung von Vaterschaft und/oder Unterhalt; Überwachung des Besuchsrechts usw. Abs. 3, Beschränkung der elterlichen Sorge im Umfang der beistandschaftlichen Aufgaben

Art. 310 ZGB, Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts Abs. 1, Abwendung der Kindeswohlgefährdung durch Fremdunterbringung gegen den Willen der Eltern Abs. 2, Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf Gesuch der Eltern oder des Kindes, wenn Verbleib im gemeinsamen Haushalt unzumutbar erscheint und nicht anders geholfen werden kann Abs. 3, Rücknahmeverbot bei längerer Fremdplatzierung ohne Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts

Art. 311 und Art. 312 ZGB, Entziehung der elterlichen Sorge Art. 311 ZGB, schwerwiegendster Eingriff in die Elternrechte kommt nur in Frage, wenn alle andern Massnahmen erfolglos geblieben sind; strenger Massstab! gilt auch gegenüber allen später geborenen Kindern, ausser KESB ordnet etwas anderes an Art. 312 ZGB, Entzug der elterlichen Sorge mit Einverständnis der Eltern

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Fragen?